Eine leichte Form von Prosopagnosie
BLOG: Babylonische Türme
„Ich glaube, ich habe eine leichte Form von Prosopagnosie …“. So oder so ähnlich fangen Dutzende von E-Mails an, die ich in den letzten Jahren bekommen habe oder die immer noch reinkommen.
Prosopagnosie (gesprochen Prosop-Agnosie) ist die sperrige Fachbezeichnung für eine Wahrnehmungsschwäche, die auf Deutsch etwas übertrieben Gesichtsblindheit heißt. Sie bezeichnet deutlich verringerte Fähigkeit, Gesichter wiederzuerkennen oder sich neue Gesichter zu merken.
Als ich meine Dissertation schrieb, war diese Störung fast nur als Folge eines Hirnschadens bekannt. Die angeborene Form ohne sichtbaren Hirnschaden wurde als so selten betrachtet, dass jeder Einzelfall veröffentlicht werden konnte. Sogar das Wort selbst war nur den Spezialisten bekannt. Bei der feierlichen Verleihung der Dissertationsurkunden musste der Dekan beim Titel meiner Arbeit zweimal ansetzen (Proso äh…). Vorher hatte er ungerührt und ohne zu stottern die kompliziertesten Enzymnamen vorgelesen. Das war 2004, also vor acht Jahren. Seitdem hat sich herumgesprochen, dass die angeborene Form der Prosopagnosie fast so häufig ist wie eine Legasthenie (Schreib/Lese-Schwäche). Etwa 2,5% der Bevölkerung leiden darunter, das sind in Deutschland fast 2 Millionen Menschen.
Für meine Dissertation habe ich 31 Fälle gefunden, mehr als damals in der Weltliteratur bekannt waren. Warum aber wusste niemand davon? Eine Legasthenie fällt in der Schule auf, eine Gesichtserkennungsschwäche nicht unbedingt. Die deutsche Bezeichnung Gesichtsblindheit suggeriert eine übermäßige Dramatik, denn in Wirklichkeit sehen die Betroffenen alle Gesichter ganz normal, sie können sie sich nur nicht gut merken. Fast alle haben gelernt, diese Schwäche exzellent zu kompensieren. Sie haben für die meisten Situationen eine Liste von Menschen im Kopf, die sie an bestimmten Stellen erwarten. Dieses System versagt immer dann, wenn sie einen Bekannten an unerwarteter Stelle treffen. Seit einigen Jahren wird über das Thema immer wieder berichtet, aber früher konnte sich keiner damit entschuldigen, er habe das Gesicht seines Gegenübers nicht erkannt. Das erschien einfach vorher zu unglaubwürdig.
Außerdem kommen solche peinlichen Situationen normalerweise nur selten vor. In der Presse wird das Thema manchmal sehr gut, manchmal aber auch übertrieben reißerisch dargestellt. Einige Journalisten haben offenbar die Sorge, dass die relativ unspektakuläre Wahrheit einfach nicht genug hergibt.
So kommt es also, dass die meisten Betroffenen annehmen, sie leiden unter einer leichten Form. In der Mail schildern sie dann aber alle typischen Probleme der angeborenen Prosopagnosie und die Strategien, mit denen sie Peinlichkeiten zu vermeiden suchen. Aus der Erfahrung mit über zweihundert Fällen kann ich inzwischen sicher sagen: Die leichte Form ist die typische Form.
Sie ist im Alltag lästig und manchmal ärgerlich, aber so unauffällig, dass Psychologen und Mediziner bis 2004 einfach daran vorbeigelaufen sind, ohne sie wahrzunehmen (auch eine Art der Wahrnehmungsschwäche).
Für unsere Forschung suchen wir weiterhin Betroffene. Auch wenn es noch keine Empfehlungen für eine Therapie gibt, so gibt uns eine so umschriebene Wahrnehmungsschwäche doch eine gute Gelegenheit, mehr über die Funktion des Gehirns zu erfahren.
Kontaktadressse für E-Mail-Anfragen:
mgrueter(at)comfood.com
Das (at) bitte durch den Klammeraffen @ ersetzen.
Infoseite zur Prosopagnosie:
Der Affe im Zoo
Bis vor einigen Monaten wußte ich nicht, daß ich es einen Namen für das Problem gibt und daß es sogar eine Krankheit ist. Ich konnte mir noch nie Gesichter merken, und wenn, dann nur an Merkmalen, die mit dem Gesicht nichts zu tun haben. (Hat einen abgebogenen Finger, hinkt, trägt immer dieselben abgelatschten Schuhe usw.) Es ist ausgesprochen peinlich, wenn man zu einem Kunden kommt, den schon mehrfach gesehen hat und den Namen nicht weiß. Der Kunde weiß ja, wer ich bin. Eben das Problem “Der Affe kennt keinen, aber alle kennen den Affen”. Also habe ich mir ganz früh ganz schnell eine Liste gemacht mit Funktion+Namen(+evtl. Eigenschaft) und die brav vor dem Besuch durchgelesen. Nachdem ich jetzt Rentner bin weiß ich also, daß ich eine nicht so seltene Krankheit habe. Interessant.
Ist diese Krankheit eigentlich auch in Frankreich relevant? Dort gilt es nämlich als plump-vertraulich wenn ich z.B. die Verfasserin mit “Madame Grüter” anrede, man sagt als höflicher Mensch nur Madame (resp. Monsieur) ohne Familiennamen. Vielleicht habe ich mich deshalb in Frankreich immer so wohlgefühlt.
Skepsis
Ich habe, als ich zuerst von dieser Störung gehört habe, gedacht, “Endlich etwas, das ich als Entschuldigung sagen kann”… Allerdings habe ich das auch schon bei Legastenie, Fibromyalgie, ADHS etc. (mehr spaßeshalber) in Erwägung gezogen.
Auf der einen Seite:
– Meistens nutze ich schon primär das Gesicht, um Menschen wiederzuerkennen
– wenn ich sie gut kenne, erkenne ich sie auch leicht wieder
Auf der anderen Seite:
– oft halte ich unbekannte Menschen anhand des Gesichts für die mir altbekannten
– Beim Kennenlernen neuer Menschen versuche ich intuitiv auf Auffälligkeiten im Gesicht zu achten (Größe und Form der Nase, oder was eben außergewöhnlich sein kann)
– Menschen von hinten zu erkennen fällt mir (nach zugegebenermaßen wenigen Versuchsreihen) leichter als anderen, wobei ich dazu “bewegte Bilder” brauche.
Und mir ist unklar wie zu bewerten ist:
– Wenn ich Menschen wiederbegegne, die ich noch nicht so gut kenne, habe ich viel mehr Schwierigkeiten, sie einer Situation zuzuordnen (von Namen ganz zu schweigen). Man könnte auch interpretieren, dass ich nur ihr Gesicht zu erkenne glaube, weil sie sich entsprechend eindeutig mir gegenüber verhalten.
– nach einer Zeit, in der ich aufgehört habe, Menschen mit Namen anzusprechen, lasse ich mir mittlerweile mehr Zeit und schaffe es meistens.
Eine Expertin hat mir einmal gesagt: “Es gibt keine leichte Prosopagnosie, entweder man hat’s oder nicht”… naja… ich denke, Gesichter wiederzuerkennen ist eine Fähigkeit, die fast alle Menschen erwerben, nur sehr unterschiedlich gut – und alle werden in gewissem Maß auch andere Merkmale zur Wiedererkennung verwenden. Man hat (weil man es in der Wissenschaft muss), wie bei allen Syndromen, nur irgendwo eine Linie gezogen, ab der der Mangel als Störung zu bezeichnen ist.
Mich würde interessieren, ob der Autor diese Auffassung teilt, und ob es Erkenntnisse zu Förderungsmöglichkeiten gibt.
Inwieweit besteht Verbindung zu…
Störungen im Autismusspektrum? Könnte Prosopagnosie vielleicht nur ein Symptom einer unbemerkten autistischen Störung sein?
xoxi
Ich habe inzwischen einige Hundert Diagnosen von Prosopagnostikern gemacht und bei den meisten keine Symptome des Autismusspektrums beobachten können. Es gibt einige Publikationen aus dem Autismusspektrum, dass dort eine Prosopagnosie beobachtet wurde – allerdings als Einzelfälle.
Ob diese Einzelfälle dann aus dem Prävalenzanteil der Bevölkerung stammen oder ein Resultat des Nichtkontaktes des Betroffenen mit anderen Menschen (Blickkontaktvermeidung) zu beurteilen ist, ist momentan nicht zu differenzieren. Auch bei Linsentrübung in der frühen Kindheit wird in einer Publikation berichtet, dass die Betroffenen schlechter in der Erkennungsleistung sind. Aber leider sind zu diesen Themen wenig Publikationen verfügbar, da die Forscher primär in den letzten 10 Jahren daran arbeiten einen validen Test zu entwickeln, der die Diagnostik unterstützen kann. Bisher leider noch nicht erfolgreich – Lob den betroffenen Prosopagnostikern – zu gute Erkennungsstrategien entwickelt – von Kindheit an! Und zweites Lob, dass so viele aktiv die Forschungsaktivitäten unterstützen.
Also auf den Punkt gebracht – die angeborene Prosopagnosie hat KEINE Korrelation zum Autismusspektrum.
Leichte Prosopagnosie
Ich fand den Artikel sehr spannend, besonders da ich als Psychologin natürlich auch schon von Prosopagnosie im Studium gehört hatte. Allerdings auch hier nur im Zusammenhang mit Hirnschädigung, die ich definitiv nicht habe.
Ich habe allerdings schon seit längerem beobachtet, dass ich neue Leute schwer auseinander halten kann, insbesondere bei Filmen ist dies ein Problem: Kommen mehrere Figuren mit etwa (für mich) denselbem Aussehen, habe ich keine Chance, diese auseinander zu halten. Ich muss dann immer bei den Mitzuschauern nachfragen, ob das nun die Hauptfigur ist oder nicht.
Ganz besonders aufgefallen ist es mir vor ein paar Tagen, als ich geschlagene 8 Stunden mit einem neuen Mitarbeiter im selben Büro verbracht habe und ihn am folgenden Tag nicht mehr erkannt habe (also nicht mal ein Gefühl des Wiedererkennens)! Ich muss jemanden meist 2-3 mal sehen um spezifische Merkmale ausfindig zu machen, z.B. Augenform, Stimme, Frisur, bestimmte Gesichtsmerkmale etc.
Ich fand im Artikel besonders die Erkenntnis spannend, dass es eben auch die “leichte”, “angeborene” Form gibt, das beruhigt mich doch ein wenig :).
Prosopagnosie?
Ist das Prosopagnosie? Ich denke schon… Ich zweifle, weil ich mir einbilde, wie bei meiner Fibromyalgie gute und schlechte Tage/Phasen festzustellen. Das Aha-Erlebnis hatte ich vor schätzungsweise 2-3 Jahren, als bei SternTV über Prosopagnosie berichtet wurde. Ich hatte als gelernte Arzthelferin noch nie davon gehört und auch noch nie über mein “Problem” nachgedacht. Aber plötzlich erkannte ich mich wieder. Zwar stellte ich in dem Beitrag direkt fest, sooooo schlimm wie bei den Studiogästen ist es bei mir nicht ausgeprägt. Ich erkenne meine Familie problemlos und auch viele andere Freunde und Bekannte. Ob es damit zusammenhängt, dass man in einer Kleinstadt natürlich immer mit Bekannten rechnet und die Augen aufhält, weiß ich nicht.
