Physikalische Theorien: Eine Übersicht

Nachdem ich nun geschildert habe, wie die moderne Physik von Galileo Galilei als eine neue Wissenschaft begründet worden ist, will ich in diesem Teil des Blogs erklären, in welcher Form das Erbe der Vorsokratiker und der antiken Mathematiker Früchte getragen hat. Dass es so lange gedauert hat, etwa 2.000 Jahre, bis man nach einem Niedergang der antiken Kultur wieder an diese anknüpfen, und darauf aufbauend zu neuen Höhepunkten der Erkenntnis gelangen konnte, mag viele Gründe haben, wenn man überhaupt in der Geschichte von Gründen reden kann. Ich möchte mich an solchen Überlegungen nicht beteiligen.

Ich will hier zunächst einen Überblick über jene Theorien geben, die im Verlaufe der Zeit bis heute in der Physik entstanden sind und sich etablieren konnten. Dass sie sich dabei immer in einer Konkurrenz zu anderen Theorien als die jeweils „Besseren“ erweisen mussten, habe ich z.B. in (Honerkamp, 2017, p. 111ff)  dargelegt. In den nächsten Blogbeiträgen will ich dann aufzeigen, welche Rolle die Fragen, die schon die Vorsokratiker aufgeworfen haben, bei der Entwicklung dieser Theorien gespielt haben. Insbesondere werde ich die Entwicklung dieser Theorien und ihre Beziehungen zueinander diskutieren sowie den Weg verfolgen, auf dem es immer wieder zu Verschmelzungen bzw. Vereinheitlichungen von Theorien gab, so dass wir heute nur noch von zwei großen Theorien sprechen und darauf aus sind, auch diese beiden als Teile einer einzigen „Theorie für Alles“ erkennen zu können. Damit wäre die vornehmste Frage der Vorsokratiker, die Frage nach einem „Einen“, beantwortet, wenn auch auf einer ganz anderen Weise als wie man sie sich damals vorstellen konnte.

Bei der Entstehung und Etablierung einer physikalischen Theorie ging es immer um die Erklärung von Phänomenen eines bestimmten Typs. Wir haben ja schon gesehen, dass das Phänomen „Bewegung“ das erste war, was die Menschen in der Antike und wiederum in der Neuzeit „bewegte“. Es ist das ursprünglichste und wohl auch das allgemeinste Phänomen, das wir kennen.  Ähnlich unmittelbar begegnet uns das Phänomen „Licht“.  Kein Wunder also, dass man sich am Anfang der modernen Physik nicht nur mit dem Phänomen der Bewegung beschäftigte, sondern auch Experimente mit dem Licht anstellte, wie wir sie z.B. von Isaac Newton kennen. Ein Jahrhundert später begannen die Menschen weitere, ganz andersartige Phänomene zu untersuchen, elektrische oder magnetische. Schließlich entdeckten sie Strahlen, die sich offensichtlich von Lichtstrahlen stark unterschieden, und unter diesen neuartigen Strahlen gab es wiederum unterschiedliche Typen.

Der Raum der Phänomene

Kurz und gut: Die Geschichte der physikalischen Theorien ist eine Geschichte der Entdeckungen in einem „Raum“ von Phänomenen. In diesem Raum kann man jeweils große Bereiche ausmachen, in denen sich Phänomene befinden, die einander so ähnlich zu sein scheinen, dass man versucht sein könnte, sich zu ihrer Erklärung auf einen gleichen Grund berufen zu wollen. So entstand mit der Zeit die Vorstellung von fundamentalen Kräften, die zwischen Planeten und Sonne, Elektronen und anderen vorgefundenen oder entdeckten Objekten wirken. Man unterschied mit der Zeit vier solcher Wechselwirkungen: Die gravitative, die elektromagnetische, die starke und die schwache Wechselwirkung. Dies Unterscheidung ist inzwischen ein wenig veraltet, ist aber für eine Übersicht über die Menge der in den 400 Jahren seit Galilei entstandenen Theorien immer noch sehr hilfreich.

Es gibt aber noch zwei andere Kategorien, bezüglich der man die Theorien unterscheiden sollte. Es ist ja nicht nur die Wechselwirkung bzw. die Kraft, die maßgebend für eine Phänomen sein kann. Das kann auch der Bereich auf einer Längenskala sein. Man kann also Phänomene danach unterscheiden, auf welcher Längenskala sich das Phänomen zeigt, ob in der Welt der kleinsten Dimensionen, der größten oder der mittleren Dimensionen. Schließlich wird ein Aspekt wichtig werden, der mit unseren Erkenntnisfähigkeiten zu tun hat, nämlich die Frage, ob wir das Phänomen als ein komplexes bezeichnen müssen, nämlich als eines, bei dem es für eine Beschreibung nicht ausreicht, nur wenige Objekte mit wenigen wichtigen Eigenschaften zu betrachten.

