Energiewechsel durch Krieg – Wie Russland Europa zu einer klimaschützende Energiepolitik vorantreiben könnte

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Grenzgänge in den heutigen Wissenschaften
Beobachtungen der Wissenschaft

Russland unter Putin ist nicht nur in politischer, ökonomischer und gesellschaftlicher Hinsicht weit ins Hintertreffen geraten, durch den massiven Export von Gas und Öl, zwei schlimmen CO2-Emittenten, die den grössten Teil seiner Exporte ausmachen, steht für auch seine Energiepolitik für eine längst ins Hintertreffen geratene Orientierung in Anbetracht des Klimawandels. Mit knapp über 250 Mrd. USD liegen Russlands Staatseinnahmen nur knapp über denen von Belgien, sein Bruttoinlandsprodukt pro Kopf betrug im Jahr 2015 knapp über 11.000 USD im Vergleich zu ca. 65.000 USD in den USA und 82.000 USD in der Schweiz.

In Russland sind es die Naturreichtümer, die die wichtigste Basis für die Wirtschaft des Landes ausmachen. Viel technologische Innovation erfahren wir von dort nicht. So verfügt es als grösste Erdgasmacht über 32 Prozent aller Erdgasvorräte in der Welt, sowie über 12 Prozent aller Vorräte an Erdöl. Die jährlichen Fördermengen machten ihrerseits bisher ca. ein Fünftel der weltweiten Erdgasförderung und ein Zehntel der weltweiten Ölförderung aus. Das macht Russland zum weltweit bei weitem grössten Erdgasexporteur und nach Saudi-Arabien zum zweitgrössten Exporteur in Erdöl. Kein Wunder, dass der Anteil des Exports von Erdöl, Mineralölprodukten und Erdgas am Gesamtexport Russlands bei ca. 60% liegt. Mit anderen Worten, Energieexport holt das meiste Geld rein für das Land. Auch im Staatshaushalt machen diese Energieformen mehr als 50% aus.

Für den europäischen Westen wiederum ist die Lage genau andersherum. So liegen die in Deutschland und Italien betragen Anteile des Imports von russischem Erdgas bei jeweils knapp 50% (fast ebenso viel bezieht die Schweiz), in Finnland sogar 94% (europäischer Schnitt liegt bei ca. 44%). Und auch der russische Erdöl-Anteil liegt in Deutschland bei knapp 40%, in der gesamten EU kommt ca. ein Viertel des Erdöls aus Russland. In der Schweiz liegt der Erdölanteil dagegen nahezu bei null, dort kommt das meiste Öl aus Nigeria und den USA (doch ist in der Schweiz der Betrag an Geld, den die russischen Oligarchen dort lagern, besonders hoch, womit die Schweizerischen Banken gut Geld verdienen).

Und nun hat Russland gegen die Ukraine den ersten Krieg zwischen zwei Völkern nach dem zweiten Weltkrieg begonnen und diesen unterdessen an Brutalität immer stärker zunehmen lassen. Es ist daher kaum überraschend, dass Forderungen nach einem Importstopp von russischem Öl und Erdgasaus dem Westen immer lauter werden, vor allem aus den USA und England, die es selber auch bereits umgesetzt haben (dabei sind sie gar nicht betroffen, im Gegenteil, sie würde bei einem weitem Boykott als Erdgas- und Öl-Exporteure davon sogar selber massiv profitieren). Der Rest Europas importiert nach wie vor das Gas und Öl aus Russland, sind sie doch de facto abhängig davon. Doch dies geschieht unter steigender Nervosität, schliesslich kommt die Forderung aus den USA, deren mögliche wirtschaftlichen Sanktionen viele Länder, darunter auch Deutschland, besonders stark treffen würden.

Doch trotz massiver Eigeninteresse der USA und England, haben die beiden Regierungen dort einen wichtigen Punkt: Die Importe der Westeuropäer sind für die russische Kriegskasse vor zentraler Bedeutung. Viele der Ölexporteure sind Staatskonzerne und führen Gewinne an den Kreml ab. Wie wir wissen, sind die Erdgas- und -Öl-Einnahmen de facto der wichtigste Baustein des russischen Haushalts, inkl. der Kriegskasse. So denken bereits viele Politiker in Westeuropa darüber nach, wie man die Abhängigkeit von Russland loswerden kann. Und hier kommen aus so manchen Mündern, von denen man sich das zuvor als letzte vorstellen konnte (z.B. von Teilen der FDP in Deutschland), nun plötzlich Forderungen nach einem Ausbau alternativer Energieformen wie Wind-, Wasser- oder Sonnenenergien (obwohl dies natürlich nicht von heute auf morgen passieren kann). Aber was für ein bedeutenderen Anlass könnte es geben, der uns zu einer massiven Beschleunigung des Ausbaus alternativer Energieträger motivieren sollte als die Abhängigkeit von schlimmen Diktatoren wie Putin loszuwerden?

Und de facto herrscht hier auch ein gewaltiges Potential. Die Entscheidung, mit welchen Primärenergien wir unseren Energiehunger stillen, ist der Schlüsselfaktor des Klimaschutzes. Wie hoch wird in Zukunft noch der Anteil an fossilen Energieträgern sein, die die CO2-Bilanz weiter belasten? Und wie weit können erneuerbare Energien die Brennstoffe Erdöl, Kohle und Erdgas ersetzen? Neben der Akzeptanz in der Bevölkerung hängt die Antwort auf diese Fragen von der Wirtschaftlichkeit der erneuerbaren Energien ab. Und für die Wirtschaftlichkeit wiederum ist der Wirkungsgrad der entsprechenden Kraftwerke von grosser Bedeutung. So treiben Wissenschaftler und Ingenieure die Effizienz von Photozellen, Geothermie-Kraftwerken und Biogasanlagen immer weiter voran (nur bei Windrädern ist man bereits nahe am physikalischen Limit). Dank faszinierender technologischer Entwicklungen wurden die Erwartungen in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder übertroffen.

