Klimakonferenz in Marrakesch: im Rausch der guten Vorsätze
BLOG: Gedankenwerkstatt
Die Klimakonferenz 2016 in Marrakesch ist zu Ende. Sie zeigt vor allem, wie entschlossen die Staaten die grausame Wirklichkeit ignorieren, und statt dessen ihren festen Willen feiern, irgendwann aktiv zu werden.
Selbst die Journalisten ließen sich anstecken. „Die Klimawende ist in vollem Gang und auch Donald Trump kann sie nicht rückgängig machen: Das ist die Botschaft aus Marrakesch“, schrieb die ZEIT online. Deutschland hat sogar einen Plan für den Klimaschutz vorgelegt, und China könnte die Vorreiterrolle der USA übernehmen. Und mehr noch: 47 Staaten der dritten Welt verkündeten die Absicht, schnellstmöglich auf erneuerbare Energien umzusteigen. Das soll helfen, den Temperaturanstieg auf 1,5° C zu begrenzen und damit größere Klimaschäden zu vermeiden. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks lobte im Bayerischen Rundfunk den deutschen Beitrag: „International sind weiterhin wir diejenigen, die mit gutem Beispiel vorangehen. Außer uns hat niemand einen so ausgefeilten Klimaschutzplan vorgelegt, wie wir es getan haben.“ Aber leider ist das alles nur heiße Luft.
Hintergrund
Die meisten Klimaforscher gehen davon aus, dass man den CO2-Gehalt der Atmosphäre auf weniger als 450 ppm (Parts per Million) begrenzen muss, wenn man eine Klimakatastrophe abwenden will. Inzwischen sind wir bei 403 ppm, und jedes Jahr kommen zwischen 2,5 und 3 ppm dazu. Wenn sich nichts Durchgreifendes ändert, reißen wir die Latte in 15-20 Jahren.
Wenn der CO2-Gehalt weiter steigt, werden wir mehr Extremwetterlagen erleben. Warme Luft speichert mehr Energie, deshalb gewinnen Stürme an Kraft, und sintflutartige Regenmassen werden ganze Landstriche unter Wasser setzen. Die globalen Niederschlagsmuster verschieben sich, Monsunregen ändern ihre Bahn oder fallen ganz aus. Der Meeresspiegel wird bis zum Ende des Jahrhunderts um mindestens einen halben Meter steigen, es können aber auch ein Meter oder mehr werden. Inzwischen gibt es Anzeichen, dass der aktuelle CO2-Anstieg die Temperatur stärker in die Höhe treibt, als bisher angenommen.1 Statt 3-4° C zum Ende des Jahrhunderts können es auch 5° werden.2 Damit würden ganze Landstriche in den Tropen unbewohnbar. Zur Armutsmigration käme die Klimaflucht.
Das Pariser Klimaabkommen von 2015 sollte diese Entwicklungen verhindern, aber der dort erzielte Minimalkonsens reichte dafür nicht aus. Letztlich wollte kein Staat riskieren, Bürger, Wirtschaft und Industrie zu stark mit Auflagen zu belasten. Klimaschutz ja, aber bitte schmerzlos, lautete die Devise (nachzulesen in diesem Blogbeitrag).
In Marrakesch begeisterten sich die Akteure an ihrem festen Willen zur Besserung. Als ob sich der Klimawandel dadurch aufhalten lässt, dass man die Absicht erklärt, ihn zu stoppen! Physikalische Vorgänge lassen sich von feierlichen Schwüren nicht beeinflussen.
Kritikpunkte
Ist die Klimawende in vollem Gange? Nein, ist sie nicht. Die Menschheit produziert seit drei Jahren etwa die gleiche Menge an Klimagasen. Vorher stieg der Ausstoß um etwa 1-2 % pro Jahr. Eine Trendumkehr sieht anders aus, und der CO2-Gehalt der Luft steigt so schnell wie nie zuvor.
Ist China wirklich ein Vorreiter der Klimawende? Eher nicht. In China und Indien sind ca. 300 Kohlekraftwerke im Bau, tausend weitere sind geplant (Quelle). Der Individualverkehr nimmt in beiden Ländern sehr stark zu. China will erst ab 2035 den C02-Ausstoß deutlich senken, Indien hat kein Datum veröffentlicht.
Werden 47 arme Staaten bald ihre Energie CO2-frei erzeugen? Das bleibt abzuwarten. Sie wollen bis 2020 erstmal ihre Klimaschutzpläne neu schreiben und suchen noch Sponsoren für die schnelle und klimaneutrale Elektrifizierung ihrer Länder. Alleine können sie das nicht bezahlen. Ihr Ziel ist bis dahin außer Reichweite: für die Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 1,5° ist es 2020 bereits zu spät. Aber selbst wenn alles nach Wunsch läuft, nutzt das der Welt nicht viel. Die Länder verantworten insgesamt nur 5 % der weltweiten Treibhausgas-Emissionen.
Geht Deutschland mit gutem Beispiel voran? Der soeben veröffentlichte Klimaschutz-Index der Umweltorganisation Germanwatch 2017 sieht Deutschland abgeschlagen auf Platz 29, Frankreich dagegen auf Platz 4, Großbritannien belegt Platz 6. Bei den Treibhaus-Emissionen pro Kopf liegt Deutschland mit 11,5 T/a deutlich vor Frankreich (7,5 T/a) und England (9,2 T/a)3. Die Tricksereien der Autoindustrie hat die Regierung jahrelang sehenden Auges geduldet.
Hat Deutschland einen ausgefeilten Klimaschutzplan? Nein, der Klimaschutzplan 2050 verdient diesen Namen nicht. Auf 80 Seiten voller Leerformeln legt er Ziele fest, die „ständig angepasst“ werden sollen. Den Weg dorthin lässt er weitgehend offen. Stattdessen steckt er voller bombastischer Phrasen wie:
„Hier wird es darauf ankommen … eine langfristig ausgerichtete strategische Herangehensweise zu entwickeln, diese nach 2020 umzusetzen und im Zeitraum bis 2030 zielführend zu optimieren.“ (Seite 59)
(Übersetzung: Wir haben keine blassen Schimmer, wie wir das angehen sollen)
oder:
„Der Konsultationsprozess dient dazu, Konsenspunkte zwischen den betroffenen Akteuren festzuhalten und dort, wo die Positionen divergieren, das Meinungsspektrum zu erfassen.“ (Seite 34)
(Übersetzung: Wir einigen uns, oder wir einigen uns nicht)
oder:
„Erheblicher Forschungsbedarf besteht insbesondere aus systemischem Blickwinkel.“ (Seite 35)
(Übersetzung: Das passt alles nicht zusammen. Hoffentlich kriegen wir das in den Griff)
Dem Dokument fehlt eine Zusammenfassung. Hier mein Vorschlag: „Bis 2050 wollen wir den Ausstoß von Klimagasen auf 5 – 20 % des Wertes von 1990 senken (wie bisher auch). Hier schon mal einige Zahlen dazu, die wir jederzeit wieder ändern können. Wie wir sie erreichen wollen, wissen wir nicht genau, aber neue Technologien wären sicher hilfreich.“
Fazit
Nur schmerzhafte Maßnahmen werden die globale Erwärmung rechtzeitig stoppen. Dazu ist bislang niemand bereit. Bei der Konferenz in Marrakesch sangen alle Teilnehmer laut und begeistert das klangvolle Lied vom festen Willen zur gemeinsamen Klimawende. Vielleicht wollten sie sich ja auch angesichts des bösen Manns in Manhattan etwas Mut machen. Die Bundesregierung präsentierte einen Plan, der auf nicht genau bekannte Weise ein bewegtes Ziel erreichen soll. Derweil wird es, wissenschaftlich dokumentiert, immer wärmer.
