Positiv kontrafaktisches Denken bei Neid und Bedauern

Am Ende des Jahres blicken wir gewöhnlich zurück und denken über die Entscheidungen nach, die wir im Laufe des Jahres getroffen haben: Was wäre, wenn ich mich nicht hätte impfen lassen? Was wäre, wenn ich verreist wäre? Hätte ich bei Tinder nach rechts wischen sollen? Hätte hätte Fahrradkette.

Kontrafaktisches Denken ist das Nachdenken über eine Vergangenheit, die nicht stattgefunden hat. Wir konstruieren häufig kontrafaktische Alternativen zu dem, was gewesen ist. Im Mittelpunkt des kontrafaktischen Denkens kann eine bessere Alternative zur gegenwärtigen Situation stehen – eine positiv kontrafaktische Situation – oder eine, die tatsächlich schlechter ist als die gegenwärtige – eine negativ kontrafaktische Situation.

Der verpasste Flug: Knapp daneben tut mehr weh als voll daneben

Die Psychologen Daniel Kahneman und Amos Tversky [1] zeigten in einem Theory of Mind-Setting, dass Nähe die Enttäuschung in einem positiv kontrafaktischen Szenario erhöht. Sie schilderten einer Reihe von Personen das folgende Szenario:

Herr Müller und Herr Meier haben verschiedene Flüge die zur gleichen Zeit gehen. Sie reisen mit der gleichen Limousine aus der Stadt an, geraten in einen Stau und kommen 30 Minuten nach der planmäßigen Abflugzeit ihrer Flüge am Flughafen an. Herrn Müller wird gesagt, sein Flug sei pünktlich abgeflogen. Herrn Meier wird gesagt, dass sein Flug Verspätung hatte und erst vor fünf Minuten abgeflogen ist. Wer ist verärgerter Herr Müller oder Herr Meier?

96% der Teilnehmer meinten, dass Herr Meier verärgerter sein würde. Nicht verwunderlich, denn wer kennt es nicht, dass einem trotz Rennens der Bus vor der Nase wegfährt.

Die Lottospieler*innen: Verzerrte Bewertung einer Entscheidung durch den Ausgang

Die Forscher*innen Marcel Zeelenberg und Jane Beattie [2] baten eine Gruppe von Personen, sich zwischen zwei Möglichkeiten zu entscheiden: Eine besteht darin, einen Betrag von 20 £ zu nehmen, der sicher ausgezahlt wird. Die andere Möglichkeit ist eine Zahlung von entweder 100 £ oder gar nichts, die durch den Wurf einer Münze entschieden wird. Wir nennen diese zweite Möglichkeit, eine Lotterie.

Eine Mehrheit wird sich wahrscheinlich für die Zufallszahlung entscheiden. Richten wir unsere Aufmerksamkeit auf diese Menschen. Wenn die Münze geworfen wird, wird etwa die Hälfte von ihnen nichts erhalten und ihre Entscheidung bedauern. Die andere Hälfte erhält 100 £, und wird sich über ihre Wahl freuen. Die gleiche Entscheidung wird wegen des unterschiedlichen Ausgangs der Zufallszahlung unterschiedlich bewertet: Betrachtet man die Ausgangssituation, gibt es aber keinen Unterschied zwischen der Wahl der Versuchspersonen, die gewonnen haben, und denjenigen, die nicht gewonnen haben. Sie hatten die gleichen Möglichkeiten und trafen die gleiche Entscheidung.

Addition und Subtraktion von Handlungen

Vor allem nach einem unerwünschten Ergebnis denken Menschen oft darüber nach, welche Ergebnisse sie hätten erzielen können, wenn sie anders gehandelt hätten. Manche Menschen denken über zusätzliche Handlungen nach, die sie hätten durchführen sollen – die additive Variante der positiv kontrafaktischen Situation. Wenn sie eine Prüfung nicht bestehen, denken sie vielleicht, dass sie in der Woche davor hätten lernen sollen. Andere Personen könnten Handlungen in Erwägung ziehen, die sie zwar ausgeführt haben, aber hätten unterlassen sollen – die subtraktive Variante der positiv kontrafaktischen Situation. Wenn sie eine Prüfung nicht bestehen, bereuen sie vielleicht, dass sie in der Nacht davor gesoffen haben.