Und dazu gibt es noch ein paar echte „Game-Changers“. „Wir neigen dazu, die Wirkung von Technologien kurzfristig zu überschätzen und sie langfristig zu unterschätzen“, schrieb bereits im Jahr 1975 der amerikanische Forscher und Stanford Professor Roy Amara. Das ist auch heute noch so. Kurzfristig blenden uns die Aussichten auf neue Anwendungsmöglichkeiten – man könnte auch sagen: auf neues Spielzeug. Doch nur wenige Menschen haben einen Begriff davon, wie stark Technologien, an denen die Forscher heute arbeiten, unser Leben in Zukunft tatsächlich prägen werden – Wissenschaftler und Ingenieure sind da nicht ausgenommen.

Mit den bekannten Entwicklungen liegt schon heute die globale Klimaneutralität unseres Energieverbrauchs in Greifweite, und es hängt vom politischen Willen ab, die technologischen Neuerungen zum Implementieren. Würde allerdings dazu noch eine neue, heute noch nicht verwendende, ggfs. sogar noch nicht (breit) bekannte Technologie entwickelt, wäre dies vielleicht in noch viel kürzerer Zeit möglich. Falls uns tatsächlich in den nächsten Jahren eine technologische Wildcard vor einer Totalkatastrophe in Sachen Klima bewahren wird, kann es sein, dass wir heute noch nicht einmal eine Ahnung davon haben, wie sie aussehen wird. Weil aber auch Joker nicht über Nacht vom Himmel fallen, kann es gut sein, dass heute schon in einigen Laboren und Think Tanks der Welt Vorstufen von neuen Technologien, die – vielleicht – einmal die Welt verändern werden, in Arbeit sind. Deshalb lohnt es sich, einige dieser potenziellen Joker einmal näher anzuschauen:

  • Ein Joker für die Energieerzeugung: Kernfusion als unbegrenzte, saubere und sichere Energie zu sehr günstigen Preisen
  • Ein Joker für die Energiespeicherung: Akkus, die Wind- und Sonnenenergie beliebig speichern
  • Ein Joker für den Energieverbrauch: Wenn 3D-Druck den Transport von Waren überflüssig macht
  • Der Meta-Joker: Optimierung von Energieerzeugung, -speicherung und verbrauch durch Künstliche Intelligenz

Der mitunter wohl bedeutendste Joker-Kandidat der zukünftigen Energieerzeugung ist die Kernfusion. Sie ist der Prozess, der unsere Sonne und auch alle anderen Sterne zum Strahlen bringt und sie enorme Energiemengen ins All schleudern lässt. Unter sehr hohem Druck und bei entsprechend hoher Temperatur verschmelzen Atomkerne miteinander. So wie bei der Spaltung schwerer Atomkerne geht auch bei der Fusion leichter Atomkerne ein wenig Masse verloren. Gemäss Einsteins berühmter Formel E=mc² wandeln sich winzigste Materiemengen in enorme Energien um. Dabei sind die bei der Kernfusion freiwerdenden Energien pro Gewichtseinheit sogar noch viel höher als beim umgekehrten Vorgang, der Kernspaltung. Dazu kommt: Es gibt keine schmutzigen, radioaktiven Abfälle! Genau hier finden zur Zeit sehr spannende Entwicklungen statt (wie ich auch in anderen Beiträgen und meinem letzten Buch ausführlich beschrieben habe).

Aber auch in der Energie-(Strom-) Speicherung könnte es in den nächsten Jahren gewaltige Fortschritte geben (zig-fach bessere Batterien), 3D-Drucker könnten enorm viel Transportenergie sparen und KI könnte die komplexe Energiespeicherung und -steuerung noch viel effizienter machen. Es besteht also durchaus viel Grund zur Hoffnung in dieser Hinsicht. So ist vielleicht die Kriegsinitiative des energie-archaischen Russlands eine sehr gute Gelegenheit, sich nun genau darauf mit aller Kraft (und Finanzierung) zu konzentrieren.

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www.larsjaeger.ch

Jahrgang 1969 habe ich in den 1990er Jahren Physik und Philosophie an der Universität Bonn und der École Polytechnique in Paris studiert, bevor ich am Max-Planck-Institut für Physik komplexer Systeme in Dresden im Bereich theoretischer Physik promoviert und dort auch im Rahmen von Post-Doc-Studien weiter auf dem Gebiet der nichtlinearen Dynamik geforscht habe. Vorher hatte ich auch auf dem Gebiet der Quantenfeldtheorien und Teilchenphysik gearbeitet. Unterdessen lebe ich seit nahezu 20 Jahren in der Schweiz. Seit zahlreichen Jahren beschäftigte ich mich mit Grenzfragen der modernen (sowie historischen) Wissenschaften. In meinen Büchern, Blogs und Artikeln konzentriere ich mich auf die Themen Naturwissenschaft, Philosophie und Spiritualität, insbesondere auf die Geschichte der Naturwissenschaft, ihrem Verhältnis zu spirituellen Traditionen und ihrem Einfluss auf die moderne Gesellschaft. In der Vergangenheit habe ich zudem zu Investment-Themen (Alternative Investments) geschrieben. Meine beiden Bücher „Naturwissenschaft: Eine Biographie“ und „Wissenschaft und Spiritualität“ erschienen im Springer Spektrum Verlag 2015 und 2016. Meinen Blog führe ich seit 2014 auch unter www.larsjaeger.ch.

21 Kommentare

  1. Ich bin ein Freund von Technik und neuen Ideen und ich denke, dass es nicht das Klima ist oder der aktuelle Krieg, was uns zum Umdenken und möglichst 100%igen Nutzung der solaren Energie führen sollte, sondern ganz einfach der Gedanke:
    Wie können unsere Nachfahren leben, wenn wir alle fossilen Kohlenwasserstoffe verbrannt und kein Ersatztechniken dafür entwickelt haben?
    Trotzdem möchte ich ein weniog Essig in Ihren Wein gießen:

    Ein Joker für die Energieerzeugung: Kernfusion als unbegrenzte, saubere und sichere Energie zu sehr günstigen Preisen

    Die Kernfusion wurde uns schon vor 50 Jahren als “gleich verfügbar” verkauft und selbst unter den aktuellen vielversprechenden Forschungsergebnissen sollten wir das Fell des Bären “Kernfusion” erst dann verteilen, wenn wir nachweislich über sie verfügen können. So lange bleibt sie ein Traum.