Mit diesen beiden Merkmalen, räumliche Größe und Komplexität, können wir aber schon zwei Aspekte berücksichtigen, die uns eine Übersicht in Form einer Landschaft von Phänomenen erlaubt. Trägt man die Ausdehnung einiger Objekte, die in physikalischen Theorien eine Rolle spielen, in ein Koordinatensystem ein, in dem Größe gegen Komplexität dieser Objekte aufgetragen ist, so erhält man Abb.1.

Abb.1: Grobe Klassifizierung bestimmter Objekte nach Größe und Komplexität. Objekte wie Planeten können dabei an verschiedenen Stellen auftreten, je nachdem, wieviel ihrer Eigenschaften man berücksichtigen will (R steht für Größenordnung, N für Anzahl der Freiheitsgrade).

An dieser Abbildung können wir gut zeigen, wie weit wir heute mit unseren physikalischen Theorien den Raum der Naturphänomene erkundet haben. Mit ihr wird auch deutlich, dass es neben der Physik fundamentaler Wechselwirkungen auch noch einen ganz großen Bereich der komplexen Systeme gibt, für die Gebiete der Physik wie Thermodynamik bzw. Statistische Mechanik, Festkörperphysik, usw. zuständig sind. Das sollte man im Auge behalten, auch wenn wir uns hier für die Geschichte der physikalischen Theorien nicht damit beschäftigen und uns vorwiegend die große Bandbreite der räumlichen Größenordnungen im Bereich „einfacher“ Systeme vor Augen führen – von 10-15 bis 1020 m.

Die Welt der mittleren Dimensionen im Bereich von etwa 10-4 bis 1010 m ist uns verstandesmäßig am besten zugänglich, weil wir als Objekte dieser Welt unmittelbare Erfahrungen mit ihr haben können. Somit sind auch die Phänomene dieser Welt Gegenstand der frühesten physikalischen Theorien; man nennt sie auch Klassische Theorien. Die Erforschung des Raums der Phänomene ging so von der Welt der mittleren Dimension aus. Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckte man Phänomene der Welt der kleinsten Dimensionen und damit eine Welt, in der die Konzepte und Begriffe der Welt der mittleren Dimensionen nicht mehr taugen. Ein ganz anderes Konzept, ein „Quant“ ersetzte den Begriff eines materiellen Objektes und gab der Physik auf dieser Größenordnung den Namen „Quantenphysik“. Zur gleichen Zeit begann sich auch eine moderne Kosmologie und Astrophysik zu entwickeln. In heutiger Zeit hören wir von besonders spektakulären Entdeckungen auf diesem Gebiet der größten Dimensionen.

Klassische Physik, Quantenphysik und Kosmologie: Das ist eine Einteilung, die man auch als Physik mittlerer, kleinster und größter Dimensionen bezeichnen kann. Die Kosmologie hat heute noch nicht wie die Quantenphysik einen eigenen Begriffsapparat erfordert, deshalb zählt man sie, wenn man den methodischen Aspekt betonen will, auch zur Klassischen Physik hinzu.

Mit einer Unterscheidung bezüglich der räumlichen Größe allein hat man den Raum der Phänomene natürlich noch nicht ausgeschöpft. Es gibt ja noch andere Größen, die, gemessen an den Verhältnissen unserer Erfahrungswelt, klein bzw. groß sein können. Besonders prominent ist in diesem Zusammenhang ist die Geschwindigkeit; aber auch die Stärke der fundamentalen Kräfte, insbesondere die der Schwerkraft, wird bedeutsam für die Art physikalischer Theorien sein. Die in Abb.1 skizzierte Landschaft muss man sich also nur als eine Scheibe aus dem ganzen Raum der Phänomene vorstellen.

Die Erforschung dieses Raums der Phänomene gleicht der Erforschung unserer Erde in der Zeit der großen Entdeckungen im 16. Jahrhundert. Man spricht dabei von der Entdeckung der „Welt“, obwohl es nur neue Bereiche des Planeten Erde waren, die man damals nach und nach entdeckte. Heute kennt man fast jeden Winkel der Erde und „greift zu den Sternen“.  So kennt man auch alle Gesetzmäßigkeiten der Welt der mittleren Dimensionen, allerdings nur auf der fundamentalen Ebene. Je komplexer die Systeme auch in diesen Dimensionen sind, um so unbekannter sind sie uns noch heute. Je mehr wir uns aber auf die fundamentale Seite beschränken, um so weiter sind wir aber auch schon in die Welt der kleinsten und auch größten Dimensionen vorgedrungen.

