Prosopagnosie von innen

In den letzten Monaten habe ich schon einige Beiträge über mein Forschungsthema geschrieben: die Prosopagnosie. Mit diesem Zungenbrecher bezeichnen Mediziner und Psychologen die relative Unfähigkeit, andere Menschen spontan an ihren Gesichtern zu erkennen. Dieses Problem ist relativ häufig, allein in Deutschland dürften etwa eine Million Menschen darunter leiden. Bei den meisten ist diese Wahrnehmungsschwäche angeboren, sie kennen es also nicht anders. Und sie bemühen sich fast immer, andere nichts davon merken zu lassen.

Wenn ich von meiner Forschung erzähle, kommen oft Äußerungen wie: „Uh, das stelle ich mir aber unheimlich vor. Du gehst durch die Straßen und weißt nicht, wem du begegnest?”

Wie fühlt es sich aber wirklich an, besonders, wenn man es selbst nicht anders kennt? Ein Betroffener war jetzt so nett, mir eine aus seinem Leben gegriffene Kurzgeschichte dazu zu schicken. Sie schildert, wie ich meine, die Auswirkungen der Wahrnehmungsschwäche sehr treffend und verständlich. Damit illustriert sie ganz hervorragend die tägliche Problematik der Betroffenen. Jonathan Lag hat mir erlaubt, seinen Text hier als Gastbeitrag zu veröffentlichen.

Wenn Sie sich in dieser Geschichte wiederfinden, dürfen Sie mir gerne eine E-Mail schicken. Hier die E-Mail-Adresse:

prosopagnosie[at]comfood.com.

Das [at] bitte durch den Klammeraffen @ ersetzen. Jede maschinell abgreifbare E-Mail in einem Blog landet leider sofort in den Fängen der Spamversender. Deutschsprachige Informationen gibt es auch auf unserer Infoseite prosopagnosie.de

Und jetzt die Kurzgeschichte:

Blind

Eine Geschichte von Jonathan Lag 29.05.2022

Am Zebrastreifen werde ich vorgelassen. Mit schlechtem Gewissen rolle ich auf die Straße und ordne mich vor dem haltenden PKW in den zäh fließenden Stadtverkehr ein. Radfahrer haben keinen gesetzlichen Vorrang auf Zebrastreifen, trotzdem werde ich fast immer an dieser Stelle von den Autofahrern vorgelassen. Für mich bedeutet die Abkürzung über den Bürgersteig eine Zeitersparnis von mehreren Minuten und wirklich verboten ist es auch nicht. Dankbar winke ich dem Autofahrer zu und schaue ihm durch die spiegelnde Windschutzscheibe in die Augen. Er schaut mich an, beide Hände am Lenkrad, geduldig. Er hat es gerne gemacht, für ihn störe ich den Verkehr auf diese Weise nicht. Ich fahre in den Kreisverkehr und biege gleich wieder rechts ab. Ohne Eile rollt der Skoda hinter mir her und überholt mich, als ich wieder auf den Radweg fahre.

Doch schon an der nächsten Kreuzung werde ich wieder angehupt. Das nächste Auto war noch über 50 Meter entfernt, als ich den Radweg verlassen habe, um mich in die Linksabbiegerspur einzuordnen. Manche Menschen haben einfach grundsätzlich etwas gegen Fahrräder im Straßenverkehr. Oder sind blind für ihre Mitmenschen. Ich drehe mich um und werfe einen Blick auf den schimpfenden Fahrer im Mercedes, der nicht erkennt, dass ich bloß auf den Parkplatz des Supermarktes abbiegen will und deshalb den Radweg verlassen habe.

Später werde ich von einem wildfremden Mann in der Gemüseabteilung des Supermarktes angesprochen, der sich bei mir höflich entschuldigt. Er hätte nicht gewusst, dass ich zum Einkaufen fahre. Ah, denke ich, der ungeduldige Autofahrer von gerade. Ich laufe ihm nach, um zu sagen, dass die Hupe nicht dafür gedacht ist, Fahrradfahrer zurechtzuweisen, doch als ich in den Hauptgang einbiege, ist er verschwunden. Ein älterer Mann von ähnlicher Statur und ebenso kahler Stirn schaut mich abschätzig an. „Ist das der Autofahrer oder sieht dieser Mann ihm nur sehr ähnlich?”, denke ich und entscheide mich, doch nichts zu sagen. Es ist zwar sehr wahrscheinlich, dass es derselbe Mann ist, aber es wäre zu peinlich, wenn ich mich irrte.