    Ein Joker für die Energiespeicherung: Akkus, die Wind- und Sonnenenergie beliebig speichern

    Ich denke, dass wir an einer technischen Grenze angekommen sind, was die “Qualität” der Speicher angeht, über die “Quantität” brauchen wir nicht viel zu diskutieren, Preis und Verfügbarkeit der Rohstoffe setzen da die Grenzen.

    Ein Joker für den Energieverbrauch: Wenn 3D-Druck den Transport von Waren überflüssig macht

    Dieser 3-D-Hype wird aus meiner Sicht maßlos überbewertet, wenn man von der industriellen Nutzung ( also doch Transport der so hergestellten Teile ) der Technik absieht. Man braucht erstens die 3-D-Daten in ausreichender Qualität, dann braucht man Erfahrungen, wie die Teile positioniert/angeordnet werden müssen und – was man nie vergessen darf – die Teile sind nach der direkten Herstellung nie “ready-2-use”, sie müssen teils aufwendig nachbearbeitet werden, wir reden dabei nicht mal über eine zerstörungsfreie Qualitätskontrolle. Abgesehen davon verbrauchen auch diese Drucker Material ( Transport! ) und müssen selber erst mal her- und aufgestellt ( Transport! ) werden. Und wenn eine KI ( siehe nächster Absatz ) den Strom in der Produktionsphase wegoptimiert, ist in den meisten Fällen das Teil nicht mehr zu gebrauchen.

    Der Meta-Joker: Optimierung von Energieerzeugung, -speicherung und verbrauch durch Künstliche Intelligenz

    Auch die intelligenteste Künstliche Intelligenz kann keinen Wind wehen oder nachts die Sonne scheinen lassen. Was natürlich mit der Künstlichen Intelligenz sehr gut möglich ist, ist die intelligente Verteilung des Mangels. Da wir aber auch wissen, dass jede KI nur so intelligent wie ihr Trainingsprogramm ist, könnte man den Mangel natürlich dann auch gewinnbringend verteilen, wenn man es darauf anlegt.

    Ich denke, dass wir die aktuell existenten, nutzbaren Methoden zur solaren Energiegewinnung massiv einführen müssen und kleinliche Bedenken hintanstellen, dass wir die Vernetzung über Trassen und den Aufbau von Speichern, basierend auf den jetzt nutzbaren Technologien, massiv vorantreiben müssen, weil wir das in einem überschaubaren Zeithorizont “gebacken” kriegen können – und müssen.
    Falls es neue Speichertechnologien geben sollte, können wir mit denen weiter machen, ebenso, wenn ( wann? ) die Kernfusion kommerziell einsatzfähig ist.
    Die tägliche Arbeit beim Ersetzen verbietet uns das Träumen nicht …

    • @Karl Maier
      100% Nutzung der solaren Energie funktioniert nur an Sommertagen über einige Stunden und gerade dann, wenn man sie am Nötigsten braucht, im Winter, da sind die Tage kürzer, die Sonne steht tiefer und manchmal sind tage- und wochenlang dicke Wolken am Himmel.
      Schauen Sie sich mal im agorameter unter “Zukunft” den für 2040 vorgesehen Ausbau der PV-Anlagen an und achten Sie dabei allein auf die Sonnenergie, die Sie auch ganz alleine zusammen mit dem hochgerechneten Stromverbrauch anschauen können (interaktiv steuerbar).
      Speicher, die im Sommer den tagsüber erzeugten PV-Überschußstrom (lt. agorameter auch 2040 noch sehr wenig Überschuss) auch nur für die drauffolgende Nacht aufnehmen könnten, sind in weiter Ferne, was ja auch aus der Formulierung von Hn. Jaeger hervorgeht, der hier eine Weiterentwicklung als Joker haben möchte.

      • Wolfgang Richter
        17.03.2022, 18:43 Uhr

        Sie brauchen mich nicht zu überzeugen. Mein Ansatz ist anders, ich orientiere mich an der Natur, der Photosynthese. Diese hat es geschafft, mit einem ziemlich niedrigen η zum einen den laufenden Betrieb mit Pflanzen und Tieren in Gang zu setzen und zu betreiben und zum anderen – cum grano salis – auch noch die Ressourcen an fossil gebundenem C und C-H abzulagern, von welchen wir heute so großzügig ‘runterleben. Die Natur kann keinen Strom speichern und weil O₂ seit Erfindung der Photosynthese so allgegenwärtig ist, hat sie den Trick erfunden, sowohl von Volumen wie auch vom Gewicht hochkonzentrierte Energie in Form von Kohlenwasserstoffen/Kohlenhydraten/Fetten/Ölen zu speichern – nur so war “Mobilität” möglich. Meine Fettwampe reicht für 4 Wochen Betriebszeit ohne nachladen, eine vergleichbare Energiemenge in einem Li-Ion-Akku wäre 400 kg schwer. Für einen größeren Teil des stationären Energiebedarfs könnten wir auf die Umwandlung von H₂O zu H₂ mit dem besseren η zurückgreifen, da wir über Pipelines und Gasspeicher verfügen können, für einige mobile Anwendungen können wir die Batterie-Direkt-Speicher anwenden, für einige andere mobile Anwendungen bleibt uns dann doch nur noch der “biologische” Weg mit niedrigem η hin zu CH₄ und C₂H₅OH.
        Damit ist “nur” noch die Frage, wie viel solare Strahlung wir einfangen und zu Strom als Universalreaktionsmittel machen können. Ich habe mir den von Ihnen angegebenen Link nicht angeschaut, aber wenn wir alle brauchbaren Dächer, Parkplätze, Straßen mit PVA und einen Teil der Landschaft mit WKA pflastern … brauchen wir “nur noch” H₂-Erzeuger mit der Fähigkeit, innerhalb von Minuten hoch- und ‘runterfahren zu können.
        Die Natur zeigt uns aber noch andere Möglichkeiten des Umgangs mit Energie auf, siehe die Fettschicht von Walen, das Fell von Bären und den Winterschlaf von Igeln, mancher könnte es auch den Zugvögeln nachmachen …

  2. Russland war mit seiner extremen Abhängigkeit vom Export von Erdöl und Erdgas im Zeitalter der beginnenden Dekarbonisierung sowieso auf dem absteigenden Ast und gemessen an den Ansprüchen Putins, der Russland als Imperium und Grossmacht sehen wollte, erst recht, denn eine moderne Grossmacht kann nicht wie das heutige Russland eine militärische Grossmacht sein, wenn es nicht einmal die Wirtschaftskraft von Italien besitzt.

