Tierhaltung für Dummies

BLOG: Vom Hai gebissen

Notizen aus dem Haifischbecken
Vom Hai gebissen

Offensichtlich herrscht weltweit unter Kolleginnen und Kollegen aus dem Bereich der Tierhaltung großes Misstrauen gegenüber den jeweils anderen bzgl. der Kompetenz, wie Tiere grundsätzlich zu halten seien. Anders kann ich mir nicht erklären, was mich schon zu Beginn meines Tapir- Artikels (Link am Ende) nervte.

Ich zitiere:

Es müsse darauf geachtet werden, dass immer genügend frisches sauberes Wasser vorhanden ist. Auch das Futter solle weder verschimmelt noch anderweitig verunreinigt sein. Ich glaub, es hakt! Wenn ich einen solchen Hinweis lese, bekomme ich einen Würge-Reflex, aber in beiden Händen.

Egal wie lange man studiert, gelernt oder auch gearbeitet hat, ein Profi auf allen Gebieten der Tierhaltung zu sein ist schlicht illusorisch. Gut, dass es Experten gibt, die ihr Wissen teilen – in der Zoo- und Haustierhaltung wie auch in der Landwirtschaft. Haltungs- Empfehlungen von Menschen, die richtig gut im Thema stecken, sind also etwas ganz Wunderbares.

Jetzt gibt es in der Literatur grob zwei Arten von Menschen, die sich für Tierhaltung interessieren oder es sollten: Laien (1) und Fachleute (2). Aber selbst, wenn man zu letzterer Gruppe gehört, bekommt man immer wieder Folgendes zu lesen:

Frisches Trinkwasser sollte stets verfügbar sein. Falls kein Wasserbecken vorhanden ist, sollten Tränken gesichert werden, damit sie nicht umgeworfen werden können.

Auch das Futter bleibt nicht unkommentiert.

Alle Futterbestandteile sollten unverdorben und frei von Verunreinigungen, Schädlingen, Schimmel und chemischer Belastung sein. Nicht gefressene Futtermittel sollten täglich aus dem Gehege entfernt werden, um durch Futter verursachte Erkrankungen zu verhindern. Futterumstellungen sollten nach Möglichkeit stufenweise erfolgen, um eine Anpassung zu gewährleisten und um die Gefahr einer Magenverstimmung zu verringern. Beim Transport eines Tapirs in einen anderen Zoo sollte eine Auswahl des momentan verabreichten Futters mitgeben werden, um die Umstellung auf neues Heu oder Pellets zu erleichtern.

Das sind jetzt alles keine unfassbaren Neuigkeiten oder gar Besonderheiten. Das alles gilt übergreifend von Geflügel über Tapire bis zu Fischen (bei denen der Hinweis auf sauberes Wasser nochmal eine ganz neue Qualität erhält). Übrigens auch dann, wenn man mit dem ganzen Themenkomplex Tierhaltung nichts zu tun hat, denn wir Menschen essen schließlich ebenso keine verdorbenen Lebensmittel oder trinken verschmutztes Wasser, wenn es auch anders geht.

Jetzt also meine Frage: tut das wirklich Not ständig die Unbedenklichkeit von Futter und Wasser zu betonen oder wäre es nicht auch möglich, derartiges als bekannt anzunehmen? Wer sich mit dem Gedanken noch nicht anfreunden kann, dass andere Kollegen keine totalen Idioten sind, darf sich gerne auch auf die Tierschutznutztierhaltungsverordnung berufen (3). Dort wird unter §4 gefordert, dass:

  • alle Tiere täglich entsprechend ihrem Bedarf mit Futter und Wasser in ausreichender Menge und Qualität versorgt sind.

  • die Haltungseinrichtung sauber gehalten wird, insbesondere Ausscheidungen so oft wie nötig entfernt werden, und Gebäudeteile, Ausrüstungen und Geräte, mit denen die Tiere in Berührung kommen, in angemessenen Abständen gereinigt und erforderlichenfalls desinfiziert werden.

Wer das jetzt immer noch nicht überzeugend genug findet, darf auch gern noch einen Blick ins Futterrmittelrecht werfen. Da steht das auch drin. Den juristischen Overkill zitiere ich aber nicht. Könnt Ihr am Ende des Artikels selber nachschauen, wenn Ihr wollt.