Anmerkungen
[1] James Hansen, Makiko Sato, Gary Russell, Pushker Kharecha (2013) Climate sensitivity, sea level and atmospheric carbon dioxide. Phil. Trans. R. Soc. A 371 20120294; DOI: 10.1098/rsta.2012.0294.
[2] Carolyn W. Snyder. (2016) Evolution of global temperature over the past two million years. Nature 538, 226–228
[3] Quelle: Bundesumweltamt. Zahlen für 2012.
Fast niemand glaubt an eine wirkliche Klimakatastrophe. Warum sollte die Politik dann Maßnahmen gegen eine solche treffen?
In der aktuellen Wahlperiode werden sich wohl keine Klimaschäden zeigen. Eventuelle Einschränkungen wegen künftiger Schäden müssten aber ab sofort gelten und würden den Wählern nicht besonders gefallen. Ein klassisches Dilemma der Politik. Übrigens hätten auch diktatorische Regime dieses Problem. Sie dürfen ihr Volk auch nicht über Gebühr reizen. Weil sie nicht abgewählt werden könnten, müssten sie im schlimmsten Fall mit einem blutigen Umsturz rechnen. Das macht sie ebenfalls eher vorsichtig.
Aber wer glaubt denn, daß künftige Schäden die heutigen Vorteile durch billige fossile Energie übersteigen? Niemand.
Also gibt es auch keinen politischen Druck. Also betreibt selbst das angebliche Energiewende-Vorbild Deutschland nur eine homöopathische Energiewende.
Es gibt dazu nun ja doch einige Studien, und die kommen quasi sämtlich zu dem Schluss, dass heutige Maßnahmen billiger wären als die künftigen Schäden sein werden. Diese Studien rechnen sogar mit recht deutlicher Abwertung der Geldsumme künftiger Schäden aufgrund des zu erwartenden technologischen Fortschrittes. Hierzu wird die weltweite Produktivitätssteigerung – die auch Klimaschäden künftig günstiger beseitigen ließe, wie man spekuliert – typischerweise mit etwa 2% / Jahr angesetzt: Dies entspricht dem beobachteten Durchschnitt seit 1900 bis heute.
Die geschätzten Kosten der Emissionsminderung wären laut IPCC, der auch eine Übersicht über die zahlreichen ökonomischen Studien bietet, ab 2013 0,06% des globalen BIP pro Jahr gewesen, mittlerweile etwas mehr. Dem gegenüber stehen zu erwartende Schäden in der Größenordnung von ~1% des dann höheren globalen BIP und laut mancher Autoren deutlich mehr pro Jahr (und viele Menschenleben) in den letzten Dekaden dieses Jahrhunderts. Heute liegen Klimaschädenkosten noch ein wenig unter den gewünschten Investitionskosten. Im Zeitraum 2030-2050 rechnet man mit 150 000 weltweiten zusätzlichen jährlichen Todesfällen netto (einbezogen die höheren “Mildere-Kälte-Überlebenden”) aufgrund des wärmeren Klimas, derzeit sind es 50 000 Todesfälle / Jahr. Das ist verglichen mit anderen Todes-Risiken derzeit noch nicht sehr hoch, immerhin gleich groß wie der globale heutige Terrorismus&Guerilla.
@Wizzy:Zitat:
Dass die Emissionsminderung mit 0.06% des globalen BIP weniger kosten sollen als alljährlich für die
gezahlt wird, ist schwer vorstellbar. 0.06% des World-BIP sind nämlich etwa 50 Milliarden US-Dollar, für die Subventionierung der fossilen Energien aber werden pro Jahr 400 Milliarden US-Dollar ausgegeben. Auch die ab 2020 vorgesehenen jährlichen Klimagelder von 100 Milliarden Dollar für die Entwicklungsländer (bezahlt von den Unterzeichnern des Klimavertrags von Paris) übertreffen schon die angeblichen jährlichen Emissionsminderungskosten von 50 Milliarden Dollar.
Ich halte die ganze Klimaökonomie für Voodoo-Ökonomie, denn die tiefgehende Unsicherheit, die Thomas Grüter im deutschen Klimaschutzplan 2050 gefunden hat, die gilt auch für die Kosten der globalen Klimawende.
Tja, Ihr Einwand ist nicht von der Hand zu weisen. Allerdings würde ich diese Schätzung nicht vorschnell abtun, denn diese Zahl wurde von nicht ganz laienhaften Ökonomen berechnet. Immerhin bietet die Ablösung fossiler Energien beträchtlichen Wohlstandsgewinn durch Wegfall beispielsweise der Luftverschmutzung, was möglicherweise dort eingepreist wurde. Außerdem ist die Frage, ob die ökonomisch sinnvollsten Methoden (z.B. global carbon taxes) auch politisch so effizient umsetzbar sind. Trotzdem wäre es dann sinnvoll, auf die potentiell geringen Kosten hinzuweisen.
Die Schätzungen der künftigen Kosten des Klimawandels leiden alle unter dem gleichen Problem: Sie sind nicht überprüfbar. Wir haben nur eine Welt, und sie hat nur genau eine Zukunft. Leider wissen wir nicht, welche das sein wird. Auch die definitive Entwicklung des Weltklimas als Folge unterschiedlicher Treibhausgas-Emissionen bleibt unvorhersehbar, die Modelle unterscheiden sich deutlich. Das gilt um so mehr für die davon abgeleiteten Schätzungen von Schäden oder Kosten. Ich vergleiche also in einem extrem komplexen System zwei Varianten, von denen nur eine eintreffen kann, so dass die Rechnung von vornherein fiktiv ist. Wenn also beispielsweise das Climate Vulnarability Forum (43 besonders hart vom Klimawandel betroffene arme Länder) behauptet, dass die Welt 12 Billionen US$ spart, wenn sie die globale Erwärmung bei 1,5° C stoppt, dann lässt sich das nicht überprüfen. Niemand wird auf die bloße Behauptung hin Geld lockermachen. Dass hat nichts mit bösem Willen zu tun, die Entscheidungsgrundlage ist einfach zu dünn.
