Eierstock aus dem 3D-Drucker

BLOG: Von Menschen und Mäusen

Wissenschaft einfach erklärt
Von Menschen und Mäusen

Mit 3D-Druckern kann man allerlei Schabernack treiben. Darauf, dass sich so schnell Prototypen in Plastik oder Metall gießen lassen, komme ich vielleicht gerade noch so alleine. Das Drucken von Schuhen oder sogar ganzen Häusern ist dann schon eine (oder zwei?) Stufen weiter. So richtig interessant wird es aber, wenn sich durch 3D-Druckmethoden Organe herstellen lassen. So berichtet am gestrigen Tage in Nature Communications.

Bei dem besagten Organ handelt es sich um den Eierstock. Bei Patientinnen die sich z.B. im Zuge einer Krebserkrankung einer Chemotherapie unterziehen, leiden die Eierstöcke ganz erheblich unter der chemischen Keule. Die Symptome reichen von vorübergehenden Störungen des Menstruationszyklus’ bis hin zu einem kompletten Niedergang der Eierstöcke und damit einhergehender Umfruchtbarkeit. Bei besonders jungen Patientinnen kann es dadurch sogar dazu kommen, dass die Pubertät nicht richtig einsetzt oder schon extrem frühzeitig die Menopause einsetzt. Nichts davon ist besonders erfreulich. Entgegen der Meinung einiger wirrer Köpfe, arbeiten Wissenschaftler (zumindest die meisten) gar nicht daran die Weltherrschaft an sich zu reißen, indem an der Erschaffung künstlicher Lebewesen gearbeitet wird. Die meisten wollen tatsächlich nur helfen. Ende 2016 konnte eine 24-Jährige, der im Alter von 13 Jahren vor der Chemotherapie vorsorglich ein Eierstock entnommen wurde, nach Implantation des Eierstocks ein gesundes Kind zur Welt bringen. Das hilft nur leider den Patientinnen nicht, bei denen kein Eierstock entnommen wurde. Abhilfe könnten künstlich hergestellte Eierstöcke schaffen. Und genau das wurde gestern berichtet. Kurz zusammen gefasst wurde aus Hydrogel (sowas wie Gelatine) mittels 3D-Druck ein künstlicher Eierstock erzeugt, in den man dann zuvor entnommene Follikel (oder Eibläschen) implantiert. Dieses Konstrukt kann dann zurück implantiert werden, so dass hier aus den Follikeln Eizellen reifen können und damit die reproduktiven Fähigkeiten wieder hergestellt werden können.

Das Prinzip ist nicht ganz neu. Bereits seit der Jahrtausendwende wird daran gearbeitet, durch Transplantationen die Funktion der Eierstöcke zu ersetzen. In den letzten Jahren liegt der Fokus neben der Entnahme ganzer Organe dabei auf der Herstellung von transplantierbaren Biomaterialien, die zur Einbettung der Ovarialfollikel dienen. Letztendlich handelt es sich dabei um ein Stützgerüst, dass die Funktion der Follikel unterstützt, bzw. sogar erst ermöglicht. Ovarialfollikel besitzen, wie der Name verrät, eine kugelige Form und sind Aggregate verschiedener Zelltypen. Die spätere Eizelle wird dabei von verschiedenen Hilfszellen umgeben. Die kugelige Form der Follikel ist dabei entscheidend für ihr Überleben. Bis zur Ovulation müssen die Hilfszellen in permanenten Kontakt mit der Eizelle stehen. Das Einbetten der Follikel in eine 3D-Matrix aus Biomaterialien ermöglicht also deren weitere Funktion. In den letzten Jahren wurde dazu z.B. ein Hydrogel aus Fibrin oder Plasma verwendet aus denen in geringen Umfang nach Transplantation sogar Mäuse heranwachsen konnten. Ein großes Problem ist dabei allerdings die Vaskularisierung des Implantats, d.h. die Durchdringung mit Blutgefäßen zur Versorgung mit Nährstoffen. In einer festen Gelkugel, wie es bisher der Fall war, ist das schlecht möglich. In einem recht kleinen Transplantat, wie es für die Maus benötigt wird, mag die Versorgung gerade noch durch Diffusion von außen möglich sein, bei einer möglichen Anwendung im Menschen braucht es dafür allerdings neue Ansätze. Und genau diese werden in der aktuellen Publikation geliefert.