    Zudem waren die ehemaligen Sowjetrepubliken im Verlaufe des 21. Jahrhunderts endgültig aus dem Dunstkreis der früheren Sowjetunion und des heutigen Russlands herausgetreten und hatten sich nach Westen orientiert. Das gilt auch für die Ukraine, deren wichtigste Handelspartner im Jahr 2020 die USA und China waren und nicht mehr Russland.

    Der Ukraine-Krieg, den Putin jetzt führt, kann deshalb nur als Verzweiflungsakt Putins begriffen und verstanden werden. Eine Verzweiflungstat, weil Russland als Grossmacht trotz gewonnenem Syrienkrieg vor dem Aus stand.

    Doch jetzt beschleunigt sich die „Vernichtung“ Russlands sogar noch. Denn jetzt ist selbst den Europäern klar geworden, dass Putins Russland kein verlässlicher Partner ist und es somit unklug wäre weiterhin von Russland Erdöl und Erdgas wie bis anhin zu beziehen.

    Kurzfristig – also für die nächsten 10 Jahre -, kann die Lösung für Deutschland nur im starken Ausbau der Windenergie liegen, denn nur die Windenergie ist sowohl im Sommer als auch im Winter in Deutschland ausreichend verfügbar. Sonnenenergie dagegen gibts im Sommer zu viel und im Winter zu wenig, doch eine Speicherung von überschüssigen Solarstrom in Form von Wasserstoff ist industriell/infrastrukturell ein so grosses Projekt, dass eine Realisierung deutlich mehr als 10 Jahre in Anspruch nähme. Solarstrom ist auch nicht als Lückenfüller bei Windstille nötig, weil diese Lückenfüllerfunktion inzwischen Batterien übernehmen können und Solarstrom ist als Lückenfüller auch nicht sinnvoll, weil Solarstrom im Winter weitgehend fehlt, im Winter aber der höchste Strombedarf besteht.

    Doch auch Windenergie hat seine Probleme. Gleichmässig über das Land verteilt gäbe es bei Alleinversorgung Deutschlands mit Windenergie praktisch keinen Punkt mehr in Deutschland von dem man nicht eine Windturbine in den Himmel ragen sähe. Mit Offshore-Turbinen könnte man dieses Problem lösen, doch dann benötigt man wieder einen Ausbau der Stromtrassen vom Norden in den Süden, was typischerweise mit einer Flut von Einsprachen einhergeht.

    Langfristig wäre Kernfusion eine perfekte Lösung, denn sie kommt mit sehr wenigen Ressourcen aus und erzeugt praktisch keinen Abfall. Mit Kernfusion würde nicht nur die Stromproduktion Deutschlands vollkommen CO2-frei, sondern auch die Energie- und Rohstoffabhängigkeit Deutschlands vom Ausland würde auf Null sinken. Mit Kernfusion wäre eine 100%-ige Kreislaufwirtschaft möglich und anders als beim Setzen auf Wind- und Sonnenenergie müsste man nicht jedes Jahr tausende von Windturbinen und Solarpanel durch neue ersetzen, sondern es würde im Gleichgewichtszustand genügen pro Jahr 10 von insgesamt 500 Fusionsreaktoren durch neue zu ersetzen.

    • @Martin Holzherr
      Die Aussage, dass immer genügend Wind wehe, so dass man mit genügend WKAs immer ausreichend elektrischen Strom haben werde, stimmt leider nicht. Haben Sie nicht mitbekommen, dass wegen zu wenig Wind die EE letztes Jahr wieder unter die 50%-Schwelle gefallen sind, kennen Sie nicht die immer aktuellen und weit in die Historie zurückreichenden Grafiken von Fraunhofer ISE oder das agorameter? Sie können bei beiden interaktiv alle anderen Energiequellen außer Windenergie ausblenden und dann über beliebige Zeitabschnitte sehen, wie das aussieht.
      Wenn Sie dann beim agorameter die “Zukunft” für 2040 anschauen und wieder nur Monat für Monat oder auch mal wochenweise nur die Windenergie anschauen, dann bleiben trotz massivem Zubau enorme Lücken.
      Ja, bei z.B. 120.000 WKAs stünden diese wirklich überall, wo man diese auch nur hinstellen kann. Der dafür notwendige Materialaufwand, die extreme Bodenverdichtung durch die bis zu 7000 t schweren Anlagen, die dann rettungslos verlorene Vogelwelt, die jährlich 4000 bis 6000 Anlagen, die wegen der auf 20 bis 30 Jahre begrenzten Lebensdauer erneuert werden müssen – nein, so kann und wird es nicht kommen, das ist nicht machbar.
      Außerdem zu bedenken: die großen CO2-Emissionen bei der Zementherstellung für die WKAs, die Rohstoffe und immer mehr Zulieferteile für die Elektrik aus China…. wir sind bei PV schon von China abhängig.
      WKAs nehmen sich dann auch noch gegenseitig die Windenergie weg, wenn sie zu eng stehen: bei offshore-Anlagen wurde dieser Effekt bis in 70 km Entfernung gemessen.
      Wie Herr Jaeger hier schon vermittelt, wir müssen forschen und entwickeln um praktikable Lösungen zu finden.

      • @Wolfgang Richter (ihre Aussage zusammengefasst): „Wind weht nicht immer, es gibt windschwache Jahre, viele Anlagen sind nötig“
        Es gibt nur eine Lösung für Deutschland um innerhalb von 10 Jahren deutlich mehr als 70% allen Stroms CO2-neutral im eigenen Land zu erzeugen. (Strom wird in Zukunft den Energiemix dominieren).
        Grüner Strom sofort: Windkraft überall in Kombination mit Batterien und Gaskraftwerken für längere Flauten.

        Wichtig:
        1) Windenergie muss 150% des benötigten Stroms für ein Jahr erzeugen, damit auch windschwache Jahre abgedeckt sind
        2) Ein grosser Offshore-Anteil der Windturbinen ist nötig
        3) Ein starker Ausbau von Stromtrassen ist nötig.

