Bewusstseinsveränderungen, Avatare und virtuelle Welten – Von der Manipulationen unserer Geisteszustände bis zur Veränderung unserer phänomenalen Selbstwahrnehmung

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Grenzgänge in den heutigen Wissenschaften
Beobachtungen der Wissenschaft

Seit Jahren kündigen uns Wissenschaftler und Technologie-Unternehmen den unmittelbar bevorstehenden Durchbruch einer Technologie an, die massive Auswirkungen auf unseren Lebensalltag verspricht: die virtuelle Realität (VR). Firmen wie Facebook und Sony geben Milliarden aus, um den Menschen eine neue Welt vorzuspielen – und dies ist zunächst durchaus wörtlich zu nehmen, denn noch immer stellen Videospiele die Hauptdomäne der Anwendungen von VR-Technologien dar. Doch können wir den Protagonisten der Disziplin diesmal Glauben schenken, so sind die Computer unterdessen schnell genug, und die virtuelle Realität steht nun (endlich) „vor der Tür unseres Alltagslebens“.

Doch lässt sich aus all der (Video-)Spielerei überhaupt etwas ernsthaft Interessantes gewinnen? So manche frustrierten Eltern von videogame-süchtigen Kinder freuen sich vielleicht über die Antwort: Tatsächlich stellt die Erforschung und Entwicklung virtueller Realitäten ein „interessantes Werkzeug, den menschlichen Geist zu erforschen“ dar, so der Neuro-Philosoph Thomas Metzinger. Um genauer zu verstehen, wieso dies so ist, bedarf es eines Blicks auf die moderne Neuroforschung. Denn immer präziser vermögen die Hirnforscher unterdessen zu vermessen, welche Regionen in unserem zentralen Denkorgan für bestimmte Regungen, Gefühle, Reaktionen und Wahrnehmungen zuständig sind, und wie wir in unserem Gehirn die zahlreichen Reize der Innen- und Außenwelt aufnehmen, verarbeiten und zu konkreten Reaktionen werden lassen. Dabei zeigt sich, dass all diese Vorgänge nicht fix vorgegeben sind, sondern sich (teils sogar verhältnismäßig leicht) manipulieren lassen, unter anderem durch das Erzeugen virtueller Realitäten. Mit anderen Worten, unsere Fähigkeiten und die Funktionen des einheitlichen bewussten Erlebens sind nur begrenzt stabil. Diese Erkenntnis führt zu neuen, radikalen Antworten auf die Frage, was unser Bewusstsein und Erleben selbst ausmacht, und wie sich dieses ggf. beeinflussen lassen.

Wenn wir etwas empfinden, über etwas nachdenken oder etwas unternehmen, sind wir uns bewusst, dass wir es sind, die diese Gefühle haben, diesen Gedanken anhängen oder dieser Tätigkeit nachgehen. Wir verfügen also wissentlich subjektiv über mentale Zustände wie Wahrnehmungen, Emotionen, Erinnerungen und Gedanken und können diese als solche erkennen. Solche bewussten Zustände treten insbesondere dann auf, wenn wir komplexe Informationen über die Umwelt und unseren eigenen Körper mit Erinnerungen früherer Erfahrungen vergleichen und für flexible Verhaltensplanung benutzen. Sie schaffen in uns das Phänomen des Erlebens, d.h. eine an die subjektive Innenperspektive gebundene, als bewusst wahrgenommene, bei uns oft mit einem Ich-Empfinden verbundene Darstellung der Außenwelt, eine mentale Welt im Gehirn, in der wir wahrnehmen, fühlen, denken und planen. Philosophen sprechen in diesem Zusammenhang von einem „phänomenalen Selbst“. Dass dieses Erleben mitsamt einer Ich-Empfindung keinesfalls selbstverständlich ist, zeigen zahlreiche Beispiele neurologischer Krankheiten und psychischer Ausnahmezustände, beispielsweise Wahrnehmungen unter dem Einfluss von Drogen und Halluzinogenen. Unter Neurowissenschaftlern mehrt sich die Auffassung, dass das „Ich“ nichts anderes als eine − wenn auch von uns nur schwierig oder gar nicht zu erkennende – mentale Konstruktion ist, die von unserem Gehirn erzeugt wird, um selektiv und effektiv Informationen darzustellen und zu verarbeiten (zu „repräsentieren“, wie es die Philosophen ausdrücken). Ein an sich existierendes, irreduzibles „Selbst“ gibt es dagegen nicht. Was es gibt, ist das erlebte Gefühl des „Ich-Seins“ und die ständig wechselnden Inhalte des Bewusstseins von uns selbst.

