Wilhelm Krull: Internationalität

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Salon der zwei Kulturen
GUTE STUBE

Heute geht es in Wilhelm Krulls Serie zu den neuen Chancen der Geisteswissenschaften um den Begriff der Internationalität.

Dr. Wilhelm Krull
 

Internationalität

Mittlerweile ist Globalisierung zum prägenden Phänomen unserer Zeit geworden. Sie umfasst längst nicht mehr nur den alles entscheidenden Prozess der internationalen Arbeitsteilung, in der Güterproduktion ebenso wie in den Finanzdienstleistungen, sondern greift in nahezu alle sozialen und kulturellen Prozesse unserer Gesellschaft ein. Der rasante Fortschritt in der Entwicklung neuer Kommunikationstechnologien und die Liberalisierung der Finanzmärkte haben das Ausmaß und die Geschwindigkeit der Internationalisierung der Lebensverhältnisse in einer bisher nie gekannten Weise vorangetrieben. Damit verbunden sind zugleich die Wachstumschancen und Hoffnungen auf Teilhabe am wirtschaftlichen Wohlstand, aber auch Ängste und Sorgen, von den negativen Effekten immer rascher sich vollziehender Produktionsverlagerungen erfasst zu werden.

Für die Geisteswissenschaften und die sie fördernden Institutionen bedeutet dies insbesondere, dass sie künftig noch größere Aufmerksamkeit als bisher auf das Problem der Nicht-Teilhabe von Kolleginnen und Kollegen aus den Entwicklungsländern richten müssen.

Vor allem hinsichtlich der Risiken und Chancen
von Globalisierungsprozessen sind noch viele Fragen offen. Gefordert ist daher eine verstärkte wissenschaftliche Zusammenarbeit über Grenzen hinweg; nur auf der Grundlage neuen Wissens können die künftigen globalen Herausforderungen wirkungsvoll gelöst werden. In der Konsequenz bedeutet dies für künftige Forschungsvorhaben, dass sie den Prozess der Globalisierung zu einem konstitutiven Moment der Architektur ihres jeweiligen Projekts machen müssen. Dies verlangt zum einen die Integration von Forschern aus unterschiedlichen Disziplinen und Kulturen und zum anderen die feste Vernetzung mit einem weltweit zu bildenden Kranz von Forscherinnen und Forschern, die sich in den Horizont der jeweiligen Fragestellung einbringen können. Umgekehrt macht eine wirkungsvolle Nutzung von Globalisierungschancen aber auch den zunehmenden Erwerb von kulturspezifischen Kenntnissen durch den Einzelnen notwendig. Diese Forderung richtet sich gleichermaßen an alle, die am globalen Wissenswettbewerb teilnehmen wollen, können oder müssen. Folglich bedarf es auf dem modernen Weiterbildungsmarkt entsprechender geisteswissenschaftlich fundierter Angebote zur Förderung interkultureller Kompetenzen. Auch dazu sollten wir Geisteswissenschaftler uns nicht zu schade sein!

 


Dieser Gastbeitrag ist der Teil einer 5-teiligen Kommentarserie von Wilhelm Krull:

Neue Chancen für die Geisteswissenschaften

Teil 1: Innovation
Teil 2: Interdisziplinarität
Teil 3: Internationalität
Teil 4: Infrastruktur
Teil 5: Fazit: Neue Chancen für die Geisteswissenschaften

 

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Veröffentlicht von

Carsten Könneker Zu meiner Person: Ich habe Physik (Diplom 1998) sowie parallel Literaturwissenschaft, Philosophie und Kunstgeschichte (Master of Arts 1997) studiert – und erinnere mich noch lebhaft, wie sich Übungen in Elektrodynamik oder Hauptseminare über Literaturtheorie anfühlen. Das spannendste interdisziplinäre Projekt, das ich initiiert und mit meinen Kollegen von Spektrum der Wissenschaft aus der Taufe gehoben habe, sind die SciLogs, auf deren Seiten Sie gerade unterwegs sind.

1 Kommentar

  1. Nicht nur Geisteswissenschaften…

    …sollten mehr auf internationale Zusammenarbeit achten. Auch wenn in den Naturwissenschaften sich schon ein starker Drang zur internationalen Zusammenarbeit entwickelt hat, so sind doch immer wieder Aktionen zu sehen, die einen erstaunen können. So startet Deutschland z.B. ein eigenes Raumfahrtprogramm für die Erkundung des Mondes.Das soll gut für den Standort Deutschland sein. Mag sein, aber effizient ist das nicht.

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