Beispiel Sportgruppe: Einmal in der Woche gehe ich zum Sport und ich kenne die Namen besser als jeder andere – auch wenn mal ein, zwei Neue dabei sind, habe ich die Namen sofort drauf. Warum? Ich kann mir das nur so erklären, dass ich mir merke, ob die Personen mit dem Fahrrad oder mit welchem Auto(kennzeichen) sie kommen. Für solche Kleinigkeiten wie Autokennzeichen oder auch Geburtsdaten habe ich sowieso ein Gedächtnis, wogegen ich mir z.B. Automarken oder Hunderassen nicht so gut merken kann. Begegnet mir jemand vom Sport aber beim Einkaufen oder so, stehe ich vor dem klassischen Problem: Andere Klamotten, unerwarteter Ort – kenne ich die? Ist sie das wirklich? Da gehe ich dann immer in Deckung und nähere mich “ganz in Gedanken” von vorn, so dass die anderen mich ansprechen müssen, wenn sie mich kennen.
Wie hier schon jemand schrieb: Mehrere Personen, die sich ähnlich sehen, z.B. mehrere blonde Schauspielerinnen im Film, sind ein Problem. Dann fällt es schwer, die Handlung zu verstehen, vorausgesetzt, dass ich die Schauspieler nicht kenne. Begegnen mir die Schauspieler/innen häufig und verbinde ich sie mit einem Namen und/oder einem Film/Serie, erkenne ich sie auch wieder. Oft erkenne ich auch Ähnlichkeiten zwischen Schauspieler X und Sportler Y usw.
Was ich ganz sicher weiß: Auch wenn ich viele Personen erkenne, beschreiben kann ich Personen überhaupt nicht. Die Polizei darf mich nie um ein Phantombild bitten – dann bin ich aufgeschmissen. Ich bin sicher, man könnte nicht mal meine Eltern erkennen, wenn ich von ihnen ein Bild erstellen müsste. Über diverse weitere Auffälligkeiten habe ich in den letzten Jahren auch nachgedacht, die meiner Meinung nach Richtung Asperger gehen, aber das ist nie weiter untersucht worden – ich komme auch so recht gut durchs Leben…
Sie sind Arzthelferin, wie kommen Sie da mit dem merken von Patienten Gesichtern klar?
Ich habe gestern auf einer Messe eine Kollegin nicht wiedererkannt, weil ich sie außerhalb des gewohnten Raums und ohne ihren Restauratoren-Kittel getroffen habe. Solche und ähnliche Situationen passieren mir immer wieder. Was mich jetzt veranlasst, ernsthaft in Erwägung zu ziehen, dass ich Prospagnosie haben könnte, ist die Reaktion meiner Begleiter: Der eine, ebenfalls Kollege, äußerte lautstark seine Überraschung über mich; in dem Gesicht(!) des anderen, einem guten Freund, der die Frau nicht kannte, aber von meiner Problematik, Menschen zu erkennen, (bisher nur theoretisch) wusste, las ich “aha, so ist das also mit dieser Unfähigkeit” … Schlagartig wurde mir klar, dass es wirklich nicht “normal” ist, was mir passierte. Ich las in Ihrer, Frau Grüters, Diss. und hatte zahllose Wiedererkennungsmomente. Jetzt bin ich einerseits erleichtert, dass das Kind einen Namen hat und ich eine Entschuldigung in solchen Situationen; auf der anderen Seite muss ich mein Selbstbild an die neue Erkenntnis anpassen, das fällt mir schwer. Aber ist es überhaupt eine Erkenntnis? Da die “Krankheit” weder schlimmer wird noch behandelbar ist, brauche ich vielleicht gar keine eindeutige Diagnose, aber sie wäre mir wohl lieber.
Habe einen amerik. Test im Internet gemacht, bei dem man prominente Gesichter benennen sollte: 76 % habe ich erkannt. Ich sehe ein Gesicht und ein Gefühl stellt sich ein: die gezeigte Person löst angenehme/unangenehme Assoziationen bei mir aus, das Lächeln kenne ich, das ist ein Schauspieler/Politiker usw., so taste ich mich heran. Eigentlich dachte ich, dass das eben das ganz normale “Erkennen” ist …
Für mich ist dieser Artikel wirklich sehr erleichternd und erhellend gewesen. Bis vor Kurzem dachte ich nämlich, ich sei irgendwie ein bisschen unkonzentriert oder desinteressiert an Menschen. Ich habe in meinem Leben schon drei oder vier wirklich abgefahrene Verwechslungs-Situationen erlebt, die immer nach dem Schema abliefen: Ich lerne zwei Personen ungefähr gleichen Alters und gleichen Geschlechts gleichzeitig kennen, treffe eine der beiden Wochen oder Monate später wieder und halte sie für die andere Person in der gleichen Schublade. Was hab ich schon für peinliches Schweigen und irritierte Blicke geerntet! Wahrscheinlich ist es einfach ein Raten, und in 50% der Fälle klappt die Zuordnung vermeintlich problemlos.
Eine andere Situation sind Filme: Ich kann die Schauspieler, wenn sie das gleiche Geschlecht und ungefähr der gleiche Typ sind, einfach nicht auseinanderhalten. Viele Filme werden so zum Rätselraten über die Handlung.
Und dann noch diese Kleinigkeiten: Jemand ändert Frisur und hat plötzlich ungewöhnliche Sachen an, sitzt womöglich noch und auch der Kontext der Begegnung ein etwas anderer – anderer Raum, andere Leute… Keine Chance zum Wiedererkennen. Und peinliche Situationen.
Die einzige Strategie ist: Immer sehr freundlich sein, egal ob ich die Leute kenne oder nicht. Das ist nicht immer durchzuhalten, aber die bessere Strategie als nur auf meine Erinnerung zu setzten.
Ach ja, ich weiß jetzt auch, von wem ich diese leichte Form der “Gesichtsblindheit” habe: von meiner Mutter. Die erzählt ähnliche Geschichten. Für sie war es auch eine Erkenntnis, dass sie nicht einfach nur schusselig ist.
Erinnerungen an Reaktionen von Elternteilen, an denen man vorbeiging, ohne sie zu erkennen, könnte ich auch beisteuern…
Zwei Dinge sind mir allerdings aufgefallen / erscheinen mir merkwürdig:
Unterscheiden von Zwillingen: Mehrfach habe ich bemerkt, dass ich weniger Probleme habe als andere, Zwillinge zu unterscheiden (allerdings habe ich sie auch nicht immer als Zwillinge wahrgenommen… Das passt wohl ins Muster und ist eigentlich vorteilhaft…)
Erkennen von Mustern: In einem Vortrag habe ich vor nicht allzu langer Zeit gehört, dass das Erkennen von Mustern (Gesichtern, Wörtern, insbesondere geschriebenen Wörtern, auch in Fremdsprachen) in ein und demselben Gehirnareal stattzufinden scheint. … Wie gestaltet sich die sprachliche “Begabung” von Prosopagnostikern? (Hätte ich eine “leichte Form”, könnte ich keine Korrelation zwischen Prosopagnosie und “Sprachschwierigkeiten” bestätigen…)
und so macht man einen vermeintlichen Makel zu einer Stärke! Mega gut.
Aber auch die zweite Frage ist für mich sehr interessant. Mein Sohn ist auch frühkindlicher Autist und erkennt Personen oft einfach nicht. Da habe ich so langsam den starken verdacht, dass dies auch in die Richtung Prosopagnosie gehen könnte. Der war und ist sprachlich aber immer schon genial und gleichaltrigen Kindern weit voraus. Allerdings kann er sich auch die Namen nicht merken, hat da aber natürlich auch Mittel und Wege entwickelt. Z.B. wartete er im Kindergarten einfach, bis ein anderes Kind etwas von der Erzieherin wollte und passte auf, welchen Namen das Kind verwendete.
Jedenfalls ein spannendes Thema.
Erst gestern komme ich auf die Idee, ob meine seltsame Eigenheit einen Namen hat. Irgendwie bin ich erleichert. Das heißt nämlich ab sofort, dass ich nicht merkwürdig (arrogant, eingebildet, überheblich, zu fein für die anderen, nennen es andere) bin, sondern gar nichts dafür kann. Ich habe schon mal vor einigen Jahren zu unserer Silvesterfeier jemanden eingeladen, den ich mit einem anderen verwechselt habe, auf der Strasse kann ich eh niemand erkennen und laufe demzufolge freundlich grüßend in alle Richtungen, wie ein Wackeldackel durch die Fussgängerzone, damit auch ja niemand denkt, ich grüße nicht. Ich habe mich auf Nasen versteift. Form, Größe und bitte möglichst ungewöhnlich. Stimmen auch sehr gut als Wiedererkennungswert oder die Körperbewegung und Haltung. Was Pitful schreibt kann ich bestätigen, ich kann Zwillinge auch nicht als Zwillinge erkenne, habe aber im Gegensatz dazu jahrelang gedacht, zwei Damen die bei mir Stammgäste waren, sind Zwillinge, weil beide gleich groß waren und blond. Übrigens bei blonden Menschen noch schlimmer ausgeprägt, da habe ich oft das Gefühl, das Gesicht verschwimmt. Wenn an einem Tisch mehrere blonde Damen sitzen und ich komme dazu, kann ich im ersten Moment nicht mal die mir Bekannten herauskennen, sondern alles verschwimmt. Sehr schön, das Kind hat einen Namen und offensichtlich gibt es mehr von mir. Da fühlt man sich gleich wohler. Danke für den Artikel!
Das zu lesen tut gut! Es gibt Trost, dass man damit nicht allein ist.
Ich habe schon Situationen “gestaltet”, da war, dass ich mit jemanden üder dessen Kind gesprochen hatte, was er gar nicht hatte (Es war natürlich ein anderer).
Ich hilt Seminare. Wenn die Teilnehmer sich in der Cafeteria mischten, wusste ich oftmals nicht, wer zu mkir gehörte oder ob überhaupt noch jemand von mir beim Kaffetrinken war. Ein nallgemeines:”Ich beginne in 5 Minuten” in den Raum gerufen war meine Strategie. KJeiner bemerkte etwas, auch meine Überraschung nicht, wenn schon alle Teilnehmer im seminarraum versammelt waren.
Deshalb vielen Dank für diesen Artikel.