@Thomas Grüter
Ich frage mich, ob die Entscheidungsgrundlage auch zu dünn wäre, wenn mit 11% Wahrscheinlichkeit ein Asteroid die Erde verheerend treffen könnte und die Abwehrmission relativ teuer wäre (aber geringer als der Erwartungswert des Nutzens). Meines Erachtens sind die Abschätzungen zum Klima bei weitem genau genug, um objektiv ein Handeln zu rechtfertigen. Ich vermute eher, dass die Menschheit sehr oft keine rationalen Entscheidungen trifft.
Ich hoffe ja auch immer noch, dass die Menschen rechtzeitig zur Vernunft kommen. Aber erfahrungsgemäß wird ein Brunnen erst abgesichert, wenn ein Kind hineingefallen ist, nicht vorher. Ein Asteroid wäre eine greifbare Gefahr, der Klimawandel ist einfach zu diffus. Wenn man sagen könnte, dass New Orleans bis 2030 mit 80% Wahrscheinlichkeit untergeht, wenn man nicht unternimmt, würde das vielleicht helfen. Aber so ist einfach keine direkte Bedrohung erkennbar, obwohl sich alle Wissenschaftler einig sind, dass die möglichen Gefahren ein ziemlich extremes Ausmaß erreichen.
@Thomas Grüter
Nun – leider, in Bezug auf unser Entscheidungsverhalten, bin ich da voll und ganz Ihrer Meinung.
@ Tim :
Niemand glaubt an eine Katastrophe, außer dieser Herr [1], aber es gibt, wissenschaftlich gut begründet, eine Entwicklung der terrestrischen Oberflächentemperatur, die politisch bearbeitet werden darf bis soll.
Blöd, dass nur niemand weiß, wie dies global geschehen soll. [2]
Anpassungskosten und Verhinderungskosten wären hier üblicherweise in einem (antizipierten) Risk-Reward-Szenario vorab abzuwägen, also genau jetzt, was aber aus verschiedenen Gründen nicht geschieht und wohl auch nicht geschehen kann. [3]
MFG
Dr. Webbaer
[1]
Vgl. mit :
-> https://en.wikipedia.org/wiki/Runaway_climate_change (hier ist hauptsächlich Hansen gemeint, den einige als pol. Aktivisten nicht gut finden können – zudem hätte in der Erdgeschichte soz. jederzeit durch bestimmte Vulkane oder Karbon lösende (“furzende”) Lebewesen eine ganz ähnliche, “runaway”, Entwicklung stattfinden können – diese denkbare Venus-Fizierung stößt zumindest einige ab)
[2]
Vom PIK-Institut + Leggewie einmal abgesehen.
[3]
Der Schreiber dieser Zeilen lässt sich auch gerne vom “Umweltforsch”-Inhalt hier bei den Scilogs.de beraten, großartige Kollegen!, sachnah und so, teilweise, wie er findet, auch brillant.
Eine leider notwendige und zutreffende Mahnung ist dieser Artikel !
Schlimmer noch: Selbst wenn der deutsche Klimaschutzplan mit Maßnahmen unterlegt wäre, und die anderen Länder einen ebenso schnellen Ausstieg vornehmen würden, im Vergleich zur erwarteten Entwicklung ohne Klimaschutz, würden die 1,5 Grad und selbst die 2 Grad wohl verfehlt werden. Und alte Industrieländer sollten eigentlich vorangehen.
“In der aktuellen Wahlperiode werden sich wohl keine Klimaschäden zeigen.” Man sieht schon jetzt einige Veränderungen in der Welt, die durchaus als Klimaschäden zu werten sind. Um eine uns nahestehende Kultur zu nehmen: In Kalifornien könnte durchaus die durch El Nino zeitweilig abgeschwächte Dürre wieder volle Fahrt aufnehmen.
Es gibt weltweit schon viele Schäden aus dem Klimawandel, in Deutschland sind sie noch begrenzt.
Das ist sicher richtig. Das Problem ist in der Tat, dass gerade in Europa und in den USA, Kalifornien mal ausgenommen, die Schäden noch zu gering sind. Die Politiker trauen sich deshalb nicht, einschneidende Maßnahmen zu beschließen. In China und Indien steht das Wirtschaftswachstum an erster Stelle. Die Bevölkerung dort trägt Klimaschutzgesetze mit, wenn sie dazu beitragen, die unerträglich verschmutzte Luft sauber zu halten. Wenn dadurch aber der Strom knapp wird, sieht es schon wieder anders aus.
@ Falken & Paul Stefan
Macht doch mal den Lackmustest, wie ernst Ihr Eure Mahnungen selbst nehmt: Um wieviel habt Ihr Eure persönlichen CO2-Emissionen in den vergangenen sagen wir mal 10 Jahren gesenkt? Das ist ja nun wirklich keine Unmöglichkeit. Niemand kann sich rausreden, daß das nicht machbar wäre.
Die persönlichen CO2-Emissionen sind der beste Indikator, wie stark jemand tatsächlich an eine Klimakatastrophe glaubt. Auf dem Papier finden wir den Klimawandel natürlich alle furchtbar, klare Sache.
@Tim: Nein, das individuelle Konsumverhalten entscheidet nicht die Klimazukunft und was man konsumiert Ist kein Massstab für die Klimabesorgtheit. Denn nicht weniger Energie konsumieren, weniger Fliegen und weniger Autofahren ist die Lösung. Vielmehr besteht die Lösung darin, nur noch Energie zu konsumieren, die ohne Treihausgasemmissionen erzeugt wurde und mit Flugzeugen zu fliegen, die CO2-neutralen Treibstoff verbrennen. Und die zukünftigen Autos sollten wohl vor allem elektrisch, jedenfalls CO2 neutral fahren.
Was die Klimabesorgtheit als Masstab für die Gefahr einer Klimakatastrophe betrifft: Jeder Einzelne erlebt während seines Lebens nur gerade einen Temperaturanstieg von 0.9 Grad (wenn er 60 Jahre “erlebt”), was sich in den meisten Ländern durchaus verkraften lässt. Über Zeitäume von 120 und mehr Jahren ergeben sich aber dramatische Klimaveränderungen und zudem eine Gefährdung von riesigen Küstenbereichen sowie der Verlust vieler bedeutender Städte ans Meer.
Zudem: Die Emissionen einiger Jahrzehnte bestimmen und verändern das Klima über viele hundert Jahre. Zudem wird die Erwärmung irgendwann später wieder zurückgehen, was erneut Probleme verursachen wird, weil Menschen, die beispielsweise vor der kalifornischen Hitze ins vorübergehend warme Kanada gezogen sind, nun vor der wieder einkehrenden Kälte fliehen werden.
