Wann ist man deutsch?

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Die Soziologen Michael Mäs und Kurt Mühler der Uni Leipzig haben sich gefragt bei welchen Merkmalen eine Person als „deutsch“ beschrieben wird. Zur Beantwortung dieser Frage überprüften sie zwei Hypothesen, die Assimilationshypothese und die Abstammungshypothese. Die Assimilationshypothese besagt, dass die Anpassung an zentrale kulturelle Merkmale von Bedeutung ist. Dies sind vor allem, so wird vermutet, die sichere Beherrschung der deutschen Sprache, die Zugehörigkeit zum Christentum, die Wohndauer in Deutschland und ein deutscher Ehepartner. Die Abstammungshypothese dagegen behauptet, dass man "deutsch sein" nicht lernen kann: "deutsch" ist man nur, wenn die Eltern Deutsche sind. Die Wissenschaftler befragten dazu 579 Menschen aus Sachsen. Die Daten wurden im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projektes “Ursachen für die Identifikation von Bürgern mit ihrer Region und Wirkungen auf ihr individuelles Handeln“ erhoben. 

Merkmale die das „deutsch sein“ bestimmen

Dabei wurden den Befragten Situationsbeschreibungen von Menschen vorgegeben, die aus Kombinationen bestimmter kultureller und rechtlicher Merkmale bestehen, sogenannte Vignetten.

Es gab folgende Vignettenmerkmale:

Geburtsland: Deutschland, Frankreich, Türkei
Staatsangehörigkeit der Eltern: deutsch, französisch, türkisch
Wohndauer in Deutschland: seit 2 Jahren, seit 8 Jahren, seit 20 Jahren, seit Geburt
Beherrschung der deutschen Sprache: fließend, gebrochen, kaum
Religionszugehörigkeit: ohne Religion, Christ, Moslem
Nationalität des Ehepartners: deutsch, französisch, türkisch

Eine Vignette (Situationsbeschreibung für eine Person) würde z.B. lauten:

Eine Person A ist in der Türkei geboren. Die Staatsangehörigkeit der Eltern von A ist türkisch. A lebt seit 8 Jahren in Deutschland. A spricht gebrochen deutsch und ist ohne Religion. A hat einen deutschen Ehepartner.

Die Befragten wurden dann gebeten, die beschriebene Person nach der folgenden 7-stufigen Skala (-3 bis +3) nach ihrem „deutsch sein“ zu beurteilen:

-3: auf keinen Fall deutsch
0: unentschlossen
+3: auf jeden Fall deutsch

Jedem Befragten wurden 15 Vignetten zur Bewertung vorgelegt. Die 15 Vignetten wurden zufällig zusammengestellt und zufällig auf die Befragten verteilt. Der Vignettenfragebogen wurde schriftlich ausgefüllt.

Die Verteilung der Bewertungen

Knapp ein Drittel der Urteile (29,4 Prozent) wies den höchstmöglichen negativen Wert  -3 (auf keinen Fall deutsch) auf. 6,7 Prozent der Urteile wiesen den höchstmöglichen Wert  +3 (auf jeden Fall deutsch) auf.  19,3 Prozent der Urteile wiesen den Wert 0 (unentschlossen) auf.


 
Diese Ergebnisse beziehen sich nur auf die Urteile (Die Prozentwerte wurden gerundet). Die 579 Befragten waren zufällig ausgewählt. Es ist denkbar, dass die Befragten ihr Urteil darüber, wann jemand als „deutsch“ zu bezeichnen ist, völlig unterschiedlich bilden. Die Befragten haben jeweils 15 Vignetten beurteilt. Damit lassen sich multivariate Analysen für jeden einzelnen Befragten durchführen. Es wurde eine befragtenspezifische Regressionsanalyse durchgeführt, um zu schauen, ob die Befragten ihre Urteile unterschiedlich bilden. Die Auswertung dieser befragtenspezifischen Regressionsanalyse hat gezeigt, dass sich die Befragten sehr stark darin unterscheiden, wie sie das Urteil, ob jemand deutsch ist, bilden. Die Einbeziehung demografischer Variablen der Befragten wie Alter, Familienstand, Geschlecht, Schulbildung und Einkommen zeigten kaum Wirkungen auf die Urteile.