Es ist durchaus interessant zu lesen, dass diese Wahrnehmungsschwäche so lange derart weig bekannt war. Als (vermutlich) Betroffene kenne ich es nicht anders. Als Kind dachte ich noch, ich sei einfach zu ignorant um mir Gesichter zu merken. Zumal ich einige Menschen, mit denen ich intensiveren Kontakt hatte, durchaus an ihren Gesichtern erkannte. Ich brauchte und brauche nach wie vor lange, damit sich mir ein Gesicht einprägt. Wie ich erst später bemerkte war auch die Umgebung wichtig (außer bei der Famile und engen Freunde). Ich wuchs in einem kleinen Vorort auf, andere Umgebungen kamen bis zu meiner Jugend einfach nicht vor. Das erste wirklich einschneidende Erlebnis hatte ich, als ich nach einem Todesfall zu einer Trauerbegleitung musste und mich die gesamte Zeit über fragte, weshalb mir der Leiter derart bekannt vorkam. Ich konnte ihn nicht zuordnen. Erst im Anschluss wurde es mir klar, als mich der Leiter ansprach. Wir fuhren seit etwa zwei Jahren jeden Morgen im gleichen Bus, saßen uns gegenüber und unterhielten uns sogar. Ein anderes Mal besuchte ich beinahe ein halbes Jahr lang einen Kurs mit einer älteren Frau. Nur durch Zufall erfuhr ich, dass ich sie schon seit über 20 Jahren ‘kannte’ und bei Treffen in der gewohnten Umgebung auch in dieser Zeit ganz normal zuordnen konnte (durch ihr Haus, nicht ihr Gesicht) und grüßte. Noch immer bin ich nervös, wenn ich mich mit einer sehr modebewussten Freundin in der Stadt treffe. Ständig wechselt sie ihren Kleidungsstil, die Haarfarbe und Frisur…
Ich kann inzwischen gut mit dieser Einschränkung umgehen. Alle Personen, die mir wichtig sind, wissen davon (auch wenn es einige nicht nachvollziehen können und sich immer wieder wundern) und die anderen denken meist, ich wäre einfach nur zerstreut oder in Gedanken versunken, wenn ich sie auf der Straße nicht grüße. Trotzdem ist es schön zu wissen, dass ich nicht einfach nur ignorant und vor allem nicht allein damit bin.
Ich finde mich absolut in dem wieder, was Juliane ein paar Kommentare weiter vorn schreibt. Auch ich dachte immer, ich sei einfach nur zu wenig an anderen Menschen interessiert, um mir ihre Gesichter zu merken. Allerdings war mich schon seit langer Zeit bewusst, dass ich vielmehr auf Kleidung, Frisur, Stimme, Gang, Statur und Gestik achte, um Menschen wieder zu erkennen. Eine ehemals lanhaarige Freundin hat auf einmal einen modischen Kurzhaarschnitt? Keine Chance sie zu erkennen, außer es gibt eben andere Anhaltspunkte, durch die sich die Dame zuordnen lässt. Wenn ich auf der Straße unterwegs bin, dann versuche ich niemanden direkt anzuschauen und wenn ich glaube jemanden Bekanntes zu treffen, dann tu ich lieber so als würde ich ihn gar nicht sehen, als dass ich fälschlicherweise einer völlig fremden Person “Hallo” sage. Ich komme mir dabei oftmal mehr als bescheuert vor, vor allem dann, wenn ich später von der ignorierten Person drauf angesprochen werde, warum ich sie denn nicht beachtet habe. Das ist peinlich und unangenehm, man will ja niemandem vor den Kopf stoßen aber tut es eben immer wieder. Ich bin ein Stück weit erleichtert, dass ich jetzt weiß, dass es keine Charakterschwäche ist sondern schlicht und ergreifend ein genetisches Problem, für dass ich einfach mal nichts kann. Das ändert zwar nichts an dem Problem an sich, jedoch habe ich so wenigstens ein Argument welches mir eine gewisse Beruhigung verschafft und ggf. auch die von mir oftmals nicht erkannten Freunde und Bekannten besänftigt.
Ich erkenne viele Dinge, die hier in den Kommentaren und im Artikel oben beschrieben werden, bei mir wieder. Andere aber auch nicht. So konnte ich z.B. die Zwillinge in unserer Klasse nie unterscheiden, obwohl andere gesagt haben “das waere doch ganz einfach”. Also genau umgekehrt, wie es viele hier beschreiben. Erkennung von Personen im Kontekt funktioniert gut, ausserhalb des Kontexts eher schlecht.
Meine kleinen Stories dazu will ich jetzt nicht erzaehlen, da stehen schon genug aehnliche hier.
Mittlerweile habe ich auch eine ganze Menge ueber sogenannte “Gesichtsblindheit” gelesen und vieles ist widerspruechlich in den Veroeffentlichungen.
Ich wuerde nun sehr gerne genau wissen wollen, ob ich nun betroffen bin oder nicht.
Das ist das, was ich bei den vielen Artikeln vermisse: “Wie oder wo kann man das wirklich sicher herausfinden bzw. herausfinden lassen?”
Bitte nicht: “Zum Ausarzt gehen …” antworten. Das ist heutzutage wirklich die falsche Antwort. Da kann man nur hin gehen, wenn man weiss was man will und braucht.
Vielleicht noch eine Anmerkung: Oben war ein Eintrag, der eine moegliche Verbindung zur Leseschwaeche oder Sprachschwaeche beschrieb. Ich wuerde mich weder als das eine noch als das Andere bezeichnen aber mit Fremdsprachen habe ich es nicht so.
Und man hat mir erzaehlt, dass ich beim lesen lernen jedes Wort, das ich die zeile oben gelesen hatte, neu als den Buchstaben zusammengesetzt habe, und dass das normalerweise nicht so waere. Vielleicht ist das noch ein moeglicher Hinweis, dem nachgegangen werden koennte.
@ aus Sachsen,
leider können wir nur im Rahmen von Studien eine Diagnostik anbieten. Momentan haben wir keine aktuelle Studie, die aktiv rekrutiert.
Augenärzte haben meist nur von der erworbenen Form der Prosopagnosie gehört. Auch Neurologen oder Kinderärzte können meist leider noch nichts zu dieser auf diese Teilleistungsschwäche sagen. Es ist keine Erkrankung, so dass es nur Selbsthilfe gibt. Auf unserer Webseite prosopagnosie.de ist eine Broschüre für Erzieher und Pädagogen. Darin sind viele typische Beispiele und auch Ideen, wie man betroffenen Kindern helfen kann. Die Ideen beschränken sich nicht nur auf Kinder. Andere Teilleistungsstörungen wie z.B. Leseschwäche kommen bei den Prosopagnostikern genau so häufig vor, wie bei Normalgesichtserkennenden.
Mich würde interessieren ob es möglich ist, auch ohne Hirnverletzung oder Hirnschlag eine Gesichtsblindheit zu entwickeln. Bei mir fing alles mehr oder weniger mit der Geburt meines Kindes an. Die Babies sahen für mich alle gleich aus. Ich musste die Namensschilder lesen um meinen Sohn zu finden. Das war sehr irritierend für mich, außerdem war es mir peinlich. Ich habe es niemandem erzählt. Auch litt ich damals an einer Depression und habe die Welt in vielerlei Hinsicht nicht mehr verstanden. Das ging etwa noch etwa 1 Jahr so. Danach ging es mir zwar psychisch wieder viel besser, aber ich konnte einfach Gesichter nicht mehr zuordnen. Bewusst viel es mir auf, als ich wieder als Bedienung arbeitete. Wenn nur ein paar Leute in der Kneipe waren und einer davon bei mir am Tresen was bestellte, musste ich ganz genau aufpassen an welchen Platz er zurück ging. Wusste ich nicht an welchem Tisch er saß, musste ich jeden Mann im Lokal fragen: Hast du das gerade bei mir bestellt? Irgendwann habe ich mir dann halt gemerkt der Mann mit Schirm, Krawatte oder Glatze. Ich erkenne auch sehr viele Dinge, die hier in den Kommentaren und im Artikel oben beschrieben werden, bei mir wieder. Ganz typisch z.B. ist, dass ich Personen, die ich an Orten treffe, welche ich mit der Person nicht in Verbindung bringe, auch nicht zuordnen kann. Zum Beispiel gibt es eine Mutter, deren Kind im selben Fußballverein spielt wie meines. Wir unterhalten uns bei den Tournieren. Dann gibt es eine Frau, die arbeitet im Supermarkt wo ich einkaufe. Wir grüßen uns freundlich, auch habe ich von ihr schon Kartons bekommen oder sie nach etwas gefragt. Dass diese zwei Frauen ein und dieselbe Frau sind wurde mir erst nach sehr langer Zeit klar. Oder welcher der zwei Männer ist noch mal mein neuer Chef? Ich erkenne ein Gesicht wenn es vor mir steht. Aber kaum ist der Mensch weg, zerbröselt mir das Gesicht in meiner Vorstellung. Ich kann 5 Minuten nachdem ich mich mit einer Person unterhalten habe nicht mehr sagen wie sie aussah. Interessant ist es auch wenn ich in den Spiegel sehe. Ich erkenne mich immer wieder neu, aber ohne Spiegel habe ich keine Vorstellung davon wie ich aussehe. Ich habe länger darüber nachgedacht, aber ich kann mich nicht erinnern in meiner Kindheit oder als Jugendliche Probleme gehabt zu haben. Ich weiss zwar heute nicht mehr wie die meisten meiner Klassenkameraden ausgesehen haben aber früher war das schon so. Ich wusste immer wer vor mir steht oder von wo her ich jemanden kannte. Kann sich so was auch einfach so entwickeln?
Hallo, ich weiß nicht, ob ich auch darunter falle, aber vermute es fast. Meine Eltern sagen mir, dass ich als Kind andauernd fremde Leute auf der Straße angesprochen habe, weil ich dachte, dass sie jemand wären, den ich kannte. Heute mache ich das nicht mehr, weil es mir immer peinlicher wurde, je älter ich bin. Wenn ich aber Personen sehe, die ich gut kenne, habe ich auch kein Problem, sie wiederzuerkennen. Zwei Dinge gibt es, die mich ziemlich stören. Zum Einen habe ich Probleme, Filme zu schauen, in denen viele Personen vorkommen, vor allem, wenn sie ähnliche Frisuren haben. Ganz schlimm wird es, wenn die auch noch dauernd ihre Klamotten wechseln. Zum Anderen ist mir aufgefallen, dass ich nicht dazu in der Lage bin, vor meinem inneren Auge die Bilder meiner Familie hervorzurufen, nicht einmal meiner Eltern. Wenn ich dann denke, dass einem von denen etwas passieren könnte und ich nicht einmal wissen würde, wie sie aussehen, wäre das sehr traurig. Wenn ich nachts unterwegs bin, bin ich mittlerweile dazu übergegangen, alle Menschen, die mir begegnen auf besondere Merkmale abzusuchen, falls ich Zeugin eines Verbrechens werden würde, da ich sonst absolut nciht zu gebrauchen wäre. Und eine Sache würde mich noch interessieren, obwohl ich nciht sicher bin, ob es einen Zusammenhang gibt: Es gibt doch diesen schönen Satz: “Denken sie nicht an einen blauen Elefanten” und jeder behauptet, man hätte sofort das Bild eines blauen Elefanten vor Augen. Bei mir ist das nicht so. Ich sehe immer nur die Wörter “blauer Elefant”, als würde man sie schreiben. Hängt das vielleicht zusammen?
Was gibt es so für Tricks, dass man nciht mehr in diese Fettnäpfchen tritt?`Ich arbeite nebenbei in einem Modehaus und finde tlw. die Kunden nicht wieder, das wird dann immer richtig peinlich!