Mit vollem Einkaufskorb gehe ich an die Kasse. Drei Kassen sind geöffnet. Alle drei Kassiererinnen kenne ich und stelle mich bei derjenigen an, die am wenigsten Fehler beim Scannen macht. Hätte ich mehr Zeit, würde ich zu der sympathisch lächelnden Blondine gehen, die mich immer so nett grüßt. Das Pärchen vor mir in der Schlange kommt mir bekannt vor, aber ich kann die Gesichter nirgendwo einordnen. Wahrscheinlich erinnern sie mich an ein anderes Pärchen, dass ich irgendwann mal gesehen habe. Mir fällt auf, wie er den Arm um sie legt, sie derweil aufs Handy schaut und den aufdringlichen Klaps auf den Po ignoriert.

Noch in Gedanken bei den freundlichen und unfreundlichen Autofahrern steige ich aufs Rad und fahre über den Radweg zurück zum Wohnheim. Eine hübsche Studentin mit dunklen Haaren und roter Handtasche steigt mit mir in den Aufzug und lächelt mich an. Ich grüße höflich. Nach einigen Sekunden schweift mein Blick über das Tattoo an ihrem Hals und mir fällt wieder ein, dass wir uns von einer Party kennen, doch da trug sie eine andere Jacke und eine längere Hose. Tamara studiert BWL und hat noch nicht so viele Freunde an der Uni. Mit Mathematik hat sie keine Probleme, trotzdem mag sie keine Finanzen. Jetzt noch etwas zu sagen wäre seltsam, denke ich mir. Ich hätte sofort etwas sagen müssen, immerhin haben wir uns lange unterhalten. Im neunten Stock steigen wir beide aus und holen unsere Wohnungsschlüssel hervor. Wir sind Nachbarn.

In dieser Nacht schlafe ich sehr unruhig. Gesichtslose Schatten jagen mich in meinen Träumen. Ab und zu treffe ich auf eine Person, die mir freundlich gesinnt ist. Ich denke Freund und Feind und fühle mich dabei entspannt und dann wieder panisch. Alle Personen haben gemein, dass ich ihnen die Rollen in meinem Traum unterbewusst zuweise, ihr Aussehen ist dabei willkürlich. Ich gebe ihnen die Namen von Menschen aus meinem echten Leben und tue so, als würde ich sie kennen. Ihre Gesichter strahlen Emotionen aus, manche freundlich, manche teilnahmslos, manche ungeduldig. Aber so sehr ich mich auch anstrenge, mehr als Augen und Mund kann ich nicht erkennen.

Als ich mitten in der Nacht aufwache, ist mein erster Gedanke, dass ich mich daran erinnern muss, wie die Menschen aus meinem Traum in Wirklichkeit aussehen. Person für Person gehe ich sie alle durch und stelle erleichtert fest, dass ich noch von jedem ein Bild im Kopf habe. Ein trügerisches Gefühl. Sobald eine Kleinigkeit anders ist als in meiner Erinnerung, bin ich blind. Das bringt meine Gedanken auf Tamara. Hoffentlich hat sie Verständnis dafür, dass ich sie nicht erkannt habe. Im besten Fall kann sie mich nicht leiden und es ist ihr egal. Gleichzeitig wünsche ich mir, dass ich ihr sympathisch bin. Aber würde ich ihr gegenüber zugeben, dass ich mir beim besten Willen ihr Gesicht nicht merken kann, hielte sie mich sicher für vollkommen verrückt.

So grüble ich noch über eine Stunde, bis ich schließlich wieder einschlafe und erst von meinem Wecker geweckt werde. Mit leichten Kopfschmerzen schlurfe ich ins Bad und spritze mein Gesicht mit kaltem Wasser ab. Aus dem Spiegel schaut mich ein bärtiger Mann an. „Morgen“, brummle ich und schneide Grimassen. Der Mann im Spiegel hat meine Stimme, aber mit dem Gesicht kann ich mich einfach nicht identifizieren. Mit der Zeit habe ich mich daran gewöhnt, es mehrmals täglich zu sehen, wie man sich daran gewöhnt, die eigenen Hände dauernd zu sehen. Trotzdem fühle ich mich nicht wohl bei dem Gedanken, dass andere Menschen mich ausschließlich so wahrnehmen.