Der verlorne Sohn von Hermann Neuhaus, 1891

Handlungen im sozialen Kontext: Der Film „Zurück in die Zukunft“

Ein großer Teil der Handlung des Science-Fiction-Films “Zurück in die Zukunft” basiert auf einer solchen positiv kontrafaktischen Analyse: In diesem Film ist der Teenager Marty McFly ein aufstrebender Musiker in Hill Valley, Kalifornien. Sein Vater George wird von seinem Vorgesetzten Biff Tannen schikaniert, während seine Mutter Lorraine eine übergewichtige, depressive Alkoholikerin ist, die unzufrieden mit Martys Beziehung zu Jennifer Parker ist. Sie erzählt, wie sie George kennenlernte, als ihr Vater ihn mit dem Auto anfuhr.

Am 26. Oktober 1985 trifft Marty auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums seinen Freund, den Wissenschaftler “Doc” Emmitt Brown. Doc stellt eine Zeitmaschine vor, die aus einem modifizierten DeLorean gebaut hat und mit Plutonium betrieben wird, das er von libyschen Rebellen gestohlen hat. Doc demonstriert das Navigationssystem mit dem Datumsbeispiel des 5. Novembers 1955: dem Tag, an dem er die Maschine konzipiert hat. Einen Moment später kommen die Libyer und töten ihn. Marty flieht mit dem DeLorean, aktiviert aber versehentlich die Zeitmaschine und kommt im Jahr 1955 ohne das erforderliche Plutonium an.

Dort trifft Marty auf den Teenager George, der von seinem Mitschüler Biff schikaniert wird. Nachdem Marty George vor einem entgegenkommenden Auto gerettet hat und bewusstlos geworden ist, wacht er auf und findet sich in der Obhut von Lorraines Familie wieder. Marty macht sich auf den Weg und spürt Docs jüngeres Ich auf, um ihm zu helfen, ins Jahr 1985 zurückzukehren. Da es kein Plutonium gibt, erklärt Doc, dass die einzige Energiequelle, die in der Lage ist, die notwendigen 1,21 Gigawatt Strom zu erzeugen, um die Zeitmaschine zu betreiben, ein Blitzschlag ist. Marty zeigt Doc ein Flugblatt aus der Zukunft, in dem von einem Blitzeinschlag im Gerichtsgebäude der Stadt am kommenden Samstagabend berichtet wird.

Doc weist Marty an, sein Haus nicht zu verlassen und mit niemandem in Kontakt zu treten, da er unbeabsichtigt den Lauf der Geschichte und die Zukunft verändern könnte; Doc weigert sich deshalb, die Warnungen von Marty vor seinem zukünftigen Tod zu beachten. Marty erkennt, dass er die Begegnung seiner Eltern verhindert hat, und Doc warnt ihn, dass Marty aus dem Leben gerissen wird, wenn er nicht einen Weg findet, George Lorraine vorzustellen.

Er schmiedet mit George einen Plan, um seine Eltern wieder zusammenzubringen: Marty verabredet sich mit Lorraine an dem Ort zum Tanz, wo sich seine Eltern zum ersten Mal geküsst haben. Er muss seine Mutter belästigen, und George wird ihn im Auto sehen und ihm sagen, er solle sich von ihr fernhalten, womit er seiner Mutter beweist, dass George ein treuer Freund ist. Im Auto sieht Marty, das seine Mutter trinkt und raucht, und warnt sie vor den Auswirkungen dieser Dinge. Leider zerrt Biff Marty aus dem Auto und versucht, sich Lorraine aufzudrängen. Als George zum Auto kommt, sieht er sich mit Biff konfrontiert, dem Tyrannen, der ihn immer wieder verprügelt. George setzt sich zur Wehr und versetzt Biff einen so heftigen Schlag, dass dieser bewusstlos zu Boden fällt. Er und Lorraine gehen zum Tanz und küssen sich.

Am Ende des Films dachte ich, dass der Grund, warum der gegenwärtige Biff den gegenwärtigen George schikaniert, Neid ist: Biff ist neidisch, dass George, Lorraine bekommen hat. Vielleicht liebt Biff sie, weiß aber ganz genau, dass sie ihn niemals lieben wird. Neid kann hinter den schlimmsten Formen der Gewalt stecken. Die Umstände, unter denen Menschen neidisch sind, sind immer mit einem sozialen Vergleich oder Wettbewerb zwischen einem selbst und einer anderen Person verbunden.

