ExoMars-Fallschirme: Deutliche Fortschritte
Die europäische-russische Marslandermission ExoMars RSP (Rover and Surface Platform), die einen europäischen Rover und eine russische Landeplattform umfasst, wurde nach Problemen in der Startvorbereitung auf einen Starttermin im Herbst 2022 verschoben.
Besonders schwer wogen fehlgeschlagene Tests des komplexen, zweistufigen Fallschirmsystems. Deswegen wurde im Jahr 2019 bei amerikanischen Stellen um Hilfe gebeten. Die US-Unterstützung zeigt nun Wirkung.
Zwar verlief ein weiterer Falltest im November 2020 im US-Staat Oregon nicht zufriedenstellend. Es kam dabei noch zu vier Rissen in der Hülle des Überschall-Fallschirms und einem in der des zweiten, größeren Unterschall-Fallschirms. Für diesen Falltest, wie auch für die im Jahr 2019, wurde eine Attrappe des Landers mit den funktionstüchtigen Fallschirmsystemen von einem Höhenballon aus knapp 30 km Höhe abgeworfen.
Weitere Komponententests wurden am Boden in einer Testanlage der NASA-Einrichtung JPL in Kalifornien durchgeführt. Diese bestätigen die grundsätzliche Einsatzfähigkeit der getesteten Komponenten. Das letzte Wort haben jedoch die Falltests.
Der aktuelle Falltest fand am 24. und 25.Juni 2021 nahe dem Versuchszentrum und der zukünftigen Startbasis Kiruna in Schweden statt. Beim ersten Abwurf kam ein von einem US-Hersteller gekaufter Überschall-Fallschirm zum Einsatz. Dieser funktionierte fehlerfrei.
Der am folgenden Tag getestete, von der italienischen Firma Arescosmo gelieferte Unterschall-Fallschirm zeigte jedoch immer noch einen Riss, der jedoch deutlich kleiner ausfiel als im Falltest 2020. Seine Ausbreitung konnte offenbar erfolgreich durch Kevlar-Versteifungen eingedämmt werden. Vorher beobachtete, schwerer wiegende Probleme mit der Reibung zwischen Fallschirmhülle und Verstauung konnten jedoch offenbar gelöst werden.
Dennoch müssen die Ingenieure da wohl noch einmal ran. Es soll noch zwei Gelegenheiten zu Falltests geben, den nächsten im Oktober/November 2021, wieder in Oregon. Zumindest von dieser Seite aus scheint also nichts gegen die Einhaltung des Startfensters vom 21. September bis 2. Oktober 2022 zu sprechen.
Das ist auch gut so, denn eine weitere Verschiebung würde neben anderen Schwierigkeiten auch die verfügbare Zeit zwischen Landung und Beginn der nächsten globalen Staubsturmsaison gefährlich verkürzen. Mit dem Start 2022 wird die Landung am 10. Juni 2023 erfolgen. Die Staubsturmsaison beginn in etwa Mitte Januar 2024, was natürlich nicht bedeutet, dass es zwangsläufig zu großen Staubsturmereignissen kommen muss. Die Wahrscheinlichkeit steigt ab Januar allerdings. Für das Startfenster 2024 wäre die theoretisch verfügbare Zeit bereits deutlich kürzer.
Mir scheint, bei der Umsetzung vom Konzept in ein erprobtes, gut getestetes und in allen Teilen dokumentiertes System, haperte es bei der ExoMars-Fallschirmentwicklung – und dann wurde auch noch ein 2-stufiges System gewählt für das es keinen Vorläufer gab. Doch das hat die ESA nun erkannt. Auf der ESA Website Neue Strategie für Fallschirmtests liest man da:
Ja, das gilt wohl auch für andere wichtige Missionsteile. Für jede mehr oder weniger selbstständigen Missionsteil sollte im Idealfall eine begleitende wissenschaftlich/technische Fachstelle geschaffen werden. Die Software für den Abstieg von Schiaparelli (19. Oktober 2016 ) hätte davon sicher auch profitiert, denn die (Zitat Wikipedia) “ Fehlfunktion der Inertial Measurement Unit (IMU)“ von Schiaparelli hätte von einer robusteren Software weggesteckt werden können und eine robustere Software schafft man nicht einfach so, sondern nur nach gründlicher Analyse und ebenso gründlichen Tests.
Ergänzung: Die NASA testete ihre Mars-Fallschirme unter anderem in NASA eigenen grössten Windtunnel der Welt. Dazu kamen speziell für den Zweck (supersonare atmosphärische Verhältnisse) geschriebene Simulationen.
Die NASA hat allerdings auch ein 3 Mal grösseres Budget als die ESA und sie hat 17‘000 Mitarbeiter, während die ESA selbst von 2300 hochqualifizierten Mitarbeitern spricht ohne die Gesamtzahl der Angestellten anzugeben. Allerdings gibt die ESA selbst an, dass die meisten Arbeiten an ESA-Programmen bei den einzelnen Mitgliedsstaaten stattfinden, nicht bei der ESA selbst.