So. Damit lässt sich doch schon mal arbeiten, oder? Dann sollten wir das auch tun und uns auf die wirklich entscheidenden spezifischen Merkmale verschiedener Tiere in menschlicher Obhut konzentrieren.

Vielen Dank!

Anmerkungen:

  1. Tipps für Laien (das meine ich keineswegs abwertend, sondern umfasse damit jene Literatur, die sich an interessierte Menschen richtet, welche über die Anschaffung eines Hundes, einer Katze, eines Meerschweinchens, Kaninchens, aber auch Reptilien oder gar kleinerer Nutztiere nachdenken)

  2. Tipps für Fachleute (damit ist jene Literatur gemeint, die sich speziell an solche Menschen – Tierpfleger, Biologen, Landwirte, Tierärzte – richtet, denen zumindest die Grundlagen der Tierhaltung vertraut sind)

  3. Gerade Zootiere werden ja gerne mal über den ganzen Planeten verschickt, aber ich bin mir sicher, das es auch in anderen Ländern entsprechende Regelungen gibt.


Veröffentlicht von

Wissenschafts- und Agrarblogger seit 2009 – eher zufällig, denn als „Stadtkind“ habe ich zur Landwirtschaft keine direkten Berührungspunkte. Erste Artikel über Temple Grandin und ihre Forschungen zum Thema Tierwohl wurden im Blog dann allerdings meiner überwiegend ebenfalls nicht landwirtschaftlichen Leserschaft derart positiv aufgenommen, dass der Entschluss zu einer stärkeren Beschäftigung mit der Landwirtschaft gefallen war. Auch spätere Besuche bei Wiesenhof und darauf folgende Artikel konnten die Stimmung nicht trüben. Seit 2015 schreibe ich auch gelegentlich für das DLG-Blog agrarblogger.de, teile meine Erfahrung in der Kommunikation als Referent und trage nebenbei fleißig weitere Literatur zum Thema Tierwohl zusammen. Auf Twitter bin ich unter twitter.com/roterhai unterwegs.

13 Kommentare

  1. @Ste: Zustimmung

    Das habe ich mir gedacht 😉 Wir hatten ja schon auf Twitter das Vergnügen. Ob es was bewirkt, kann ich aber nicht versprechen…

  2. Ich finde es ehrlich gesagt verwunderlich, dass auf solche Dinge aufmerksam gemacht werden muss. Das sollte doch eigentlich selbstverständlich sein. Sollte… – das wird wohl der springende Punkt sein. Unfassbar!

  3. Selbstverständlichkeiten

    Hallo Hans,

    genau das wollte ich hier ausdrücken, wobei ich noch Verständnis habe, wenn es sich um Literatur für Laien handelt. Da ist es durchaus eine gute Idee, vieles ausführlicher und genauer zu erklären. Aber Tapire sind nun mal nichts für den Hobby-Gärtner, ebenso wenig wie Milchvieh, Schweine usw. DAS lesen dann wirklich nur Menschen, die sich wirklich auskennen – zumindest grundlegend…

  4. Tiergesundheit

    Es ist erschreckend, wie wenig Fachkenntnis hier vorhanden ist.

    Konventionelle Geflügel- und Schweinehaltung ist so gut wie immer mit Gesundheitsshäden für die Tiere verbunden.

    Beispiele:
    Puten leiden zu fast 100% unter Fußballenschäden in konventioneller Haltung.
    Quelle: Studie der Uni Leipzig für das BMELV (!!!) von Krautwaldt-Junghanns et al, 2010

    Schweine leiden zum sehr hohen Anteil unter Grippeviren (ca. 91%, Quelle, Homepage des FLI zur Zeit der “Schweinegrippe” später gelöscht, wahrscheinlich auf Druck des damals sehr invasiv agierenden Bauernverbandes). Schweinelungen sind am Schlachthof fast immer mit Schäden behaftet und für die Forschung nur noch zum geringen Teil zu gebrauchen – wegen der Güllegase, die durch die Spalten aufsteigen und trotz lüftung, die meist eher den Bedienergang umfasst. (Studien u. a. Institut Schwarzenbeck, man kann aber auhc selbst am Schlachthof nachfragen…).

    Natürlich wird dies von interessierter Seite heruntergespielt. Es ärgert mich aber, dass Ihr dieses einfach so übernehmt.