Im Rückblick werden die Menschen der Zukunft es bedauern, dass die Menschen des frühen 21. Jahrhunderts innerhalb weniger Jahrzehnte das Klima für Jahrhunderte “versaut” haben.
@ Martin Holzherr
Bei moderaten Klimaveränderungen würde ich Dir zustimmen. Wenn viele Leute “auf dem Papier” jedoch Angst vor einer tatsächlichen Klimakatastrophe haben, im täglichen Leben aber weiter munter massenhaft CO2 ausstoßen, ist diese “Angst” unglaubwürdig. Für seine CO2-Emissionen ist jeder selbst verantwortlich.
Zudem äußert sich die angebliche Angst ja auch nicht in politischen Forderungen. Würden die Leute tatsächlich eine Klimakatastrophe erwarten und Druck auf die Parteien machen, hätte das untaugliche EEG längst grundsätzlich revidiert werden müssen.
Tatsächlich ist das EEG den Leuten aber vergleichsweise egal. Auch hier findet sich kein Indiz für die Behauptung, daß die Menschen eine Klimakatastrophe erwarten.
Nein, ich bleibe dabei: Niemand hat wirklich Angst vor einer Klimakatastrophe. Den allermeisten dürfte klar sein, daß es Veränderungen gibt, aber für dramatisch hält sie keiner.
Insofern stimme ich Ihnen, Tim, in jedem Fall zu: In der Allgemeinheit werden keine Katastrophen erwartet. Ich persönlich erwarte auch eher lokale Katastrophen, vielleicht sogar weniger in Deutschland – außer, wir treiben das Spiel bis 1000ppm, einen CO2-Wert bei dem in der mitteljungen Erdvergangenheit globale anoxische ozeanische Ereignisse auftraten.
Zur Ergänzung wäre mir allerdings bei weitem lieber, wenn wir weit jetzt wirksame Maßnahmen träfen, da durch die Geschwindigkeit der Erwärmung und Unsicherheiten in den Rückkopplungen auch vorher schon das Risiko gefährlicher globaler Ereignisse wächst, wenn es auch zunächst nur einige Prozent beträgt. Außerdem zahlt sich Mitigation wie weiter oben dargelegt ökonomisch weltwirtschaftlich betrachtet durch Vermeidung von Adaptionskosten aus.
@Tim, Zustimmung: Selbst Leute, die das behaupten, erwarten in Wiklichkeit keine Klimakatastrophe, sonst würden sie sich stärker für Klimaschutz-Massnahmen starkmachen. Doch: Für jeden Einzelnen ändert sich das Klima während seines Lebens meist nicht so dramatisch, für längere Zeiträume und für die Menschheit insgesamt ändert es sich aber trotzdem dramatisch.
Noch zu
Das stimmt nur teilweise. Es hängt von der zur Verfügung stehenden Technologie ab, ob man sich erlauben kann auf CO2-Emissionen zu verzichten. Dazu ein von mit konstruiertes Extrembeispiel: Nehmen wir an 2 Regionen hätten sich für Nullemissionen entschieden, die eine Region (Region 1) bezieht den Strom aus einem Wasserkraftwerk, die andere Region (Region 2) aus ungepufferten Solarkraftwerken. Dann könnte es sein, dass eine Operation in der Region 2) wegen plötzlichem Stromausfall infolge einer vorüberziehenden Wolke unterbrochen werden muss, was in der Folge zum Tod eines Patienten führt, während dasselbe in der Region 1) nicht passieren kann. Die Region 2) installiert deshalb um so etwas zu verhindern noch ein fossiles Backupkraftwerk. Natürlich kann eine Familie immer noch sagen, ich konsumiere nur CO2 freien Strom, nur riskiert sie dann, dass ihr Kind während einer Operation wegen Strommangel stirbt.
Für die Pro-Kopf CO2-Emissionen sind Technologie und Vorschriften viel wichtiger als die Konsumhaltung. Es stimmt nicht, dass sich heute ein Konsument für eine CO2 freie Lebensweise entscheiden kann, denn es gibt (heute) gar keine vollkommen CO2 freie Produkte.
@ Tim :
Negativ, derart vorzugehen wäre eher ein Zeichen von Unverständigkeit.
Ein General, der eine Schlacht gewinnen will, rennt ja nicht am besten an vorderster Stelle in die Gegnerschaft, sondern lässt rennen. [1]
>:->
Durchaus nicht unbegründet.
—
Klar, grundsätzlich könnte so Ökologisten Heuchelei unterstellt werden, wenn sie bspw. im “dicken Benz” sitzen und aussteigend den CO2-zentrierten Klimawandel anprangern, allerdings ist auch dies nicht klar.
MFG
Dr. Webbaer (der (vor “einigen Jahren”) Jürgen Trittin mehrfach im Zug getroffen hat, diese Fortbewegungsweise aber wohl schon längst aufgegeben hat, als “General” [2], lol)
[1]
Ausnahme:
Aldo Giuffrè seinerzeit.
[2]
Macht noch fleißig mit bei den bundesdeutschen Ökologisten, obwohl er doch viel zu verständig dafür scheint.
Zitat:
Ich würde das anders formulieren: Nur eine Kombination von Carbon-Pricing und Innovationsförderung im Clean-Energie-Bereich und das ohne Bremsung des Wirtschaftswachstums kann die globale Erwärmung rechtzeitig stoppen und die Folgen der bereits stattgefundenen Erwärmung auffangen. Schmerzhafte Massnahmen dagegen, welche die ökonomische Entwicklung hemmen, schaden Entwicklungsländern sogar in Bezug auf den Klimawandel, denn dann fehlt den Ländern das Geld für Anpassungen wie effizientere, wassersparende Bewässerungssysteme oder Küstenschutz (dieser wird nötig wg. Erwärmungsbedingter Zunahme von Fluten).
In Tat und Wahrheit ist es jetzt aber schon zu spät um das 2 Grad Celsius Ziel und alle anderen Entwicklungsziele – wie Reduktion der Armut, Strom und Wasser für alle Haushalte – zu erreichen. Deutschland und andere entwickelte Länder haben gewisse Erfolge bei der Reduktion ihres Treibhausgasausstosses, weil sie 1) keinen Ausbaubedarf im Energiesektor mehr haben, sondern bestehende Energiequellen durch emissionsarme ersetzen können 2) so reich sind, dass sie eine Verdoppelung bis Vervierfachung des Strom- und Energiepreises verkraften können.
Deutschland wird immer wieder als Referenzmodell für den Weg zur rein regenerativen Energieversorgung herangezogen. Ich denke zurecht. Deutschland zeigt in Bezug auf den Übergang zu regenerativen Energien folgendes:
1) Ein sogenannt “regeneratives” auf erneuerbare Energien basierendes Energiesystem ist in Wirklichkeit ein fossil-erneuerbares Energiesystem, denn Erdgas oder Kohlekraftwerke müssen bereitstehen und einspringen, wenn zuwenig Sonne scheint und gleichzeitig der Wind fehlt. In Deutschland sorgen Braun- und Steinkohlekraftwerke für dieses Backup.