        Das ist machbar. Wird aber tatsächlich das Landschaftsbild verändern – ausser fast alle Wintdturbinen stehen Offshore, also vor der Küste. Hinweis: Dänemark will in Zukunft vor allem Offshore-Wind gewinnen.

        Deutschland wird insgesamt etwa 100‘000 Windräder benötigen. Würden diese gleichmäßig über das Land verteilt, gäbe es alle 2.5 Kilometer eine Windturbine. Mit viel Offshore-Wind aber würde sich an Landschaftsbild nicht so stark verändern.
        Beachte: Schon heute hat Deutschland 29‘000 Windturbinen. In Zukunft werden Windturbinen grösser sein, deshalb genügen 100‘000 um 70 bis 80 Prozent allen Stroms direkt oder indirekt (über Batteriespeicher) zu erzeugen.

        Mit vorwiegend Solaranlagen brauchen sie mindestens 20 (anstatt 10) Jahre um das gleiche zu reichen, weil sie einen gewaltigen Wasserstoffsektor aufbauen müssen mit einer Technologie, die im benötigten Ausmass unerprobt ist.

  3. Billige, stationäre Batterien dürfen ein hohes Gewicht und
    ein hohes Volumen pro gespeicherter Energiemenge haben.
    Solche billigen, stationären Batterien sollte man routinemäßig
    in die Sockel von allen Windkraftwerken einbauen.
    —–
    Ein nahezu universell verwendbarer FDM-3D-Drucker benötigt
    eine Reihe von Düsen für eine Reihe von Substanzen:
    Isolierende Substanz (irgend ein thermoplastischer Kunststoff),
    leitfähige Substanz (Kunststoff mit Graphit- oder Silberpartikeln,
    oder ein selbst-leitfähiger Kunststoff),
    magnetisierbare Substanz (Kunststoff mit Eisen- oder Eisenoxidpartikeln),
    halbleitende Substanz (da wird es etwas komplizierter),
    stützende Substanz (hält Hohlräume frei, wird später aufgelöst,
    zum Beispiel Polyvinylalkohol mit Wasser),
    eventuell auch noch eine schmierende Substanz als Trenn- und Gleitmittel.
    Natürlich dürfen auch die Schmelzpunkte aller dieser Substanzen
    nicht zu weit auseinander liegen.

  4. St. Peter im Schwarzwald erneuerbar umgebaut
    Jedem, der sich dafür interessiert, was eine Energiewende hin zu einer rein erneuerbaren Energieversorgung konkret bedeutet, empfehle ich das Video Experiment Energiewende – schaffen wir das? . In diesem Video wird am Beispiel der 2500 Seelen Gemeinde St.Peter im Schwarzwald gezeigt, was Energiewende konkret und lokal bedeutet. Für St. Peter etwa: 5 grosse Windräder im Wald, die die Waldkronen weit überragen, Heizen mit Holzschnitzeln im wirklich grossen Masstab, teure Wärmesanierungen von Altgebäuden, damit sie mit Wärmepumpen ausgestattet werden können, riesige Batterien für Millionen von Euro für die Überbrückung eines einzigen wind- und sonnenfreien Tages und ein intelligentes, mit viel Software am Laufen gehaltenes Netz, welches bei Strommangel automatisch grössere Verbraucher vomNetz nimmt. Allerdings: nicht alles vom oben gesagten wurde in St. Peter realisiert. Anstatt Batterien für Millionen plant St. Peter zur Überbrückung eine mit Holz betriebenes Notstrom-Kraftwerk, was ja bei einer mitten im Schwarzwald liegenden Gemeinde ja nicht am mangelnden Holz scheitern sollte.

    Meine Beurteilung der D-Energiewende: Durchaus machbar, aber wohl ohne weiteres nur in hoch industrialisierten Ländern wie Deutschland realisierbar, denn das Ausmass an Investitionen, der Land- und Flächenbedarf für Wind- und Solaranlagen und die dazugehörige Infrastruktur ist gewaltig.

  5. Meine Einschätzung zu ihren Jokern:
    –> Kernfusion könnte eine langfristige Lösung sein, aber sie ist technologisch extrem schwierig und würde nur wirklich langfristig sein, wenn man ausschließlich Deuterium (und nicht Tritium aus Lithium erzeugen muss) fusioniert.
    –> An Natriumionen-Akkus wird schon bearbeitet, die sind für stationäre Speicher gut geeignet.
    –> 3D Druck wird meiner Meinung nach nicht viel bringen
    –> intelligente Steuerung bringt etwas, aber soviel Potential steckt da nicht drin

    Es fehlen noch verbesserte Solarzellen mit Wirkungsgrad von über 30%, billigere Windräder und wenn man schon mal richtig Science Fiction machen will, supraleitende Kabel bei Zimmertemperatur.

    • @Physiker (Zitat): „ An Natriumionen-Akkus wird schon bearbeitet, die sind für stationäre Speicher gut geeignet.„
      Antwort: Nur bedingt gut geeignet, wie ich hier darstellen will.

      CATL, der grösste Batteriehersteller der Welt wird Natriumionenbatterien ab 2023 als Massenprodukt verkaufen. Ihr Hauptvorteil: Bis zu 30% billiger als die ohnehin schon billigen Lithiumeisenphosphat-Batterien. Ihr Hauptnachteil: Deutlich kürzere Lebensdauer als Lithiumeisenphosphat-Batterien. Für stationäre Speicher sind Natriumionenbatterien wegen der kurzen Lebenszeit daher nur bedingt geeignet. Ideal sind sie als Billigbatterien für Autos. Wegen der geringen Energiedichte werden solche Autos aber ein noch grösseres Gewicht haben als die heute typischen E-Autos. Dafür werden solche Autos unschlagbar billig sein (10‘000 Euros bei einer Reichweite von 300 Kilometern).

      Für stationäre Batterien kommen Eisenluftbatterien (Iron-Air Batteries) in Frage wie von FormEnergy geplant oder aber Flowbatterien. Flowbatterien benutzen zwei spezielle Flüssigkeiten (ein Anolyt und ein Katholyt), die beim Durchfliessen der Batterie Strom abgeben es braucht also nur eine Batterie fester Grösse und zwei beliebig grosse Flüssigtanks. Je nach gewählter Chemie kann ein Flowbatterie billig der auch teuer sein. Die Lebensdauer von Flowbaterien ist sehr gross.