Selbst wenn es in etlichen Jahren oder Jahrzehnten gelingen sollte, eine Theorie für alle fundamentalen Wechselwirkungen zu etablieren, wäre die Physik nicht am Ende. In Richtung komplexer Systeme warten noch viele Fragen auf eine Antwort. Der Übergang zur Chemie, Biologie und Kognitionswissenschaft wird fließend sein. Auch bei der Erforschung von Leben und Bewusstsein wird man physikalische Gegebenheiten nicht ignorieren können.

Die Theorien der Klassischen Physik

Die klassische Physik wird dominiert von drei großen Phänomenbereichen: von dem Phänomen der Bewegung und von den beiden Bereichen, in denen wir von den fundamentalen Kräften der Gravitation bzw. des Elektromagnetismus sprechen können.

Phänomene aus diesen Bereichen waren schon seit der Antike bekannt. „Nichts ist älter als die Bewegung“, so dürfen wir noch einmal Galilei zitieren. Bei den Vorsokratikern spielte die Bewegung oder die Nicht-Bewegung stets eine Rolle, Aristoteles unterschied verschiedene Bewegungstypen und formulierte eine erste Art einer Theorie der Bewegung. Auch im Mittelalter gab es immer wieder Naturphilosophen, die der Natur der Bewegung auf die Spur kommen wollten.

Auch die Schwerkraft war ein alltägliches Phänomen. Bei Aristoteles war es eine Eigenschaft, die alle Körper der sublunaren Welt zum Mittelpunkt der Welt streben ließ. Auch die Kugelgestalt der Erde wurde später durch solch ein „natürliches Streben“ erklärt.

Über die magnetischen und elektrischen Kräfte lesen wir weniger in frühen Quellen, aber bekannt waren magnetische und elektrische Phänomene auch schon in der Antike. Wenn man an einem Bernstein rieb, zog dieser Staub oder Wollfetzen an. Von einem Magnetis-Stein wurde Eisen angezogen und man entdeckte, dass sich Splitter von solchen Steinen immer in Nord-Süd Richtung drehen.

Die physikalischen Theorien, die heute alle grundlegenden Phänomene aus diesen drei Phänomenbereichen erklären, sind die

  • für die Bewegung, die Newtonsche und die Einsteinsche Theorie der Bewegung,
  • für die Gravitation die Newtonsche und die Einsteinsche Theorie der Gravitation,
  • für die elektrischen und magnetischen Phänomene die Maxwellsche Theorie des Elektromagnetismus.

Normalerweise subsumiert man Newtonsche Bewegungstheorie und seine Gravitationstheorie unter den Namen Klassische Mechanik. Die Newtonsche Theorie der Gravitation besteht ja im Wesentlichen aus einem Gesetz für die Kräfte zwischen zwei materiellen Körpern. Newton konnte mit Hilfe dieses Gesetzes die Bewegung der Planeten im Rahmen seiner Bewegungstheorie erklären.

Die Einsteinsche Theorie der Bewegung ist die Spezielle Relativitätstheorie, die Einsteinsche Theorie der Gravitation die Allgemeine Relativitätstheorie. Beide stellen Erweiterungen der entsprechenden Newtonschen Theorien auf einen größeren Phänomenbereich dar: bei Bewegungen zu „höheren“ Geschwindigkeiten, bei der Gravitation zu „stärkeren“ Schwerkräften. Dabei wird man noch sagen müssen, was die Bezeichnungen „höhere“ bzw. „größere“ jeweils bedeuten sollen.

Die Maxwellsche Theorie des Elektromagnetismus dient zur Erklärung aller elektrischen und alle magnetischen Phänomene wie auch jener Phänomene, in denen sich elektrische und magnetische Effekte gegenseitig bedingen. Sie ist aus einer Vereinheitlichung zweier früheren Theorien entstanden, einer Theorie für die Elektrizität und einer für den Magnetismus.

Schwerkraft und die elektromagnetischen Kräfte wirken über große Distanzen. Sonst hätten wir sie nicht schon immer gespürt. Man nennt sie deshalb langreichweitig, im Gegensatz zu den „kurzreichweitigen“ Kräften, die wir erst in der Welt der kleinsten Dimensionen entdeckt haben. Diese halten die Welt „im Innersten zusammen“ und ihre Reichweite geht nicht darüber hinaus. Natürlich können die langreichweitigen Kräfte auch auf kleinsten Distanzen wirken, elektromagnetische Kräfte sind sogar ganz bedeutsam für das Verständnis des Aufbaus von Atomen. Gravitative Kräfte auf der Ebene der Atome hat man aber noch nicht registrieren können. Die Massen der Bausteine der Atome sind offensichtlich viel zu klein.

