Warum es 2018 immer noch keinen Chemie-Nobelpreis für CRISPR/Cas9 gibt

Bisher war ich ja hundert Prozent sicher, dass es so bald keinen Nobelpreis für CRISPR/Cas9 geben würde. Warum? Weil sich die beteiligten Leute und Universitäten jahrelang vor Gericht um die Patentrechte geprügelt haben. Das Nobelkomitee hat ganz sicher keinen Bock, die eigene Nobelpreis-Pressemitteilung zwei Wochen später in der Urteilsbegründung eines milliardenschweren Rechtsstreits zu lesen.

Jetzt gibt es ein – nach Ansicht von Fachleuten ziemlich finales – Urteil, und damit sind die Chancen, dass der Chemie-Nobelpreis demnächst an die Gene-Editing-Entdeckerinnen Jennifer Doudna, Emmanuelle Charpentier und Feng Zhang geht, immerhin deutlich gestiegen. Ich glaube aber trotzdem nicht, dass es schon dieses Jahr soweit ist.

Zum einen ist die Gerichtsentscheidung noch so frisch, dass die Beratungen über den Preis vermutlich noch weitgehend unter dem Eindruck des Rechtsstreits stattfanden. Zum zweiten hieß es vor ein paar Wochen noch, dass die Verliererseite um die University of California (auf der auch Doudna und Charpentier stehen) weitere juristische Mittel prüft.

Insofern gilt nach wie vor das Argument von oben, zumal das ganze überhaupt nicht dringend ist. Es gibt aus meiner Sicht keinen Grund, weshalb das Nobelkomitee die juristischen Verstrickungen nicht einfach komplett aussitzen sollte. Gene Editing wird auch in fünf Jahren noch Thema sein.

Und das gilt möglicherweise eben nicht für John B. Goodenough. Der hat zusammen mit Stanley Whittingham die Grundlagen für die modernen Li-Ionen-Akkus gelegt und ist inzwischen 95 Jahre alt. Wenn der noch einen kriegen soll, wird es langsam mal Zeit, und Nutzen und Bedeutung des Themas sind ja unumstritten.

Aber ganz ehrlich, wenn ich mir was wünschen könnte, dann sollte der Preis mal wieder an ein Katalyse-Thema gehen. Oder zumindest mal wieder was mit Synthese, zum Beispiel Polymerisation oder Funktionalisierung. Da hätt ich auch schon ein paar Ideen, wer es werden könnte.

 

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