Das klingt für mich nach Aphasie, eine Schwäche oder Unfähigkeit sich mentale Bilder vorzustellen.
*Aphantasie
Hallo,ich bin mir ziemlich sicher unter prosopagnosie zu leiden. Bei meiner Mutter vermute ich es auch. Sie hat zB.mal auf einem Bahnsteig einen wildfremden Mann angefasst weil sie dachte dass es meinen Vater war. Meine Mutter verwechselt auch schauspielern,ich weniger. Wir sind beide sprach begabt,meine Mutter besonders. Sie hat schwedisch studiert und spricht außerdem niederländisch( Muttersprache) ,deutsch ,englisch und französisch. Wir sind beide sehr gut eine ‘Sprachmelodie’ zu merken,sprechen ziemlich accentlos.
Zwillinge kann ich niemals unterscheiden. Ein Phantom Bild erstellen wäre unmöglich,genauso wie Kleidung,Haarfarbe,Brille,Augenfarbe,Bart etc.
Ich habe große Probleme damit Personen außerhalb ihr gewohntes Umfeld zu erkennen auch die wo ich oft mit zu tun habe. Die Sache ist mir teilweise sehr peinlich und wenn ich das (sehr selten) mal versuche zu erklären wird mir nur unverständlich angeguckt. Witzigerweise gilt es nicht nur für Menschen sondern auch für Pferde. Da ich Reitlehrerin bin ist dieses besonders lästig.
Mit Filme gucken hab ich nicht ganz so viele probleme, da bestimmt wohl eher die Erwartungshaltung das ganze. Wollte mir einen Test angucken,das hat aber nicht funktioniert.
Mir ist es in meiner Kindheit und in der Schule nie so bewusst gewesen, dass ich mir so schlecht Gesichter merken kann(auch wenn mir im Nachhinein genug Situationen einfallen, in denen ich z.B. meinen Onkel nicht erkannt habe).
Erst seit etwas mehr als einem Jahr, also seit ich studiere, hatte ich immer öfter diese Situationen, in denen ich mir dachte, das kann doch nicht normal sein. Erst recht, wo mich meine Mitbewohnerin regelrecht zusammengestaucht hat, wie das denn sein könnte, dass ich zwei Freunde von ihr nicht erkenne, ich wär doch schon zwei mal bei denen zuhause gewesen! Wie peinlich, dass die mich auf der Straße sehen und ihr im Nachhinein erzählen, ich hätte nicht gegrüßt.
Weil so etwas dann kein Einzelfall war, hab ich in einer schlaflosen Nacht mein Problem gegoogelt und bin auf lauter Seiten über Prosopagnosie gestoßen und war direkt erleichtert, dass ich nicht einfach doof oder ignorant bin, sondern dass ich gar nichts dafür kann! Danke dafür(auch wenn meine Mitbewohnerin immer noch der Ansicht ist “Du hast das eh nicht, du erkennst dich ja wohl selbst im Spiegel und mich erkennst du ja auch!”
Naja wie auch immer, wenigstens kann ich mich selbst ein wenig damit trösten 🙂
Mein persönlicher Favorit:
Ich war in einem Club mit zwei Freundinnen und hab mich im Laufe des Abends in einen Typen verguckt. Wir sind dann in eine Ecke verschwunden, haben etwas geknutscht und geredet. Dabei ist mir klar geworden, dass er echt langweilig ist, und ich hab mich dann recht schnell wieder verabschiedet und bin zurück auf die Tanzfläche gegangen. Auf dem Heimweg hat sich meine eine Freundin einen Döner geholt, während ich mit der anderen draußen gewartet hab. Es nähert sich ein Typ und meine Freundin sagt: “Oh guck mal, Anna, wer da ist!” Ich schau unbeeindruckt zur Seite: “Hm, wer ist da denn?” Und sie war einfach völlig perplex, dass ich ihn nicht erkannt habe. Der Arme war dann anscheinend echt bedrückt, dass ich ihn erst mehr oder weniger stehen gelassen hab und ihm dann nicht mal einen freundlichen Blick schenken konnte. Klar, im Club hab ich ihn erkannt, der Braunhaarige mit dem rot-karierten Hemd! Wenn jetzt nur nicht Winter gewesen wäre und er draußen eine Jacke angehabt hätte.
Ich bin eben auf den Artikel gestoßen und kann es nicht glauben: was ich habe haben noch andere und es gibt dafür eine Bezeichnung!
Andere Menschen, einschließlich meinem Mann, der mir gerne und oft neue Leute vorstellt, halten mich für ignorant oder arrogant. Ich bin Sozialpädagogin und mag Menschen von Natur aus….das wissen nur die “Neuvorstellungen” nicht.
Und mein Mann kann es einfach nicht nachvollziehen, dass man sich Gesichter
nicht merken kann. (Ich muss ihm gleich
den Artikel zeigen!)
Mein Sohn kam vor zwei Jahren auf eine neue Schule. Wir sind bei jedem Elternabend gewesen und haben uns natürlich auch mit den neuen Lehrern bekannt gemacht, insbesondere mit den beiden Klassenlehrern. Nach einem Jahr etwa habe ich die Klassenlehrerin dann im Rahmen meiner Arbeit in einer Einrichtung getroffen, wo sie ihre eigene Tochter abholen wollte. Ich dachte, ich kenne sie irgendwo her, wäre aber niemals auf die Lehrerin oder gar ihren Namen gekommen. Es war so eine blöde Situation, denn sie hat mich natürlich sofort zugeordnet.
Ich mag es gerne wenn Menschen außergewöhnlich aussehen oder auffällige Merkmale haben – vermutlich, weil ich sie somit leichter erkennen kann.
Vielleicht kann ich mehr Tricks entwickeln, Anregungen gibt es in den Beiträgen ja genug 😉
Pingback:Ich kenn’ Sie doch von irgendwoher … | Jeworno.net
Heute hatte ich mal wieder eine solche Situation: Ich war bei meinem Bruder zum Geburtstag eingeladen und habe beim Eintreffen alle Anwesenden begrüßt. Eine Person kam mir überhaupt gar nicht bekannt vor. Sie hat mich allerdings freudig mit meinem Namen begrüßt und mich gefragt, wie es mir denn geht. Es war mir peinlich, daher habe ich so getan, als ob ich mich natürlich auch an sie erinnere und habe sie ebenfalls (ohne Namen) gegrüßt und mich 2 Minuten mit ihr unterhalten. Selbst danach ist mir kein Licht aufgegangen. Ich habe mich nicht getraut, meinen Bruder nach ihrem Namen zu fragen und woher ich sie kennen müsste.
Da bin ich auf die Idee gekommen, ob das vielleicht doch nicht so normal ist, weil ich mich an sehr viele Situationen in meinem Leben erinnere, die so oder ähnlich abliefen.
Jetzt hat das Kind also einen Namen “Prosopagnosie”. Was ich damit anfangen kann weiß ich noch nicht. Mal sehen…
Vielen Dank für diesen tollen Blog-Artikel.
Danke für die Erklärung, dass Prosopagnosie häufiger ist, als man früher angenommen hat. Ich habe auch so eine leichte=typische Form… Ich erkene Leute gut, wenn ich sie häufig treffe und dort treffe, wo ich sie erwarte. Ich habe grosse Schwierigkeiten bei flüchtigen Bekannten und wenn ich jemanden in völlig “falschem” Kontext treffe.
Ich habe den Test hier gemacht:
http://www.faceblind.org/facetests/index.php
Da soll man Prominente erkennen. Man bekommt die Lösung nach jedem Gesicht genannt und kann dann sage, ob einem die Person überhaupt vertraut ist oder nicht. Nun, von 30 Prominenten waren mir nur 19 vertraut, aber von diesen 19 habe ich nur 4 erkannt. Puh.
Nun, das ist nur ein Test im Internet und damit nur ein Anhaltspunkt – kann man irgendwo Prosopagnosie seriös abklären lassen?
Ich habe wohl auch eine leichte Form Prosopagnosie. Da ich selbst Psychologie studiert habe, hatte ich sowas schon vermutet, als die Krankheit im Studium das erste mal zur Sprache kam. Leider wurde dort noch gelehrt, dass es keine leichten Formen davon gäbe, und dass Menschen mit dieser Krankheit nicht einmal ihre eigene Familie erkennen würden. Also schloss ich dies dann doch wieder für mich aus.
Ich kann meine Familie erkennen, und auch Freunde und Bekannte,die ich häufiger gesehen habe. Auch Schauspieler wie Brad Pitt sind kein Problem – solange ich sie eben schon sehr häufig irgendwo gesehen habe. Sind in einem Film jedoch zwei unbekannte oder für mich ähnliche Schauspieler (ich habe z.b. bei Departed Ewigkeiten gebraucht um einen Sinn in den Film zu bekommen, da ich nicht verstanden hatte, dass es sich bei den beiden Polizisten gespielt von Leonardo DiCaprio und Matt Damon um zwei verschiedene Personen handelte…) muss ich immer nachfragen, wer da nun wer ist.
Gut das ist lästig, schlimmer ist es wohl aber im “echten” Leben. So musste ich beispielsweise einmal ein Referat halten, mit einer mir zugeteilten Kommilitonin. Wir besprachen uns kurz, was wir machen wollten etc und verabredeten uns für den nächsten Tag im Hörsaal. Und da wusste ich schon, dass ich keine Chance haben werde, sie wieder zu erkennen… Zum Glück hat sie mir dann zugewinkt und war einfach schneller, sodass sie das glaube ich nicht bemerkt hat.
Auf diese Seite bin ich dann gestoßen, weil ich vor drei Tagen mit meinem neuen Vermieter eine sehr peinliche Situation hatte: Ich bin, um einen Schlüssel abzuholen in seine Firma gefahren. Ich hatte gehofft die Frau zu treffen, mit der ich schon ein paar Mal zu tun hatte (außerdem kann ich Frauen besser erkennen, geht das noch jemandem so?? Ich nehme an, es lieht an markanteren Frisuren, die diese haben?) . Stattdessen war er da und ich sagte “Ich suche Frau oder Herr XY” und er sagte “Herr XY haben Sie ja schon mal” ich: “Oh, dann haben wir uns ja noch gar nicht kennengelernt, ich bin XX und ihre neue Mieterin oben” und er : ” Ja, ich weiß, wir haben uns schon kennengelernt. Ich war doch schon zwei mal bei Ihnen oben, wegen dem Schaden im Bad”
Oh man war das peinlich!!! Wenn es ein Loch im Boden gegeben hätte wäre ich sofort da rein!
