2020 – Viel los am Himmel

BLOG: Uhura Uraniae

Ko(s)mische Streifzüge durch Zeit und Raum
Uhura Uraniae

Astronomisch gesehen bot 2020 einige faszinierende Ereignisse: Ein Durchgang von Venus durch die Plejaden passiert etwa alle acht Jahre, eine Konjunktion von Jupiter und Saturn etwa alle 20 Jahre – aber beides sieht hübsch aus und viele von uns Hobbyfotografen mit Wonne zur Kamera greifen. In den Rauhtagen zwischen den Jahren, wenn Wahrsager Hochkonunktur haben, fasse ich mal einige Highlights zusammen. 😉

Das Bild findet man auf wikipedia, es stammt aus Österreich von H. Raab.

Es ist normal, dass sich die Helligkeit von Beteigeuze verändert. Es sind zwei Zyklen bekannt, aber in beiden ändert sich die Helligkeit nicht so dramatisch wie letzten Winter. Auch der erste Vorschlag, dass diesmal beide Minima zusammenfallen, erklärte nicht hinreichend, was wir beobachteten. Im Februar wurde ein Foto vom letzten Dezember veröffentlicht, dass klar zeigte, dass wir eine Abschattung der leuchtenden Oberfläche beobachten – nur war noch immer nicht klar, wodurch. Gehört dieses Abschattung zum Stern selbst, also kam von innen heraus? Oder rotierte eine abgekühlte Gas- u. Staubwolke ins Bild, die Beteigeuze früher ausgestoßen hatte? 

Mein Review zum Thema im Juli.   Gut möglich, dass es einen weiteren, bisher nicht offiziell genannten Helligkeitszyklus gibt, der mit der Rotationsdauer des Riesensterns von ca. 35 Jahren zusammenhängt: Rotationsveränderlichkeit ist sehr üblich bei Sternen.

Im April hatte der Stern wieder die gewohnte Helligkeit, aber als er im Sommer wieder in der Morgendämmerung sichtbar wurde, haben manche Beobachter ihn wieder schwächer gemeldet. Inzwischen (Herbst/ Winter 2020) sieht der Abendhimmel mit Orion jedenfalls wieder wie gewohnt aus und die lädierte Schulter des Helden ist wieder so hell wie der Fuß.

April: Venus in den Plejaden

Venus neben den Plejaden

Das Astronomy Picture of the Day (APOD) hat diesem hübschen Paar zahlreiche Bilder gewidmet – da wir im April sowieso alle zuhause saßen, konnte man auch wunderbar abends kurz die Arbeit unterbrechen und ein paar Fotos machen. Die Bilder vom 2. (Vorschau), 4. (Espenak), 11. (Espenak) und 15. (Aspinall) April 2020 lassen sich prima vergleichen mit denen von 2012 und 2004

Juli: Komet NEOWISE wird freiäugig sichtbar

Kometen sind immer ein Spektakel: Man kann sie nicht planen, sondern sie werden erst entdeckt, wenn sie im inneren Sonnensystem sind. Wenn man einen bereits auf Höhe des Jupiter-Orbits entdeckt, ist das schon zeitig. 

Kometen sind normalerweise dunkel und daher sehen wir sie nicht auf große Entfernung. Erst wenn sie durch wachsende Sonnennähe “ausgasen” und Schweife entwickeln, können sie mit unseren Teleskopen gefunden werden. Es gibt immer irgendwelche Kometen, die sich die Sterngucker mit ihren Optiken anschauen – aber nur selten ist ein Komet so hell, dass er auch ohne optische Hilfsmittel sichtbar ist. 

Für uns hier im Norden war dies das letzte Mal vor 23 Jahren der Fall, als wir Kometen Hyakutake (1996) und Hale-Bopp (1997) am Frühlingshimmel sehen konnten. 

Dieses Jahr stand Komet NEOWISE unübersehbar am Himmel. Zuerst morgens, dann abends.