Die Theorien der Quantenphysik

Die Etablierung der Maxwellschen Theorie, insbesondere durch die Entdeckung der elektromagnetischen Wellen im Jahre 1886 lenkte die Physiker verstärkt auf die Frage, wie ein elektrischer Strom in Materie und wie eine elektromagnetische Strahlung in Materie entstehen kann. Letztlich stand die Frage nach dem Aufbau der Materie im Raum.

Von einem Vorsokratiker Leukipp und seinem Schüler Demokrit kannte man die Idee von einem Atom, einem kleinsten unteilbaren Teilchen (άτομος gr. unteilbar). Die Chemiker nutzten diese Vorstellung im 19. Jahrhundert mit großem Gewinn für die Erklärung der Gesetze bei den Reaktionen von verschiedenen chemischen Elementen. Aber es gab auch vehemente Gegner, denn man hatte ja noch kein Atom „wirklich gesehen“ und die Idee von einer Unteilbarkeit warf ja nur neue Fragen auf.

Aber auch andere Fragen drängten sich auf. In den „goldenen Jahren der Physik“ von 1895 bis 1898 entdeckte man weitere Strahlen, solche die man bald Röntgenstrahlen, Kathodenstrahlen, α-, β- oder γ-Strahlen nannte. Schließlich gab es noch die Wärmestrahlen, ein Phänomen, das man schon länger kannte: Alle Körper werden bei ständiger Erhitzung rot, hellrot und schließlich weißgelb; und man spürt, dass Wärme von ihnen ausgeht.

Ursprung und Art dieser Strahlen galt es zu verstehen. Es war eine höchst fruchtbare Zeit für die Physik, und in dieser Zeit sollte sich die Vorstellung von Atomen als Bausteine der Materie etablieren, aber nur gewissermaßen als ein Meilenstein auf dem Weg zu immer kleineren Bausteinen. Man konnte daraufhin eine Erklärung für alle diese Strahlen erlangen und dabei ein konsistentes Bild über den Aufbau der Materie und des Atoms gewinnen.

Bei dem Versuch, dieses Bild zu einer Theorie zu entwickeln, mit der man experimentelle Resultate quantitativ reproduzieren und Ergebnisse neuer Experimente verlässlich vorhersagen kann, kam man nach einigen Anläufen auf Pfaden der klassischen Physik erst dann zu Erfolgen, als man es wagte, mit einem ganz andern mathematischen Begriffsapparat die entdeckten Beziehungen zwischen den experimentellen Ergebnissen zu beschreiben.

Ein Testfall für jeden Ansatz einer Theorie für den Aufbau eines Atoms stellte die Berechnung der möglichen Energiezustände eines Wasserstoff-Atoms dar. Der Erfolg oder Misserfolg eines mathematischen Kalküls entschied also nun über den Erfolg einer Theorie in dieser Welt der kleinsten Dimensionen. Die Bausteine eines Atoms wie Elektronen, Protonen oder Neutronen konnten nun nicht mehr als Teilchen im Sinne der klassischen Physik und der Lebenswelt angesehen werden. Man nannte sie bald „Quanten“, wie die Energiepakete, von denen Max Planck am 14. Dezember 1900 in einem Vortrag geredet hatte, als er eine Erklärung für die Wärmestrahlung lieferte. Das Datum dieses Vortrags kennzeichnet übrigens heute den Geburtstag der Quantenphysik.

Die Quantentheorien, die für alle grundlegenden Phänomene der Welt der kleinsten Dimensionen zuständig wurden, sind zunächst

  • die Quantenmechanik, gewissermaßen der Ersatz für die Klassische Mechanik
  • die Quantenelektromechanik, die Fortsetzung der Elektrodynamik auf die atomare Ebene.

Eine Aufklärung von Ursprung und Natur der α- und β-Strahlen ließ sich nur dadurch erreichen, dass man zwei ganz neue Sorten von Kräften einführte, die „starke“ Kraft, die für den Zusammenhalt der Bausteine des Atomkerns verantwortlich ist, und die „schwache“ Kraft, welche die Umwandlung eines Neutrons in ein Proton bewirken kann, aber auch zur Beschreibung der Zerfälle anderer später entdeckten „Teilchen“ dient. So entstanden

  • die Theorien der schwachen und der starken Wechselwirkung

Diese beiden Theorien konstruierte man nach dem Vorbild der Quantenelektrodynamik. Dies führte bald zu dem Wunsch, diese drei Wechselwirkungen mit einer einheitlichen Theorie zu beschreiben. Als Zwischenschritt entstand die

  • Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung,

eine Vereinheitlichung der elektromagnetischen und schwachen Wechselwirkung. Schließlich entstand

  • die vereinheitlichte Theorie der elektrischen, schwachen und starken Wechselwirkung, das so genannte Standardmodell.