Wie kommt es dann aber, dass wir dennoch an unserer ureigenen Überzeugung der Konstanz eines ‚Ichs‘ festhalten, dass wir immer der oder die gleiche sind, der oder die all dies erlebt? Es ist tatsächlich eine Meisterleistungen unseres Gehirns, dass wir trotz dieser unaufhörlichen und omnipräsenten Vergänglichkeit den Eindruck haben, immer stets dasselbe Ich zu sein, welches in der jeweiligen Vorstellung eines momentanen „Jetzt“ − also in einer zeitlichen Einheit – lebt und erlebt.

Im Allgemeinen produziert unser Gehirn das, was Philosophen ein „Modell der Welt“ nennen. Mit diesem schafft unser Gehirn zugleich ein Modell unseres Selbst. Der Inhalt eines solchen „Selbstmodells“ ist das bewusste Selbst. Dieses phänomenale (direkt erlebte) Selbstmodel ist also eine interne Repräsentation (ein Modell), welches sich unser Gehirn auf Ebene eines bewussten Erlebens von sich (uns) selbst in einer jeweiligen Umwelt macht. Es konstruiert also ein inneres Bild von unserer Person als Ganzes, inklusive unserer mentalen, psychologischen und sozialen Eigenschaften, welches uns hilft, Informationen möglichst effizient zu verarbeiten, geeignete Vorhersagen zu treffen und in einem sozialen Umfeld zu interagieren. Dies ist es, was uns schließlich sagen lässt „Ich bin“ oder „Ich habe“. Zugleich macht uns unser Selbstmodell zu naiven Realisten: Es lässt uns glauben, dass die Welt bzw. wir wirklich und essentiell so sind, wie das Modell in unserem Gehirn dies repräsentiert. Denn wir vermögen unser Selbst nicht als das Resultat eines solchen Modellierungs- und Repräsentationsvorgangs wahrzunehmen. Doch indem sie soziale Kognition und damit die Entwicklung von kooperativem Verhalten ermöglichen, erlauben erst Selbstmodelle die Bildung der uns bekannten sozialen und gesellschaftlichen Strukturen. Selbstmodelle gestatten somit auch eine evolutionsbiologische Sicht auf ihre Entstehung, indem man sie gerade aufgrund ihrer sozialen Potenz im „kognitiven Wettrüsten“ verschiedener Arten als spezifisch vorteilhaft erkennt. Mit anderen Worten, phänomenale Selbstmodelle gaben unseren Vorfahren große Vorteile im Überlebens- und Fortpflanzungskampf.

Unterdessen lassen sich solche phänomenalen Selbstmodelle auch empirisch und experimentell untersuchen, wie der indische Neuropsychologe Vilayanur Ramachandran bereits vor einigen Jahren in einer Reihe von so einfachen wie verblüffenden Experimenten zeigen konnte. Dabei gelang es ihm, mit Hilfe von Spiegeln Illusionen von Phantomgliedern bei Versuchspersonen auszulösen. Und neuere Experimente zeigen noch viel umfassender, wie sich virtuelle außer-körperliche Erfahrungen erzeugen lassen, indem unser phänomenales Selbstmodell dazu gebracht wird, rein illusionäre Gegenstände in sich zu integrieren, welche damit zu von uns direkt erlebten Teile von ihm werden. Das bekannteste und zugleich wohl einfachste Beispiel eines solchen Experimentes ist die sogenannte „Gummihand-Illusion“ Hier wird unser Selbstmodell einer Versuchsperson dazu gebracht, eine Hand aus Gummi in sich zu integrieren. Die Person identifiziert diese daraufhin als ihre eigene Hand.