Neid und Bedauern haben ein gemeinsames Merkmal, nämlich die kontrafaktische Analyse der individuellen Handlungen [3]: Das Bedauern bezieht sich auf Handlungen, die wir hätten ausführen können, aber nicht ausgeführt haben, und deren Ergebnis wir kennen. (”Ich wäre besser dran gewesen, wenn ich die andere Option gewählt hätte”) Neid bezieht sich auf Handlungen, die wir hätten ausführen können, die wir aber nicht ausgeführt haben, sondern jemand anderes, und bei denen wir das Ergebnis erfahren, dass die andere Person erzielt hat. Neid kann eine ähnliche Rolle spielen und als soziales Analogon des Bedauerns fungieren (“Ich wäre besser dran gewesen, wenn ich die von der anderen Person gewählte Option gewählt hätte”).

Weiterführende Literatur

[1]. Kahneman D., and Tversky, A. (1982) The simulation heuristic, In D. Kahneman, P. Slovic and A. Tversky (eds.) Judgement under uncertainty: Heuristics and biases (pp 201-208) New York: Cambridge University Press

[2]. Zeelenberg, M., Beattie, J., van der Pligt, J. & de Vries, N. K. (1996) Consequences of regret aversion: effects of expected feedback on risky decision making. Organ. Behav. Hum. Decis. Processes 65, 148–158.

[3]. Coricelli, G., & Rustichini, A. (2010). Counterfactual thinking and emotions: regret and envy learning. Philosophical transactions of the Royal Society of London. Series B, Biological sciences, 365(1538), 241–247. https://doi.org/10.1098/rstb.2009.0159

Avatar-Foto

Veröffentlicht von

Joe Dramiga ist Neurogenetiker und hat Biologie an der Universität Köln und am King’s College London studiert. In seiner Doktorarbeit beschäftigte er sich mit der Genexpression in einem Mausmodell für die Frontotemporale Demenz. Die Frontotemporale Demenz ist eine Erkrankung des Gehirns, die sowohl Ähnlichkeit mit Alzheimer als auch mit Parkinson hat. Kontakt: jdramiga [at] googlemail [dot] com

30 Kommentare

  1. Ja, das zeichnet den Menschen wohl grundsätzlich aus. Das nämlich, dass für ihn tatsächlich geschehenes und nicht Geschehenes, das aber genau so gut möglich gewesen wäre, fast gleichwertig sind.
    Das Techtelmechtel der Freundin mit einem andern Mann kann deshalb als so schlimm wie ein Ehebruch erlebt werden, das verpasste und kurz nach Start abgestürzte Flugzeug kann einen wie eine Wiedergeburt nach dem Absturz vorkommen und die einzige falsche Lottozahl in einer Reihe von sonst richtigen Zahlen löst alles mögliche aus.

    Die Fähigkeit kontrafaktisch zu denken zeichnet die menschliche Intelligenz aus und unterscheidet sie deutlich von dem was bis heute in der künstlichen Intelligenz erreicht wurde. Kontrafaktisch zu denken bedeutet letztlich in Modellen zu denken und wenn das Ergebnis schlecht ist bedeutet das, dass wir dem falschen Modell angehangen sind. Wenn eine Mannschaft nach verlorenem Spiel zusammensitzt und sagt: „wir hätten besser abschneiden können“, dann bezieht sich das auf die Auswirkungen von falschen Entscheidungen im verlorenen Spiel. Das bedeutet das Spiel als eines von vielen möglichen zu sehen, es bedeutet, dass das faktisch passierte nur ein möglicher Ausgang von vielen möglichen war und dass man es selbst in der Hand hatte, einen anderen Ausgang durch andere Entscheidungen/Handlungen herbeizuführen.
    Letztlich beschreibt das den Kern des kausalen Denkens.