Deutsch ist, wer deutsche Eltern hat

Die Abstammungshypothese wurde klar bestätigt. Wer deutsche Eltern hat, wird als "deutsch" bezeichnet. Dieses Merkmal hatte die stärkste Wirkung. Die spezielle Hypothese zur kulturellen Ausschließung besagt, dass z.B. ein türkisch-stämmiger Moslem trotz hoher Assimilationsbemühungen nicht als "deutsch" bezeichnet wird. Aufgrund dieser Hypothese würde man voraussagen, dass sich der Effekt von "Moslem" nicht ändert, wenn man in die Analyse Merkmale einbezieht, die, so vermutet man, Assimilationsbemühungen messen. Diese sind insbesondere "deutscher Ehepartner" und "fließende Beherrschung der deutschen Sprache".
Diese Hypothese wurde auf folgende Weise getestet. Es wurden die Korrelationen zwischen "Moslem" und den Urteilen zum „deutsch sein“ bei zwei Gruppen von Vignetten miteinander verglichen: Vignetten, in denen die Person hohe Assimilationsbemühungen zeigt (also fließend Deutsch spricht und einen deutschen Ehepartner hat) und in denen die Person niedrige Assimilationsbemühungen zeigt (also nicht fließend Deutsch spricht und keinen deutschen Ehepartner hat). Für jede dieser Extremgruppen wurden die Korrelationen zwischen "Moslem" und Beurteilungsskala berechnet. Trotz Anpassungsbemühungen nehmen die Menschen eine Person nicht als „mehr deutsch“ war.

Bei den Vignetten mit einer Person mit niedrigen Assimilationsbemühungen betrug die Korrelation zwischen "Moslem" und dem Urteil -0.03. Bei den Vignetten mit einer Person mit hohen Assimilationsbemühungen korrelierten die genannten Variablen mit – 0.22 [1].

Dies bestätigt die Hypothese zur kulturellen Ausschließung die besagt, dass nämlich Assimilationsbemühungen nicht dazu beitragen, dass man eher als deutsch bezeichnet wird. Im Gegenteil: Bei hohen Assimilationsbemühungen wird man eher nicht als deutsch eingestuft.

Die Forscher erklären das mit dem Dissonanzeffekt und den Terroranschlägen in der jüngeren Vergangenheit.

Der Dissonanzeffekt

Der Dissonanzeffekt ist ein Phänomen, das in der Sozialpsychologie durch Festingers Dissonanztheorie beschrieben und erklärt wird. 1957 veröffentlichte Leon Festinger ein Buch [2], in dem er seine Theorie der kognitiven Dissonanz und ihre Bedeutung für die Meinungsbildung und das Verhalten vorstellte.

Von zentraler Bedeutung ist dabei der psychologische Begriff der Kognition. In der Psychologie bezeichnet Kognition die mentalen Prozesse eines Individuums wie Gedanken, Meinungen, Einstellungen, Wünsche, Absichten. Kognitionen können auch als Informationsverarbeitungsprozesse verstanden werden, in dem Neues gelernt und Wissen verarbeitet wird, siehe Denken und Problemlösen. Kognitionen können Emotionen (Gefühle) beeinflussen und/oder durch sie beeinflusst werden.

Kognitionen können sich relevant zueinander verhalten. Bei einer relevanten Relation unterscheidet man wiederum zwischen konsonanter und dissonanter Relation. Passen zwei Kognitionen widerspruchslos zusammen oder folgt eine Kognition aus der anderen, dann verhalten sich diese Kognitionen zueinander konsonant.

Kognition A: Ich mag Soul-Musik. Kognition B: Ich höre mir die CD von Erykah Badu an.

Passen zwei Kognitionen hingegen nicht zusammen, weil sie einander widersprechen oder sogar das Gegenteil vom jeweils anderen bedeuten, dann verhalten sich diese Kognitionen zueinander dissonant und eine solche Relation hat kognitive Dissonanz zur Folge.

Kognition A: Ich esse jeden Tag sieben Schnitzel. Kognition B: Ich will abnehmen.