Neuroforscher sprechen in diesem Zusammenhang allgemeinen von „virtueller Verkörperung“ (der englische Fachausdruck hierfür ist „virtual embodiment“). Mit geeigneten Setups trennen sich Versuchspersonen in ihrem Selbstbild (Selbstmodel) mental von ihrem biologischen Körper oder Teilen davon und identifizieren sich mit einem künstlichen Körperbild  bzw. den entsprechenden Teilen. Der Begriff für ein solches künstliches Körperbild kennen die meisten von uns bereits aus Hollywood-Filmen: „Avatar“. Man könnte dies als Formen außerkörperlicher Erfahrung erkennen, die Menschen auch spontan haben können (und wie sie auch in der mystischen und religiösen Literatur vorkommen). Unterdessen lässt sich bei diesen Prozess auch die Aktivierung entsprechender Neuronen-Verbände nachweisen. Mittels solcher virtueller Verkörperungen in geeigneten Avataren, ggfs. im Verbund mit geeigneten Gehirn-Computer-Schnittstellen, lässt sich das menschliche phänomenale Selbstmodell in vielfacher Weise an künstliche Sinnes- und Handlungsorgane koppeln. Derartige Manipulationen unseres Selbstmodells lassen in der Zukunft zahlreiche faszinierende Anwendungen denkbar werden.

Das phänomenale Selbstbild lässt sich tatsächlich relativ leicht erschüttern, wie psychische Leiden, Hirnverletzungen, Phantomschmerzen, halluzinogene Drogen oder recht einfache Täuschungen unseres Selbstmodells wie die Gummihand-Illusion aufzeigen. Man könnte gar so weit gehen und sagen, dass unser gesamtes inneres Modell von uns selber als einer Ganzheit von virtuelle Natur ist, insofern, als dass es nur aktiviert wird, wenn es gebraucht wird. So lassen sich Menschen in ihrem Erleben in den Körper eines Kindes oder einer sechsarmigen Kreatur versetzen, ihre visuelle Perspektive lässt sich vom Körper trennen oder der eigene Herzschlag sichtbar machen. Dabei wird mit der Zeit nicht nur die Identifikation mit einer Situation oder Person in der virtuellen Welt größer, es verändert sich auch die Wahrnehmung der eigenen Person in der realen Welt. Virtuelle Realitäten können also gewaltige Auswirkungen auf uns selbst und unser phänomenales Selbstmodell haben, auf das Erlebnis unseres eigenen Ichs.

Mittels virtueller Verkörperungen in geeigneten Avataren, verstärkt durch geeignete Gehirn-Computer-Schnittstellen wird sich das menschliche Selbstmodell in Zukunft in noch umfassenderer Weise verändern, ja sogar steuern lassen. Derartige Veränderungen unseres Selbstmodells und unserer Selbstwahrnehmung könnten schon bald zahlreiche faszinierende Anwendungen möglich machen, lassen aber auch furchterregende Manipulationen denkbar werden. „Die Möglichkeiten, sich schon bald in virtuellen Umgebungen fast wie in der realen Welt bewegen zu können, hat ungeahnte Auswirkungen für unsere Psyche und Selbstwahrnehmung”, sagt Thomas Metzinger und nennt mögliche damit einhergehende Risiken, wie psychologische Manipulationen, Halluzinationen, Persönlichkeitsveränderungen oder die Beeinflussung des Unterbewusstseins, denen in der Öffentlichkeit noch weit zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. So wie unsere Gesellschaft bis heute ablehnend auf den Einsatz bewusstseinsverändernder Substanzen reagiert, werden wir entsprechende Reaktionsmuster auch bezüglich virtueller Realitäten testen müssen. „Welche Hirnzustände sollten in der Zukunft legal sein?“ fragt Metzinger konkret. Bisher sind uns solche Szenarien nur aus so bekannten Filmen „The Matrix“ oder „The 13th Floor – Bist du was du denkst?“ (beide aus dem Jahr 1999) als Fiktionen bekannt. Das könnte sich schon bald ändern.

