Phagen gegen multiresistente Keime

Die Phagentherapie ist bereits seit über 100 Jahren bekannt, konnte sich in Deutschland jedoch bisher nicht etablieren. Vor diesem Hintergrund hat SPRIND Prof. Dr. Christian Willy und Dr. Felix Bröcker beauftragt, die notwendigen Schritte zur Etablierung eines Zentrums für Bakteriophagenforschung, -anwendung und -herstellung in Deutschland bis zum Jahr 2030 zu erarbeiten.

Multiresistente Keime gefährden unser Gesundheitssystem nachhaltig. So zeigt eine kürzlich in „The Lancet“ veröffentlichte Studie, dass im Jahr 2019 weltweit rund 4,95 Millionen Todesfälle mit antibiotikaresistenten Keimen in Verbindung gebracht werden konnten. Schätzungen zufolge könnte diese Zahl bis 2050 auf ca. 10 Millionen Menschen pro Jahr ansteigen.

Die evolutionäre Resistenz dieser Keime gegen Antibiotika führt heute dazu, dass alternative Therapieformen entwickelt werden müssen. Eine dieser Alternativen könnten Bakteriophagen sein. Im Gegensatz zu Antibiotika sind Bakteriophagen keine Wirkstoffe, sondern aktive Viren, die ausschließlich Bakterien infizieren – was die Zulassung als Medikament in Deutschland und der EU entsprechend erschwert. Bakteriophagen sind hochspezifisch an ihr Wirtsbakterium angepasst, so dass selbst eng verwandte Bakterienstämme nicht angegriffen werden. Durch ihre spezifische Wirkweise gelten Bakteriophagen als selbstlimitierend und sehr nebenwirkungsarm.

Die Phagentherapie ist bereits seit über 100 Jahren bekannt, konnte sich jedoch bisher aufgrund ihrer Komplexität nicht durchsetzen. Im Zuge der zunehmenden Antibiotikaresistenzen hat die Erforschung ihrer Wirkungsweise, Diagnostik und letztendlich die Translation in die Klinik enorm an Bedeutung gewonnen, um sie zeitnah als alternative, medikamentöse Therapie zur Marktreife zu bringen. Mittlerweile gibt es zahlreiche Gruppen in Deutschland und Europa mit unterschiedlichen Forschungsschwerpunkten, die es näher zu betrachten und auf innovative Ansätze zu untersuchen gilt.

Beauftragung laut Validierungsauftrag

Diese Forschungsgruppen arbeiten weitestgehend unabhängig voneinander und nicht koordiniert, basierend auf gemeinsam formulierten Zielen. Auch wenn jede Gruppe für sich wichtige Erkenntnisse gewinnt und einen Teil zur Umsetzung der Anwendung von Bakteriophagen gegen multiresistente Keime beiträgt und die Vernetzung untereinander weiter voranschreitet, so könnte eine Gesamtkoordination der Gruppen zu besseren Resultaten führen. Vor diesem Hintergrund hat SPRIND Prof. Dr. Christian Willy und Dr. Felix Bröcker beauftragt, ein Konzept mit den notwendigen Schritten zur Etablierung eines Zentrums für Bakteriophagenforschung, -anwendung und -herstellung in Deutschland bis zum Jahr 2030 zu erarbeiten.

Prof. Dr. Christian Willy vom Bundeswehrkrankenhaus Berlin qualifiziert sich durch seine langjährige Berufserfahrung als Klinikdirektor der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, in der er Bakteriophagen im Rahmen von individuellen Heilversuchen bei Patienten einsetzt. Er ist Konsortionalführer des PhagoFlow-Projekts und seit Jahrzehnten in der Bakteriophagen-Community engagiert und anerkannt. Unterstützt wurde Prof. Dr. Christian Willy bei diesem Projekt von Dr. Felix Bröcker, der durch seine langjährige Tätigkeit als Virologe und Mikrobiologe in der akademischen und industriellen Forschung sowohl die wissenschaftlichen, als auch wirtschaftlichen Hintergründe der Arzneimittentwicklung kennt.

Die ausführliche Zusammenfassung der Ergebnisse dieses Auftrages sind nun in englischer Sprache verfügbar und können hier heruntergeladen werden.


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Christian Egle versteht sich als eine Art interdisziplinärer Hausmeister („I am helping put a man on the moon.“) bei SPRIND; immer darauf fokussiert, dass keine Bäume auf den Gleisen liegen, die den Weg zum Ziel versperren. Versteht Biochemie, ein wenig. Offizielles Tätigkeitsprofil: Pressesprecher und Referent der Geschäftsleitung.

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