Gesucht ist also eine löchrige Gelmatrix, in die Gefäße zur Versorgung einwachsen können. Im Idealfall sollte die Matrix auch noch aus unterschiedlich festen Kompartimenten bestehen, um die tatsächliche Situation möglichst akurat wiederzugeben und eine über viele Jahre andauernde Funktion zu gewährleisten. Hier kommen endlich die 3D-Drucker ins Spiel. Als Material wurde dafür Gelatine verwendet. Die Herausforderung dabei war es, die passende Porengröße und -geometrie herauszufinden, die ein idelaes Überleben der Ovarialfollikel erlaubt. Um die Poren zu erzeugen, wurden die einzelnen Schichten aus Gelatinfasern mit Winkeln von 30°, 60° und 90° überlagerten. In dem Bild unten sieht man, wie sich draus verschiedenen Porengrößen ergeben.

Credit: Nature Communication: Laronde et al 2017. DOI: 10.1038/ncomms15261 CC BY 4.0 Überlagerung der Gelatinfasern um 30°, 60° und 90° a-c: 3D-Rekonstruktion der Fasern. d-e: die daraus resultierenden Porengrößen. g-i: grün-fluoreszierende Follikel in den jeweiligen Poren.

Durch die unterschiedliche Gemoetrie der Poren ergaben sich dann doch erhebliche Unterschiede im Überleben der Follikel. In den 90°-Poren ergaben sich weniger Kontaktpunkte der Follikel mit der Matrix als in den anderen beiden Varianten. Besondersbei 60° bildete sich eine weitere Säule aus (blau, in Abbildung e), wohingegen bei 90° keine weitere Unterstützung der Follikel möglich ist (Abbildung f). Entsprechend wurde sich dann auch für die 60° Variante entschieden. Das ganze wurde dann natürlich in vitro und in vivo getestet. Nach Implantation in die Maus, wurden die künstlichen Eierstöcke dann tatsächlich durch Blutgefäße vaskularisiert, so dass die Follikel ausreichend mit Nährstoffen und Wachstumshormonen versorgt werden konnten. Dass die Follikel auch nicht nur leben, sondern auch ihre Arbeit tun, zeigte sich dadurch, dass durch sie gebildete Hormone in die Blutbahn freigegeben wurden. In drei von sieben Fällen wurde dann sogar erfolgreich gesunden Nachwuchs zur Welt grbracht, und das ganz ohne zusätzliche hormonelle Stimulation. Jetzt wird es daran gehen, die Funktion der Eierstöcke weiter zu verbessern, z.B. durch den gleichzeitigen Einsatz von Eierstockgewebszellen. Bevor eine Anwendung im Menschen möglich ist, muss das Verfahren außerdem auch in größeren Säugetieren getestet werden. Auf jeden Fall ein spannender Ansatz und vor allem wichtiger als Schuhe.

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Claudia Davenport hat in Potsdam und Hannover Biochemie studiert und promoviert mittlerweile über Insulin-produziernende Surrogatzellen aus embryonalen Stammzellen zur Behandlung des Diabetes Typ 1. Wenn sie gerade mal nicht im Labor am Durchbruch arbeitet, der die Welt verändern wird, ist sie gerne im Grünen, radelt durch die Gegend oder geht Kaffee trinken.