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www.larsjaeger.ch

Jahrgang 1969 habe ich in den 1990er Jahren Physik und Philosophie an der Universität Bonn und der École Polytechnique in Paris studiert, bevor ich am Max-Planck-Institut für Physik komplexer Systeme in Dresden im Bereich theoretischer Physik promoviert und dort auch im Rahmen von Post-Doc-Studien weiter auf dem Gebiet der nichtlinearen Dynamik geforscht habe. Vorher hatte ich auch auf dem Gebiet der Quantenfeldtheorien und Teilchenphysik gearbeitet. Unterdessen lebe ich seit nahezu 20 Jahren in der Schweiz. Seit zahlreichen Jahren beschäftigte ich mich mit Grenzfragen der modernen (sowie historischen) Wissenschaften. In meinen Büchern, Blogs und Artikeln konzentriere ich mich auf die Themen Naturwissenschaft, Philosophie und Spiritualität, insbesondere auf die Geschichte der Naturwissenschaft, ihrem Verhältnis zu spirituellen Traditionen und ihrem Einfluss auf die moderne Gesellschaft. In der Vergangenheit habe ich zudem zu Investment-Themen (Alternative Investments) geschrieben. Meine beiden Bücher „Naturwissenschaft: Eine Biographie“ und „Wissenschaft und Spiritualität“ erschienen im Springer Spektrum Verlag 2015 und 2016. Meinen Blog führe ich seit 2014 auch unter www.larsjaeger.ch.

13 Kommentare

  1. @Jaeger
    Suchen Sie per Google meinen Artikel [science-newzs Erinnerungen ab dem 5. Schwangerschaftsmonat]
    Darin finden Sie das weltweit erste vollständige Erklärungsmodell für das Phänomen ´Nahtod-Erfahrung´(NTE) welches interessante Ergänzungen zu Ihren oben gestellten Fragestellungen gibt:
    z.B. kann man bei NTEs bewusst erleben, wie das Gehirn einen einzelnen Reiz systematisch und strukturiert verarbeitet – dies wäre eigentlich ein einzigartiger Zugang, um das Phänomen ´Bewusstsein´ zu erforschen. Aber die Gehirnforschung ignoriert diese Forschungsmöglichkeit
    z.B. werden bei NTEs bewusste Erinnerungen ab dem 5. Schwangerschaftsmonat erkennbar – in der gleichen Reihenfolge, wie sich die Sinne entwickeln: Fühlen > Hören > Sehen, … D.h. hier hätte man einen Ansatz um das Thema ´ICH/SELBST´ zu hinterfragen: Weil sich eine ICH-Identität erst ab dem 2. Lebensjahr auf Grundlage von Lernwissen entwickelt, bedeutet dies, dass das SELBST die Grundlage unseres Menschseins begründet.
    z.B. zeigt die Struktur von NTEs, dass Denken/Kreativität ein Ergebnis von simplen Mustervergleichsaktivtäten sind – d.h. die Idee eines schöpferischen ´Geistes´ muss in Frage gestellt werden
    z.B. erklärt der Begriff ´zustandsabhängiges Erinnern´, wie ALTE Erfahrungen in NEUES Wissen umgewandelt werden – damit kann man z.B. verstehen, wieso wir uns lebenslang als die gleiche identische Person fühlen, obwohl wir uns doch dauernd verändern. Und – die Robotertechnik hätte hier einen Ansatz, zu verstehen, wie man sich an veränderte Umweltbedingungen anpasst.

