Venus in den Plejaden

alle 8 Jahre wieder …

Teleobjektiv

Eine besonders hübsche Konstellation am Abendhimmel: Der hellste Planet, Venus, derzeit als Abendstern sichtbar, gesellt sich zu den Plejaden. (APOD 2. April)

Ich hatte das bereits letzte Woche angekündigt. Die größte Annäherung wird morgen sein: ein sehr dankbares Spektakel auch im Feldstecher (es reicht ein Opernglas, viel Vergrößerung braucht man nicht, lieber ein weites Gesichtsfeld).

Die Konstellation am morgigen Abendhimmel simuliert mit Stellarium:
Die Gürtelsterne von Orion zeigen nach rechts-oben auf Venus in den Plejaden.

Die Plejaden werden landläufig auch das “Siebengestirn” genannt oder – eine römische Remineszenz – “die Sieben Schwestern”. Das mutet seltsam an, weil man nicht sieben Sterne sieht, sondern typischerweise nur ca. fünf, bei klarem Himmel und dunkler Umgebung gleich 8 oder gar 9. Die Siebenzähligkeit der mythologischen Gruppe (sieben Schwestern) haben die Römer von den Griechen und die Griechen von den Babyloniern übernommen. Wo und wann im Zweistromland das entstanden ist, ist unklar: Mit Einsetzen der mathematischen Astronomie und mithin der Naturwissenschaft im 2. Jahrtausend vor Christus wird eine solche Gleichsetzung von Gestirn und sieben Gottheiten (der sog. Siebengottheit, sieben heiligen Waffen, die sprechen können) bereits überliefert: Kein Babylonier hat behauptet, dass da oben (nur) sieben Sterne stehen, also vermutlich haben die Griechen einfach die babylonische Textzeile “der Sternhaufen die Siebengottheit” (ohne Punkt und Komma oder “=”-Zeichen geschrieben, weil die noch nicht erfunden waren) falsch verstanden. 

Der babylonische Text MUL.APIN folgt einem strikten Schema:
Gestirn <-> Gottheit. 
Wie der Doppelpfeil genau zu interpretieren ist, weiß niemand so genau. Geschrieben wird in modernen Übersetzungen meist ein Komma, es kann aber auch ein “=” gemeint sein, jedoch im Sinn einer einfachen Zuordung und nicht mathematisch gemeint. 

Die Griechen hatten völlig andere Götter, Religionen und Mythen und konnten diese Identifizierung von nicht verstehen; sie haben es vermutlich einfach als Name gelesen. Das Symbol und Schriftzeichen für das Sternhäuflein in Keilschrift ist eine Gruppe von sieben Pünktchen, es symbolisiert die Gottheit, die Siebenheit, und gibt nicht die Figur am Himmel wider. Vermutlich haben die Griechen diese sieben Pünktchen einfach falsch interpretiert, dass es sich um eine Gruppe von sieben Sternen handele. Von der Anschauung her ergibt der Name jedenfalls keinen Sinn.

Die Griechen haben daher ihre eigenen Geschichten dazu erfunden, nämlich die Geschichte von sieben Nymphen, von denen eine keinen Gott, sondern einen sterblichen Mann geheiratet hat und daher aus dem Häuflein am Himmel verbannt worden sei.
(Das klingt ein bisschen nach dem Wolf und den sieben Geißlein: sechs werden gefressen, das siebte versteckt sich im Uhrkasten. … So sehr an den Haaren herbei gezogen, dass es schon wieder glaubwürdig ist.)

Völlig verquer wird dann das Missverständnis der modernen Astronomen: Mit Feldstechern und Teleskopen sehen wir ja, dass dieser Sternhaufen aus viel mehr als ~10 Sternen besteht, nämlich aus ~150 oder mehr. Die helle Kerngruppe wird daher mit Einzelsternnamen belegt und zwar aus dem römischen Sieben-Schwestern-Mythos: Die zwei Sternlein an der Spitze des Mini-Wägelchens der Plejaden heißen “Atlas und Pleione” und sind mithin symbolisch die Eltern der sieben Schwestern. Die Namen der Mädchen sind in dem Viereck dahinter und den Sternchen dahinter vergeben (Bild: Merope, Alcyone, Electra, Maja sind die hellen im Viereck, Taygeta, Asterope und Celaeno laufen hinterdrein) Die moderne Astronomie benennt also zwei der sechs sichtbaren Sterne nach den Eltern… von den (modern so genannten) sieben Schwestern sind die meisten fürs Auge nicht wahrnehmbar.

Diese Benennung nach römischen Damen ist übrigens NICHT antik! Ptolemäus schreibt keinen einzigen Mädchennamen in seinem Sternkatalog (im Almagest) und auch seine Vorläufer in der mathematischen Astronomie (Hipparch) nicht. 

Nachtrag vom 04. April

Die Fotos wurden aus dem Badezimmerfenster heraus über eine Straßenlaterne hinweg gemacht … dafür sehen sie m.E. recht passabel aus.
Venus in der Abenddämmerung: unten die böse Laterne.
… doch man fängt an, auch die Plejaden neben dem Venüsschen zu erahnen.
Venus setzt sich einfach kess an die Spitze des Mini-Wägelchens
Dass der Himmel nicht in jeder Minute gleich klar ist, sieht man an den Strahlen der Venus auf diesem Bild, während sie auf dem obigen Bild keine Strahlen hat, sondern Mini-Wölkchen anleuchtet.

Nachtrag vom 5. April

Dies ist ein Bild des DSS Surveys von den Plejaden. Die gelben Pünktchen darüber zeigen an, wieviel Sternlein jenseits des blau leuchtenden Zentrums noch dazu gehören.

Venus schon wieder deutlich entfernt von der zentralen hellen Gruppe der Plejaden. Was die wenigsten wissen: Der Sternhaufen der Plejaden, der aus >150 Sternen besteht, ist viel, viel ausgedehnter als die paar Sternchen, die wir mit dem bloßen Auge sehen. Venus ist heute immer noch in den Plejaden und das war sie auch schon bei meinem ersten Post. 🙂

Venus neben den Plejaden.
Neben dem Fensterrahmen.

Das Astronomy Picture of the Day vom 11. April ist natürlich viel schöner: Es zeigt ein Composit.

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"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Jobbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, 2017 in Semarang (Indonesien), seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten), Jerusalem+Tel Aviv (Israel), ... . Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglichte, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

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