Festingers Theorie geht von der Annahme aus, dass kognitive Dissonanz zu unangenehmen psychischen Spannungen führt, die Menschen dazu motiviert, diese Spannung zu beseitigen oder wenigstens zu reduzieren. Je größer die Dissonanz (welche vom subjektiven Empfinden abhängig ist), desto größer der Druck bzw. die Motivation, diesen Zustand zu beseitigen. Festinger meint dabei nicht logische Unvereinbarkeiten, sondern psychologische d.h. was für eine Person psychologisch unvereinbar ist, kann für andere vereinbar sein.

Welche Mittel benutzen Menschen um eine kognitive Dissonanz zu reduzieren?

Menschen reduzieren kognitive Dissonanz z.B. durch Veränderungen ihres kognitiven Systems.

a) Addition neuer konsonanter Kognitionen
b) Subtraktion von dissonanten Kognitionen (Ignorieren, Vergessen, Verdrängen)
c) Substitution von Kognitionen: Subtraktion dissonanter bei gleichzeitiger Addition konsonanter Kognitionen → kognitive Verzerrung erforderlich
Kognition kann dann umso schwerer zur Dissonanzreduktion verwendet werden, je größer die Anzahl konsonanter Beziehungen zu anderen Kognitionen ist.

Nachtrag 16.9.2010

Es ist Zeit für ein wenig Edutainment. In den Kommentaren wurde ja weiter eifrig über die Definition von "deutsch" diskutiert. Hier der Textauszug zu dem Lied "Fremd im eigenen Land". Ich denke, er macht recht deutlich wohin diese Studie zielt.

…Ich habe einen grünen Pass mit ‘nem goldenen Adler drauf

dies bedingt, dass ich mir oft die Haare rauf

Jetzt mal ohne Spass: Ärger hab’ ich zu Hauf

obwohl ich langsam Auto fahre und niemals sauf’

All das Gerede von europäischem Zusammenschluss

fahr’ ich zur Grenze mit dem Zug oder einem Bus

frag’ ich mich warum ich der Einzige bin, der sich ausweisen muss,

Identität beweisen muss!

Ist es so ungewöhnlich, wenn ein Afro-Deutscher seine Sprache spricht

und nicht so blass ist im Gesicht?

Das Problem sind die Ideen im System:

ein echter Deutscher muss auch richtig deutsch aussehen,

blaue Augen, blondes Haar keine Gefahr,

gab’s da nicht ‘ne Zeit wo’s schon mal so war?!

"Gehst du mal später zurück in deine Heimat?"

‘Wohin? nach Heidelberg? wo ich ein Heim hab?’


"Nein du weisst, was ich mein…"

Komm lass es sein, ich kenn diese Fragen seit dem ich klein

bin in diesem Land vor zwei Jahrzehnten geborn’

doch frag’ ich mich manchmal, was hab’ ich hier verloren!

Ignorantes Geschwätz, ohne End

dumme Sprüche, die man bereits alle kennt

"Eh, bist du Amerikaner oder kommste aus Afrika?"

Noch ein Kommentar über mein Haar, was ist daran so sonderbar?

"Ach du bist Deutscher, komm erzähl kein Scheiss!"

Du willst den Beweis? Hier ist mein Ausweis:

Gestatten sie mein Name ist Frederik Hahn

ich wurde hier geboren, doch wahrscheinlich sieht man’s mir nicht an,

ich bin kein Ausländer, Aussiedler, Tourist, Immigrant,

sondern deutscher Staatsbürger und komme zufällig aus diesem Land,…

Literatur

1. Wann ist man deutsch? Empirische Ergebnisse eines Faktoriellen Surveys Michael Mäs, Kurt Mühler und Karl-Dieter Opp (2005) Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Jg. 57, Heft 1, S. 112-137

2. A theory of cognitive dissonance Festinger, L. (1957). Evanston, IL: Row, Peterson.



Mäs, M., Mühler, K., & Opp, K. (2005). Wann ist man Deutsch? Empirische Ergebnisse eines faktoriellen Surveys KZfSS Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 57 (1), 112-134 DOI: 10.1007/s11577-005-0113-9