14 Kommentare

  1. Die google-Suche nach “3D Organ printing” ergibt bei mir als ersten Treffer eine Firma, die solche Drucker verkauft und als Beispiele Herzklappen, Ohren und Unterkiefer aufführt. Dann folgenden Wikipedia-Einträge zum Thema und unzählige Artikel und Forschungsberichte. Man erhält den Eindruck entweder sei das alles schon Realität oder diese Realität stehe unmittelbar bevor – eine Realität wo – mindestens Wohlhabende – abgenützte oder sonstwie geschädigte Organe durch im Labor nachgewachsene oder gedruckte ersetzen. Wenn das alles kommt könnte es unsere Einstellung zum Körper völlig ändern und ihn auf eine Stufe mit beispielsweise Autos setzen, denn bei alten Autos, bei Oldtimern muss man auch gelegentlich einige Teile austauschen. Anschliessend laufen sie wieder wie geschmiert.
    Tatsächlich sagt der Longevity-Guru Aubrey de Grey genau das: Wenn man Müll wie seneszente Zellen oder verlinkte Proteine entfernt, somatische und mitochondrische Mutationen rückgängig macht und verlorengegangene Zellen , dann muss man nicht mehr alt werden, denn alt werden ist nichts anderes als krank werden. Ein weniger subtiler Ansatz ist der Austausch von defekten Organen durch neue, beispielsweise Gedruckte – so wie das hier vorgestellt wird,

    • Man kann auch die dezellularisierte extrazelluläre Matrix von Schweine-Organen mit den Stammzellen des Patienten besiedeln.
      Oder man züchtet transgene Schweine, um Ersatzorgane mit guter Immun-Kompatibilität zu erhalten.

      • Ja, Xenotransplantationen – beispielsweise Schweine als Spender von Herzen oder Lebern – sind eine naheliegende Lösung für das Problem der knappen Spenderorgane. Nur hat man über Schweine als Spender auch schon vor 25 Jahren diskutiert. Heute sind die Experimente schon viel weiter fortgeschritten, so würde man jetzt “humanisierte” (also immunkompatible) und von Schweineviren “gereinigte” Schweine benutzen. Doch trotz all dieser Vorarbeiten wartet man immer noch auf den klinischen Einsatz von Schweinorganen in der Humanmedizin. In der Medizin kann es generell sehr lange gehen bis etwas nur schon die Vorrunden überstanden hat und schliesslich in den medizinischen Alltag einkehrt.
        Kürzlich las ich über mehrere Medikamente, die seneszente Zellen entfernen können, was bei Mäusen mehrere Alterserscheinungen beseitigte und das Leben verlängerte. Doch bis diese Medikamente alle regulatorischen Hürden überwunden haben dürfte es noch 10 Jahre dauern. Man muss also warten oder sich die Medikamente über einen schwarzen Kanal beschaffen, wenn man von ihnen profitieren will.

        • Ja, Ersatzorgane aus eigenen Zelle, also beispielsweise eine Ersatzleber, die aus eigenen Stammzellen in einem Schwein heranwächst würden dem Spender ein Leben ohne Immunsuppressiva ermöglichen.
          Zuerst wird das wohl bei Miniorganen wie den insulinproduzierenden Pankreaszellen gelingen. Vielleicht liessen sich insulinproduzierende Zellen sogar im Labor aus Stammzellen heranzüchten, sodass man auf Tiere zum “Austragen” verzichten kann.
          Die Uridee der Transplantation ist die des Teileaustausches: Ein versagendes Organ (beispielsweise die zirrhotische Leber Depardieus) wird durch ein funktionell identisches ersetzt und danach lebt man weiter wie bisher (was Depardieu in Bezug auf den Alkoholkonsum ja auch tut). Von diesem Ideal ist man aber noch weit entfernt. Weder künstliche noch Fremdorgane ermöglichen ein Weiterleben wie bisher. Künstliche Organe nicht, weil sie nicht die Qualität und Anpassungsfähigkeit von biologischen erreichen und Fremdorgane nicht, weil sie Abstossungsreaktionen auslösen, die man lebenslang unterdrücken muss.
          In diesem Kontext ist 3D-Printing von Ersatzteilen aus zwei Gründen interessant: 1) Solchermassen gedruckte beispielsweise Ersatzknochen, Ersatzknorpel, Ersatzohren und -Nasen können individuell geformt werden 2) Zellen und Gewebe des 3D-Ersatzorgans können von beliebigen Quellen stammen, insbesondere auch vom Empfänger selber, selbst ein Mix von Kunstmaterialien und biologischen Materialien ist denkbar.

