Publikationsrecherche in Zeiten von SARS-CoV-2

Corona ist überall. Jeder spricht darüber, die Überflutung an Informationen vermatschen einem teilweise das Gehirn und Wissenschaftler beziehen sich immer wieder auf Studien und Publikationen. Das ist natürlich super, denn Forschung und Wissenschaft sind die einzigen Tools, die uns derzeitig helfen das neue Coronavirus SARS-CoV-2 zu verstehen. Doch wo findet man diese ganzen Studien eigentlich?

Man muss hierbei erstmal unterscheiden. Es gibt Publikationen, die von Experten aus den selben Fachgebieten unabhänhig überprüft und abgesegnet werden und somit den Prozess des “Peer-Review” überstanden haben. Diese gelten als solide und aussagekräftig. Auf der anderen Seite gibt es Studien, die als sogenannte “Pre-Prints” veröffentlich werden. Dies sind Publikationen die erstmal nicht von Experten überprüft wurden, aus dem Grund sie der Öffentlichkeit schneller verfügbar zu machen, damit Forscher dadurch ihre eigenen Arbeiten anpassen können. Der Prozess des Peer-Reviews kann sich teilweise über Monate und Jahre ziehen und somit ist ein schnellerer Weg des Publizierens per Pre-Prints möglich.

Im Moment häufen sich die Pre-Prints zu der aktuellen Coronakrise, das ist aber auch gut. Forscher können somit schneller auf neueste Daten und Erkenntnisse aus aller Welt zugreifen. Dies spart Zeit, die derzeit sehr wichtig und kostbar ist. Pre-Prints können dann zu einem späteren Zeitpunkt peer-reviewt und dann in wissenschaftlichen Fachzeitschriften veröffentlicht werden. Die Anzahl peer-reviewter Studien zum Thema SARS-CoV-2 ziehen langsam nach.

Peer-reviewte Publikationen zum Ausbruch des SARS-CoV-2 findet man auf Pubmed. Das ist eine Suchmaschine, die auf die MEDLINE-Datenbank zugreift, welche weltweit Publikationen im Bereich Lebenswissenschaften und Medizin indext. Hier finden sich weit über 30 Millionen publizierte Studien, die aus zahlreichen wissenschaftlichen Fachzeitschriften stammen.

Als Wissenschaftler ist dies eine Datenbank auf die man so gut wie täglich zugreift. Quasi des Forschers täglich Brot. Für die Nicht-Wissenschaftler unter uns: Man kann hier nach allem Suchen, was einen interessiert. Man stößt teilweise auf sehr faszinierende und lustige Studien. Man kann mit den Such-Parametern spielen und so nach ganz gezielten Themen suchen. Ihr hört zum Beispiel beim täglichen NDR-Podcast mit Christian Drosten (den ich wärmstens empfehlen kann!), dass Menschen mit speziellen Vorerkrankungen eine höhere Wahrscheinlichkeit besitzen, schwerwiegender an Covid-19 zu erkranken. Wie suche ich mir jetzt handfeste Informationen dazu? Sagen wir mal wir wollen wissen, zu welchen Vorerkrankungen es neue wissenschaftliche Erkenntnisse im Zusammenhang mit Covid-19 gibt und um welche Vorerkrankungen es sich hierbei überhaupt handelt. Wir gehen folgendermaßen vor:

Fig. 1: Wie man die Pubmed-Datenbank zur Recherche von Publikationen nutzt.

Ihr könnte jetzt auf den jeweiligen Link der Studien-Überschrift klicken und werden dann auf eine Seite weitergeleitet, wo der “Abstract” der Publikation zu lesen ist. Hierbei handelt es sich um die Zusammenfassung. Oben rechts unter “Full text links” wird dann die Seite verlinkt, wo man die Studie komplett lesen und auch downloaden kann, wenn sie denn nicht hinter einer Paywall steckt. Manchmal kommt es allerdings vor, dass keine full text links angezeigt werden. Dann macht man folgendes:

Fig. 2: Wie man zum Volltext der Publikation kommt.

Es lassen sich beliebig viele Suchwörter durch Eingabe von “AND” kombinieren und Suchergebnisse kann man zudem ganz gezielt auf der linken Seite unter “Customize” filtern. Ein detailliertes Tutorial zur Pubmed-Datenbanksuche findet ihr bei der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel oder auf Englisch bei zahlreichen YouTube-Tutorials. Fangt an zu stöbern und recherchiert zu Aussagen, die ihr im Fernsehen oder Radio hört, damit ihr stets gut und solide informiert seid (wenn ihr das überhaupt wollt).

Wie ihr schnell merken werdet, wird man von Pubmed auf die Seiten der jeweiligen Fachzeitschriften bzw. sogenannten “Journals” weitergeleitet, wo die Studie publiziert wurde. Pubmed ist kein Publizist, sondern eine Datenbank die Informationen sammelt, die sich durchsuchen lassen. Auf einige Artikel werdet ihr daher problemlos Zugriff haben, einige Publikationen stehen aber leider hinter einer Paywall, die man leicht auf Sci-Hub umgehen kann (Vorsicht, das ist nich gerade legal!).

Jetzt die andere Seite der Medaille: Wo suche ich nach Pre-Prints? Pre-Prints zum Thema SARS-CoV-2 findet man auf bioRxiv und auf medRxiv. Beides sind sogenannte Pre-Print Server, die von der renommierten Forschungseinrichtung Cold Spring Harbor Laboratory (CSHL) geführt wird. Bei medRxiv ist zudem die Elite-Universität Yale und der Publizist BMJ mit im Boot. Hier kann man nach Publikationen suchen, die noch nicht peer-reviewt worden sind, aber tagesaktuelle und neue wissenschaftliche Erkentnisse durchweg frei zugänglich machen. Es sind hier keine Paywalls anzufinden. In diesen Zeiten findet man hier die aktuellsten Studien zum Thema SARS-CoV-2 und alles was dazu gehört. Diese Publikationen werden dann später teilweise peer-reviewt und dann in Fachzeitschriften veröffentlicht und somit auf Pubmed geindext.

Als Faustregel gilt: Publikationen auf Pubmed stehen auf wissenschaftlich fundierten Erkentnissen, Pre-Print-Publikationen zwar auch, aber noch nicht unabhängig überprüft und somit erstmal mit etwas Vorsicht zu genießen. Wie ihr aber auch sehen könnt, wird auf bioRxiv und medRxiv explizit daraufhin gewiesen.

Viel Spaß beim Browsen oder auch beim Abkotzen, denn man findet teilweise zu viele Informationen, die einen dann doch mehr verwirren können als aufzuklären. Manchmal macht es dann doch Sinn auf die in dieser Pandemie-bewährten Informationsseiten zurückzugreifen.

——————————

Titelbild: ElasticComputeFarm auf Pixabay.com

Avatar-Foto

Veröffentlicht von

Sebastian Reusch ist Naturwissenschaftler und studierte Biologie mit den Schwerpunkten Zell- und Entwicklungsbiologie, Genetik und Biotechnologie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Danach arbeitete er am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin an molekularbiologischen Prozessen des Immunsystems. Derzeit promoviert er am IRI Life Sciences der Humboldt-Universität zu Berlin an grundlegenden Fragen der Zellbiologie und Biochemie des Tubulin-Zytoskeletts in Stammzellen. Seine Schwerpunktthemen hier im Blog sind Molekularbiologie und Biomedizin. Twitter: @MrEnkapsis

Schreibe einen Kommentar