2) Der Übergang von einem fossilen zu einem fossil-erneuerbaren Energiesystem verteuert den Strom, was nicht überraschen kann, braucht es doch neben den bereits bestehenden Kohle- oder Gaskraftwerken (in Kalifornien wird Erdas als Backup eingesetzt) zusätzlich noch Windturbinen, Solarpanel und neue, das Land querende Stromtrassen.
3) Um eine 100%-ige Dekarbonisierung zu erreichen, müssen irgendwann die fossilen Backup-Kraftwerke durch Stromspeicher (Batterien und mit Strom erzeugtem Wasserstoff) ersetzt werden, was die Energiepreise noch einmal verteuert.
Während das für Deutschland durchaus finanzierbar ist, ist es für Entwicklungsländer heute schlicht zu teuer. Erst wenn die nötige Technologie sich massiv verbilligt hat, wird ein fossil-erneuerbares oder gar ein rein erneuerbares Energiesystem für Entwicklungsländer wie Indien tragbar. Für viele afrikanische Länder bedeutet der deutsche Weg, dass sie zuerst einmal Kohlekraftwerke bauen müssen, die ihnen dann als Backup für die Windturbinen und Solarpanel dienen, denn in vielen afrikanischen Entwicklungsländern gibt es heute überhaupt keine Energieinfrastruktur, was sich darin niederschlägt, dass in der Susahara der durchschnittliche Pro-Kopf-Stromverbrauch ein Bruchteil des Stromverbrauchs einer Kühlmaschine ist.
In der Gesamtschau überrascht der nur langsame Übergang zu emissionsarmen Energien nicht, denn Umstellungen im Energiebereich (z.B. von Kohle auf Gas oder von Kohle auf Kernenergie) nahmen schon immer Jahrzehnte in Anspruch. Zudem hat die Ablehnung der Kernenergie als schneller Weg zu einem rein strombasierten, emissionsarmen Energiesystem den Prozess der Dekarbonisierung noch einmal stark verlangsamt. Hätte der Vorlauf zur Dekarbonisierung in Form von Energieforschung bereits nach der Konferenz von Rio 1992 begonnen, dann wären wir wohl jetzt viel weiter und das 2 Grad Ziel wäre noch in Reichweite. Es droht uns nun zwar nicht die viel beschworene Klimakatastrophe, es drohen uns aber dennoch höchst unerwünschte Veränderungen im Erdsystem. In 200 Jahren wierden Küstenstädte wie Hamburg, New York und Shanghai bereits viel Fläche an das Meer verloren haben oder sie werden von milliardenteuren Flutwehren und Staudämmen geschützt sein. In den heute schon trockenen Mittelmeerländern werden schon in wenigen Jahrzehnten wüstenartige Verhältnisse einkehren und einige Länder werden ihre Ernährungsbasis vollkommen verlieren, weil sich das Klima so verändert hat, dass Landwirtschaft nicht mehr möglich ist. Das wird auch afrikanische Länder betreffen, in denen heute die Bevölkerung stark wächst und wo ein Wegfall der Landwirtschaft mit einen Massenexodus verbunden ist.
All dies ist zusammengenommen eine Garantie für unruhige Zeiten in naher Zukunft.
Besondere Gegenrede erfolgt an dieser Stelle nicht, vielen Dank für die Einschätzung!
Drei Anmerkungen:
1.) Sog. Extremwetterereignisse (im dankenswerterweise bereit gestellten Web-Artikel ‘Extremwetterlagen’ genannt) sind relativ zu bestimmen, es gibt bspw. auch dann mehr ‘Extremwetterereignisse’, wenn es kälter wird.
Mit diesem Konzept werden einige insofern nicht glücklich, reagieren gar: abgenervt.
(Ganz ähnlich gilt es für sog. Kipp-Punkte festzustellen, auch diese sind relativ und willkürlich, dem wahlfreien Entscheid des Einschätzenden unterworfen.
‘Extremwetterereignisse’ wie ‘Kipp-Punkte’ gibt es “nicht wirklich”.)
2.) Die Datenlage mit ihrer CO2-zentrierten klimatologischen Theoretisierung ist für “Entscheider-Staaten” (nicht alle Staaten müssen so genannt werden) dilemmatisch, sollte die terrestrische Klimaerwärmung so stattfinden, wie prädiktiert, die sog. Klimasensitivität ist vage bestimmt, hier werden sog. Feedbacks eingerechnet, die fast durchgängig verstärkend wirken sollen (einigen Beobachtern bleibt unklar warum), also tatsächlich eine durchschnittliche globale Temperaturzunahme von ca. + 2,5 K je Verdoppelung des atmosphärischen CO2-Gehalts stattfinden, käme “man” aus der “Sache” nicht mehr raus.
Schlicht deswegen nicht, weil in der Bearbeitung dilemmatisch und schlicht nicht i.p. anthropogenen CO2-Ausstoß so, sozusagen: protestantisch und gemeinsam, gespart werden kann – insbesondere auch sog. Developing Countries meinend -, wie von einigen angedacht bis geplant.
3.) Anzufreunden gälte es sich insofern dann wohl mit der Mitigation und Anpassung, wobei späteren Generationen, auch: staatlich unilaterale, Problemlösung zugetraut werden darf.
Ein grundsätzlicher gesellschaftlicher Umbau, vgl. mit diesem Stück:
-> http://www.wbgu.de/fileadmin/templates/dateien/veroeffentlichungen/hauptgutachten/jg2011/wbgu_jg2011_ZfE.pdf (hier die Version für Entscheider webverwiesen, alle sind ‘Entscheider’, oder?)
…bietet sich nicht an, wenn so kollektivistische und somit demokratisch (partiell) kastrierte, vgl. mit dem oben webverwiesenen guten Stück, Gesellschaftssyssteme gemeint wären.
MFG
Dr. Webbaer
@Dr.Webbaer: Eine Zunahme von Extremwetterereignissen ist bei steigenden Temperaturen allein schon aus statististischen Gründen zu erwarten. Die Anzahl der Hitzetage nimmt zu, die Anzahl der Starkregenereignisse ebenfalls, denn wärmere Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Darunter leiden vor allem Gegenden, die heute schon lähmende Hitzewellen kennen oder wo es heute schon Überschwemmungen wegen Hochwasser gibt. Extremwetterereignisse gibt es und gab es schon immer – was sich in Begriffen wie “Hitzetag”, “Hitzeferien”,etc. äussert – und Sie nehmen zu, wenn sich das Klima entsprechend ändert. Wer die zunehmende Hitze nicht erträgt, zieht dann vielleicht weg. Ein zunehmendes Kälterwerden des Klimas würde ebenfalls die Zahl der Extremwetterlagen erhöhen – nur halt bei den Kältetagen anstatt bei den Hitzetagen. Jede Klimaveränderung verursacht ihre Kosten, denn Mensch und Wirtschaft einer Region haben sich auf ein bestimmtes Klima eingestellt.