August: Mond im Orion – vorerst letztes Mal 

Orion ist ein Sternbild des Tierkreises. Das ist nichts Neues und kein esotherisches Geheimwissen, sondern kann man bereits im ältesten Astronomie-Kompendium nachlesbar, das uns erhalten ist: den babylonischen Tontafeln MUL.APIN. Als ein Jahrtausend später der Tierkreis definiert wurde, wurde er an der Sonnenbahn festgemacht und die Sonne steht niemals im Orion. 

Der Mond aber. Das gilt auch noch nach der Kanonisierung der Sternbilder in den 1920ern durch die IAU. Man hat die Fläche des Orion so definiert, dass sie ein halbes Grad Abstand zur Ekliptik hat und so geht der Mond durch den Orion, solange die südliche Bahnhälfte dort liegt. Infolge der Mondknotendrehung mit einer Umlaufdauer von 18,6 Jahren ist das für ca. 9 Jahre der Fall und dann wieder für etwa 9 Jahre nicht mehr.

Mondposition am 14. August. Die Fläche des Sternbildes laut IAU-Definition ist mit einer dunkelroten Strichellinie markiert. Der Mond streift nur noch die westliche obere Ecke des Sternbilds Orion.
2015, als der Winter-Komet Lovejoy gerade im Sternbild Eridanus vorm Fuß des Orion stand, stand der Mond am 4. Januar unübersehbar im Orion,

Für die nächsten ca 9 Jahre wird der Mond nördlich der Ekliptik überm Orion passieren. Erst am 2. September 2029 wird er wieder den Orion streifen und danach jeden Monat für ein paar Stunden durch den Orion wandern. 

Das nächste Mal wird der Mond am 02. September 2029 den Orion streifen.

Das sagenumwobene 13. Tierkreis-Sternbild?

Im Sternbild Ketos, dem See-Monster, steht der Mond aber weiterhin. Das wird ja bisweilen als 13. Tierkreis-Sternbild verhandelt, weil es die Ekliptik an der oberen Kante fast berührt – der Mond steht in diesem Sternbild also ebenfalls ca 9 Jahre lang monatlich und zwar deutlich länger als im Orion. 

Ketos, das See-Ungeheuer neben der Ekliptik, durch das der Mond ebenfalls läuft.

Dezember: Das Arecibo-Teleskop kollabiert.

Im Dezember war es auch, dass eine Ära in der Radio-Astronomie ein bisschen schneller zu Ende ging als gedacht. Das sowieso schon alters-senile Teleskop in Arecibo hat sich selbst zerstört. Das APOD am 9. Dezember ist ein Motion Picture

Dezember: Jupiter-Saturn-Konjunktion 

Auch diese Begegnung von Planeten – diesmal miteinander – hat großes Aufsehen erregt. Die größte Annäherung fand gerade zum Solstitium statt, also wenn auch die Sonne ihren südlichsten Stand erreicht. Auch hierfür gibt’s mehrere APsOD: die Verfolgungsjagd vom Sommer (12.) simuliert von Durmar, die Positionen über den Alpen simuliert von S. Voltmer (15.), ein Foto mit der jungen Mondsichel (Vafa, 19.) , das Paar über den Dolomiten (Hofer, 20.) und gemeinsam im Okular am 21. (Peach 23.). Solche Konjunktionen finden etwa alle 20 Jahre statt – aber meist nicht ganz so eng wie dieses Jahr. Zum Vergleich ein Bild vom März 2001, als Jupiter und Saturn neben den Plejaden standen (APOD). Damals jagten die zwei Planeten durchs “Tor der Ekliptik” zwischen Plejaden und Hyaden, was APOD 2001 mit einer Animation zeigte.

rechts im Bild Jupiter und Saturn – Abstand vergleichbar mit dem Monddurchmesser
(Foto 17. Dezember 2020)

Und was lernen wir daraus?

Nichts! Nur, dass es dieses Jahr viele schöne Foto-Motive gab und mehrere astronomische Ereignisse, die sogar die Presse interessierten. 🙂 

Nachwievor können wir daraus nicht die Zukunft ablesen. 

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"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Jobbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, 2017 in Semarang (Indonesien), seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten), Jerusalem+Tel Aviv (Israel), Hefei (China)... . Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglichte, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

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