    Judea Pearl schreibt in Theoretical Impediments to Machine Learning With Seven Sparks from the Causal Revolution dazu:

    Aktuelle maschinelle Lernsysteme arbeiten fast ausschließlich in einem statistischen oder modellfreien Modus, was ihrer Leistungsfähigkeit und Leistung gravierende theoretische Grenzen setzt. Solche Systeme können nicht über Interventionen und Retrospektive argumentieren und können daher nicht als Grundlage für eine starke KI dienen. Um Intelligenz auf menschlicher Ebene zu erreichen, benötigen lernende Maschinen die Führung durch ein Realitätsmodell, ähnlich denen, die bei kausalen Inferenzaufgaben verwendet werden. Um die wesentliche Rolle solcher Modelle aufzuzeigen, präsentiere ich eine Zusammenfassung von sieben Aufgaben, die mit aktuellen maschinellen Lernsystemen nicht zu erreichen sind und die mit den Werkzeugen der Kausalmodellierung gelöst wurden.

    Judea Pearls spricht von 3 Ebenen kausalen Denkens:
    Assoziation, Intervention und kontrafaktisches Denken oder äquivalent dazu:
    Was gibt es?, was wäre wenn? und Warum?

    Kontrafaktisches Denken bedeutet, dass man andere Möglichkeiten sieht und das ist unmittelbar mit der Frage Warum so/Warum nicht anders verbunden.

    • Ist bei Patienten mit anterograder Amnesie die Fähigkeit zum kontrafaktischen Denken eingeschränkt? Patienten mit anterograder Amnesie verlieren oft nur ihr episodisches Gedächtnis. Das episodische Gedächtnis stellt unsere Erinnerung an Erfahrungen und bestimmte Ereignisse in der Zeit in einer seriellen Form dar, aus der wir die tatsächlichen Ereignisse rekonstruieren können, die zu einem bestimmten Zeitpunkt in unserem Leben stattgefunden haben. Es ist die Erinnerung an autobiografische Ereignisse (Zeiten, Orte, damit verbundene Emotionen und anderes Kontextwissen), die explizit angegeben werden können. Der Einzelne neigt dazu, sich selbst als Akteur dieser Ereignisse zu sehen, und die emotionale Ladung und der gesamte Kontext, der ein Ereignis umgibt, sind in der Regel Teil der Erinnerung, nicht nur die bloßen Fakten des Ereignisses selbst.

    • Ich vermute, dass Menschen die Neigung haben, bevorzugt dann kontrafaktisch zu denken, wenn der tatsächliche Ausgang unerwünscht ist. Wenn der tatsächliche Ausgang erwünscht ist, bilden sie sich oft ein, alles richtig gemacht zu haben und denken nicht mehr weiter drüber nach.

      • @Joe Dramiga (Zitat):

        Ich vermute, dass Menschen die Neigung haben, bevorzugt dann kontrafaktisch zu denken, wenn der tatsächliche Ausgang unerwünscht ist.

        Ja. Ist ja denkökonomisch auch sinnvoll. Allerdings muss man wohl unterscheiden zwischen bewusstem Nachdenken und unbewusster/halbbewusster Entscheidungsfindung. Bewusst Nachdenken tut man oft erst, wenn man innerlich dazu gezwungen wird. Und das ist oft nach einem Misserfolg. Doch es gibt auch unbewusste und halbbewusste Elemente bei der Entscheidungsfindung. Das heisst man entscheidet sich nicht selten für etwas, weil man andere Varianten verworfen hat. Doch dieses Verwerfen passiert so schnell, dass man es gar nicht als Nachdenken wahrnimmt..
        Mit andern Worten: Kontrafaktisches Denken begleitet uns ständig. Aber wir nehmen es nur selten wahr.

  2. Ich denke manchmal, dass ich meine extrem krasse AKE in einer anderen Realität doch nicht überlebt habe (es spricht einiges dafür), sozusagen in eine Parallelrealität gedingst bin/wurde, bzw. was das womöglich für Auswirkungen gehabt hat – U.a. denke ich deshalb, dass kein Selbstmörder seinem vorbestimmten/programmierten Schicksal als Teil wirklich-wahrhaftig / “kontrafaktisch” entkommen kann, denn nur das Ganze hat letztlich die Kraft das Schicksal zu überwinden und …