Nicht nur Extremwetterereignisse, auch Kipppunkte gibt es. Sollten die Niederschläge über der Sahara deutlich zunehmen würde sie ergrünen und dann grün bleiben, was man als Überschreiten eines Kipppunkts bezeichnen kann, zumal eine grüne Sahara auch angrenzende Regionen beeinflussen und die Düngung des Meeres mit eisenhaltigem Saharastaub beenden würde.
Die Klimasensitivität, also der zu erwartende unmittelbare und langfristige Temperaturanstieg bei Verdoppelung des CO2 wird wohl schon bald recht genau angegeben werden können, ist doch der Temperaturanstieg seit 1850 als Reaktion auf das emittierte CO2 ebenfalls eine Quelle mit der man die Klimasensitivität bestimmen kann. Wie deutlich Entwicklungsländer ihre Emissionen reduzieren können hängt sehr stark davon ab wieviel teurer CO2-arm erzeugte Energie ist. Solarenergie hätte schon jetzt in Afrika gute Chancen, wenn man den erzeugten Strom auch kostengünstig speichern könnte. Elon Musk glaubt an diese Möglichkeit. Er meint 100 Gigafactories genügten um die ganze Welt mit genügend Batterien für diesen Zweck zu versorgen.
@ Herr Holzherr :
Klar, aus ‘statistischen Gründen’, sog. Extremwettereignisse werden an Hand eines Ist-Zustands definiert und ändert sich dieser Zustand, gibt es mehr sog. Extremwettereignisse, unabhängig davon, ob es bspw. wärmer oder kälter wird, und unabhängig davon, ob es nasser oder trockener wird.
Es gibt hier eine (definitorische) Rekursion, die einige gerne raus hätten.
Ähnlich verhält es sich mit den sog. Kipp-Punkten, diese werden aus einer bestimmten zeitlichen Perspektive, wie oben beschrieben, ‘statistisch’ definiert und finden dann statt oder nicht, Kipp-Punkte müssen ja nicht verstärkend wirken, die sog. Klimasensitivität ist hier gemeint, sondern könnten auch abschwächend wirken. [1]
Die Grundannahme, dass sog. Feedbacks den Klimawandel beschleunigen, nervt einige ab, am Rande notiert: schreitet die globale Klimaerwärmung nicht wie theoretisiert und prädiktiert fort, wird in der Regel über sog. Klimasenken (das Fachwort) spekuliert, abschwächendes Feedback oder abschwächende Kipp-Punkte meinend, aber nicht so genannt.
Die Sprachlichkeit der hier gemeinten Klimatologen gefällt einigen eben nicht.
MFG
Dr. Webbaer
[1]
Der Klassiker sozusagen der Kipp-Punkt-Theorie müsste die überlaufende Badewanne sein, vermutlich soll die Rezipienz so angeleitet werden zu denken, vermutlich werden hier Ur-Ängste adressiert.
PS hierzu noch :
Janz jenau, es geht um die Adaptionskosten.
Es ist gar nicht klar, ob es “welt-gesellschaftlich” schlecht wäre, wenn es 5 bis 10 K wärmer wird, die Adaptionskosten, die anfallen, sind aber beträchtlich.
(Randbemerkung: Ökologisten haben insofern lange Zeit in “neue Eiszeit” und so gemacht, um medial durchzukommen und bestimmte Ziele zu erreichen, anzunehmenderweise, die Abkühlung der Erde um 5 bis 10 K wäre vermutlich noch übler als die Erwärmung, die Anpassungskosten meinend.)
@Dr.Webbaer: Für mich ist es offensichtlich: Eine globale Erwärmung bewirkt sekundär eine weitere Erwärmung. Warum? Weil in einer wärmeren Welt
1) weisse, das Sonnenlicht reflektierende Flächen abnehmen, denn wenn das Arktissommereis einmal völlig abgeschmolzen ist wird es durch dunkles Meerwasser ersetzt, welches sehr viel mehr Sonne verschluckt als das Eis, welches es ersetzt. In einer wärmeren Welt ist auch
2) die Luftfeuchtigkeit höher, weil warme Luft mehr Feuchte aufnimmt. Wasserdampf (also Feuchte in der Luft) aber ist ein weit besseres Treibhausgas als CO2.
Diese Überlegungen werden durch die Paläoklimatologie gestützt: Es gab Warmzeiten in der Erdgeschichte wo Im hohen Norden Palmen wuchsen und Tiere, die heute nur in den Tropen leben auch im hohen Norden beheimatet waren. Das ist nur möglich, wenn der hohe Norden damals (mindestens im Sommer) ein eigenes feuchtwarmes Regionalklima hatte. Solch ein feuchtwarmes Regionalklima ensteht sekundär. Die Primärerwärmung führt zu höherer Verdunstung und die höhere Luftfeuchtigkeit schafft dann das feuchtwarme Klima.
Anders formuliert, eine hier gemeinte CO2-zentrierte Klimasensitivät, sozusagen mit den Mitteln der Bauphysik festgestellt, in Höhe von + 1,2 K [a href=”https://de.wikipedia.org/wiki/Klimasensitivit%C3%A4t#Hintergrund”>Quelle], bewirkt Ihrer Überzeugung entsprechend eine effektiv höhere hier gemeinte Klimasensitivität.
Herr Holzherr, könnte so sein, klar ist dies nicht und das Klimasystem könnte schon verstärkt balancierend, auch die Pflanzenwelt meinend, unterwegs sein.
Diese Sache mit dem Albedo und den Aerosolen (um einmal zwei weitere Fachwörter zu nennen) ist alles andere als klar, zurzeit.
—
Insofern findet Ihr Langzeit-Kommentatorenkollege, der sich mehr als 1.000 Stunden mit dieser Sache beschäftigt hat [1], auch andere Sicht berücksichtigenswert, bspw. aus dem Hause Lennart Bengtsson und von Storch [2].
MFG
Dr. Webbaer
[1]
Es gab hierfür zwei Ursachen, zum einen fiel hier auf, dass auch verständige Subjekte die aktuelle / zeitgenössische CO2-zentrierte Theoretisierung mit dem gemeinten Erwärmungstrend unzureichend fanden, und zum anderen, dass bekannte wie hier gemeinte Klimatologen Aktivisten waren, sich so auch klar zu erkennen gaben.
[2]
Insbesondere defensive Argumentation finden einige gut und überzeugend, jeder Klimatologe darf gerne derart äußern, dass er kein “Aktivist” ist.