  6. Billige, stationäre Batterien dürfen ein hohes Gewicht und
    ein hohes Volumen pro gespeicherter Energiemenge haben.
    Solche billigen, stationären Batterien sollte man routinemäßig
    in die Sockel von allen Windkraftwerken einbauen.
    —-
    Ein nahezu universell verwendbarer FDM-3D-Drucker benötigt
    eine Reihe von Düsen für eine Reihe von Substanzen:
    Isolierende Substanz (irgend ein thermoplastischer Kunststoff),
    leitfähige Substanz (Kunststoff mit Graphit- oder Silberpartikeln,
    oder ein selbst-leitfähiger Kunststoff),
    magnetisierbare Substanz (Kunststoff mit Eisen- oder Eisenoxidpartikeln),
    halbleitende Substanz (da wird es etwas komplizierter),
    stützende Substanz (hält Hohlräume frei, wird später aufgelöst,
    zum Beispiel Polyvinylalkohol mit Wasser),
    eventuell auch noch eine schmierende Substanz als Trenn- und Gleitmittel.
    Natürlich dürfen auch die Schmelzpunkte aller dieser Substanzen
    nicht zu weit auseinander liegen.

    • @Karl Bednarik (Zitat): „ Solche billigen, stationären Batterien sollte man routinemäßig in die Sockel von allen Windkraftwerken einbauen.„
      Wieder ein guter Vorschlag von ihnen, denn damit könnte man erreichen, dass eine Windurbine nie zu viel Strom abgibt, also nie so viel, dass das dahinterliegende Stromnetz von der Stromschwemme überfordert ist.

      Jetzt kommt aber das grosse aber: Der Sockel einer Windturbine bietet zu wenig Platz für die nötigen Batterien. Womöglich ist es besser, das Batteriefeld unmittelbar hinter einem Windpark zu installieren. Dutzende Windturbinen würden den Strom dann in das Batteriefeld zur Pufferung einspeisen.

  7. Diese hier genannten Energie-Joker klingen wirklich gut, denn mit Wind- und Sonnenergie ganz allein geht’s eben nicht. Das haben die beiden fehlgeschlagenen Versuche der beiden kleinen und vom Energieverbrauch eigentlich überschaubaren Inseln Pellworm und El Hierro gezeigt. Dort wurden regenerative Energien mit für den worst-case gut geplanten -so dachte man- Speichertechniken kombiniert. Doch der worst-case-Fall der regenerativen Energien erwies sich als so dramatisch, dass man statt einer Erweiterung der Speicherlösungen (Pellworm: Batterien, El Hierro: Pumpspeicherkraftwerk) die Versuche einfach ganz abbrach – es lief wirtschaftlich aus dem Ruder.
    Ja, es sollten mal richtig fest F&E-Gelder in die Forschung zu CO2-freier Energieerzeugung gesteckt werden, das sollte mittel- und langfristig zu Erfolgen führen. Kurzfristig tragfähige Lösungen scheint es keine zu geben.
    Den ersten Satz sollte ich etwas ergänzen: mit Speicherlösungen für “Erneuerbare” ist wohl nicht viel zu gewinnen, da Wind und Sonne einfach zu unberechenbar bzgl. Energieerzeugung mit PV und WKA sind, so dass hier Innovationen höchstens sehr sehr langfristig mal was bringen könnten.

  8. Frage 1:
    Gibt es denn überschlägige Berechnungen, wie viele WKA und PVA wir in Deutschland brauchten, um in “guten” und in “schlechten” Jahren ( Daten aus den Klimadaten der letzten 20 Jahre ) genügend Strom für den direkten Verbrauch zu erzeugen und dabei so viel Überschuss ( lassen wir für diesen Gedanken die Speicherungsfrage offen ) zu erzeugen, dass wir die “mageren” Zeiten überbrücken könnten?
    Frage 2:
    Wie viele Dächer, wie viele Parkplätze und Straßen und wie viel Freifläche müssten wir mit PVA überdecken, wie viele WKA müssten wir aufstellen und was wäre dann der mittlere Abstand zu Wohngebieten?
    Frage 3:
    Gibt es denn überschlägige Berechnungen, wie viele WKA und PVA wir in Deutschland brauchten, um … s.o. … so viel Überschuss zu erzeugen, dass wir damit H₂ aus H₂O zum direkten Verbrauch anstelle von fossilen Brennstoffen und zur Konversion in CH₄ und C₁₆H₃₄ ( Syn-Diesel ) erzeugen könnten?
    Frage 4 = Frage 2.

    Und eine Zusatzfrage, weil es mich interessiert:
    Was “kostet” es, um aus fossilem CH₄ ( Erdgas ) das 2*H₂ abzuspalten und das C wieder in der Erde einzulagern? Wäre das im Moment teurer oder billiger als die Erzeugung von H₂ aus H₂O?

    • Zur Zusatzfrage: daran wird tatsächlich geforscht. Energetisch sieht das gar nicht so schlecht aus, die Standardbildungsenthalpie von Methan beträgt -75kJ/mol, die von Wasser -286kJ/mol, in Summe könnte man also aus dem Prozess theoretisch jede Menge Energie herausholen. Dazu kommt, dass man damit sogar CO2 aus der Atmosphäre herausholen könnte, wenn man Biomasse als Methanquelle nutzt.
      Jetzt die schlechte Nachricht: technologisch steckt das ganze offenbar noch in den Kinderschuhen. Ich habe auf die schnelle mal diese Info gefunden.

  9. @Richter 17.03. 15:21

    „mit Speicherlösungen für “Erneuerbare” ist wohl nicht viel zu gewinnen, da Wind und Sonne einfach zu unberechenbar bzgl. Energieerzeugung mit PV und WKA sind, so dass hier Innovationen höchstens sehr sehr langfristig mal was bringen könnten.“

    Kommt drauf an, welche Speicher man hier meint. Kurzfristige Überschüsse im Stromnetz kann man sehr gut mit flexibel ladbaren Fahrzeugakkus nutzen. Kurzfristige Mangelsituationen kann man noch viele Jahre mit den Altanlagen auffangen, solange man sowieso noch fossile Anteile im Netz hat.