Dieses Modell gilt heute als die grundlegende Quantentheorie. Die Quantenmechanik spielt nun die Rolle einer Theorie für einen eingeschränkten Phänomenbereich, in dem relativistische Effekte nicht berücksichtigt werden müssen und in dem es keinen Zerfall und keine Erzeugung von Teilchen gibt.

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Josef Honerkamp war mehr als 30 Jahre als Professor für Theoretische Physik tätig, zunächst an der Universität Bonn, dann viele Jahre an der Universität Freiburg. Er hat er auf den Gebieten Quantenfeldtheorie, Statistische Mechanik und Stochastische Dynamische Systeme gearbeitet und ist Autor mehrerer Lehr- und Sachbücher. Nach seiner Emeritierung im Jahre 2006 möchte er sich noch mehr dem interdisziplinären Gespräch widmen. Er interessiert sich insbesondere für das jeweilige Selbstverständnis einer Wissenschaft, für ihre Methoden sowie für ihre grundsätzlichen Ausgangspunkte und Fragestellungen und kann berichten, zu welchen Ansichten ein Physiker angesichts der Entwicklung seines Faches gelangt. Insgesamt versteht er sich heute als Physiker und "wirklich freier Schriftsteller".

18 Kommentare

  1. Kompliment, sehr verständliche Übersicht. Man erhält den Eindruck, dass die Vereinheitlichung schon weit fortgeschritten ist und nur noch wenige Theorien übrigbleiben, die sich einer Vereinheitlichung bis jetzt widersetzen.

    Trotzdem sind wir wohl nicht am Punkt, den die Physik vermeintlich vor Einstein schon einmal erreichte, als man glaubte das Wesentliche sei erklärt und es bräuchte nur noch etwas Fleissarbeit um am Endpunkt (am Ende der Geschichte) anzukommen.

  2. Was ich schon immer fragen wollte:
    Die Gravitationskraft ergibt sich aus Masse 1 mal Masse 2 geteilt durch das Quadrat ihres Abstandes.
    Die elektrostatische Kraft ergibt sich aus Ladung 1 mal Ladung 2 geteilt durch das Quadrat ihres Abstandes.
    Die Gravitationskraft wird als die Krümmung der Raumzeit beschrieben.
    Die elektrostatische Kraft wird nicht als die Krümmung der Raumzeit beschrieben.
    Warum nicht?

  3. @Karl Bednarik

    Warum nicht?

    Eine Nicht-Existenz kann man nie begründen. Es hat halt noch keiner so etwas zeigen können. In zwei Wochen greife ich dieses Thema in inem anderen Zusammenhang auf.

  4. Ist es nicht mit Theorien so, dass jede Theorie nur ein zusammenfügen der vorhandenen Theorien ist. In dem ein Individuum eine neue Idee, eine neuen Erkenntnis erlangt und damit die die vorhandene Theorie erweitert. Hat nicht der Herr A. Einstein mit dem Wissen aus Versuch des Doppelspaltexperiments und mit der Entdeckung der Strahlen im späten 19 Jahrhundert, mit dem dann der Herr M. Planck zu beginn des 20 Jahrhunderts zu der Erkenntnis gekommen ist das Licht aus Teilchen besteht, erst seinen Aufsatz zum Photoelektrischem Effekt verfassen können.

    Ich halte es auch für schwierig von der “kleinen, mittleren und großen” Dimension zu schreiben. Es gibt nur eine Dimension. Natürlich kann man, wenn es den Physikern hilft, diese eine Dimension unterteilen. Dann wäre es doch besser zu schreiben das das z.B. die Quantenmechanik ein Teilgebiet der Dimension Physik ist, wobei die Physik als ein Freiheitsgrad, klar definierbar ist. Nach Ihrem Abbild der Dimension Physik mit dem Freiheitsgrad 1, bestehend aus drei Freiheitsgraden, nämlich der Quantenmechanik der klassischen Physik und der Astrophysik.

    So zähle ich die starke Kernkraft in der Quantenmechanik, die Gravitation in der klassischen Physik und die allgemeine Relativitätstheorie in der Astrophysik zu der Zeitdilatation. Den Druck des Raumes, als ein Freiheitsgrad in der Dimension der Physik, hervorgerufen durch das vorhanden sein von Masse.