Schon als Kind hatte ich diese Schwierigkeit, mir Gesichter zu merken, bin immer wieder in peinliche Situationen gekommen und war sehr unglücklich darüber. (Ich bin in einem kleinen Dorf aufgewachsen, wo jeder jeden kannte!) Ich hab mir halt im Laufe der Jahre meine Strategien erarbeitet, finde es aber immer noch zeimlich belastend. Immerhin weiß ich jetzt, dass es eine angeborene Wahrnehmungsstörung ist, die doch viele andere mit mir teilen, und das ist ein gewisser Trost, jedenfalls muss ich mir keine Vorwürfe machen, ich kann schließlich nichts dafür. . – Mit irgendwelcher Leseschwäche hat das übrigens – bei mir – nichts zu tun, ich hab sogar schon vor Schulbeginn lesen gelernt und war immer eine Leseratte, und meine Begabung liegt eindeutig im sprachlichen Bereich. (So hab ich schon als Kind Gedichte geschrieben, später Germanistik studiert usw., hab auch ein gutes Gehör.) Dafür hab ich einen sehr schlechten Orientierungssinn und eine miserable Raumvorstellung, ich frag mich, ob das irgendwie mit dieser Wahrnehmungsschwäche zusammenhängen kann? Wäre doch möglich …
Tja, ich habe auch das Problem mir weder Gesichter noch Namen gut merken zu können. Wenn ich es aktiv sehr darauf anlege kann ich versuchen mir ein Bestimmtes Merkmal im Gesicht zu merken wie z.B. eine Haarfarbe, Sommersproßen, Bart am Kinn. Ich mache öfter mal den Fehler Leute miteinander zu verwechseln, die eigentlich relativ unterschiedlich aussehen. (Hab mal versehentlich den Falschen Komilitonen wegen einer Hausaufgabe angesprochen, die ich mit einem anderen, der auch blond war, regelmäßig bereits seit zwei Wochen zusammen abgegeben habe.) D.h. ich kann Gesichter einigermaßen erkennen, wenn ich versuche mir aktiv Einzelmerkmale zu merken oder Menschen sehr oft sehe, passiv, wie ich vermute, dass es bei den meisten Menschen ja eigentlich funktionieren sollte, geht das nicht. Ist das jetzt schon Prosopagnosie oder noch nicht?
Auch wenn ich die anderen jetzt wiederhole, es tut sooooooo gut, das hier zu lesen. Auch das mit den Filmen. Ich habe nichts Neues zu sagen, aber noch zwei nette Anekdoten:
Einmal lief ich durch einen Schneesturm mit einem schweren Koffer zum Bahnhof, es war zwar ein Rollkoffer, aber es lag viel Schnee, und ich kam nur sehr langsam voran. Dann hielt eine nette Frau mit dem Auto an und bot an, mich bis zum Bahnhof mitzunehmen. Dankbar nahm ich an und als der Koffer verstaut war und ich neben ihr saß, stellte ich mich vor. Sie lachte und sagte, das wisse sie doch, sie wohne doch im Nachbarhaus. Ich kannte sie eigentlich vom Sehen, aber ohne ihren kleinen weißen Hund hatte ich sie nicht erkannt.
Einmal saß ich in einem China-Imbiss, eine junge Frau kam zur Tür rein und guckte sich suchend nach einem Platz um. Bei mir war noch Platz, und außerdem war ich mir sicher, dass ich sie vom Sehen aus dem Bus kannte und winkte ihr freudig zu. Sie strahlte, setzte sich zu mir, begrüßte mich mit “Was machst du denn hier?” und wir aßen und unterhielten uns sehr nett etwa eine halbe Stunde lang – bis wir merkten, dass wir uns gar nicht kannten. Sie war nur übers Wochenende als Touristin in meiner Stadt und hatte mich für ihre Chefin vom Praktikum gehalten, das sie in einer anderen Stadt machte – in der ich noch nie gewesen war. Wir hatten dann noch einen sehr lustigen Abend, ich zeigte ihr die Stadt, und anschließend gingen wir noch in eine Cocktailbar.
Hallo, ich schreibe hier weil ich denke das was ich erlebt habe, passt genau hierher. Es ist mir gerade vorgestern passiert und es erschreckt mich weil ich das so noch nie richtig wahrgenommen habe.
…das erste mal war vor ca einem halben Jahr. Ich war in einer Diabetes Schulung mit nur 6 Teilnehmern. Am nächsten Tag ging ich mit meinen kleinen Enkeln zum ersten mal zum Sportunterricht. Da war eine junge Frau die kam auf mich zu und fragte sehr vertraut, hallo bist du auch hier? Ich fragte sie ob wir uns kennen. Da antwortete sie, ja aus der Schulung gestern, da warst du doch auch da. Ich konnte mich aber an ihr Gesicht überhaupt nicht erinnern und es war mir sehr peinlich.
Und vorgestern kam ich vom Dienst an meinem Auto und es war zugeparkt. Da kam ein junger Mann und entschuldigte sich er würde gleich wegfahren. Da sagte er, ah hallo wir kennen uns doch aus der Fortbildung. Ich erkannte sein Gesicht aber nicht. Er nannte mir sogar die Fortbildung und die ging über 3 Tage. Ich war über mich so erschrocken und tat dann so als wenn ich ihn erkannt hätte. Jetzt im Nachhinein wenn ich an die Fortbildung denke, weiß ich wer dieser junge Mann gewesen ist.
Es war mir jedesmal unangenehm die verwunderten Gesichter der Personen zu sehen als sie mir sagten dass ich sie kennen müsste.
Hallo,
ich habe schon im Studium erfahren, dass ich wohl auch prosopagnostisch bin. Damals stand auch im Raum, an einer Studie in Münster teilzunehmen (was an der räumlichen Entfernung aus damals München scheiterte). Auf jeden Fall erkenne ich die Kollegen außerhalb der Klinik in Zivil nicht und kenne auch die Phänomene mit den Filmen und den Zwillingen. Was mich noch interessieren würde:
Ich kann mir bekannte Gesichter nicht im Ganzen vorstellen – geht das anderen auch so? Ich kann mir die Mundpartie oder die Nase oder die Augenbrauen meiner Mutter vorstellen (die Augen nicht), aber immer nur separat…
Kennen Sie dieses Phänomen? Ist das MRT-würdig?
Viele Grüße in die gesichtlose Welt 😉
Wie witzig – wenn auch nicht immer komisch-, jetzt kann ich dem Ganzen einen Namen geben!
Ich kann niemanden wiedererkennen, ohne ihn/sie Jahrzehnte sehr gut zu kennen;
Gehe selbst an Menschen, mit denen ich beispielsweise den vorigen Abend in intensiver Diskussion verbracht habe grußlos vorbei;
Begrüße Wildfremde aufs Herzlichste und beginne mit ihnen Gespräche, etwa mit dem Bezug auf die Familie, die Gesundheit, während meine Frau mich grinsend beobachtet und schon weiss, dass ich mal wieder jemanden “erkannt” habe.
Sie ist auch die Dauerbeantworterin meiner Standardfrage “Und wer war das jetzt schon wieder?”.
Aber da es anscheinend keine Therapie gibt und es glücklicherweise das Leben nicht verkürzt, werde ich wohl weiter locker damit umgehen und gelegentlich, wenn es mir auffällt, über mich selbst schmunzeln.
Jo, hi, dann können wir ja einen Club gründen :;-))
In Kurzform, da es doch Unterschiede zu geben scheint.
Bei mir hängt es wohl stark von den Emotionen ab, die ich dem Gegenüber entgegenbringe +/- um ihn wiederzuerkennen. Nachbarn, die eigene Schwester, Nachbars Kinder aufm Spielplatz halt nicht. Und es war in unterschiedlichen Lebensphasen unterschiedlich stark ausgeprägt, nach einer langen kuriosen Erkrankung besonders stark, hane mitunter meine Kollegin gar nicht oder 3x in einer halben Stunde gegrüßt.
Als Kind habe ich gegrübelt, wie andere andere unterscheiden”kleine sehen alle gleich aus, große unterscheiden sich durch Brillen,…” damals wusste ich von jedem als erstes die Augenfarbe, wenn man die nicht sehen konnte wars schwierig. Beim Sport und im Job habe ich mir die Farben der Kleidung bei jedem gemerkt und gedacht, ich sehe einfach so schlecht, hab eh nen ‘Knick in der Optik’. Inzwischen nehme ich es mit Humor, mein Mann auch, der mir dann aufm Weihnachtsmarkt die Nachbarn vorstellt oder im TV erklärt, dass es sich um eine andere Person handelt, als von mir angenommen. Macht dann auch Sinn. Und ich schaue mir gern Fotos an und staune, wer das alles ist. Es wird nicht lamgweilig! Mein Orientierungssinn und Kommunikationsfähigkeit sind stark ausgeprägt, allerdings rede ich seit der Erkrankung extrem schnell, dass mir kaum einer folgen kann. Ansonsten bin ich so normal individuell wie jeder, so verschieden gleich sind wir eben!
Hallo Frau Grüter,
Mittlerweile ist es 2017. Gibt es denn in der Zwischenzeit Therapieansätze außerhalb von Studien? Wenn nicht im deutschen, dann vielleicht im Englischsprachigen Raum?
Vielen Dank
Bisher habe ich leider nichts gefunden, was mir wirklich sinnvoll vorkommt. Vermutlich kann man die Gesichtserkennung etwas trainieren, aber bisher ist die Wirkung nicht erwiesen. Vermutlich ist es ähnlich wie bei Menschen mit einer Schreib-Lese-Schwäche: Sie können ein normales Leben führen, aber bestimmte Leistungen sind und bleiben sehr viel anstrengender. Wenn ich etwas finde, was mir viel versprechend vorkommt, werde ich es hier besprechen.
Guten Tag Frau Grüter,
in den Kommentaren haben ja schon einige andere Leute ihre Erfahrungen geschildet. Viele schreiben, dass Ihnen das unterscheiden von bekannten Gesichtern wie Familie und Freunde nicht unbedingt schwerfällt. Wenn es allerdings um Leute geht die man erst eins zwei Mal gesehen hat, oder lange Zeit nicht, man dabei Probleme beim Unterscheiden von Personen oder beim Erinnern an die Person bekommt. Viele haben auch das Beispiel von Schauspielern angeführt die einem nicht so bekannt sind und die man dann in einem Film mit anderen verwechselt oder nicht wiedererkennt. Spricht man in diesem Fall dann überhaupt noch von Prosopagnosie oder ist das vielleicht eher eine, ich nenne es mal Erinnerungslücke oder einfach Vergesslichkeit? Man merkt sich ja Dinge einfach nicht die einem bewusst oder unbewusst als unwichtig erscheinen.
Bei mir ist es beispielsweise so, dass ich mir Gesichter eigentlich ganz gut merken kann, zumindest ist das mein Gefühl. Wenn ich mich mit beispielsweise mit jemand fremden unterhalte und ich sehe diesen Menschen teilweise Wochen, Monate oder Jahre später zufällig mal wieder, habe ich in der Regel diesen „Aha“ Moment, „den kennt du doch“ oder „den hast du doch schon mal gesehen“ manchmal fällt mir auch wieder ein in welcher Situation das war. Allerdings muss man ja auch dazusagen, sofern mich niemand direkt anspricht würde ich selbst es ja gar nicht mitbekommen wenn ich jemanden nicht erkannt habe und einfach an ihm vorbeigegangen bin. Wer weiß, vielleicht kommt das ja häufiger vor als man es selbst glauben mag.