  3. Oft habe ich davon gehört/gesehen wie Menschen sich davor fürchten bei einer Zeitreise in die Vergangenheit alles zerstören könnten und womöglich ein Paradoxon auslösen – Das kann nicht passieren, denn es wird nur (oder grundsätzlich???) ein neuer/weiterer Strang (oder eine Abzweigung???) des vorhergesehenen/programmierten Schicksals geschaffen, auch bei der vielleicht möglichen Rückreise in die scheinbar ursprüngliche Realität, denke ich. 🤗

  4. Joe Dramiga schrieb (27. Dez 2021):
    > […] Neid und Bedauern haben ein gemeinsames Merkmal, nämlich die kontrafaktische Analyse der individuellen Handlungen [3]: Das Bedauern bezieht sich auf Handlungen […] (”Ich wäre besser dran gewesen, wenn ich die andere Option gewählt hätte”)

    Das schließt ggf. auch Fälle ein, in der die kontrafaktische, im nachhinein zu bevorzugende “Handlung” eher das Unterlassen der faktischen, im nachhinein bedauerten, typischer Weise spezifischer benennenbaren aktiven Handlung ist. (Beispiele: “Ich hätte mich nicht einmischen sollen.”, “Ich hätte nicht handgreiflich werden sollen.”)

    Bedauern kann aber auch ohne Bezug auf eine eigene Handlung bzw. Unterlassung gemeint sein: “Es tut mir leid, dass dir dieser Unfall passiert ist.”, “Ich bedaure, dass du noch zu klein bist, um Riesenrad zu fahren.”

    > Neid bezieht sich auf Handlungen, die wir hätten ausführen können, die wir aber nicht ausgeführt haben, sondern jemand anderes, und bei denen wir das Ergebnis erfahren, dass die andere Person erzielt hat.

    Auch Neid hängt mit dem Vergleich von Kontrafaktischem mit Faktischem zusammen; bezieht sich aber (so wie ich den Begriff kenne und benutze) auf tatsächlich oder auch nur vermeintlich ungleiche Zustände zum eigenen Nachteil, auch ohne Kenntnis oder besondere Beachtung von Handlungen oder Geschehnisse, die die Ungleichheit bewirkt haben mögen (sofern solche überhaupt benennbar wären). Z.B. “Neid auf die schönere Gartenhecke des Nachbarn.”

      • Joe Dramiga schrieb (28.12.2021, 17:37 Uhr):
        > Da gebe ich dir vollkommen recht.

        Und ? —
        Erkennst Du damit an, dass Du dem obigen SciLog-Artikel hinsichtlich der dort dargestellten unbedingten Abhängigkeit des Neides von bestimmten Handlungen widersprichst ?
        Wirst Du, als Autor und Editor des obigen SciLog-Artikels, dort entsprechende Berichtigungen bzw. Ergänzungen vornehmen ? …

        • Nein. Viele Wege führen nach Rom. Hier spreche ich über einen Weg. Daran ist nichts Falsches. Erkennst Du damit an, dass Du in dem obigen Kommentar einem Pars pro toto folgst? Wirst Du, als Kommentator und Leser dieses SciLog-Artikels, deine Forderungen bzw. Wünsche zurücknehmen? …

          • Joe schrieb (29.12.2021, 12:38 Uhr):
            > […] Viele Wege führen nach Rom. Hier spreche ich über einen Weg.

            Das ist eine metaphorische Variante von genau der Relativierung und Einordnung, die ich im obigen SciLog-Artikel vermisse.

            > Erkennst Du damit an, dass Du in dem obigen Kommentar einem Pars pro toto folgst?

            Das erscheint im Gegenteil gerade der Mangel des/Deines obigen SciLog-Artikels, so wie er momentan vorliegt.
            Und dass Du den betreffenden Fehlschluss sogar zu benennen weißt, entschuldigt diesen Mangel um so weniger.

            > Wirst Du, als Kommentator und Leser dieses SciLog-Artikels, deine Forderungen bzw. Wünsche zurücknehmen? …

            Aus einer Tube, auf der “Zahnpasta” steht und in der Zahnpasta drin ist und wohin Zahnpasta, die schon herausgedrückt wurde, womöglich sogar wieder hineingedrückt worden ist, muss trotzdem nicht unbedingt nur Zahnpasta herauskommen.