    Übrigens: der Buddhismus betrachtet die Existenz eines ICHs seit 2500 Jahren als Illusion – A) weil dieses Ich nur für die Dauer eines Gedankens existiert und B) weil es die Zeit-DAUER als vierte Dimension in der Realität nicht gibt (Gegenwart ist nur eine imaginäre Grenze der Übergangs, der Veränderung – aber Gegenwart hat keine Dauer. Zukunft und Vergangenheit sind in der Realität nicht existent).

  2. Die Faszination der Forscher, Gamedesigner und Produktentwickler für virtuelle Welten scheint grösser zu sein als die der Öffentlichkeit. Frühe Platformen wie “Second Life” haben nie mehr als ein paar Wenige angezogen und auch was jetzt beworben wird wie Occulus Rift und Hololens hat keine Massenunterstützung gefunden. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass Geräte wie die Hololens in die Arbeitswelt vordringen. Und klar gibt es auch Leute, die bewusstseinsverändernde Erfahrungen machen wollen und die dazu virtuelle Welten benutzen. Doch ich prophezeie, dass das kein Massenphänomen wird. Zudem, wer so manipuliert wird, dass seine Identität verloren geht oder ausgetauscht wird, der stirbt in einer gewissen Weise, etwas was man mit einer Kugel, abgefeuert aus einem realen, wenn auch vielleicht mittels 3D-Printing hergestellten Revolvers, genau so gut hinkriegt.

  3. Bewusstseinsverädnernde Erlebnisse hat man auch,wenn man stundenlang hochkonzentriert Auto fährt – vorzugsweise sehr schnell. Dann ist man wie in einer Art virtuellen Welt, um der herum es nichts mehr gibt, als fliessender Verkehr.

    Wenn man dann anhält und aussteigt, hat man Probleme, sich aufrecht zu bewegen. Es muß also durch die hochkonzentrierte Aufmerksamkeit fürs Autofahren der Rest der Fähigkeiteneines Menschen extrem verdrängt werden sodass es auch eine Weile braucht, bis das wieder automatisch verfügbar ist.
    Auch kommt einem die Welt ausserhalb des Fahrzeuges seltsam vor.
    Ähnliche Symptomatkken habe ich damals gehabt, wenn ich Doppelstundenin der Schule hatte. Nach dem Ende des Unterrichts kam mir die Aussenwelt irgendwie völlig fremd vor.

    Das Bewusstsein hatte bei beidem jedenfalls Probleme der Orientierung und sogar der Koordination der Extremitäten.
    So ähnlich stelle ich mir eine erfolgreiche Hypnotisierung vor – wobei die beiden mir in Erinnerung befindlichen Situationen ja nicht von Dauer sind, sondern langsam wieder in einnormales Erleben zurück gehen.

    Ich finde es interessant, was der Metzinger da sagt. Weil es für mich völlig unerwartet ist. Die Wissenschaft war doch vorher nie so “progressiv” in der Denke?
    Obwohl vom Metzinger habe ich viel gelernt und gute, inspirierende Einblicke in die Wissenschaft um Gehirn und Bewusstsein bekommen. Es ist Teil der Wissenschaften, die uns weiter über uns aufklären wird – wie wir funktionieren und wie wir damit umgehen. Sozusagen eine “Aufklärung” die den Namen auch verdient. Hoffe ich jedenfalls.

  4. Seit 2003 gibt es mit “second life” eine globale community, in der die User sich eine virtuelle Welt gestalten, durch Avatare miteinander interagieren, Handel treiben, heiraten usw. können.
    Ich weiß leider nicht mehr die Quelle, aber es wurde dazu geforscht, u.a, um zu erfahren, welche Umgebung Menschen sich “erträumen” und zu verwirklichen versuchen. Festgestellt wurde damals, dass die Menschen sich auch in der virtuellen Welt nicht viel anders verhalten, sich kein vollkommen anderes Leben “erschaffen”, als in der Realität. Sollte sich daran nichts geändert haben, können solche Virtuelle Welten insbesondere für Psychologen ein interessantes Betätigungsfeld sein.