    Das selbe gilt für saisonale Mangelsituationen: solange Altkraftwerke sowieso einen Anteil haben, laufen die dann einfach bevorzugt im Winter, wenn auch noch wenig Wind weht.

    Erst wenn der Ausbau von PV und WKA soweit fortgeschritten ist, dass wir viele Phasen haben, wo wir über Wochen große Überschüsse haben, und im Sommer einen generellen Überschuss durch die PV-Anlagen, erst dann brauchen wir Elektrolyseanlagen oder eben neue Speichertechnologien. Bzw. beides. Also Batterien, die auch noch wirtschaftlich sind, wenn sie nur 5 bis 10 Ladezyklen im Jahr haben und eben ein Wasserstoffnetz mitsamt saisonalem Speicher für den Winter.

    Wir brauchen allein schon in der Industrie sowieso jede Menge Wasserstoff, und können diesen nebenbei auch für Fahrzeuge, Schiffe und Flugzeuge nutzen, sowie für ein Strombackup per Gaskraftwerk. Das Heizen von Wohnungen, die noch keine Wärmepumpe haben, kann man auch entweder direkt per elektrischem Heizstab oder per Verbrennung von Wasserstoff realisieren, je nach der aktuellen Situation im Stromnetz.

    Derweil wird mit doch recht viel Wasserstoff umgegangen, der dann eben auch saisonal gespeichert wie auch per Pipeline über weite Strecken transportiert werden kann.

    Möglich wäre auch, den Wasserstoff per Brennstoffzelle zu nutzen, das käme für Fahrzeuge und auch für Heizungen in Betracht. Die freiwerdende Abwärme einer Brennstoffzelle im Keller kann direkt genutzt werden, und der produzierte Strom dann das Netz unterstützen wie auch direkt wieder für die Heizung mittels Wärmepumpe genutzt werden. Das wäre deutlich effizienter, als den Wasserstoff einfach zu verbrennen.

    Mit AKWs und Kernfusion geht die Energiewende sicher schneller, aber das eine ist aufgrund der zu beherrschenden Gefährlichkeit eventuell eher teuer, und das andere müsste erstmal überhaupt funktionieren. Zumal solche Anlagen weniger zum saisonalen Backup-Kraftwerk taugen, und dann selber wieder zu Überschusssituationen beitragen.

    Unterm Strich würde ich sagen: Wir können hier frei nach Kräften soviel WKA und PV installieren, wir es schaffen diese herzustellen und zu installieren. Und auch neue Stromtrassen kann man aktuell so viele bauen, wie es eben geht.

    • @Tobias Jeckenburger (Zitat): „ Wir können hier frei nach Kräften soviel WKA und PV installieren, wir es schaffen diese herzustellen und zu installieren. Und auch neue Stromtrassen kann man aktuell so viele bauen, wie es eben geht.“
      Sehr realistisch ist es von “frei nach Kräften“ zu sprechen, denn das bedeutet nichts anderes als dass ziemlich vieles offen ist. Es fehlt die Angabe wann Deutschland mit Wind, Sonne und Wasserstoffspeicherung CO2 neutral wird. Es fehlt die Angabe wieviel es braucht. Gemäss neuesten Äusserungen von Deutschlands Erneuerbaren Papst Volker Quaschning sollte man bei abgeschlossener Elektrifizierung Deutschlands damit rechnen, dass 4 Mal soviel Strom erzeugt werden muss wie heute. Da heute etwa 50% des deutschen Stroms erneuerbar erzeugt wird, bedeutet das, dass 8 Mal so viel Windenergieanlagen/Photovoltaikanlagen aufgebaut werden müssen wie es schon gibt. Dazu kommen Batterie- und Wasserstoffspeicher und ein hochkomplexes Stromnetz.

      Beurteilung: Wind- und Sonnenergie werden seit 30 Jahren propagiert und gebaut und trotzdem gibt es noch kein Land, das mehr als 50% des Stroms rein erneuerbar mit Wind- und Sonnenergie erzeugt und überhaupt kein Land, das gleichzeitig die Erneuerbaren ausgebaut hat und gleichzeitig weniger Erdgas verbraucht. Es ist geradezu umgekehrt: Mehr Erneuerbare bedeuten heute mehr Erdgas, weil Speicherlösungen heute noch nicht praktikabel sind.

      Fazit: Das Bekenntnis zu Erneuerbaren ist das Bekenntnis zu einer unausgereiften Technologie. Und das bei einer Situation wo man nicht mehr Jahrzehnte zuwarten kann um von den Kohle, Erdöl und Erdgas wegzukommen.

    • Tobias Jeckenburger
      18.03.2022, 13:34 Uhr

      Kurzfristige Überschüsse im Stromnetz kann man sehr gut mit flexibel ladbaren Fahrzeugakkus nutzen.

      Dieses Argument hört man oft.
      Zufällig habe ich vorgestern(?) einen Kurzvortrag in einem 3. Programm gesehen, wo ein Fachmann für Energiespeicherung darauf hinwies, dass die Akkus sämtlicher ( Annahme, alle in D zugelassenen Pkw seien mit elektrisch betrieben und mit mittelgroßen Akkus ausgerüstet und gerade voll geladen ) bei einem Totalausfall von Sonne ( = Nacht ) und Windstille ohne “konventionelle” Kraftwerke D für gerade mal 1 ( vielleicht hat er auch 3 gesagt ) STUNDE(N) mit Strom versorgen könnten.
      Für mich lustigerweise brachte er ein Argument, was ich auch schon seit Jahren gebrauche:
      Die Natur speichert Energie langfristig ( mein Beispiel: die humane Wampe, sie reicht im Durchschnitt für 3 Wochen Betrieb der Person ) in Kohlenwasserstoffen/Kohlenhydraten, mit einem eta von gerade mal 0,5% – und das funktioniert seit Erfindung der Photosynthese. Methan und Diesel könnten wir in riesigen Mengen speichern und bei Bedarf über “Notstromaggregate” rückverstromen. Natürlich hätten wir bei einer Synthese von H2, Methan und Syn-Diesel aus Licht und Wind über Elektrolyse aus H2O und CO2 ein mieses eta, aber doch schon deutlich ( 10x oder 2-3x10x mehr als die Natur und alle Einzelprozessschritte sind bereits vorhanden, es fehlt nur der politische Anschub ( keine Subvention! ), das in größerem Maßstab zu beginnen.
      Im Moment scheint mir die Diskussion eher gemäß dem Werbespruch zu verlaufen:
      “Das Beste oder nichts … also nichts.”