  5. Emotionales Denken ist in der bewusstseinsbetäubenden Realität der wettbewerbsbedingten Symptomatik irrational und deshalb mehr als nur unerwünscht!?
    ☝😎

  6. Alternative Realitäten in Literatur und Film
    Jede Person lebt als Mann oder Frau, Schwarze oder Weisse, Witzbold oder Langweiler. Das kontrafaktische Denken kommt dann zum Zug, wenn wir diese „Fakten“ nicht mehr als Fakten, sondern als Modelle und Rollen wahrnehmen, also als variabel/tauschbar. Der Gender-Begriff von Simone de Beauvoir oder Judith Butler, der das Geschlecht als sozial konstruiert sieht, wäre/ist ein Ausdruck von kontrafaktischem Denken, einem Denken, das in Literatur und Film oft zum Zuge kommt.

    Ich denke etwa an Max Frisch Theaterstück Biographie : ein Spiel über das man in der Wikipedia liest: Das von Frisch als Komödie bezeichnete Stück greift eines seiner zentralen Themen auf: die Möglichkeit oder Unmöglichkeit des Menschen, seine Identität zu verändern.. Dem Stück ist als Motto aus Tschechows die drei Schwestern vorangestellt: „Ich denke häufig; wie, wenn man das Leben noch einmal beginnen könnte, und zwar bei voller Erkenntnis? Wie, wenn das eine Leben, das man schon durchlebt hat, sozusagen ein erster Entwurf war, zu dem das zweite die Reinschrift bilden wird! Ein jeder von uns würde dann, so meine ich, bemüht sein, vor allem sich nicht selber zu wiederholen„.

    Vor ein paar Tagen sah ich auf Netflix den Film Seitenwechsel (Original Passing von Nella Larsen, verfilmt von Rebecca Hall).
    Darin wird das Leben/Erleben zweier sehr hellhäutiger schwarzer Frauen im Harlem der 1920er Jahre zum Beispiel für einen möglichen Seitenwechsel von der schwarzen in die weisse Welt – also für ein kontrafaktisches Experiment.
    Eine der beiden Frauen, Clare, heiratet einen Weissen als Weisse, obwohl sie als Schwarze in Harlem aufwuchs. Die andere, Irene, die Freundin von Clare, lebt als Schwarze der schwarzen Oberschicht in Harlem und organisiert Wohlfahrtveranstaltungen in einer vermeintlich fast schon heilen Welt.
    Das Experiment funktioniert – bis es eben nicht mehr funktioniert und der Mann von Irene recht bekommt mit seiner Ansicht, dass sie in einer zutiefst rassistischen Welt leben.

  7. Neid und Bedauern haben unterschiedliche Ursache und unterschiedliche Verhaltensweisen als Folge.

    Neid ist das Maß für das Unglück eines Menschen. Das Unglück kann eine Ansammlung von vielen tragischen Ereignissen sein auf die der Betroffene keinen Einfluss gehabt hat. Er hat Pech gehabt, sagt der Volksmund.
    In diesem Wust an Unglück kann der Betroffene es nicht mehr ertragen, wenn andere Glück haben. Er beneidet sie um das Glück. „Wieso habe ich immer Pech“.

    Beim Bedauern spielt die eigene Handlung oder Nichthandlung eine Rolle. Das sind die Personen, die ihr Unglück mit sich herumschleppen, die sich nicht von der Vergangenheit lösen können.

    Der Unterschied bei den Verhaltensweisen danach ist bei Neid negativ, man gönnt dem anderen das Glück nicht und will es madig machen.
    Beim Bedauern ist die Verhaltensweise positiv, man will den Fehler der Vergangenheit vermeiden und es besser machen.

  8. Kontrafaktisches Räsonieren beim Menschen (ist unbekannt bei Tieren) ist ein Phänomen das deutlich macht wie stark wir kausal denken. Viele für Menschen wichtige Dinge sind nur vor einem Lebensentwurf verstehbar, der die Istsituation als Resultat einer Kette von früheren Entscheidungen, früheren Anstrengungen und Handlungen sieht. Der Arzt ist Arzt weil er ein entsprechendes Studium mit anschliessender Praxis absolviert hat, der Flüchtling unternimmt alles um in ein bestimmtes Land zu kommen, von dem er sich einen anderen Lebensverlauf verspricht.