    “Dieses phänomenale (direkt erlebte) Selbstmodel[l] ist also eine interne Repräsentation (ein Modell), welches sich unser Gehirn auf Ebene eines bewussten Erlebens von sich (uns) selbst in einer jeweiligen Umwelt macht.”

    Mit solche Aussagen wäre ich vorsichtig. Zunächst einmal gibt es noch kein [Rahmen-]Modell von der Arbeitsweise menschlicher Gehirne, das Voraussetzung ist, um die aufgeworfenen Fragen zu beantworten und die Antworten auch verstehen. Zu unterscheiden ist deshalb zwischen Gehirn als Medium und Produzent dessen, was auf der Repräsentationsebene – zu der Gedächtnis und – Aufmerksamkeit gehören – in Schemata repräsentiert ist, wobei man darüber streitet, ob dieses in Schemata repräsentierte Wissen in Form von Propositionen vorliegt.
    Mit den Beschreibungen und Interpretationen der durch bildgebende Verfahren “sichtbar” gemachten Vorgänge im Gehirn wird häufig der Fehler begangen, Kausalitäten zu behaupten, wo es sich nur um Korrelationen handelt. Was wir bewusst erleben ist n i c h t das Resultat der Prozesse im Gehirn, sondern nur die andere Seite derselben Medaille. Was nichts daran ändert, dass wir, als bewusst Erlebende, manipulierbar sind, und sich das auch auf neuronaler Ebene niederschlägt.

    • @ wundervolle Trice :

      (…) wird häufig der Fehler begangen, Kausalitäten zu behaupten, wo es sich nur [Hervorhebung: Dr. Webbaer] um Korrelationen handelt (…)

      “Kausalität” wird von erkennenden Subjekten gerne dann behauptet, wenn ihnen bestimmte empirische Lage sehr dicht zu sein scheint, bspw. werden Naturgesetze so gesetzt (und auch nur gesetzt).
      Hier zu setzen und “Kausalität” zu bestimmen, ist die vornehme (“vorzunehmende”) Aufgabe erkennender Subjekte.

      MFG
      Dr. Webbaer

      • Hallo Mr. Webbaer
        Muss man ein Medium mit hellsichtigen Fähigkeiten sein, um Ihre teils doch recht kryptischen Kommentare zu verstehen, oder muss man Dr. Allwissend heißen, um nachzuvollziehen, wovon Sie sprechen, oder brauche ich einfach nur für jede Ecke, um die ich denken muss, eine Gehirnwindung mehr?

        Oder: Geht der Sinn Ihrer Aussagen einfach nur durch lapidare Rechtschreibfehler verloren?

        MfG

  5. Mittels virtueller Verkörperungen in geeigneten Avataren, verstärkt durch geeignete Gehirn-Computer-Schnittstellen wird sich das das menschliche Selbstmodell in Zukunft in noch umfassenderer Weise verändern, ja sogar steuern lassen.

    Hier war ein ‘das’ zu viel, ‘ggf.’ ginge als Abkürzung für ‘gegebenenfalls’ und ‘vorteilhaft’ wäre ggü. ‘vorteilhafts’ womöglich zu präferieren.


    Auch ansonsten wird der Schreiber dieser Zeilen mit dem hier dankenswerterweise bereit gestellten WebLog-Artikel nicht umfänglich glücklich, denn “dort draußen” ist ja etwas, das nicht durch Püschologisierung, Drogen (Philip K. Dick sei an dieser Stelle gegrüßt, ein sehr solider Vordenker, wie einige finden (die für diese Feststellung nicht dem Drogenkonsum anhängig werden mussten)) und “VR” in Frage gestellt werden kann, rein praktisch nicht.