Als Kind hatte ich immer Probleme, die Handlung von Filmen mitzuverfolgen, wenn sich die Hauptdarsteller ähnlich sahen. Später habe ich Robert De Niro und Matt Damon an der Stimme erkannt, eine Ironie für sich, weil es natürlich die deutschen Synchronstimmen waren. Meinen Eltern ist nie aufgefallen, dass ich keine Gesichter erkennen kann. Ich war halt ein schüchternes Kind, das ungern mit Fremden redet. Die Menschen in meinem unmittelbaren Umfeld habe ich an den unterschiedlichsten Merkmalen erkennen gelernt. Das klappte meistens ganz gut. Meistens.

Leider geht das manchmal auch nach hinten los. Dann denke ich, jemanden wiederzuerkennen, dabei steht vor mir ein völlig Fremder. Deshalb der Trick mit dem Augenkontakt. In dem Bruchteil einer Sekunde, für den sich zwei Blicke treffen, können unglaublich viele Informationen übertragen werden. Am wichtigsten ist, ob die andere Person mich erkennt. Wenn ich sehe, dass mich mein Gegenüber kennt, kann ich gleich lockerer reagieren.

Apropos locker – ich schaue auf die Uhr. Mist, das Frühstück muss ausfallen. Wenigstens kann ich keinen Bus verpassen. Wenn ich eine Minute zu spät losfahre, bedeutet das, dass ich eine Minute zu spät ankomme. Das ist noch in Ordnung. Wenn dann nur noch ein Platz im Tutorium frei ist, habe ich auch keinen Stress damit, neben wen ich mich setzen muss.

Viel zu rasant für einen Radfahrer auf der Hauptstraße fahre ich zur Uni und übersehe dabei auch gerne eine rote Ampel. Ich konzentriere mich auf den Verkehr, auf den anstrengenden Anstieg am Ende der Straße, auf den kühlenden Wind. Die Sonne knallt fast senkrecht von oben auf die Erde und merzt jeden Schatten aus. Verschwitzt komme ich im Seminarraum an und lasse mich auf den ersten freien Stuhl fallen. In diesem Kurs kenne ich niemanden, ich kann mich entspannen. Mein Tutor hat bereits mit dem Tafelaufschrieb begonnen und ich gönne mir noch eine zweiminütige Verschnaufpause, bevor ich Block und Stift heraushole und anfange mitzuschreiben.

„Hey“, stupst mich mein Sitznachbar an. „Wie heißt das Wort im ersten Absatz hinter dem Fragezeichen?“

Ich beuge mich über den Tisch und kneife die Augen zusammen: „Ich glaube, das soll ‚Optimierung‛ bedeuten.“

„Danke“, antwortet mein Sitznachbar lachend. „Ich habe meine Brille zuhause vergessen und ohne Kontaktlinsen bin ich absolut blind.“

Ich nicke verständnisvoll und schreibe weiter ab. Die Fahrt hat mich wach gemacht, doch in der schwülen Hitze des Seminarraums schwindet mein Konzentrationsvermögen bereits wieder. Fünf Minuten vor Ende gebe ich auf und lasse den Stift aus der Hand fallen. Vor dem Fenster ist es in der letzten halben Stunde immer lauter geworden. Die Leute strömen in die Mensa, wo das Essen kühler ist als die Stühle, auf die man sich setzt. „In einer Viertelstunde wird mir dieses Schicksal auch zuteil”, denke ich. Ich gehe fast jeden Tag in die Mensa, meistens mit Freunden, die auch gerade an der Uni sind. Treffpunkt ist immer um 13 Uhr an den Fahrradständern, dem einzigen Ort mit etwas Schatten weit und breit. Als ich das Mathematik-Gebäude verlasse, erkenne ich Philipp und Daniel schon von Weitem. Der Größenunterschied zwischen ihnen ist auch zu lustig. Grüßend hebe ich die Hand und lasse meinen Blick aufmerksam über den Campus schweifen. Sicher sind noch mehr Menschen unterwegs, die ich kenne. Leider haben nicht alle Studenten einen festen Treffpunkt, in dem Fall wäre das Spiel sehr viel leichter.

Da – die rote Handtasche kenne ich! Eine Studentin kommt aus der Mensa gelaufen. Kurze Hose, dunkle Haare. Nicht besonders groß, aber sportlich. Sonnenbrille im Haar. Das könnte sie sein.

Abrupt verlangsame ich meine Schritte, während die junge Frau mir entgegenkommt und ich panisch überlege, ob es Tamara ist. Helle Haut, enges T-Shirt, kleine Brüste, spitze Nase – das passt alles! Im Sekundentakt wechseln meine Augen von ihr auf die Straße und zurück. Nur nicht anstarren, denke ich. Mittlerweile ist sie so nah, dass ich ihre Sommersprossen sehen kann.