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Veröffentlicht von

Joe Dramiga ist Neurogenetiker und hat Biologie an der Universität Köln und am King’s College London studiert. In seiner Doktorarbeit beschäftigte er sich mit der Genexpression in einem Mausmodell für die Frontotemporale Demenz. Die Frontotemporale Demenz ist eine Erkrankung des Gehirns, die sowohl Ähnlichkeit mit Alzheimer als auch mit Parkinson hat. Kontakt: jdramiga [at] googlemail [dot] com

14 Kommentare

  1. Ich bin der Meinung, dass die Assimilierung/Fortsetzung gewisser Bräuche, die als “deutsch” empfunden werden, den Unterschied ausmachen (also allgemein die Übernahme und die Weitergabe der gägnigen Bräuche an die Kinder und folgende Generationen).

    Es gilt, die kulturellen Werte zu assimilieren und nicht nur “sich integrieren zu lassen”.

  2. Umsonst bemüht

    Dieser Beitrag ist wirklich sehr informativ. Besonders der Satz:” Dies bestätigt die Hypothese zur kulturellen Ausschließung die besagt, dass nämlich Assimilationsbemühungen nicht dazu beitragen, dass man eher als deutsch bezeichnet wird. Im Gegenteil: Bei hohen Assimilationsbemühungen wird man eher nicht als deutsch eingestuft.” hat mich doch etwas schockiert, da es für “bemühte” Ausländer sehr frustrierend sein muss, wenn ihre Anstrengungen nicht gewürdigt werden.

  3. Abstammung

    Historisch ist es in meinen Augen widersinnig, wenn man Deutschsein alleine über eine “deutsche” Abstammung definiert. Schliesslich gab es kein Volk “deutsch”, das einst hier einwanderte, sondern es war iirc die gemeinsame Sprache. Der Begriff “deutsch leitet sich laut wikipedia vom althochdeutschen diutisc (westfränkischen *Þeodisk) ab, was ursprünglich „zum Volk gehörig“ bedeutete (germanisch Þeudā, althochdeutsch diot, Volk). Damit wurde die “Volkssprache” (im Gegensatz zum “welschen” bezeichnet, das in den romanischen Gegenden gesprochen wurde. Mit anderen Worten: Dsamals war man “deutsch”, wenn man die Sprache sprach. Vielleicht wäre das auch für heute eine Idee.

  4. Reduzierung kognitiver Dissonanz

    Hallo,

    ich bin von Nationalität persisch und lebe seit ca. 21 Jahren in Deutschland und bin vom Beruf Informatiker.

    Ich finde die aufgeführten Methoden zur Reduzierung von kognitiver Dissonanz etwas fragwürdig, was den Erfolg anbelangt.

    Für mich ist eine erfolgreiche Reduzierung gleich mit dem, dass man den psychischen Druck “gesund” abbaut. Und ich meine, dass man dies nur tun kann, indem man seine eigene Kultur, als die Neue Kultur gut studiert und kennt.

    Da ich mit 6 Jahren nach Deutschland kam, hatte ich entsprechend weniger Probleme damit, die deutsche Kultur mir gründlich anzueignen bzw. zu erlernen.

    Allerdings umso größer der Bedarf an das Kennen der eigenen Kultur (die des Persischen).

    Daher hat man die Last zu tragen, die eigene, als auch die “neue” Kultur sich gut anzueignen.

    Eine Zeit lang hatte ich damit Probleme zu sagen, dass ich ein Perser (Iraner) bin oder aber auch zu sagen, dass ich ein Deutscher bin. Ich fühlte mich irgendwo in der Mitte.

    Nach einer Zeit, in der ich mich intensiver mich mit der eigenen Herkunft beschäftigt habe, konnte ich ganz simpel sagen: “Ich bin ein Perser der sehr gerne in Deutschland “deutsch” lebt.”