    Erstaunlich scheint mir wie früh sich kausales und auch kontrafaktisches Denken bereits feststellen lässt. In der Wikipedia liest man dazu:

    In der Entwicklungspsychologie wird ein implizites, also nicht artikulierbares aber durchaus vorhandenes, Verständnis von kontrafaktischen Annahmen bereits bei zweijährigen Kindern gefunden. Verbale kontrafaktische Äußerungen werden bei Kindern im Vorschulalter erstmals gemacht.

    Heutige künstlich intelligente Systeme zeigen überhaupt kein kausales und dementsprechend auch kein kontrafaktisches Denken. Und das obwohl solche Systeme heute lernen. Sie werden trainiert. Nur bedeutet dieses Lernen und Trainieren nicht das gleiche wie beim Menschen. Der Mensch lernt immer auch warum etwas so ist wie es ist, die KI aber kann bis heute die Warum-Frage gar nicht stellen. Kein selbstfahrendes Auto fragt also warum es anhalten muss, wenn Menschen über die Strasse gehen aber durchfahren kann, wenn ein Graffiti, das einen Menschen zeigt, auf die Strasse gemalt ist. Denn ein selbstfahrendes Auto weiss nicht einmal, was ein Mensch überhaupt ist.

    • Vielleicht sollte man bei einem Turing-Test erst Fragen zur Biografie und der Ist-Situation stellen und danach Fragen, die auf kontrafaktische Situationen abzielen und Warum-Fragen.

      • Ja. Jedenfalls versagen Maschinen bisher bei Fragen nach der Kausalität eines Vorgangs wenn sie keine Dokumente dazu konsultieren können.
        Am besten man konstruiert eine Situation, die nirgends beschrieben wurde über die wir aber immer noch nachdenken können. Etwa: „Ein vermisster Hund ist mit der Strassenbahn zu seinem Herrchen zurückgekehrt. Erzähl mir wie das ablief?“. Das ist zwar nicht kontrafaktisch, sondern hypothetisch. Aber Hypothetisches gehört in dieselbe Kategorie wie Kontrafaktisches.

      • Ergänzung: Die Beschränktheit heutiger künstlicher Intelligenzen zeigt sich deutlich bei Out Of Distribution Beispielen, also bei Dingen, die nicht im Trainingsset vorkommen und sich auch nicht ohne Weiteres darin einfügen lassen. Hier übertrifft der Mensch jede heutige KI. Selbst mit etwas völlig Unbekanntem können wir Menschen sinnvoll interagieren und etwa zum Schluss kommen, das Unbekannte sei ein ausserirdisches Wesen, ein Tier oder ein Phänomen aus der unbelebten Welt, während eine KI unberechenbar wird. Um die KI herauszufordern muss man ihr also nicht etwas präsentieren mit dem man sich selber gut auskennt, sondern man muss sie mit etwas konfrontieren womit sich niemand gut auskennt.

  9. @hwied: “Neid ist das Maß für das Unglück eines Menschen.”

    Negativer Neid ist eine Vorstufe von Hass und Gewalt, die in unserem unwahrheitlichen “Zusammenleben” schnell zum Unglück von allen Menschen werden kann – Wenn Mensch also die unwahrheitlichen Begebenheiten/Symptomatiken zweifelsfrei-eindeutig OHNE … organisiert, dann wird es sicher nur relativ schwaches Bedauern und einen positiven Neid geben, was UNKORRUMPIERBARES Verständnis von/zu wirklich-wahrhaftigen Werten wie Vernunft, Verantwortungsbewusstsein, Toleranz, Frieden, Freiheit, Nächstenliebe, usw. bedeutet!?

    hwied: “Beim Bedauern ist die Verhaltensweise positiv …”

    In unserer Realität der wettbewerbsbedingten Symptomatik/Unwahrheit, ist Bedauern, für das “Unglück/Pech” der/des einen und/oder anderen Glückspilzen/Pechvögel, meist negativ, weil überwiegend von Selbstmitleid, Zynismus, ignoranter Arroganz und heuchlerisch-verlogener Schuld- und Sündenbocksuche bemessen/begleitet.

  10. hto,
    für negatives Bedauern gibt es in der deutschen Sprache kein Wort.
    Bedauern bedeutet Mitgefühl zeigen.