  5. Hallo Frau Petras,

    haben wir uns einfach mal ein wenig Luft gemacht? Bei genauer Betrachtung hat Ihr Kommentar gar nichts mit meinem Artikel zu tun.

    Mir ging es hier um Grundlagenwissen der Tierhaltung, welches auch in Fachkreisen immer wieder betont wird. Besonders amüsant ist das dann in Haltungsempfehlungen für Zootiere, die weltweit gelten, weshalb genaue Angaben zu unerwünschten Stoffen in Futtermitteln unmöglich sind und es deshalb sehr oberflächlich bleibt.

    Vielleicht war dieser Text ja auch mit einem Augenzwinkern geschrieben 😉

    PS: Ich mag es gar nicht, wenn man relativ neu in mein Blog platzt und mir gleich mal Ahnungslosigkeit unterstellt. Bedenken Sie das bitte.

  6. Hallo Elisabeth,
    der obige Artikel handelt über Fachliteratur zur Tierhaltung. in der Fachliteratur wird ständig die Notwendigkeit der Unbedenklichkeit von Futter und Wasser, hinsichtl. Schimmel, Verunreinigungen usw., in der Tierernährung betont. Der Blogautor, sicher schon viele Tierbücher gewälzt, möchte mit einem Verweis auf unser Ernährungsverhalten hinweisen, dass diese Notwendigkeit der Unbedenklichkeit von Futter u. Wasser doch logisch ist. Darüber hinaus ist sie auch gesetzlich geregelt. Der Blogautor sieht es also nicht für nötig, solche Selbstverständlichkeiten jedesmal neu ausführen zu müssen.

    Zusammenfassung: Dein Kommentar hat mit obigem Artikel nicht zu tun.

  7. Nein, darum geht es hier nicht, wirklich nicht. Lesen Sie sich den Text und die paar Kommentare hier doch einfach mal durch. Kann nicht so schwer sein.

  8. Unbedenklichkeit

    Jetzt also meine Frage: tut das wirklich Not ständig die Unbedenklichkeit von Futter und Wasser zu betonen oder wäre es nicht auch möglich, derartiges als bekannt anzunehmen?

    Das scheint aber schon Primaten-Sicht zu sein, denn das gute freilebende Tier schert sich um derlei wenig oder gar nicht.
    Härtere Bedingungen könnten zudem auch die Immunsysteme fitten.

    Das aber nur nebenbei, von jemandem angemerkt, der über Ihre Nachrichten gerne staunt,
    MFG
    Dr. W

  9. Hallo Webbaer,
    der landwirtschaftliche Betrieb ist kein Bootcamp. Es geht bei der Nutztierhaltung nicht um Survival of the Fittest. Es sollen sichere und qualitativ hochwertige Lebensmittel hergestellt werden.

  10. @Webbaer: Immun-Mythen

    Da bist Du aber stabil auf dem Holzweg, mein Lieber. Verschimmelte oder anderweitig verdorbene Nahrung “fittet” gar nichts, sondern hat massiv negative Auswirkungen auf die Gesundheit. Das gilt übrigens auch für Parasiten und anderen zoologischen Kram, den man nicht freiwillig in sich haben möchte.

    In der Landwirtschaft sind es Gründe wie die Lebensmittelsicherheit und natürlich ein aus wirtschaftlichen Gründen gesunder Bestand, der die Landwirte da keine Risiken eingehen lässt.
    Im Zoo leben oftmals Tiere, von denen es nicht mehr allzu viele gibt und die man daher auch nicht unbedingt sterben lassen will.

  11. Herr Lederstrumpf

    , Sie werden den Begriff ‘Nutztierhaltung’ im Artikel nicht finden, stattdessen war auch die Haustierhaltung berührt.

    Und selbstverständlich halten auch Webbaeren Haustiere, bspw. Katzen, und denen ist in Bezug auf die Nahrungsbereitung durchaus so beizukommen, wie Ihnen Ihr Kommentatorenfreund schrieb.

    MFG
    Dr. W (der schon Katzen hielt, als der hiesige Inhaltemeister noch im Milchrahm um Sauerstoff schnappte – klar, es gehen mal welche weg, aber auf artgerechte Haltung ist immer Wert gelegt worden, auch um Catsplosions zu meiden 😉 )

Schreibe einen Kommentar