    LG

  5. Definition “deutsch sein”

    Hallo,

    wie wird denn bei dieser Studie überhaupt “deutsch” bzw. “deutsch sein” definiert? Ohne sie jetzt genauer zu kennen, klingt es für mich doch eher nach einer Wahrscheinlichkeitseinschätzung, soll heißen: Jemand, dessen Eltern deutsche Staatsangehörige sind, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit selber deutscher Staatsangehöriger, somit Deutscher. Jemand, dessen Eltern die türkische Staatsangehörigkeit besitzen, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit selbst türkischer Staatsangehöriger, somit Türke bzw. kein Deutscher. Wie diese Person sich im Alltag verhält (also z.B. vollständig “assimiliert” ist, weil z.B. seit Geburt in Deutschland lebend mit perfekter Sprachbeherrschung), ist daher wenig entscheidend. Die einzige Definition ist die Staatsangehörigkeit der Person.
    Daher ist “deutsch sein” imho auch nichts, was man erlernen könnte, denn es handelt sich um keine Errungenschaft. Man ist es qua Pass, gleichgültig, welche familiären Wurzeln man besitzt, welche Religion, etc.. Insofern auch keine große Überraschung, dass eher die Abstammungshypothese bestätigt wird.
    Oder denke ich hier zu schlicht?

  6. “Deutsch” – begriffshistorisch

    Es gibt schöne Studien über die Entstehung des Begriffes “Deutsch”, der zur gleichen Zeit entstand, in dem das deutsche Volk entstand. Und wenn ich mich recht erinnere, kommt “deutsch” von “theodisc” oder ähnlich und heißt so etwas ähnliches wie “treu”. Und es gibt eine Deutung (weiß nicht, ob sie die gegenwärtig vorherrschende ist), die vermutet, daß sich mit diesem Begriff die “Deutschen” als jene von anderen germanischen Völkern abgrenzten, bzw. abgegrenzt wurden, die ihrer angestammten Sprache “treu” geblieben sind.

    Also insbesondere im Gegensatz zu jenen Franken, Westgoten, Langobarden, etc. die alle größtenteils die örtliche vulgärlateinische Sprache ihres Zielsiedlungsraumes angenommen haben.

    Die frühmittelalterlichen Reihengräberfelder der aus dem Elberaum nach Schwaben zugewanderten Alemannen oder der nach Frankreich zugewanderten Franken (oder der nach Bayern zugewanderten Bajuwaren) weisen nach meiner Erinnerung anthropologisch einen sehr einheitlichen nordeuropäischen Typus auf, wie er schon von Tacitus den Germanen zugeschrieben worden ist.

    Man kann biologische Häufigkeitsverteilungen nicht leicht von dem trennen, was eine Ethnie kulturell ausmacht. Beides bildet eine Einheit und wird auch als solche wahrgenommen. Auch die Biologie gehört zur Identität jeder Ethnie weltweit dazu, zumal sie ja jedem sichtbar ist, und zumal sie derzeit immer dichter auf die Erkenntnisse in der modernen Humangenetik zurückgeführt werden kann.

  7. Wikipedia sagt …

    Ach, Entschuldigung, Wikipedia weiß ja alles viel besser:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsch_%28Etymologie%29

    “Der Begriff deutsch leitet sich vom althochdeutschen diutisc (westfränkischen *Þeodisk) ab, was ursprünglich „zum Volk gehörig“ bedeutete (germanisch Þeudā, althochdeutsch diot[a], Volk). Mit diesem Wort wurde vor allem die eigene Volkssprache bezeichnet, in Abgrenzung zum Welschen der romanischen Nachbarvölker, dem Französischen oder Italienischen, und auch in Gegensatz zum Latein der christlichen Priester im eigenen Gebiet der germanischen Völker.”

  8. was ist deutsch?

    so interessant ich die ergebnisse der studie auch finde, bleibt für mich die frage, was eigentlich deutsch ist. ich denke, daß die meisten darunter nicht das gleiche verstehen, aber so tun, als ob er eindeutig wäre. viele scheinen darunter eine “deutsche normalität” zu verstehen, die einer deutschen mittelstandsfamilie entspricht. die gibt es aber längst nicht mehr gibt – als normalität gibt es sie nicht mehr. in meiner sozialen umgebung spielt christentum keine rolle. auch das damit verbundene brauchtum nicht. wo hinein sollen sich also, bitte schön, “ausländer” integrieren? ich habe allerdings auch schon die position gehört, sie müssten aufhören moslems zu sein.

