Die hellsten Sterne

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Astronomie mit eigenen Augen
Clear Skies

Es gibt viele Wege, sich dem Faszinosum des Universums und unserer kosmischen Nachbarschaft zu nähern. Einen besonderen – und gleichsam naheliegenden – Weg, dies zu tun, beschreibt Fred Schaaf. In seinem Werk “The Brightest Stars, Discovering the Universe through the Sky’s Most Brilliant Stars”, das ich hier im Rahmen meiner Reihe “Lesestoff” vorstelle, nimmt Fred Schaaf den Leser mit auf eine Reise zu den hellsten Sternen, die am Firmament zu sehen sind. Nebenher präsentiert er den aktuellen Wissensstand über die selbst unter künstlich aufgehelltem Stadthimmel oder bei Vollmond auffälligsten Himmelsobjekte.

Fred Schaaf ist ein unter Sternenfreunden wohl bekannter Autor, nicht nur durch seine beiden langjährigen Reihen in “Sky & Telescope”. Im angelsächsischen Sprachraum ist er ein regelrechter Bestsellerautor für amateurastronomische Themen. Es verwundert, weshalb seine Bücher nicht ins Deutsche übertragen werden, zumal sie Lücken schließen würden, und inhaltlich sowie sprachlich zu den Perlen astronomischer Literatur zählen.

“The Brightest Stars” umfasst drei Teile: Im ersten Abschnitt beschreibt Fred Schaaf Sterne aus Erdensicht. Hier ist ausführlich zu lesen, wie wir die Helligkeit von Sternen messen, wo sie am Sternhimmel zu finden sind und wie wir sie am besten beobachten können. Auch für erfahrene Himmelsbeobachter finden sich hier viele interessante Fakten. Im zweiten Teil geht es um die Natur der Sterne selbst. Schaaf stellt die Physik der Sterne dar, die verschiedenen Spektraltypen und ihre Lebenszyklen. Im Hauptteil widmet sich Schaaf in 21 Kapiteln jeweils einem hellen Stern, beginnend mit Sirius. Unsere Sonne, der nächste und hellste Stern am Firmament ist übrigens nur am Rande Thema. Stern für Stern erfährt der Leser – vom mit -1.44 Mag hellsten Sirius bis zum 1.36 Mag hellen Regulus – den (plusminus; das Buch erschien 2008…) aktuellen Wissensstand. Doch Schaaf geht es nicht nur um astrophysikalische Fakten, vielmehr auch um solches Wissen, das sich in dieser Form nur in wenigen astronomischen Werken findet, insbesondere im großartigen “Burnham´s Celestial Handbook”: Schaaf führt den Leser stets auch ins Reich der Geschichte und informiert über Namensherkunft oder die Bedeutung einzelner Sterne in früheren Hochkulturen.

Die Kapitel über die hellsten Sterne sind sehr unterschiedlich; nicht nur der Umfang, sondern auch die inhaltlichen Schwerpunkte sind wenig einheitlich. Hierin zeigt sich der Charakter eines kurzweiligen Schmökers, der auch dazu einlädt, sich nur einzelne Kapitel heraus zu greifen. Die abschließenden drei Stern-Kapitel über Beta Crucis, Deneb (der am weitesten entfernte, leuchtstärkste und größte der hellsten Sterne) sowie Regulus fallen knapp aus und es entsteht der Eindruck, Schaaf stellte sein Buch unter Zeitdruck fertig.

Im Buch finden sich einige Grafiken. Vor allem dort, wo die Größenverhältnisse einiger der beschriebenen Sterne im Vergleich zur Sonne bzw. unserem Sonnensystem dargestellt werden, immerhin sind manche Sterne wie etwa Beteigeuze, Antares oder Deneb so groß, dass sie das innere Sonnensystem leicht ausfüllen würden. Insgesamt sind diese Grafiken etwas grob gelungen und stehen im Kontrast zur ausgefeilten Sprache des Autors. In der Grafik zu Capella – einem engen Doppelstern – ist die Bezeichnung der beiden Komponenten fehlerhaft.

Insgesamt ist “The Brightest Stars” ein hervorragend geschriebenes, sehr informatives und kurzweiliges Buch, das zum Schmökern einlädt. Bewölkten oder lichtverschmutzten Sternhimmel – dem Schaaf im einleitenden Teil ein eher pessimistisches Unterkapitel widmet – vergisst der Leser bei der Lektüre leicht. Schaafs lehrreiches Buch nimmt viele Anleihen aus dem 1978 erschienenen Burnham´s und steht auf selber Augenhöhe wie dieses zeitlose Meisterwerk.

Im Anhang des Buchs findet sich neben einem kleinen Glossar, einem umfangreichen Index und einem kommentierten Quellenverzeichnis auch ein Tabellenanhang. In sechs Tabellen, die dem Leser als Synopsis zur Textlektüre dienen, hat Schaaf aktuelle Daten über seine hellsten Kandidaten zusammen gestellt. In der abschließenden Tabelle “F” finden sich Daten der 200 hellsten Sterne. Eine logische Konsequenz und ein Wunsch an Fred Schaaf wäre es, auch für die “übrigen” 179 hellsten Sterne ähnlich detaillierte und literarisch wertvolle Beschreibungen folgen zu lassen.

Clear Skies, Stefan Oldenburg

Fred Schaaf: The Brightest Stars, Discovering the Universe through the Sky’s Most Brilliant Stars. John Wiley & Sons, Hoboken 2008. VI + 282 Seiten mit zahlreichen schwarz-weiß-Abbildungen und Grafiken. Englisch. ISBN: 978-0-70410-2. Kartoniert 14,90 €

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Astronomische Themen begeistern mich seit meiner Kindheit und ich freue mich, Zeuge des goldenen Zeitalters der Astronomie zu sein. Spannende Entdeckungen gibt es im Staccatotakt, aber erst im Erkunden unserer kosmischen Nachbarschaft mit den eigenen Augen liegt für mich die wirkliche Faszination dieser Wissenschaft. "Clear Skies" lautet der Gruß unter Amateurastronomen, verbunden mit dem Wunsch nach guten Beobachtungsbedingungen. Deshalb heißt dieser seit November 2007 bestehende Blog "Clear Skies".

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