  10. @Maier 17.03. 19:44

    „Wie viele Dächer, wie viele Parkplätze und Straßen und wie viel Freifläche müssten wir mit PVA überdecken, wie viele WKA müssten wir aufstellen und was wäre dann der mittlere Abstand zu Wohngebieten?“

    Wikipedia Stichwort Energieverbrauch: In Deutschland lag der Primärenergieverbrauch im Jahr 2018 bei rd. 13.106 Petajoule (PJ) (entsprechend 3.640 Twh).

    Das entspricht 3640 Twh. Wenn wir eine vollständige Energiewende haben, wird das meiste direkt an Strom anfallen. Da hier die Energie gleich konzentrierter ist, können wir in etwa halb so viel veranschlagen wie den derzeitigen Primärenergieverbrauch. Das verteilt sich dann nochmal z.B. zu je 50 % auf PV und WKA.

    Entsprechend brauchen wir dann 910 Twh PV und 910 Twh WKA.

    Wir haben bei 1 KWp im Jahr einen Ertrag von bis ca. 1100 Kwh im Jahr und bei einem Modulwirkungsgrad von 15 % brauchen wir dafür 6,7 m² Kollektorfläche.

    Für einen Jahresertrag von 910 Twh brauchen wir also mindestens 827 GWp, und damit eine Fläche von 827.000.000 x 6,7 m² = 5.541 km², je nach Ausrichtung auch etwas mehr.

    Auf ganz Deutschland mit 358.000 km² brauchen wir also etwas mehr als 1,55 % der Landesfläche, oder umgerechnet pro Einwohner 67,6 m² Kollektorfläche.

    Wenn sich der Wirkungsgrad von hier 15 % angenommen noch verbessern lässt, dann reduzieren sich die benötigten Flächen entsprechend nochmal. In Südeuropa sind die Erträge bis zu doppelt so hoch, wenn wir von dort importieren, so weit wir die Energie transportieren können, dann verbrauchen wir nochmal deutlich weniger Flächen.

    Wikipedia Stichwort Photovoltaik: in Deutschland für 2019 haben wir 49.016 MWp, das entspricht ca 49 GWp. Von den 827 GWp, die wir brauchen, haben wir also inzwischen schon 5,9 % installiert.

    Wikipedia Stichwort Windenergie: Die im Jahr 2017 in Deutschland auf Land installierten rund 29.000 Windkraftanlagen benötigten eine Fläche von etwa 1800 km², das entspricht 0,5 % der Landesfläche. Die Anlagen erzeugten im Jahr 2020 mit 104 Twh.

    Dies sind nur die WKAs an Land.

    Von den benötigten 910 Twh WKA-Ertrag haben wir also 2020 an Land bereits 11,4 % installiert. Dazu kommen noch Offshoreanlagen. Wie man hier die benötigten Flächen berechnet, ist natürlich nicht so einfach anzugeben. Der reine Platz für die Fundamente ist sicherlich minimal, die Sichtbarkeit dagegen groß. Knapp 9 mal mehr als heute wäre entsprechend einiges, wobei immer größere Anlagen weniger Einzelanlagen erfordern, die sich immer langsamer drehen, dafür aber immer weiter sichtbar sind. Offshoreanlagen haben ein besseres Leistungsspektrum und sind gar nicht sichtbar.

    Eventuell wird PV auch mehr werden als WKA, einmal weil die Preise für PV noch weiter sinken können, und weil auch rund ums Mittelmeer die Erträge bei gleichen Investitionen bis das doppelte an Ertrag bringen. Wenn es gelingt mehr europäische Stromleitungen in Nord-Südrichtung zu bauen, können deutlich mehr Offshore-WKAs im Norden und auch ein Schwerpunkt von mehr PV rund ums Mittelmeer gebaut werden. Da auch viele Überschüsse zunächst in Wasserstoff anfallen, kann man auch diesen Wasserstoff per Pipeline transportieren, und so noch mehr Energie weiträumig verteilen. Das verringert beides den Flächenbedarf in Deutschland.

  11. Elektrifizierung und die Rolle von Batterien
    Ich empfehle zum Thema Batterien als Stromspeicher für das Netz das Video
    Prof. Quaschning & Prof. Fichtner: Batteriekraftwerke in der Energiewende POLiS – Cluster of Excellence

    Wichtige Aussagen in diesem Video:
    – Vervierfachung des Strombedarfs bis 2050 infolge nötiger Elektrifizierung aller Bereiche, also E-Autos, E-Lastwagen, Wärmepumpen, etc
    – in Deutschland gibt es zunächst nur gerade insgesamt 250 MWH an Batteriespeichern: massiver Ausbau nötig.
    – Deutschland wegen hohen Strompreisen gut geeignet für Batterie“kraftwerke“, weil Überschussstrom gratis gespeichert werden kann und später teuer verkauft werden kann
    – Saisonale Langzeitspeicherung mit Batterien eher nicht möglich. Dafür aber Speicherung über mehrere Tage womit Dunkelflauten und Schwachwindphasen überbrückt werden können.
    – Wasserstoff als Speicher nötig um ganze Wochen niedriger Stromproduktion zu überbrücken und eventuell auch als saisonaler Speicher
    – Natriumionenbatterien werden sehr billig sein und sowohl im Fahrzeugbereich als auch als stationäre Speicher eingesetzt werden. Natriumionenbatterien sind eventuell nur halb so teuer wie Lithiumionenbatterien
    – Batterien haben einen sehr guten Wirkungsgrad, besser sogar als Pumpspeicher.

  12. Wie könnte aus heutiger Sicht und auch bedingt durch den Ukraine-Krieg die Zukunft der fossilen Energieträger aussehen?
    MPI-Direktor Prof. Kai A. Konrad hat sich dazu Gedanken gemacht und kommt dabei auch zum interessanten “türkisen” Wasserstoff, nachzulesen hier beim MPI.

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