Wie gesagt habe ich eigentlich kein Problem Leute wiederzuerkennen allerdings nur, wenn sich diese nicht verändert haben. Soll heißen, dass ich schon starke Probleme bekomme wenn sich Leute verändern z. B. eine neue Frisur haben, eine Brille tragen, anders geschminkt sind, einen Bart tragen, dicker geworden sind, dünner geworden sind etc. Dann sind das auf einen Schlag für mich wie neue Leute. Natürlich nicht bei Leuten denen ich tagtäglich über den Weg laufe aber um z. B. nochmal auf die Schauspieler zurückzukommen. Da erkenne ich teils bekannte Schauspieler nicht wieder. Auch Fotos die Leute z. B. als Kind zeigen und alle sagen du hast dich kaum verändert oder du siehst aus wie dein Vater / deine Mutter damit kann ich eher selten etwas anfangen. Ich erkenne mich ja teilweise selbst nicht auf Kinderfotos.
Denken Sie, so etwas hat mit Prosopagnosie zu tun oder sehen Sie darin andere Gründe. Mich würde Ihre Meinung sehr interessieren.
Hallo,
der Artikel hat mir sehr geholfen, also Danke.
Ich bin jemand, der versucht sich selbst besser zu verstehen.
Als ich ein Kind war, wurde bei mir Legasthenie festgestellt. Das bedeutet aber mehr als nur schlechte Rechtschreibung. Menschen mit Legasthenie denken oft in Bildern. Das bedeutet, alle meine Gedanken sind eine Abfolge von Bildern.
Ich habe mich jedoch immer gefragt warum in den Bildern die ich gedanklich sehe, die Gesichter fehlen. Wenn ich an Menschen denke, sehe ich den Körper, Haare, typische Bewegungen… das Gesicht (Auge, Nase, Mund) existieren in meiner Vorstellung nicht. Sie sind wie ein schwarzer Fleck.
Selbst wenn ich Träume sehe ich nur gesichtslose Menschen.
Jetzt weiß ich immerhin, dass das keine verstörende psychische Krankheit ist, und das ich damit nicht alleine bin 🙂
Sehr geehrte Frau Grüter,
Nach all dem Gelesenen habe ich den Eindruck, an einer leichten Form von Gesichtsblindheit zu leiden. Sie haben im November 2012 eine Publikation erwähnt, wonach die Betroffenen auch bei Linsentrübung in der frühen Kindheit Gesichter schlechter erkennen könnten. Ich habe vermutlich eine ähnliche Ursache: Ich war stark kurzsichtig (6 bzw. 4 Dioptrien), aber man hat das erst nach mehreren Schuljahren bei einer Reihenuntersuchung festgestellt und mir dann eine Brille verordnet. Ich denke, ich habe intuitiv Kompensationsmechanismen erlernt, insbesondere das aufmerksame Zuhören, Stimmenerkennung oder analytische Fähigkeiten; Gesichter hingegen waren ab einer Distanz von einem Meter oder mehr nicht von Bedeutung für mich. So bekunde ich auch nach all den Jahren Mühe, mir Gesichter zu merken.
Sehr geehrte Frau Grüter,
ich bin mir mittlerweile sehr sicher, dass sowohl ich als auch meine jüngere Schwester eine milde Form dieser Wahrnehmungsstörung haben. Wir funktionieren beide vollkommen unauffällig in der Gesellschaft. Für mich kann ich sagen, dass es während meiner Kindheit und Schulzeit vor allem deshalb nie zu einem Problem wurde, weil man sich in dieser Zeit in einem ziemlich konstanten Umfeld von immer gleichen Personen bewegt. Je besser ich einen Menschen kenne, je mehr Zeit ich mit der Person verbracht habe, desto besser funktioniert auch das Erkennen – sogar außerhalb der erwarteten Kontexts. Aufgefallen ist mir diese Einschränkung erst als mein Umfeld einer höheren Fluktuation unterworfen war – d.h. ab dem Studium und im Beruf. Hier begegne ich häufig neuen Menschen, treffe diese nur für relativ kurze Zeiträume und mit zeitlich langen Abständen – und das funktioniert für mich überhaupt nicht gut. Je markanter natürlich ein Gesicht oder eine Person, desto einfacher. Aber je “normaler” jemand aussieht, desto schwieriger. Dies führt immer mal zu peinlichen Situationen, aber grobe Desaster sind mir bisher erspart geblieben.
Wie mittlerweile auch nachzulesen, habe ich unbewusst natürlich Mechanismen zum Ausgleich entwickelt. Ich merke mir über die Maßen gut, welche Kleidung Menschen besitzen und tragen. Mir fällt auf, wenn ein Kollege beispielsweise eine neue Jeans oder ein neues Hemd hat, auch wenn diese nicht speziell markant sind. Ich kenne die Schuhe, Brillengestelle, Taschen, kleine Imperfektiven wie Narben und Muttermale. Ich erfasse Gang, Körperhaltung, Kopfhaltung usw.
Besonders schwierig wird es für mich im Arbeitsumfeld, wenn 90% der Personen Männer zwischen 40-50 Jahren im Anzug sind, da habe ich einfach kaum etwas, woran ich mich als Krücke festhalten kann.
Dass mir Gesichter oft “nicht bekannt” vorkommen weiß ich seit langer Zeit und habe es als persönliche Schwäche angesehen. Vor Jahren fuhr ich vom Süden Deutschlands nach Köln mit einer Dame aus meinem Heimatort. Wir unterhielten uns sehr angeregt, sie erzählte mir, dass sie geschäftlich von der Gemeinde aus nach Aachen muss etc. Beim Abschied sagte ich ihr, wenn wir uns wieder treffen sollten, dass sie mir sagt, dass wir uns kennen.
Eines Tages kam die Dame zu einer Lesung von mir, die ich in meiner Gegend hatte. Sie tippte mich an und sagte, wir kennen uns von einer Bahnfahrt. Da war alles bei mir da, wohin sie fuhr, warum sie dort hin fuhr, aber ihr Gesicht erkannte ich nicht. Am Ende der Lesung erzählte ich die Geschichte allen Anwesenden, seit jener Zeit bin ich so offen zu erklären wie es um mich steht, dass das nichts mit Arroganz oder Überheblichkeit zu tun hat und bitte die Leute mir in Zukunft zu sagen, dass wir uns kennen, das ist für alle gut. Ich finde meine Unzulänglichkeit nicht mehr belastend, nur habe ich sie leider an meinen Sohn vererbt, dafür hat er sich schon lachend bei mir bedankt!!
Ich bin so froh, diesen Artikel und Eure Kommentare gefunden zu haben! Schon seit 25 Jahren geht mir das so bzw. seitdem ist es mir bewusst – Leute grüßen mich, und ich weiß garnicht, wer das ist. Ständig! Früher in der Uni hab ich manchmal nachgefragt, manchmal war es mir aber zu peinlich, nachzufragen, und man hat sich so auf dem Weg zur U-Bahn unterhalten und dann war irgendwann der Zeitpunkt überschritten, an dem man noch ohne lächerlich zu wirken fragen konnte. So hatte ich mehrere längere Gespräche und Zugfahrten ohne zu wissen, wer da vor mir saß. Fand ich immer ziemlich strange im Nachhinein. Oft sind Leute auch traurig oder sauer, weil ich sie nicht erkenne. Es wirkt scheinbar auch oft arrogant oder desinteressiert. Ich gebe mir soviel Mühe, die Leute zu erkennen, aber es klappt einfach nicht immer und heute musste ich sogar deswegen weinen – und dann platzte mir der Kragen und ich dachte, nun nach 25 Jahren: “das ist doch nicht normal”, hab googelt, und voila! Ihr habt mich wirklich beruhigt. Vielen Dank und alles Gute Euch! Wir sind deswegen keine schlechten Menschen. :-*
Ich kenne auch die Situation vom Unterrichten an der Uni. Ich habe mit Leuten total intensive Gespräche geführt und konnte sie nicht wiedererkennen, wusste nicht, wer zu meiner Gruppe gehört und habe mich da so durchlaviert. Ich kann mir alle Details eines geführten Gesprächs merken, was die Argumente der Studierenden waren und was ich ihnen geraten habe. Sie sind dann oftmals so enttäuscht, wenn ich mich vermeintlich beim nächsten Treffen nicht mehr an das Gespräch erinnern kann, was für sie wichtig war. Dabei kann ich mich an das Gespräch erinnern, ich weiß nur nicht, dass das die Person ist, mit der ich es geführt habe.
Dafür hätte ich gern eine bessere Strategie, die Leuten klarmacht, dass es kein Desinteresse ist, sondern nur eine andere Wahrnehmung ihrer Person. Häufig weiß ich, was für eine Tasche jemand hatte oder welchen Block oder Stift. Aber in neuer Situation das gleiche Gesicht wiederzuerkennen, fällt mir schwer. Manchmal haben Leute Eigenheiten, auch im Gesicht, die es total leicht machen. Manchmal andere verbindende Momente, die dazu führen, dass ich jemanden wiedererkenne (vermutlich Mimik in einer Gesprächssituation). Aber in jeder Runde gibt es ein paar Personen, von denen ich schon vorher weiß, dass ich total Mühe haben werde, sie wiederzuerkennen.
Hallo zusammen,
Ich konnte mit 14 meinen Freund im Freibad bereits von weitem erkennen, obwohl er viel zu weit weg war, damit ihn ein “normaler” Mensch erkennt.
Hatte mir seine Gangart eingeprägt.
Achte auf Umrisse und Bewegungsabläufe, Gestik, Haarschnitt, Farbe.
Habe bei einer Konferenz festgestellt, dass ich meine Kollegen abscanne. Und in meinem Unterbewusstsein memorisiert hatte, welche Körpermaße sie beim letzten Scan hatten. War ganz erstaunt, dass mir zuvor bei einigen gar nicht aufgefallen war, dass sie zu oder abgenommen hatten.
Mir ist es auf einer Konferenz passiert, das ich eine Kollegin nicht kannte.
Sie sagte sehr viel.
Aber sie wurde nicht als neue Kollegin vorgestellt.
Das Ganze war nach den Sommerferien.
Habe erst verstanden wer sie ist, als ich eine Kollegin vermisste.
Es war jemand den ich sehr schätze und auch immer viel mit gesprochen hatte. Nur hatte die Kollegin wegen einer Autoimmunerkrankung auf einmal eine Perücke und bei mir war sie mit flach am Kopf anliegendem Haar ohne Volumen abgespeichert.
Ich kann mir beispielsweise auch die Lage der Augenbrauen etc. merken.
Probleme bereiten mir die Falten von Menschen, welche Gesichtsunterschiede ergeben.
Die sehe ich nicht.
Ich verwechsel Menschen wenn sie einen ähnlichen Charakter haben, speicher sie dann unter Wesenseigenschaften ab.
Von manchen Kindern kann ich ganze Bewegungsabläufe pantomimisch darstellen.
Im übrigen habe ich einen sehr schlechten Orientierungssinn.
Merke mir Wegen anhand von Reklame.
Kann mir die Abzweigungen aber nicht im Kopf von oben wie bei einem Stadtplan vorstellen.
Oder selber rausfinden, wie ich Wege in der Stadt abkürzen kann.
Benötige einen Stadtplan, um mir in einer neuen Stadt einen räumlichen Überblick über das Wegenetz einer Stadt erarbeiten zu können.
Bin in Köln deshalb immer nur mit Freunden raus und wie ein Hund hinterhergerannt.