  5. Josef Honerkamp schrieb (19. Mai 2019):
    > […] die vereinheitlichte Theorie der elektrischen, schwachen und starken Wechselwirkung, das so genannte Standardmodell. Dieses Modell gilt heute als die grundlegende Quantentheorie.

    Sofern das “Standardmodell (der Teilchenphysik)” bekanntlich experimentell getestet werden kann (und folglich ggf. als falsifiziert befunden werden könnte und verworfen werden müsste), handelt es sich dabei aber nicht um eine (vereinheitlichte) Theorie, also nicht um ein System bestimmter nachvollziehbarer und festhaltbarer Definitionen von Messgrößen,
    sondern (“lediglich”) um eine Zusammenfassung von Messwerten aller Messgrößen, die sich im Rahmen (der Vereinheitlichung) der Theorien von elektro-schwacher und starker Wechselwirkung definieren lassen; einschl. der Erwartung, dass eventuelle weitere Messwerte dieser Messgrößen mit den bisher schon erhaltenen statistisch kompatibel sein würden.

  6. @ Karl Bednarik, Josef Honerkamp

    »Warum nicht?«

    Versteht man das als die Frage nach einer generellen Geometrisierung des Elektromagnetismus, dann liesse sich hierzu anmerken, dass die eichtheoretische Formulierung ja gerade eine solche liefert.

    Ein EM Eichpotential \(A\) bedeutet geometrisch einen Zusammenhang auf einem U(1)-Prinzipalbündel, und die damit assoziierte Krümmung ist durch die äussere covariante Ableitung von \(A\) gegeben, was in der physikal. Interpretation jedoch nichts anderes als den Feldstärketensor \(F\) darstellt. D.h., formal gilt \(F = DA = dA + \frac{1}{2}[A,A]\), doch da U(1) abelsch ist, bleibt davon nur \(F = dA\) übrig, was sich dann ganz klassisch auch mit einem skalaren Potential für das E- sowie einem Vektorpotential für das B-Feld durch div und rot ausdrücken lässt. Insofern haben wir hier also eichtheoretisch die Faustformel “Feldstärke = Krümmung“.

  7. Interessant! Mein Vater hatte mir schon vor 50 Jahren daran klar gemacht, dass der Mensch sich nicht über Alles erheben sollte, obwohl er in der Mitte der Skala steht: “…schau mal auf die Potenz, Null!”

  8. Karl Bednarik schrieb (20. Mai 2019 @ 08:00):
    > […] Die Gravitationskraft wird als die Krümmung der Raumzeit beschrieben.

    Die Beschleunigung eines Beteiligten A (einerlei ob “wegen Gehalten-Werdens in einem Schwerefeld”, oder “wegen eines Antriebs”) lässt sich als Krümmungsradius seiner Bahn (“in der Raumzeit”) ausdrücken, wenn nicht sogar definieren:

    Beschleunigungs-Betrag a_A im Ereignis ε_AP :=

    c * Limit ℓ[ ε_AK, ε_AQ ] → 0 von
    (
    Wurzel aus
    Cayley-Menger-Determinante der drei Lorentzschen Distanzen zwischen den drei Ereignissen ε_AK, ε_AP und ε_AQ
    )
    /
    (
    ℓ[ ε_AK, ε_AP ] * ℓ[ ε_AP, ε_AQ ] * ℓ[ ε_AK, ε_AQ ]
    ).

    > Die elektrostatische Kraft […]

    Die Beschleunigung eines Beteiligten, der elektro-magnetische Ladung trug (“wegen des Vorhandenseins weiterer Ladungen und/oder Felder”), ist ein Spezialfall der oben beschriebenen Beschleunigung; lässt also ebenfalls als Krümmungsradius seiner raum-zeitlichen Bahn ausdrücken.

    (Die wahrscheinlichsten Verteilungen von Massen, Ladungen und deren Feldern in einer Region lassen sich ggf. aus der Gesamtheit der Lorentzschen Distanzen zwischen allen Ereignissen der Region ermitteln.)

    p.s.
    Die Darstellung (Definition?) von Feldstärke-Tensoren als Kommutator,
    \( F_{ab} := D_a \, D_b – D_b \, D_a, \),
    lässt sich wohl auch als Ausdruck von (abstrakter) “assoziierter Krümmung” auffassen …