    Was du meinst ist “beklagen”. Das beinhaltet das Wort klagen oder anklagen.

  11. @Dramiga: “Ich vermute, dass Menschen die Neigung haben, bevorzugt dann kontrafaktisch zu denken, wenn der tatsächliche Ausgang unerwünscht ist.”

    Das ist anhand der kontrafaktischen Interpretation der philosophischen Texte der Bibel zu sehen: Die Masse / eine repräsentativ-systemrationale Mehrheit glaubt das, bzw. glaubt die falsche Interpretation ist als einzig richtig falsch zu verstehen und denken deshalb nicht weiter darüber nach, sondern spielen alle den zweifelhaften, manipulativen und widersprüchlichen “freiheitlichen” Wettbewerb / die menschenUNwürdig wettbewerbsbedingte Symptomatik um “Wer soll das bezahlen?” und unternehmerischen Abwägungen von/zu “Arbeit macht frei” wie gewohnt kapitulativ-geneigt weiter.

    Nicht nur für mich ist es Fakt, dass der gottgefällige Ausgang die ebenbildlich-vernünftige Überwindung des vorhergesehenen/programmatischen Schicksals (Gott ist Vernunft, NICHT Person!), mittels einer Bewusstseinsentwicklung in einer Gemeinschaft von/zu UNKORRUMPIERBAREN Gemeinschaftseigentum “wie im Himmel all so auf Erden”!?

    Seit Mensch erstem und bisher einzigen geistigen Evolutionssprung (“Vertreibung aus dem Paradies”), “bewegt” Mensch sich “kontrafaktisch” im selbstkonfusionierten geistigen Stillstand, denn Mensch bedeutet IMMER ALLE!!!

  12. hto,
    arrogantes Bedauern gibt es nicht, da beißt sich die Katze in den Schwanz. Arrogant und Bedauern schließen sich gegenseitig aus, so wie trockenes Wasser.

    du musst ein neues Wort kreieren ,dass die Verlogenheit der Situation beschreibt.

  13. @hwied

    Oh das tut mir jetzt aber wirklich leid, ich weiß bedauerlicherweise garnicht ob ich jetzt neidisch werden soll.
    👊😏

  14. Hto,
    ein Plus, du hast das Wort bedauerlicherweise richtig verwendet, nämlich als Adjektiv, als
    Wiewort. Die deutsche Bezeichnung trifft es genau, es ist zum Weinen, nicht zum Lachen.

    Wenn du überlegen musst, ob du neidisch sein sollst, dann bist du entweder gefühlsmäßig verklemmt oder was ich viel mehr glaube, dir geht es gut. Schau doch mal in den Spiegel und sage :“ Spieglein, Spieglein an der Wand , wer ist der Neidischste im ganzen Land ? Achte auf den Mundwinkel.

  15. hto,
    tut mir leid, dass ich dich so hart angegangen bin. Deine Sturheit hat mich dazu gebracht, das richtige Wort zu finden bei negativem Bedauern. Jemand ist “nachtragend”, wenn er bedauert, dem anderen nicht die Meinung gesagt zu haben. Wenn sich jemand selbst bedauert ist das jetzt positiv oder negativ ?

  16. @hwied: “… ist das jetzt positiv oder negativ ?”

    Wenn Du nachtragend bist/wirst, weil Du bedauerst “dem anderen nicht die Meinung gesagt zu haben”, dann: Auweia 🤭

    Ganz ehrlich: Ich habe den Spruch #28.12.2021, 20:40 Uhr als “Gedankenblitz” ohne nachzudenken “rausgehauen” – Matthäus 10,19 “… denn es soll euch zu der Stunde gegeben werden, was ihr reden sollt. 20 Denn nicht ihr seid es, die da reden …” 🤗 vielleicht!?

  17. hto,
    du überraschst immer wieder ! Das Gesagte muss ich erst mal verdauen .
    Falls wieder uns nicht mehr treffen, Guten Rutsch !

  18. Neid und Bedauern haben ein gemeinsames Merkmal, nämlich die kontrafaktische Analyse der individuellen Handlungen [3]: Das Bedauern bezieht sich auf Handlungen, die wir hätten ausführen können, aber nicht ausgeführt haben, und deren Ergebnis wir kennen.

Schreibe einen Kommentar