    Ansonsten hat sich Dr. Webbaer immer bemüht, auch sein Handling des Pseudonyms betreffend, Abstand zu sich selbst zu finden, Kunstfigur und so, womöglich: vorbildlich.
    >:->

    Nein, nur ein Spaß natürlich,
    MFG
    Dr. Webbaer

  6. Lars Jaeger,
    …..ein an sich existierendes Ich gibt es nicht.

    Das ist ja wohl eine Glaubensansicht. Wenn Sie die über Bord werfen , dann bekommen Sie Probleme mit der Rechtssprechung.
    Wie steht es mit der Würde des Menschen? Die beruht auf der Annahme, dass es ein existierendes Ich gibt , sogar noch über den Tod hinaus.
    Sie bekommen Probleme mit den Religionen.
    Das Ich bzw. die Seele ist unsterblich.

  7. Wie steht es mit der Würde des Menschen? Die beruht auf der Annahme, dass es ein existierendes Ich gibt , sogar noch über den Tod hinaus. mit dem hier dankenswerterweise bereit gestellten WebLog-Artikel nicht umfänglich glücklich, denn „dort draußen“ ist ja etwas, das nicht durch Püschologisierung, Drogen (Philip K. bilder weihnachten 2016

  8. Zitat:
    „Welche Hirnzustände sollten in der Zukunft legal sein?“

    -> Heisst das, es gäbe vielleicht “undemokratische” Hirnzustände oder Neuroaktivität? Welche möglicherweise in die Gesellschaft eingreifen könnte, ohne das Worte kommuniziert werden müssen?

    • Das “Hirnzustände” als legal oder Illegal erkannt werden, ist ja schon jetzt und sehr lange schon der Fall. Denn man muß hinsichtlich der Psychischen Störungen bestimmte “Hirnzustände” annehmen, trotzdem man die Störungen derzeit wohl noch nicht eindeutig an Hirnzuständen erkennt, sondern an Verhaltensweisen etwa.

      Eine Orientierung am Hirnzustand müsste aber weniger an erwünschtem verhalten orientiert sein, also an irgendwelchen Idealen, die sich manche gerne vorstellten, sondern an echten Tatsachen bezüglich der Funktionen des Gehirns. Und vor allem darf dadurch keine Diktatur der “Normalmenschen” aufgrund von Hirnaktivität entstehen, wie es derzeit noch mit dem Verhalten so sei. “Freiheit” darf nicht über das Maß verhindert werden. Auch nicht, wenn man durch Messungen von Hirnzuständen feststellen kann, das eine objektive Freiheit eh nicht bestehen kann. Bezüglich verstrickte man sich sowieso in allerhand singuläre Erklärungsstrategien, weil das mit dem Beweis der Freiheit des Menschen mit Kategorisierungen von Hirnzuständen nur schwer funktionieren wird. Zumindest noch nach meinen eigenen Einblicken in das Thema.
      Scheinbar sprechen auch haufenweise andere Begebenheiten gegen eine solche Art Objektivität bei der Freiheits-Einschätzung. Etwa organisierte Religionen, die da ja eh eine unhintergehbare Abhängigkeit von Gott (also einer Macht) propagieren. Immer dort, wo Macht offenbar unersetzlich sei, wird man auf neurologische Objektivität wohl liebend gerne verzichten wollen. Es würde sicher Wahrheiten aufdecken, die diese Mächte diskreditierten.

  9. Schnittstelle Mensch – Computer,
    das kann man sich auch anders vorstellen, indem Computer Gehirnfunktionen ersetzen können. Irgendwann einmal wird man die Gehirnströme so analysieren können, dass gewollte Bewegungen durch den Computer erkannt werden und eine Maschine die Bewegung erzeugt. Stephen Hawking würde davon Nutzen haben.

    Ich verabschiede mich bis nach Weihnachten
    Gruß an alle

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