  9. Wenn man den Freiheitsgrad logarithmisch ansteigen lässt, vom heute als kleinsten bezeichneten Teilchen bzw. dem Teilchen das der Mensch irgendwie nachweisen kann, bis wie in Abb.1 dargestellt zur Milchstraße, dann bekommt das ganze System eine Datenmenge die über die Vorstellungskraft hinaus geht.
    Wenn ich wissen möchte wohin der Apfel fällt wenn er den vom Baum fällt, also den Laufgrad des Apfels. Dann brauche ich ja die Freiheitsgrade jedes Teilchens im System Milchstraße. Wobei jedes Teilchen einen theoretischen Freiheitsgrad 1 hat.
    Hmm………..Da das System dynamisch ist, mit der Bewegung, durch Masse und Energie, so können die Laufgrade gar nicht mehr bestimmt werden.
    Deshalb hat somit der Apfel, so viele Laufgrade, dass zumindest theoretisch, der Apfel auch auf meinen Teller landen könnte. 🙂

  10. Die Diversion [1] von “Apfel” und abstrahiertem Apfel ist von Bertrand Russell hier an diesem Beispiel mit einem “Tisch”, wie einige finden, hinreichend bearbeitet worden :

    -> http://www.ditext.com/russell/rus1.html (Dr. W hat nicht die Quelle geprüft, hoffentlich ist sie nicht “böse”)

    Die naturwissenschaftliche Veranstaltung, Dr. Honerkamp nennt sie dialektisch, ist wesentlich für das Fortkommen des hier gemeinten Primaten, mehr ist nicht los.

    MFG
    Dr. Webbaer

    [1]
    Vgl. auch mit diesem Duden-Jokus :
    -> https://www.duden.de/rechtschreibung/Diversion (hoffentlich ist dort generell noch alles im Lot, beim Duden, Dr. W hat auch Anwanzen kulturmarxistischer Kräfte bemerkt, hoffentlich ist dort noch alles OK)

  11. Frank Wappler schrieb (22. Mai 2019 @ 00:43):
    > Die Beschleunigung eines Beteiligten A […] lässt sich als Krümmungsradius seiner Bahn (“in der Raumzeit”) ausdrücken, wenn nicht sogar definieren

    … genauer, und entsprechend der oben gezeigten Formel, als Kehrwert des Krümmungsradius; vgl. auch die bekannte Formel für den Durchmesser des Umkreises eines Dreiecks (wobei die Wurzel aus der entsprechenden Cayley-Menger-Determinante im Nenner auftritt).

    > Die Darstellung (Definition?) von Feldstärke-Tensoren als Kommutator,
    \( F_{ab} := D_a \, D_b \, – \, D_b \, D_a\)

    … genauer: als proportional zu diesem Kommutator; mit Proportionalitäts-Konstanten, gewisse Konventionen bzw. gewisse Auswahl der jeweils beschriebenen wechselwirkenden Ladungen ausdrücken.

  12. Danke Dr. Webbaer.
    Dann kann man mein Gedankenexperiment wohl mit dem Namen “Diversion” bezeichnen, da es dieser Herr Bertrand Russel auch so sieht.
    Zwar sehr theoretisch und dennoch sehr bemerkenswert ist die Ansicht von Herrn Josef Honerkamp. Der mit der Diversion einen Planeten z.b. neben ein Elektron setzt.

    Wer sagt denn das ich meinen frischen Apfel gerne auf einem Planeten esse.

  13. Das erkennende Subjekt bearbeitet nicht den Apfel, sondern die Vorstellung von einem Apfel, Schopenhauer hat auf diese Unterscheidung sehr viel Wert gelegt, sofern der Schreiber dieser Zeilen korrekt verstanden hat, der Gag besteht aber gegenseitig beim Hund, der auch zu beißen vermag und wenn der sich bspw. in das Bein verbeißt, in das eigene, kann, spätestens dann, sich von einer rein abstrakten Sicht auf die Naturlehre verabschiedet werden, wenn einem Bein & Leben lieb ist.
    Insofern versucht oder, nein!, bestimmt!, der hiesige werte Inhaltegeber die anfallende physikalische Beschäftigung mit dem, was ist, methodologisch ganz hervorragend, Dr. W hier sehr dankbar sein.
    Niemals hat Dr. Webbaer besser zusammengefasst gesehen, wie hier veranstaltet, vom hiesigen werten Inhaltegeber, mit dem der Schreiber dieser Zeilen bereits das jugendliche Verlangen teilt, von Herrn Dr. Honerkamp auch so geschilderte, zu verstehen zu suchen und mögliche bis sinnhafte Regeln für dieses Verstehen festgesetzt zu sehen oder bedarfsweise – die Altvorderen haben ja eigentlich, wie Dr. W findet, bereits das Entscheidende festgestellt – selbst feststellend zu ergänzen.