Freundlich lächle ich sie an und deute ein Kopfnicken an. Ihre Augen erfassen mich, fokussieren für eine Sekunde mein Gesicht und blitzen dann überrascht auf. Positiv überrascht. Ich grinse fröhlich.

Sie ist es!

„Hiiii!“, sagt Tamara und lacht dabei. Ich sage „Hi, wie geht‘s“ und bin im nächsten Moment an ihr vorbei. Das lief doch gar nicht so schlecht, denke ich und bin sehr zufrieden mit mir.



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Martina Grüter ist Medizinerin und befasst sich seit 2001 der angeborenen Prosopagnosie, einem erblichen Defizit in der Gesichtserkennung und Verarbeitung. Das Thema hat ihr gezeigt, wie vielschichtig die Verarbeitung von Informationen im Gehirn sind und wie wenige Erkenntnisse wirklich gesichert sind. Sie ist affiliert am Lehrstuhl für allgemeine Psychologie und Methodenlehre der Universität Bamberg und arbeitet mit Wissenschaftlern an mehreren deutschen Universitäten an verschiedenen Forschungsprojekten.

6 Kommentare

  1. Jeder Tag im Leben einer Person mit Gesichtserkennungsschwäche ist also ein Problem. Allerdings haben/hatten dieses Problem auch Leute mit normaler Gesichtserkennung. Dann nämlich, wenn sie hunderten von Leuten begegnen und wenn jeder aus dieser grossen Schar von Leuten erwartet, dass man ihn kennt/wiedererkennt. Das Problem dabei: der durchschnittliche Mensch kann sich nur gerade 100 bis 200 Gesichter merken. Aber schon im alten Rom begegneten römische Politiker hunderten von römischen Bürgern, die irgend ein Anliegen beim Politiker vorbrachten und die später erwarteten, wiedererkannt zu werden. Die römischen Politiker lösten dieses Problem mit einem Sklaven, der ihnen zu Seite stand und dessen Hauptaufgabe es war, sich die Leute, denen der Politiker begegnete, zu merken. Wenn der Politiker später auf einen dieser Leute, denen er früher begegnet war, traf, dann flüsterte der Personenmerk-Sklave dem Politiker den Namen des Betreffenden zu und der Politiker konnte dann durch die richtige Anrede punkten und damit populärer werden.

    Prognose: Irgendwann wird es in Brillen eingebaute Kameras und eine dahinter aktive KI geben und diese wird genau wie früher der Personenmerk-Sklave dem Träger der Brille den Namen der gerade herannahenden Person zuflüstern. Davon werden sowohl Prosopagnosie-Betroffene als auch Leute mit beginnendem Alzheimer profitieren.

    • Interessanter Punkt, Dr. Webbaer ist auch ein wenig von dieser Störung mit dem Namen Prosopagnosie betroffen, hat Probleme Leute wieder zu erkennen, wenn er sie nur einige Male oder einmal getroffen hat, hoffentlich liegt kein Nihilismus vor, jedenfalls ist er nicht stark betroffen. Nicht so, wie im dankenswerterweise wiedergegebenen Text geschildert, könnte abär auch ein paar Dönekes erzählen.

      Das Problem dabei: der durchschnittliche Mensch kann sich nur gerade 100 bis 200 Gesichter merken.

      Dr. W hat sich 10.000+ Gesichter gemerkt und könnte so wieder erkennen, OK, vielleicht sind’s auch nur 5.000 Gesichter.
      Allerdings muss er dafür trainiert werden, am besten durch mehrfaches Zeigen über einen längeren Zeitraum, am besten verbindet er etwas mit den gemeinten Personen.

      Eine Frage hier :

      Kann so trainiert werden? Mit Hilfe von Computerprogrammen? Was geschah als man schwere Fälle der Prosopagnosie so versucht hat zu trainieren?

      Mit freundlichen Grüßen und weiterhin viel Erfolg
      Dr. Webbaer

  2. Diese Art Brille gibt es bereits, meine blinde Oma hat gerade eine bekommen. Jedoch müssen die Gesichter zunächst eingespeichert werden, und werden mit Maske nicht erkannt, da nur die Merkmale um die Mund-/Wangenpartie genutzt werden zur Erkennung. Für meine Oma jedenfalls eine sehr praktische Sache.

  3. Sind die “Super-Recognizer” von denen die Polizei zur Zeit stolz berichtet, die andere Seite des Spektrums von durch die selben Gene vermittelte Eigenschaften?