  9. Vignettenmerkmale?

    Aufschlußreiche aber auch verwirrende Studie. Die wenigen Vignettenmerkmale und deren Gewichtung in der Beschreibung, scheint mir, unterstellen den Befragten schon vorweg die “Abstammungshypothese.”

    Der Frage, ob der/die jeweilige Befragte “deutsch sein” als Passnationalität, ererbtes Merkmal oder Unauffälligkeit in Gebräuchen, Sprache und Aussehen definiert geht die Methode nicht wirklich auf den Grund. Sie fordert die Befragten auf, die Wahrscheinlichkeit der Zugehörigkeit zu vermuten. Wie die Befragten diese Zugehörigkeit verstehen wird nicht ergründet. Eben weil die Vignettenmerkmale eine klare Trennlinie zwischen Abstammungs/Assimilationshypothese erzwingen wollen.

  10. @lars

    Warum denkst Du wird den Befragten die Abstammungshypothese unterstellt? Es gibt meiner Meinung nach nur ein Vignettenmerkmal (von insgesamt sechs), dass direkt mit Abstammung assoziiert ist:”Staatsangehörigkeit der Eltern”

    Ich könnte mir daher vorstellen, dass jemand der 100% der Assimilationshypothese zustimmt nur beim Vignettenmerkmal “Wohndauer in Deutschland” schaut. Ist die beschriebene Person dann z.B. seit 20 Jahren oder seit Geburt in Deutschland wird er einfach +3: “auf jeden Fall deutsch” geben.

    Wie die Befragten die Zugehörigkeit verstehen wird schon ergründet:

    Die Befragten haben jeweils 15 Vignetten beurteilt. Damit lassen sich multivariate Analysen für jeden einzelnen Befragten durchführen. Es wurde eine befragtenspezifische Regressionsanalyse durchgeführt, um zu schauen, ob die Befragten ihre Urteile unterschiedlich bilden.

    Diese Ergebnisse habe ich hier nicht dargestellt, stehen aber bestimmt irgendwo in der Studie. Ich kann Dir im Moment leider nicht sagen wie stark die einzelnen Vignettenmerkmale im Detail mit den Urteilen korrelieren. Hätten die meisten Befragten in Sachsen jedoch der Assimilationshypothese zugestimmt, hätte bestimmt das Vignettenmerkmal “Wohndauer in Deutschland” den stärksten Einfluss gehabt. Schön wäre es natürlich gewesen man hätte die Studie zeitgleich an verschiedenen Orten in Deutschland durchgeführt. Dann hätte man allein durch die höhere Fallzahl und die unterschiedlichen Lebensbedingungen eine stärkere Evidenz gehabt.

  11. Deutsch ist der, dessen familiäre Wurzeln in Deutschland liegen. Da reicht es nicht, dass die Mutter und der Vater mal irgendwann vor 20 oder 25 Jahren hier hergezogen sind, sei es aus England, Brazilien oder einem anderen Land. Was auf dem Papier steht, ist die eine Sache, aber die Abstammung ist für mich Ausschlag gebend, welcher Nation man wirklich angehört. Die Staatsangehörigkeit sagt nichts über die eigentliche Nationalität aus.

  12. Wann ist man deutsch

    Eigentlich ist die Frage ganz einfach unwissenschaftlich zu beantworten:
    wenn man sich als Deutscher fühlt.
    Dummerweise fängt hier die Schwierigkeit an, wenn man einen Migrationshintergrund hat, nämlich: fühle ich mich als Deutscher oder eben doch (noch) nicht?
    Eine zweite einfache Lösung der Frage ist natürlich der eigene Ausweis, was steht da?
    Die Fragestellung an sich ist wichtig, aber nicht nur vor dem Hintergrund der Nationalität, denn das Problem stellt sich auch innerdeutsch, wann wird z.B. ein Sachse, der nach Köln umzieht, ein Kölner?
    Für den eingeborenen Kölner vielleicht nie, für den “Umsiedler” vielleicht auch nie.
    Das Problem wird vermutlich in diesem Fall erst bei den Kindern keines mehr sein, so lange sie nicht nach Düsseldorf ziehen.
    Dies nur als Trost für Deutsche mit Migrationshintergrund, ihr seid nicht die Einzigen mit dieser Fragestellung.

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