    Gegen Revolution hat Dr. Webbaer, als libertärer Alt-Punk spielt Dr. Webbaer, der noch ein wenig jünger ist als der hiesige werte Inhaltegeber, nichts, wenig, also doch viel : an dieser Stelle einmal so ein :

    -> https://www.youtube.com/watch?v=QoYiQ8Qsozk

    MFG + schöne Mittwoche noch!
    Dr. Webbaer

  14. Ein kleines Gedicht zur RELATIVITÄTSTHEORIE als Nachtrag zu 100 Jahre Einsteins ART:

    ALLES RELATIV

    Zeit ist relativ,
    Man hat sie leider nie.
    Einstein forschte intensiv,
    Offenbarte sein Genie:
    Konstant das Tempo von Licht,
    Schneller geht es nunmal nicht.

    E = m c ²

    Diese Formel kennt wohl jeder,
    Genauso wie das Newtonmeter.
    Newtons Gesetze sind zementiert,
    Einstein hat ein Update installiert.

    Er untersuchte die Gravitation,
    Brachte die Raumzeit ins Spiel.
    Die Masse erhielt Reputation,
    Eine Feldgleichung war das Ziel.

    Sterne,allgemein große Massen,
    Krümmen den umgebenden Raum.
    Das Licht muss sich hier anpassen,
    Herum sich winden wie ein Baum.

    Revolutionäres war gedacht,
    Einstein ewiger Ruhm gewiss.
    Es wurde der Beweis erbracht
    Bei einer Sonnenfinsternis.

    Rainer Kirmse , Altenburg

  15. Dass wir alles wissen und begreifen wird wohl niemals eintreten. Aber wir machen dennoch neue Theorien, wenn Fragen offen sind. Und für diese galt bisher, beweisbar sind sie nicht, aber widerlegbar. Im Internet kursiert oft die Forderung nach einer neuen Theorie in der Physik, also sollten neu auftauchende Theorien auch wenigstens angeschaut und kritisch durchforstet werden. Als unsinnig darf man sie weglegen beim ersten Fehler, den man findet. Findet man kein “Haar in der Suppe” haben sie zumindest ein gewisses Bestandsrecht. Wichtigstes Kriterium bleibt aber immer das Experiment oder messbare Daten, also sollte jede neue Theorie auch selbstprüfend einiges beisteuern und auch Unbekanntes aufzeigen. Ich will das an einem Beispiel erläutern. Die Planetenbahndaten sind seit Kepler zunehmend genauer bekannt.
    Nun gibt es eine offene Frage. Zum einen sagen bedeutende Theoretiker, alles sei historischer Zufall, andere seit Kepler selbst denken an physikalische Zusammenhänge. Mit zunehmend mehr Erkenntnissen aus der Exoplanetenforschung wird man vielleicht gezwungen, sich zu entscheiden. So kann es doch nicht schaden, wenn zu diesem Thema auch jetzt schon Untersuchungen angestellt werden. Und wenn sie veröffentlicht werden, kann sich jeder selbst ein Bild darüber machen. Jahrelang habe ich mich mit diesem Thema beschäftigt und meine Ansichten nun veröffentlicht. Vielleicht ist die Bezeichnung, die ich gewählt habe, nicht sehr treffend, aber bisher wenigstens nicht allzu strapaziert. Wen es interessiert, unter dem Begriff “Makroquantenphysik” kann man alles dazu finden.

  16. LBE
    (Language based evolution model of universe)
    Ein auf Sprache basierendes Evolutionsmodell des Universums
    Das Modell:
    Die Struktur des Universums ist wie jene einer
    (natürlichen oder künstlichen) Sprache. Es besteht aus
    Fundamentalelementen (ähnlich den Buchstaben) die einander
    zugeordnet (aneinander gereiht) werden können und dadurch
    physikalische Gebilde (sprachlich :Texte) ergeben. Dabei
    sind viele verschiedene physikalische Gebilde möglich,
    keineswegs jedoch alle denkbaren.
    Die Zuordnungen müssen nämlich der Syntax der Sprache
    des Universums genügen. Die Bildung solcher physikalischer
    Gebilde (Texte) erfolgt mittels einer speziellen Evolution:
    Dabei werden Fundamentalelemente (Buchstaben) durch
    einen objektiven Zufall ermittelt und einander zugeordnet
    (aneinander gereiht). Dies jedoch nur dann, wenn die
    Zuordnung Teil eines syntaktisch korrekten Gebildes sein
    könnte.(Selektionskriterium dieser Evolution)
    Dieses Verfahren erlaubt eine objektiv zufällige (!)
    Bildung auch komplexer, syntaktisch korrekter
    physikalischer Gebilde (Texte) in relativ wenigen Schritten
    und ist auch als Simulation experimentell (!!!)
    sehr leicht nachvollziehbar.

    mehr dazu: http://www.wikieddi.blogspot.com

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