@Dr.Webbaer: Es gibt auch ein paar wenige negative Rückkoppelungen bei der Erderwärmung. So nehmen Pflanzen mehr CO2 auf, wenn es mehr CO2 in der Luft hat. Zudem wachsen dann mehr Pflanzen wo es vorher zu kalt oder zu trocken war, denn der Wasserbedarf von gut mit CO2 versorgten Pflanzen nimmt ab. Damit wird insgesamt mehr CO2 in Pflanzenmasse sequestriert. Tatsächlich zeigt der Vergleich des emittierten CO2 mit dem in der Atmospäre gefundenen CO2, dass dies passiert, dass also mehr CO2 in der Biosphäre (und dem Meer) aufgenommen wird.
Schliesslich könnte in einer sich erwärmenden Welt auch die Sahara ergrünen (über eine Änderung des westafrikanischen Monsumsystems). Damit würde noch einmal mehr CO2 sequestriert.
Diese natürlichen negativen Rückkoppelungen sind aber viel schwächer als die positiven Rückkoppelungen: die Abnahme der vergletscherten Flächen und die Zunahme der Luftfeuchtigkeit.
@ Herr Holzherr :
Es gibt die physikalische Grundlage der Klimatologie mit dem CO2-zentrierten Erwärmungtrend, sozusagen mit den Mitteln der Bauphysik festgestellt, es ist ja kein Zufall, dass es auf dem Erdtrabanten 55 K kälter ist, trotz gleichen Abstands zur Sonne, die eine sog. Klimasensitivität von + 1,2 K meint…
…und es gibt den “großen Spekulatius”.
Niemand weiß, welche sog. Feedbacks sich in welcher Höhe ergeben werden. Dafür ist das betrachtete System zu komplex, was Sie meinen ist die Plausibilität, die manche dazu anleiten auf sog. positives Feedback zu setzen. [1]
Wie das terrestrische Klimasystem balanciert, kann zurzeit niemand wissen.
Festlegungen in die eine oder andere Richtung werden insofern schnell politisch.
Rein spaßeshalber angemerkt:
Insofern kann auch ein Donald J. Trump vglw. locker, teils auch: ignorant, auftreten, in diesem Punkt, weil in den nächsten zehn Jahrzehnten, also auch seine Kinder meinend, nicht viel passieren wird – in etwa so, wie die kinderlose bekannte Dame sich über bestimmte Personaleinfuhr keine Gedanken machen muss, weil ihre nächste Amtszeit 2017 nur so erhalten werden kann.
—
Philosophisch interessant ist die Frage, inwieweit sich jetzige Generationen für ferne Entwicklung, zukünftige Generationen meinend, interessieren sollten.
Bei Merkel scheint dies klar, müsste klar sein, beim Klimawandel ist dies weit weniger bis gar nicht klar, denn der zeitgenössische politisch Verantwortliche hat kein Mandat [2] für fern Zukünftiges.
MFG
Dr. Webbaer
[1]
Nichts gegen die Modellerei und Modellrechnungen natürlich, allerdings werden diese bereits in der zeitgenössischen Wirtschaftlichkeit mit Bauchschmerz zur Kenntnis genommen, die (grundsätzlich funktionierende, auch und gerade im Bereich der Wirtschaft) Stochastik ist halt ein weites Feld.
[2]
Vgl. auch mit :
-> http://www.wbgu.de/fileadmin/templates/dateien/veroeffentlichungen/hauptgutachten/jg2011/wbgu_jg2011_ZfE.pdf (hier die Version für Entscheider webverwiesen – ein skurriles, typisch deutsches Dokument, wie einige finden)
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Auch die meisten Klimawissenschaftler glauben nicht an eine Klimakatastrophe – selbst wenn sie das behaupten. Das zeigt die vehemente Ablehnung der Atomenergie und jeder Form des Geoengineering durch die meisten Klimawissenschaftler. Eine von Atomstrom angetriebene Welt ist für diese Klimawissenschaftler offensichtlich eine gefährlichere Welt als eine wesentlich wärmere Welt. Auch wer noch so sinnvolle Geoengineering grundsätzlich ablehnt, verfolgt wohl noch andere Ziele als den Stopp der Klimaerwärmung. Die Düngung der Weltmeere mit Eisen beispielsweise sollte weiter in Erwägung gezogen werden, würde das doch das Algenwachstum enorm beschleunigen und letzlich Kohlenstoff in Form von abgestorbenen Algen auf dem Ozeanboden versenken.
Einem Teil der Klimawissenschaftler und der Klimapolitiker geht es wohl primär gar nicht ums Klima, sondern um die Vision einer ökologischen Wende in der Landwirtschaft und Wirtschaftsweise. Klimapolitik ist sie nur das Vehikel mit dem sie diese weitergehenden Visionen transportiert werden sollen. Dafür spricht das, was man im von Thomas Grüter verlinkten Klimaschutzplan 2050 liest:
Ökolandbau hat meiner Ansicht nach überhaupt nichts mit Klimaschutz zu tun.
Herr Holzherr, ich lese Ihre Kommentare sehr gerne und finde eben diese sehr schön und ausführlich. Erlauben Sie mir aber, an dieser Stelle Ihre Sicht ein wenig zu relativieren: Was den Atomstrom anbetrifft, haben Sie vielleicht für Deutschland Recht. Ich persönlich habe hier aber auch schon einige Atomstrom-befürwortende Klimatologen kennengelernt, nur dass sie ihre Meinung hier nicht gern in die Öffentlichkeit tragen. In den USA sieht das aber schon anders aus: James Hansen, international wohl einer der berühmtesten Klimaforscher, und viele seiner Kollegen sind sehr vehemente Atomstrom-Befürtworter.
“Nuclear power paves the only viable path forward on climate change” J. Hansen uw., The Guardian.
“Coal and gas are far more harmful than nuclear power”, Kharecha & Hansen, NASA Science Brief [eine Betrachtung völlig ohne Klimafolgeschäden]
Zur Eisendüngung, hier aus Wikipedia [auch lesenswert der ZEIT-Artikel zu lohafex] wurde in den jüngeren größer angelegten Experimenten eine geringe Wirksamkeit konstatiert, exemplarisch das europäisch-indische Experiment – es gibt auch pazifische Experimente vor US&Canada. “LOHAFEX was an Ocean Iron Fertilization experiment jointly planned by the Council of Scientific Industrial Research (CSIR), India, and Helmholtz Foundation, Germany. […] the chlorophyll increase within the fertilized patch, an indicator of biomass, was smaller than in previous experiments. The algal bloom also stimulated the growth of zooplankton [beobachtet im Besonderen: Kleinkrebse, Anm.] that feed on them. The zooplankton in turn are consumed by higher organisms. Thus, ocean fertilization with iron also contributes to the carbon-fixing marine biomass of fish species which have been removed from the ocean by over-fishing.”