Dann bin ich mal ganz früh in die Stadt, damit ich nicht Menschen sondern Farben sehe.
Danach konnte ich mich auch alleine besser zurechtfinden.
Wenn ich zu eigentlich einfachen Gebäude möchte, muss ich mir vorher aber immer noch mal den Weg auf dem Stadtplan einprägen.
Besonders schlimm finde ich Menschen mit nassen Haaren im Schwimmbad.
Da hat man kaum mehr Chancen.
Insbesondere, wenn man Sie im Wasser trifft.
Da erkenne ich nur noch Familienangehörige wieder.
Wurde bei den Probanden auch der Orientierungssinn untersucht?
Hallo!
Sehr interessant! Vor einiger Zeit sah ich einen Fernsehbericht über das Thema, wobei für mich ein extremer Fall geschildert wurde, eine Frau, die ihre eigenen Kinder nur an der Kleidung erkennt, wenn sie sie aus der Kita holt. Damals musste ich schmunzeln und dachte, man gut, so schlimm ist es bei mir ja zum Glück nicht!
Nun arbeite ich immer mit Menschen, bei meinem letzten Job in einem Café war es mir immer ein Graus, die Bestellungen, die bei mir am Tresen geordert wurden, dann auch den richtigen Kunden auszuhändigen. Ich habe dann immer die Kollegen fragen müssen und dann am Tisch in die Gruppe gefragt, wer was bekommt.
Mittlerweile nehme ich es gelassen, oft sage ich beim ersten Kontakt mit z.B. Eltern von Mitschülern meiner Kinder, dass ich nicht böswillig “nicht Grüße”, sondern es immer ziemlich lange brauche, bis ich sie wieder erkenne.
An der Rezeption beim Arzt, wo ich derzeit arbeite, rate ich dann immer anhand meines Timers, welcher Patient vor mir steht, obwohl ich ihn 5 min vorher noch namentlich zum Arzt rein geschickt hatte. Manche, die vom Schema F abweichen und nicht aussehen wie alle anderen (in meinen Augen sehen alle Mädchen zwischen 13-19 Jahren gleich aus: mittelblonde lange glatte Haare, dünn…), kann ich dann doch wieder erkennen. Ist es dann eine leichte Form davon?
Meinem Bruder geht es im Übrigen genau so, meine Kinder haben es zum Glück nicht, mein Mann erkennt Schulfreunde, die er 40 Jahre vorher mit 10 Jahren das letzte Mal gesehen hat, ich bin immer völlig perplex. (Dafür kann ich mir jede Straße merken und er nicht!) Dyskalkulie oder Legasthenie habe ich auch nicht.
Ich habe ebenfalls Probleme mir Gesichter zu merken/erkennen… würde es aber nicht so extrem beschreiben. Die Gesichter von Familienmitgliedern kenne ich, auch jene welche ich schon öfters betrachtet habe kann ich mir vorstellen und zuordnen…
Aber wenn ich ein Gesicht nicht mit etwas Besonderem verknüpfen kann, kann ich das Gesicht nicht abrufen… das ist für mich besonders schwer, da ich in einer Gastronomie gearbeitet habe, wo es unangenehm ist wenn ich weiss dass diese Person zwar Gestern Abend bei uns war, ich aber keinen Namen etc. zuordnen kann, weil ich das Gesicht nicht damit verbinden kann. Des weiteren arbeite ich als Sanitäterin, wo ich nach einem Patiententransport wiederum der Person kein Gesicht zuordnen kann… aber Haarfarbe, Kleidung schon.
Es fällt mir auch besonders schwer, da ich in einem Dorf wohne. Wenn ich schonmal mit jemandem gesprochen habe, und der läuft mir dann 2 Wochen später wieder über den Weg kann ich mich erst daran erinnern, wenn sie/er sagt dass wir eben vor 2 Wochen über dies und jenes gesprochen haben.
Mein Freund ist mir immer eine Stütze, weil er diese Schwäche kennt und bei Personen, wo kein enger Kontakt besteht, sagt er dann beim Aufeinandertreffen immer Schlagworte, damit ich sie zuordnen kann.. Es sind eben so Sachen die ich mir Merke: Namen, Haarfarbe, Kleidung, Körpergröße, Stil… aber wenns um die Konstruktion eines Gesichtes geht, und der Person so eine Identität zuordnen will steige ich aus…
Besonders schlimm war es für mich letztens als ich bei der Rettung war und eine Dame in Uniform hereinkam… sie sagte sie kennt mich und hat mich sofort mit Namen angesprochen… ich habe sie nicht erkannt… eine Woche später kam ich drauf, dass sie sich die Haare schneiden ließ und dadurch, dass sie Besonderheiten, wie Stil etc durch die Uniform verschwinden lies, konnte ich meine (doch etwas weiter entfernte) Nachbarin nicht erkennen.
Ich frage mich eben ständig, ob es “normal“ ist, da die Stärken/Schwächen der Menschen unterschiedlich sind, ob ich vielleicht wirklich nur zu unkonzentriert bin und das Trainieren kann oder ob es eben eine “Fehlfunktion“ ist, wo ich nichts dafür kann… dann könnte ich es akzeptieren und würde mich dafür nicht so kritisieren.
Ich lese gerade mit Tränen in den Augen die Kommentare. Juchuuu, so schräg bin ich also doch nicht. Ich erkenne meine engsten Verwandten zum Glück, bei meinen Freundinnen kann allerdings schon eine neue Haarfarbe zu Irritationen führen. Wenn im Film 2 Männer dunkle Haare, Bart und Brille haben, bin ich raus. Ich versuche verstärkt, Menschen an der Stimme zu erkennen.
Ich könnte leider nicht mal sagen, welche Farbe die Tapete hatte, wenn ich in einem fremden Zimmer war. Will ich mir allerdings bewusst Dinge merken, kann ich das sogar sehr gut; beim Memory spielen z.B.
Hallo,
ich kenne das auch: Inder Kita / Schule konnte ich nicht sagen, wer mich geschubst/ geärgert/ beklaut hat….
Auf der Arbeit: Hab immer eine junge, blonde, dünne Kollegin (mit der ich mal kurz zu tun hatte) mit blauen Augen und langen blonden Haaren gegrüßt… Bis ich sie mal mit Ihren 2 anderen Kolleginnen zusammen gesehen habe-ups 3 verschiedene Personen. Im direkten Vergleich erkennbar, aber später wieder einzeln nicht mehr.
Wurde auch schon auf der Straße mit Namen angesprochen: Ich dachte so: Hä, wer ist das, kenn ich nicht. Hab ausweichend geantwortet. Später stellte sich heraus, dass ich mit der Kollegin manchmal in der Teeküche plaudere…
Wenn ich mit Leuten jeden Tag Kontakt habe geht es, da kann ich mir sogar die Namen ganz gut merken. wenn ich Urlaub hatte, muss ich mich erst wieder reinfinden. Dann sehe ich mir “alte” eMails an. Meistens fällt mir der Name dann wieder ein.
Wenn ich sage, ich bin Gesichtstsblind, lachen erst mal alle, weil sie es für einen Scherz halten…
Ich glaube, ich habe auch eine leichte Form der Legasthenie (liegt bei uns bei den Jungs in der Familie (Bruder, 3 Neffen, mein Sohn). Bei mir betrifft es nur die Rechtschreibung/Grammatik. Ich starre manchmal “ewig auf die Autokorrektur und suche den Fehler.
Habe vor einigen Jahren auch mal von dem fall der mutter gelesen, die Ihre Kinder nur an der Kleidung usw. erkennt. Da dachte ich, dass ich noch mal Glück gehabt habe. Aber auf alten Kinderfotos meines Sohnes erkenn ich ihn auch nicht mehr, weiß nur dass mein Sohn ist. Das war auch meine größte Angst nach der Entbindung, dass ich ihn nicht erkenne. Aber zum Glück gibt es wohl sowas wie Mutterinstinkt…
Bin inzwischen 54 Jahre alt, hatte schon verschiedene Jobs (auch Sekretärin/Assistenz) und sehe das alles inzwischen gelassenen.
Ich leider auch darunter. Je besser ich eine Person kenne, desto besser erkenne ich sie wieder, auch in einer ungewohnten Umgebung oder mit einem anderen Kleidungsstil. Aber wenn ich jemanden nur 1x oder nur selten gesehen habe, ist die Wahrscheinlichkeit gleich Null, dass ich ihn beim nächsten Mal wiedererkenne, es sei denn, er hat ein besonderes Merkmal. An der Uni hatte ich mal einen Bekannten, der seinen Arm eingegipst hatte, als wir uns kennenlernten. Als ich ihn zum ersten Mal ohne Gips gesehen habe, habe ich ihn nicht erkannt. Erst als er mich angesprochen hat, habe ich ihn an der Stimme erkannt. Ich kenne auch das Phänomen, dass ich 2 Personen nicht auseinander halten kann. Oft bemerke ich auch erst nach längerer Zeit, oder wenn ich sie zufällig zusammen sehe, dass es überhaupt 2 Personen sind.
Und natürlich halten mich viele für arrogant oder “komisch”, wenn ich sie nicht grüße, wenn ich sie zufällig irgendwo treffe. Manchmal ist es auch umgekehrt, da glaube ich, jemanden zu kennen und grüße ihn, aber es stellt sich dann raus, dass es eine ganz anderen, mir unbekannte Person ist.
Aber ich gehe inzwischen auch recht gelassen damit um und sage es den Leuten auch, dass ich echt Schwierigkeiten habe, mir Gesichter zu merken. Davon ab ist mein Gedächtnis Bombe und ich benutze zum Beispiel kaum meinen Terminkalender. Wahrscheinlich freie Kapa, die nicht zum speichern von Gesichtern genutzt wird 😉
Mein Orientierungssinn ist hundsmiserabel, aber schreiben und rechnen kann ich.
Ich glaube das exakt das Gegenteil der Fall ist.
Das Gehirn muß zum erkennen einer Person nicht nur das Gesicht abspeichern sondern extrem viele Zusatzdaten wie Figur, Stimme, Geruch, Ort, Einzelheiten vom Gesicht(Kopform, Frisur etc.). Daher meine Vermutung, dauert es auch länger (ich muß jemanden öfter sehen) damit ich jemanden wieder erkenne.
Ich bin um die 40 und mir war noch nie bewust, das ich wohl Gesichtsblind bin, mein Gehirn hat das komplett kompensiert und teilweise wohl ignoriert und auf Vergesslichkeit abgeschoben.
Ich kann gleiche Gesichter zwischen anderen zuordnen. Bilder helfen mir anscheinend, d.h. ich kann mich an das Bild vom Gesicht und wie das darauf aussieht erinnern. Das scannen vom Körper etc. läuft bei mir unterbewust ab, ich hab da bisher noch nie darauf geachtet. Probleme habe ich anscheinend, wenn ein gesicht in unatürlichem Winkel von Oben under unten Fotografiert ist. Außerdem scheint es Personen zu geben die ich schlechter wieder erkenne…..ich werde versuchen dem nach zu gehen um raus zu finden an was das liegen könnte (Gesichtsform, zu wenig andere Merkmale etc.).
