Gott ist tot? Vielleicht.

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Von Steinen bis zu den Sternen
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Das enfant terrible der Kosmologie hat wieder zugeschlagen!

Gott (Ecalan, Wikimedia Commons, CC-BY-SA 3.0 unported)
Gott (Ecalan, Wikimedia Commons, CC-BY-SA 3.0 unported)

Hätten die Naturkonstanten nach dem Urknall nur unwesentlich andere Werte angenommen, wären Atomkerne, Gasnebel, Sterne, Planeten und Galaxien vielleicht nie entstanden. – Haben sie aber nicht und so sind wir heute hier. Ist das ein Zufall? Hat gar eine göttliche Hand vorherbestimmt, wie sich das Universum bis hin zur Entstehung des Lebens zu entwickeln habe?

Der kanadische Kosmologe und ehemalige Steven Hawking-Doktorand Don Page machte vor wenigen Tagen darauf aufmerksam, dass zumindest eine Naturkonstante gar nicht exakt auf die Entstehung von gewöhnlicher Materie (und allem was danach kam) abgestimmt ist (arXiv 1101.2444).

Die kosmologische Konstante ist ein Ausdruck für den Kitt des Universums. Ein zu kleiner Wert lässt das Universum bald nach dem Urknall wieder kollabieren. Ein zu großer reißt die Teilchen zu schnell auseinander, so dass Galaxien, Sterne, Planeten und über sie grübelnde Physiker nie entstanden wären.

Diese Konstante ist eine Art enfant terrible der Kosmologie. Von Einstein aus der Verlegenheit eingeführt, ein statisches Universum aus seiner Theorie ableiten zu müssen (was ohne sie nicht gelang), wurde sie erleichtert aus den Modellen gestrichen, als Edwin Hubble die Expansion des Alls nachwies. Erst nach 1998 kehrte die Konstante zurück, als anhand von 1a-Supernovae und dem Mikrowellenhintergrund klar wurde: Das Universum expandiert nicht gleichförmig. Es beschleunigt seine Expansion. Das passte vielen Kosmologen nicht in ihre Modelle und ist eine andere Geschichte.

Page weist auf eine andere Implikation der neu bestimmten Konstante hin: Sie ist zu groß. Das klingt überraschend für eine Zahl mit 43 Nullen hinter dem Komma. Doch wäre sie kleiner oder gar ein bisschen negativ, hätten sich nach dem Urknall mehr Baryonen, also schwere Teilchen wie Protonen und Neutronen gebildet, aus denen dann mehr Sterne und lebensfreundliche Planeten entstanden wären.

Eine starke Form des anthropischen Prinzips besagt, dass wir in einem Universum leben, das besonders gut für die Entstehung von Leben geeignet ist. Wäre das nicht so, wären wir nicht hier. Laut Page müssten wir dieses in der Naturwissenschaft durchaus kontrovers diskutierte Prinzip nun abschwächen. Wirklich herausragend gut ist das Universum nicht auf unsere Existenz optimiert.

Zum Glück besteht für Theisten eine Resthoffnung, dass wir doch in Gottes auserwähltem Universum leben: Page hat nämlich ausschließlich die kosmologische Konstante betrachtet und andere fundamentale Naturkonstanten ignoriert. Es könnte durchaus sein, dass ihre Werte voneinander abhängen und man keine von ihnen unabhängig verändern kann.

Für diesen Fall würde ich es weiterhin Douglas Adams überlassen, die Existenz von Gott zu widerlegen:

“Ich weigere mich zu beweisen, dass ich existiere”,
sagt Gott,
“denn ein Beweis ist gegen den Glauben,
und ohne Glauben bin ich nichts!”
“Aber”,
sagt der Mensch,
“der Babelfisch ist doch eine unbewusste Offenbarung,
nicht wahr?
Er hätte sich nicht zufällig entwickeln können.
Er beweist, dass es dich gibt,
und darum
gibt es dich, deiner eigenen Argumentation zufolge, nicht.
Quod erat demonstrandum.”
“Ach, du lieber Gott”,
sagt Gott,
“daran habe ich gar nicht gedacht”,
und löst sich in ein Logikwölkchen auf.
“Na, das war ja einfach”,
sagt der Mensch
und beweist, weil’s gerade so schön war,
dass schwarz gleich weiß ist,
und kommt wenig später auf einem Zebrastreifen ums Leben.

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Karl Urban wäre gern zu den Sternen geflogen. Stattdessen gründete er 2001 das Weltraumportal Raumfahrer.net und fühlt sich im Netz seitdem sehr wohl. Er studierte Geowissenschaften und schreibt für Online-, Hörfunk- und Print-Publikationen. Nebenbei podcastet und bloggt er.

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