Geologie und das rätselhafte Verschwinden von Flug MH370

In der Nacht vom 8. zum 9. März 2014 verschwindet Malaysia Airlines Flug MH370 auf dem Weg von Kuala Lumpur (Malaysia) nach Peking (China).
Die Wetteraussichten für den 6-stündigen Flug sind gut. Um 0:51 startet das Flugzeug planmäßig mit 239 Personen an Bord. Um 1:19 erreicht das Flugzeug die optimale Flughöhe von knapp 11.000 Meter und verlässt den Flugraum von Malaysia. Wenige Minuten später sollten sich die Piloten eigentlich bei der Flugsicherung von Vietnam melden. Was danach passiert kann nur durch indirekte Hinweise rekonstruiert werden.
Laut RADAR-Daten, die später ausgewertet wurden, kehrt die Maschine plötzlich um. Sie braucht ungefähr 15 bis 20 Minuten um die Malaysische Halbinsel zu überqueren. Noch Stunden später ist das Flugzeug in der Luft, bis es schließlich aus der Reichweite der landgestützten RADAR-Anlagen fliegt. Die Analyse von automatisch gesendeten Signalen vom Flugzeug zu einem Satelliten deuten auf eine Absturzstelle, irgendwo in einem weiten Bogen von über 1.000 Kilometer, im Indischen Ozean hin. Dieses Szenario wird auch durch andere Hinweise gestützt. Seit Juli 2015 wurden an verschiedenen Küsten von Afrika insgesamt 20 Wrackteile angeschwemmt. Die meisten stammen von den Flügeln, den Triebwerken oder dem Leitwerk. Vier Jahre nach dem rätselhaften Verschwinden wurde die Suche nun eingestellt und ein veröffentlichter Abschlussbericht lässt weiterhin viele Fragen offen.

Eine erste Suchaktion für die genaue Absturzstelle im Indischen Ozean und das Flugzeugwrack, die bis Januar 2017 dauerte, wurde erfolglos abgebrochen, nachdem mehr als 100.000 Quadratkilometer abgesucht worden waren. Eine weitere Suchaktion in 2018 mit automatischen Unterwasserdrohnen, die bis zu 6.000 Meter tief tauchen können, deckte weitere 25.000 Quadratkilometer ab. Die mittlere Meerestiefe im Suchgebiet liegt bei 5.000 Meter. Dazu kommt noch ein Unterwassergebirge – die Broken-Ridge-Region – dessen Gipfel bis zu 3.000 Meter über den Meeresboden liegen.

Der Broken-Ridge ist eigentlich der Rest eines sehr viel größeren Basalt-Plateau, der im Zusammenhang mit dem Hotspot der Kerguelen steht. In der frühen Kreidezeit, vor 120 bis 95 Millionen Jahren, stiegen mehrere Diapire aus teilweise aufgeschmolzenen Material vom Erdmantel auf. Diese Diapire schmolzen Teile der unteren Kruste der Erde auf und speisten einen basaltischen Vulkanismus an der Oberfläche. Über Millionen von Jahren hin wurde so das Basalt-Plateau der Kerguelen aufgebaut.

Durch Bewegungen entlang des Mittel-Ozeanischen Rückens entfernte sich das Plateau langsam vom festsitzenden Hotspot, der ungefähr in der Mitte des Indischen Ozeans lag. Ohne Zufuhr von weiterer Schmelze kam der Vulkanismus schließlich zum Erliegen. Die Bewegungen setzten sich fort und es kam zu einem Auseinanderbrechen des Kerguelen-Broken-Ridge-Plateau. Heute ist der Broken-Ridge Gebirgszug mehr als 1.800 Kilometer vom Kerguelen-Plateau entfernt. Die eigentliche Bruchzone wird am Broken-Ridge durch die Diamantina-Klippe gebildet, wo das Gebirge plötzlich um mehr als 2.000 bis 3.000 Meter abfällt.

Alle diese geologischen Umstände verkomplizieren die Suche. Die Auflösung der Suchgeräte ist umso besser, je dichter sie über den Meeresboden geschleppt werden. Aufsetzen dürfen sie allerdings nicht. Das zerklüftete Terrain und die raschen Höhenunterschiede des Broken-Ridge erschweren daher beträchtlich die Suche. Jänner 2016 ging eines der Hightech-Unterwassersuchgeräte verloren, als es mit einem Unterwasservulkan zusammenstieß.

Während der Suche nach MH370 wurde auch der Meeresboden vermessen, um eine genaue Karte zu erstellen. Tatsächlich sind erst 10 Prozent des weltweiten Meeresbodens mit einer höheren Auflösung als 100 Meter erfasst, wobei 60 Prozent der modernen Flugrouten über offene See führen.

PICARD et al. (2017)

Dies macht die Suche nach auf hoher See verschollenen Flugzeugen auch heute noch, trotz moderner Satellitenüberwachung, schwierig und in manchen Fällen, wie MH370, sogar unmöglich.

Veröffentlicht von

David Bressan ist freiberuflicher Geologe hauptsächlich in oder, wenn wieder mal ein Tunnel gegraben wird unter den Alpen unterwegs. Während des Studiums der Erdwissenschaften in Innsbruck, bei dem es auch um Gletscherschwankungen in den vergangen Jahrhunderten ging, kam das Interesse für Geschichte dazu. Hobbymäßig begann er daher über die Geschichte der Geologie zu bloggen.

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