Ich kenne das auch. Aufgefallen ist es mir erst, als ich beruflich (Beratung) mit immer mehr Menschen zu tun hatte. Wenn ich nach Monaten oder Jahren von ihnen angesprochen werde, kann ich sie nicht einsortieren, obwohl sie mich sofort erkennen. Dann bitte ich immer um kurze Stichworte, in welchem Zusammenhang wir uns begegnet sind. Meist blitzschnell fallen mir dann sämtliche Einzelheiten und Details unseres letzten Gespräches wieder ein. Das ist dann so detailliert, dass sich mein Gegenüber keine Gedanken mehr darüber macht, warum ich sie/ihn nicht gleich erkannt habe. Ich habe viele Strategien entwickelt, um die fehlende Gesichtserkennung zu kompensieren. Neben Frisur, Größe, Statur, Kleidung, Gestik, Gang, besondere Merkmale, Stimme, Dialekt, Geruch ist es auch die “Ausstrahlung”. So ist es mir mehrmals passiert, dass ich bessere Bekannte plötzlich nicht mehr einordnen konnte, weil sie in einer für sie untypischen Stimmung wie Wut oder Trauer waren. Vorher konnte ich sie gut erkennen auch wenn sie Frisur, Kleidung, Brille etc. veränderten.
Lästig ist es, wenn ich jemanden in einer Menschenmenge suche mit dem ich mich kurz vorher noch unterhalten habe oder dem ich mehrmals vorher begegnet bin. Wenn ich dabei vergaß, mir prägnante Details bewusst zu merken, frage ich schon mal enge Bekannte, ob sie XY irgendwo sehen könnten.
Manchmal grüße ich auf der Straße auch Wildfremde, weil ich sie verwechselt habe. An dem fragenden leeren Blick erkenne ich dann schnell meinen Irrtum. Ich murmele dann ein kurzes “Entschuldigung, habe sie verwechselt” und mache mir nichts weiter draus. Schließlich können sie ja nicht wissen, wie oft mir das passiert !
So richtig bewusst ist mir meine Gesichtserkennungsschwäche geworden, als ich bei der Polizei einen Trickbetrüger anhand von Fotos wiedererkennen sollte, der mich nach einem längeren Gespräch bestohlen hatte. Ich konnte zwar viele äußere Merkmale, was Kleidung, Alter etc. betraf, gut beschreiben aber als es um das Gesicht ging (Nase, Augen, Mund) gab es im Gedächtnis nur noch eine weiße Wand. Erst als ich gegenüber dem Polizisten zugab, dass ich eine Gesichtserkennungsschwäche habe, hörte er auf nachzubohren. Er kannte das Phänomen bereits.
Da ich noch relativ jung (19) und extrem kurzsichtig bin habe ich andere Personen vermutlich automatisch durch offensichtliche Merkmale und die Stimme im Gedächtnis gespeichert aber in den letzten Jahren fiehl es mir immer mehr auf, dass ich mich nicht an die Gesichter der Menschen aus meinem Umfeld erinnern, bzw. sie mir bildlich vorstellen kann. Familie und Freunde erkenne ich, wie bereits einige hier vor mir beschrieben haben ganz normal, doch wenn ich in eine Gruppe von Fremden komme, dann kann ich die Gesichter nicht unterscheiden, sie verschwimmen praktisch in einander.
Ich kann zudem keine Ähnlichkeit zwischen Menschen erkennen, beispielsweise wenn jemand fragt, ob man dem Vater etc. ähnlich sieht.
Ich bin dadurch schon in die eine oder andere Situation der Verwechselung geraten und habe es bislang auf meine Kurzsichtigkeit, mit der ich aufgewachsen bin geschoben. Seit dem ich eine Brille trage sehe ich die Gesichter zwar scharf aber merken kann ich sie mir trotzdem nicht.
Unglaublich…
Gerade habe ich mir eine Folge der Rosenheim-Cops angesehen in der ein Zeuge Prosopagnosie hatte.
Auch ich dachte bis gerade dass es mir alleine vorenthalten ist Personen mit denen ich nur wenig Kontakt hatte oder bekanntere Personen in fremden Umfeld nicht wiederzuerkennen.
Bei mir ist das Problem mit ähnlich aussehenden Schauspielern in Filmen ebenso. Wenn man dann das 3. mal nachfragt wer denn das jetzt ist denkt das gegenüber doch schon an verarsche 🙈
Endlich kann ich es erklären und hab hier einige Tipps gefunden 👍
Hallo zusammen,
auch ich habe erhebliche Probleme, Gesichter wiederzukennen, bemerke es aber erst stärker seit der Geburt meiner Kinder, wo ich sehr viel mehr unregelmäßige Kontakte mit Personen habe (Eltern und Kindern) und diese erst nach vielen Treffen wiedererkenne. Was mir auffällt, ist, dass ich mir bekannte Gesichter irgendwann sehr gut einpräge, so dass sie mir als Schablonen für die weniger bekannten Gesichter dienen (viele Personen sehen dann für mich aus wie eine mir bekannte Person). Auch Zwillinge kann ich nach langer Bekanntschaft sehr gut auseinanderhalten, vielleicht weil ich sie mir sehr genau anschauen muss, um sie überhaupt zu erkennen? Es scheint so zu sein, als würde mein Gehirn besonders viel Energie darauf verwenden, das Defizit zu überwinden und sich deshalb bei jedem Treffen eine Verfeinerung und Konkretisierung der Speicherung vorzunehmen. Wie von anderen Personen geschildert werden aber keine für mein Gehirn aktiv zugängliche Bilder gespeichert (ich kann nicht einmal meine eigene Augenfarbe beschreiben und könnte kein Phantombild von mir selbst oder meiner Familie erstellen). Auch habe ich meine eigene Mutter im Kindergarten nicht erkannt, als sie sich als Weihnachtsmann verkleidet hatte. Die anderen Kinder schon… Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass ich fast nie in den Spiegel schaue (z. B. beim Händewaschen immer auf meine Hände). Ich habe kaum Interesse an meinem eigenen Gesicht! Wahrscheinlich weil ich das nicht erkennen muss, ich weiß ja, wer ich bin…
Ist das hier noch aktuell und gemanagt? Was genau würden Sie derzeit zu diesem Thema wissen wollen und was würde schreiben Forschung voranbringen?
in unserem Falle ist uns die Prosopagnosie im Rahmen eines Intelligenztests für Kinder bei unserem 5 jährigen Sohn aufgefallen. Und mit weitere Beschäftigung damit bewusst geworden, dass wir beide Eltern das wohl auch schon immer hatten…. aber was jetzt machen mit der Erkenntnis!?
Der Begriff “Gesichtsblindheit” trifft es bei mir nicht. Ich erkenne Gesichter – allerdings sehen alle/viele zum Verwechseln ähnlich aus.
Personen erkenne ich in der gewohnten Umgebung bzw. in ihrer gewohnten Art. Es reicht aber ein kleine Veränderung wie. z.B. Haare offen tragen, Hüte, Bärte, Brille etc. und ich komme an meine Erkennungsgrenze.
Mein Wiedererkennungsrate hängt wohl davon ab, wie lange ich jemanden kenne und wann der letzte Kontakt war.
Neue Gesichter bekomme ich zunächst gar nicht abgespeichert. Wenn ich ein Erkennungsfoto erstellen müsste, käme da nur Nonsens raus.
Neulich war ich in einem Theaterstück wo Schauspieler mehrere Rollen spielten. Als die Schauspieler am Schluss des Theaterstücks auf die Bühne kamen und ich nachfragte, wo denn die anderen Schauspieler seien, wurde ich mit ungläubigen Blicken überhäuft.
Als Kind habe ich über meinen Vater gelacht, der bekannte Menschen plötzlich nicht mehr zuordnen konnte. Da war z.B. der Sohn der Nachbarin, den er als verspäteten Handwerker beschimpfte oder der Onkel, der uns zu unserer Ferienpension gefahren hat und den mein Vater plötzlich als allzu neugierigen Einheimischen wahrnahm, der einfach mit zur Zimmerübergabe gekommen ist.
Heute ist mir klar, dass ich dieses „Problem“ wohl geerbt habe… Menschen, die ich nur oberflächlich kenne, erkenne ich nicht, wenn ich sie irgendwo treffe, Kunden, die ich im Außendienst besuche erkenne ich oft nur dann zweifelsfrei, wenn sie in ihrem ureigensten Büro sitzen und und und… Ich bin es schon gewohnt, solche unangenehmen Situationen zu überspielen.
Immerhin weiß ich nun, dass es sich um ein Krankheitsbild handelt, dass ich mit vielen Menschen teile. Danke dafür.
Ich bin mir halt nur nicht sicher ob ich es hab. bei mir ist es so, wenn ich jemanden neues einmal treffe, Den dann aber erst ein paar wochen später wieder sehe, das ich die person dann nicht erkenne. Auch idt es so, Ich habe einen kollegen der am anderen ende der Schweiz wohnt. ich weiss eigentlich wie er aussieht kanns mir aber nicht merken, Allerdongs sobald ich ihn sehe fällt es mir wieder ein. Ich selbst gehe davon aus das ich die krankheit selbst nicht habe, dennoch habe ich aufgrund ads, Borderline und rezidivierender depression eine gewisse merkschwäche. Ich kann mir generell wenig merken
Durch Zufall finde ich diese erhellende Seite. Danke!
Mein Problem ist
a. dass ich mir nur einige Gesichter einfach nicht merken kann, selbst wenn ich mit den Personen schon musiziert oder zusammen gegessen hatte. Ich kann sie mir dann vor allem nicht vorstellen, wenn sie nicht da sind, so sehr ich auch versuche, mir das Gesicht vorzustellen. Wenn sie zu mir nach Hause kommen und ich weiß davon, kein Problem. “Aha, jetzt merke ich mir aber wie du aussiehst” – meiste vergeblich.
Auf der Straße würde ich manche nicht erkennen, die ich z.B. aus der Arbeit gut kennen sollte. Kennen und Gesicht Erkennen ist anscheinend nicht der selbe Vorgang.
Warum z.B. Gesichter in Krimis von Zeugen so beschrieben werden können, dass ein Phantombild entsteht, war mir immer ein Wunder.
b. Auch ich kann in Filmen der Handlung nicht folgen, wenn zwei Darsteller, vor allem Männer, sich in wesentlichen Merkmalen – ja komischerweise wieder: blond! – ähnlich sehen, denn dann kann ich sie nicht auseinander halten.
Und natürlich kenne ich die peinliche Situation, wenn man jemand Bekanntes in einem neuen Zusammenhang trifft. Habe das allerdings immer für normal gehalten.
Die Seite hat mich mit mir selbst versöhnt! Als Lehrkraft am Gymnasium brauche ich den Großteil meiner Energie, Namen und Gesichter zu kombinieren. Ich fotografiere die Schüler und Schülerinnen, lerne in den ersten Wochen fast täglich die Namen, um dann vor der Klasse zu stehen und mich zu fragen: Wer sind denn die? Die habe ich noch nie gesehen!
Sobald jemand seine Frisur ändert, eine andere Brille hat oder die Pulli-Farbe wechselt, ist es vorbei…