Viele Wissenschaftler beklagen auch weniger Geo-Engineering an sich, sondern das es bisher keine erprobte, i.e. nebenwirkungsarme sowie wirksame Geo-Enginering-Methode gibt und deren weitere Entwicklung auch politisch derzeit wenig attraktiv zu sein scheint. Auf etwas zu setzen, was wir noch gar nicht haben, halte ich für nicht sehr weise.
@Wizzy: Ja, weder ist Atomenergie DIE Lösung, noch Geoengineering. Die Lösung wäre eben alles zuzulassen und zu fördern, was die Klimawewärmung stoppen kann. Tatsächlich ist das die Position von James Hansen. Nicht nur befürwortet er die Atomenergie, sondern auch Geoengineering-Massnahmen wie die künstliche Begrünung der Sahara um damit CO2 zu sequestrieren. Doch James Hansen ist die absolute Ausnahme, sogar bei den Klimaschützern ist er der Aussenseiter.
Dass viele eine wärmere Welt einer Welt voller AKW vorziehen gilt aber vor allem für weite Teile der Bevölkerung, der Deutschen aber auch der europäischen und teilweise der US-Bevölkerung.
@Thomas Grüter
“Ich hoffe ja auch immer noch, dass die Menschen rechtzeitig zur Vernunft kommen.”
Bleibt die Frage welche Vernunft – die der Illusionen in “Wer soll das bezahlen?” und “Arbeit macht frei”, oder die die schon in der Bibel als ziemlich eindeutige Wahrheit für Bewußtseinsentwicklung beschrieben wird???
Seid ihr denn bereit die eine menschenwürdige / einzig reformwürdige Ideologie zu überdenken und zweifelsfrei verantwortungsbewußt zu gestalten, so daß unsere “spirituelle Werteordnung” (die logischerweise auch überdacht und … werden muß) auch TATSÄCHLICH zur wirklich-wahrhaftigen Basis der globalisierenden Werteordnung wird – geistig-heilendes Selbst- und Massenbewußtsein, wenn GRUNDSÄTZLICH alles Allen gehören darf, so daß “Wer soll das bezahlen?” und “Arbeit macht frei” keine Macht mehr hat, und PRINZIPIELL alles OHNE Wettbewerb und seine entmenschlichende Symptomatik zur echten freiheitlichen Demokratie OHNE multischizophrenem Parlamentarismus wird!!!
Faktisch ist nicht zunehmender Klimaschutz der grosse Trend, sondern es ist die Energiewende: die Hinwendung zu den Erneuerbaren Energien mit gleichzeitiger Abwendung von der Nuklearenergie. Nicht nur in Deutschland gibt es diese Art der Energiewende, sondern auch in anderen hochindustrialisierten Ländern wie den USA, wobei in den USA der Vorreiter Kalifornien ist. Zwar wird von den Erneuerbaren-Evangelisten im allgemeinen behauptet, dass diese Hinwendung zu den Erneuerbaren und die Abwendung von der Nuklearenergie letztlich beides dem Klimaschutz dient (denn Nuklearenergie habe sowieso keine Zukunft und sei zu teuer). Doch nimmt man den CO2-Emissionstrend in Deutschland und Kalifornien – also den beiden Energiewende-Staaten -, dann erkennt man, dass die CO2-Emissionen von Deutschland und Kalifornien in den letzten Jahren trotz starken Ausbaus von Wind-und Sonnenenerige nur schwach zurückgegangen sind. In Kalifornien ging der CO2-Ausstoss von 2007 bis 2011 während gleichzeitigem EE-Boom und der Umstellung auf Gas- statt Kohlekraftwerke deutlich zurück, seither aber verändert er sich nur noch wenig trotz weiterem Zubau von Solar- und Windanlagen. Das liegt daran, dass gleichzeitig AKW’s abgeschaltet werden. Das gleiche ist in Deutschland zu beobachten, wo ebenfalls der zunehmende Strom durch erneuerbare Energien vor allem den Strom von abgeschalteten AKW’s ausglich.
Für viele (oder gar die meisten) Energiewende-Befürworter ist die Abschaltung der AKW’s mindestens so wichtig wie der Ausbau der Erneuerbaren. Gemäss ihrer Sicht werden nach Abschaltung aller AKW’s und weiterem Zubau von Erneuerbaren die CO2-Emissionen schliesslich stark sinken. Allerdings berücksichtigt diese Sicht nicht die mit zunehmendem EE-Anteil schwieriger werdende Integration von Wind- und Sonnenstrom und die Notwendigkeit Dunkelflauten mit fossilen Energien zu überbrücken. Erst die Entwicklung zukünftiger kostengünstiger Stromspeicher (Flowbatterien?) wird die Hoffnungen der EE-Gläubigen wahr machen können.
Bisher waren es vor allem Industrieländer und China welche stark in die Erneuerbaren Energien investierten. Doch in Marrakesch (jüngster Klimagipfel) haben sich nun auch die 47 ärmsten Länder zu 100% Erneuerbaren verpflichtet (allerdings nicht sofort sondern bis 2050).
Nur wenn es schon bald billige Stromspeicher gibt wird dieser Trend zu 100% Erneuerbaren überhaupt realisierbar sein. Am ehesten kommen solche billige Stromspeicher aus einem US-Forschungsprogramm, dem ARPA-E Programm (Advanced Research Program Agency for Energy). Wie schon öfter in der Geschichte des 20. und 21. Jahrhunderts wird die Technologie der Zukunft in den USA geschaffen oder auch nicht geschaffen.
Ergänzung+Bestätigung von Energiewende= ++EE –Nukes In den USA hat jetzt – nach Kalifornien – auch New York sein letztes AKW frühzeitig abgestellt. Der New York Times – Artikel On Climate Change, Even States in Forefront Are Falling Short erwähnt die Konsequenzen der Kombination von mehr erneuerbaren Energien und Abschalten von Kernkraftwerken: Die CO2-Emissionen sinken trotz mehr Erneuerbaren kaum und es ergibt sich ein fossil-erneuerbares Energiesystem. In den USA beruht dieses fossil-erneuerbare Energiesystem auf einer Kombination von Erdgas+Wind+Sonne, in Deutschland auf einer Kombination von Kohle+Wind+Sonne. Deutschland hat in den letzten 7 Jahren seine CO2-Emissionen kaum gesenkt und wird es bis zum Abschalten des letzten deutschen AKWs im Jahr 2022 auch weiterhin nicht tun, so dass Deutschland zwischen 2009 und 2022 eine 13 jährige Periode ohne CO2-Absenkung hat. In den USA sieht es ähnlich aus.
Diese längere Periode von kaum sinkenden CO2-Emission in den USA wie in Deutschland bedeutet auch, dass beide Länder die selbst gesteckten CO2-Minderungsziele, die dem Paris-Abkommen zugrundeliegen, wohl nicht einhalten können.