    • Auffällig ist dabei allerdings, dass aller bisher gedruckten Organe keine “aktive” Funktion ausführen, sondern in erster Linie Matrixaufgaben erfüllen. Ein schlagendes Herz einfach auszudrucken, ich weiß ja nicht… Aber: offen für neue Ideen bleiben!

        • Bei der Dezellularisierung werden duch verschiedene Waschverfahren sämtliche Spenderzellen entfernt, so dass nur noch das Gerüst aus Kollagenfasern übrig bleibt. Diese müssten aber trotzdem noch porcine Antigene, z.B. Zuckerstrukturen auf der Oberfläche tragen, die man mit entsprechenden enzymatischen Behandlungen zumindest reduzieren könnte. Immunologisch also wohl nicht vollständig neutral. Bei uns in Hannover werden seit einigen Jahren sogenannte Homografts als Herzklappenersatz implantiert. https://www.mh-hannover.de/34366.html Die dezellularisierten Aortenklappen stammen allerdings von humanen Spendern, die aber nur in geringer Zahl zur Verfügung stehen. Der große Vorteil gegenüber mechanischen Klappen, dass diese Homografts mitwachsen sollen, was besonders bei jungen Patienten von Bedeutung ist. In dem Link wird erwähnt, dass “erste klinische Studien mit kommerziell erhältlichen porcinen dezellularisierten Klappen abgebrochen werden, weil massive Abstoßungsreaktionen zu beobachten waren”. Weitere Informationen konnte ich dazu auf die Schnelle leider nicht finden. http://www.kinderherzen.de/so-helfen-wir/mitwachsende-herzklappe.html
          Bei der Dezellularisierung von Eierstöcken stellt sich mir dazu noch die Frage, ob die nötige Stabilität des Gewebes für gegeben ist. Eine Herzklappe muss ja von Natur aus eine gewisse Festigkeit mitbringen. Ob das beim Ovar auch der Fall ist, keine Ahnung? Dazu kommt dann auch noch der Größenunterschied.

      • Ein Patient, der seit 10 Jahren mit einer 3D-gedruckten Blase lebt wird im TED-Vortrag Printing a human kidney vorgestellt. Auch eine gedruckte Niere wird dem Publikum gezeigt, denn das ist eigentlich das Ziel: Organe drucken bei denen es heute einen grossen Mangel an Spenderorganen gibt.

  2. Wow, das ist schon krass…
    Ich meine, wir hören kaum was von der hervorragenden Technik die sich mit 3D-Druck auftut. Zumindest wirklich wenig. Ich war die ganze Zeit der Meinung das 3D Drucker zwar bisher ein nettes Gadget sind, mehr aber auch nicht. Bis ich mich gerade mal schlau mache was diese Geräte alles können schon.

    Bin wirklich sehr gespannt wo es in Zukunft noch alles hinführt.
    Liebe Grüße
    Conni

  3. Hallo!

    Ich habe nicht verstanden, was für eine ausgebildete Säule bei 60° gemeint ist. Der Strang unter dem Follikel?
    Und warum 60° besser als 30° ist. Bei 30° sieht es auch sehr eingebettet/unterstützt aus.?

    Welche Dicke haben die 3d gedruckten Säulen? 60-100 Mikron? Es gibt zwar eine Farbskala da, aber bei Bild a-c sehen die ja relativ gleichdick aus.

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