    • @Omnivor: Ja, so, als Spektrum zwischen Prosopagnasie und Super-Recognizer wird das Gesichtserkennen von vielen, die sich damit beschäftigen gesehen. So liest man etwa im Spektrum.de – Artikel Die Gesichterprofis dazu (Zitat):

      Diese Individuen [angeborene „Gesichtsblindheit“] befinden sich, was die Fähigkeit zur Gesichtserkennung betrifft, an einem Ende des Spektrums. Am anderen Ende steht die eingangs erwähnte Schwimmlehrerin [Super-Recognizer]; sie stellt offensichtlich das Gegenteil zum Prosopagnostiker dar. Sie erkennt ihren ehemaligen Schüler wieder, obwohl er inzwischen erwachsen geworden ist.

      Zu dieser Einschätzung, dass es sich beim Gesichtserkennen um eine eigenständige Fähigkeit mit einem ganzen Spektrum von Leistungen handelt und dass Gesichtserkennen wenig mit anderen Fähigkeiten zu tun hat passt etwa folgendes (Zitat aus gleichem Artikel):

      Nach den bisherigen Ergebnissen zeigen Super-Recognizer eher durchschnittliche Leistungen in den Bereichen Empathie, Intelligenz, Gedächtnis und allgemeiner Wahrnehmung. Sie sind demnach nicht etwa mit Gedächtnissportlern zu vergleichen und besitzen wohl weder herausragende intellektuelle Gaben noch besondere visuelle Fähigkeiten. Lediglich was die Gesichtserkennung angeht, fallen sie zuverlässig aus dem Raster.

      Folgende Sätze aus dem Artikel zeigen, dass Gesichtserkennen nur begrenzt gelernt werden kann:

      Doch Trainings, die darauf abzielen, die Fähigkeit zur Gesichtserkennung zu optimieren, führten bislang nicht zu außergewöhnlichen Leistungen. Ein Lerneffekt bei der Gesichtserkennung existiert zwar. Er wird erkennbar, wenn wir in ferne Länder reisen, in denen die Gesichter der Menschen physiognomisch stärker von denen unseres eigenen Kulturkreises abweichen. So fällt es uns zu Beginn schwer, einzelne Personen zu unterscheiden und wiederzuerkennen – man spricht vom Other-Race-Effekt. Je mehr Menschen mit den uns zunächst fremden Gesichtszügen wir dann begegnen, desto eher gelingt es uns, sie auseinanderzuhalten und schließlich ebenso sicher zuzuordnen wie Gesichter aus unserem gewohnten Kulturkreis. Dies unterstreicht, dass sich die Fähigkeit, Gesichter effizient zu verarbeiten, durch soziale Interaktionen verbessert.
      Offenbar sind dieser erfahrungsbedingten Leistungssteigerung jedoch Grenzen gesetzt. Laut einer 2014 veröffentlichten Studie eines Teams um David White von der University of New South Wales in Sydney beispielsweise sind ausgebildete Grenzschützer nicht erfolgreicher als ungeschulte Probanden darin, die Identität einer Person, die vor ihnen steht, mit einem Passbild abzugleichen.

      Fazit:Gesichtserkennen ist eine spezielle Fähigkeit von Menschen und einigen anderen Tieren, die praktisch nicht erlernt werden kann und die Super-Recognizern ermöglicht, Gesichter selbst dann wiederzuerkennen, wenn sie sich durch Alterung und Accessoires (wie Brille) geändert haben. Es scheinen viele Gene und Hirnregionen am Gesichtserkennen beteiligt zu sein.

      • Nur ergänzend hierzu :

        Gesichtserkennen ist eine spezielle Fähigkeit von Menschen und einigen anderen Tieren, die praktisch nicht erlernt werden kann und die Super-Recognizern ermöglicht, Gesichter selbst dann wiederzuerkennen, wenn sie sich durch Alterung und Accessoires (wie Brille) geändert haben. [Kommentatorenfreund “Martin Holzherr” (die doppelten Anführungszeichen nur deswegen, weil ein als solches unerkennbares Pseudonym genutzt wird)]

        -> https://en.wikipedia.org/wiki/Facial_recognition_system
        -> https://lfd.niedersachsen.de/startseite/themen/technik_und_organisation/orientierungshilfen_und_handlungsempfehlungen/biometrie/biometrische_merkmale/biometrische-merkmale-55985.html

        Ja, da wollen einige privat und staatlich sog. Gesichtserkennung betreiben.

        Mit freundlichen Grüßen
        Dr. Webbaer

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