Neue Leber & Co. – SPRIND ermöglicht künstlichen Organersatz

Die Bundesagentur für Sprunginnovationen SPRIND gibt die Teilnehmer des SPRIND Funke „Tissue Engineering“ bekannt. In der ersten Stufe des 10-monatigen Innovationswettbewerbes werden vier Teams finanziert, um die Machbarkeit eines neuartigen Ansatzes von Tissue Engineering für eine erste Transplantation beim Menschen zu demonstrieren. Die Teams erschaffen Organersatz für Leber, Bauchspeicheldrüse, Muskeln und Gelenkknorpel.

Viele Patient:innen sind auf Spendergewebe oder Organspenden angewiesen. Der hohe Bedarf an Spendergewebe und -organen kann aber bei weitem nicht gedeckt werden. Deshalb leiden Patient:innen unter langen Wartelisten und unzähligen medizinischen Herausforderungen oder sterben, noch bevor eine Spende verfügbar ist. Künstlich erzeugtes Gewebe dagegen verspricht eine nachhaltige Verbesserung der Lebensqualität für diese Menschen.

In den letzten Jahrzehnten haben Wissenschaftler:innen, Ingenieur:innen und Ärzt:innen Werkzeuge entwickelt, um biologische Ersatzstoffe zu konstruieren, die natürliches Gewebe nachahmen. Das ultimative Ziel, die Grenzen der herkömmlichen Organtransplantation zu überwinden, ist jedoch weiterhin unerreicht.

„Im Rahmen des SPRIND Funke „Tissue Engineering“ soll deshalb ein fortschrittliches Konzept entwickelt werden, welches das bisher am weitesten entwickelte künstliche Gewebe hervorbringt“, erklärt Dr. Jano Costard, Challenge Officer bei SPRIND. „Das Gewebe soll dem natürlichen Vorbild so nahe wie möglich kommen, um Patient:innen als Transplantat eine hohe Lebensqualität zu ermöglichen. Dafür braucht es Innovationen im Engineering von Zellen, der Entwicklung von Gewebearchitekturen oder technischen Materialien.“

Folgende vier Teams wurden für Teilnahme an der ersten von zwei Stufen ausgewählt:

Cellbricks GmbH

Ohne eine funktionierende Leber bricht der Stoffwechsel des Körpers zusammen. Deshalb hat sich das Team von Cellbricks zum Ziel gesetzt, fehlende oder gestörte Leberfunktionen zu ersetzen. Gemeinsam mit ihren klinischen Partnern an der Charité Berlin wollen sie menschliches Lebergewebe in großem Maßstab nachbilden. Mittels 3D-Bioprinting soll komplexes Lebergewebe aus Biotinten mit extrazellulärer Matrix und menschlichen Leberzellen hergestellt werden. Diese Gewebetherapeutika werden im Labor biotechnologisch hergestellt und schließlich in den Körper der Patienten implantiert, damit diese ein längeres und gesünderes Leben genießen können.

ZonalCartHT – Bizonal cartilage grafts

Fehlender oder beschädigter Knorpel verursacht enorme Schmerzen und macht unsere Gelenke oft unbrauchbar. Das Team von ZonalCartHT um Dr. Solvig Diederichs (Orthopädie Universitätsklinikum Heidelberg) und Dr. Uwe Freudenberg (Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden) entwickelt einen neuartigen Knorpelersatz, der Gelenkfunktionen wiederherstellen soll. Durch die Kombination aus biohybriden Hydrogelen und Stammzellen wird eine komplexe zweischichtige Matrix entwickelt, die den natürlichen Übergang zwischen Knochen und Knorpel spiegeln soll. Gleichzeitig sollen die eingesetzten Materialien eine nachhaltige Funktion und Belastbarkeit ermöglichen, um Gelenkfunktionen wiederherzustellen und mehrmaligen Gelenkersatz zu verhindern. 

Muscle Engineering for Human Transplant

Trotz ihrer Plastizität, können Verletzungen und Krankheiten die Regenerationsfähigkeit des Muskelgewebes an ihre Grenzen bringen. Um Muskelverletzungen und -krankheiten besser behandeln zu können, will das Team von Dr. Bruno Cadot (Institut de Myologie, Paris), Dr. Francisco Fernandes (Sorbonne Université, Paris) und Dr. Léa Trichet (Sorbonne Université Paris) große transplantierbare Muskeleinheiten herstellen. Das vom Team genutzte Ice-Templating ermöglicht die Herstellung makroskopischer und komplexer Gewebearchitekturen aus Kollagen und Fibrin. Diese sollen anschließende mit verschiedenen Zelltypen des Muskelgewebes besiedelt werden, um funktionale und Muskeleinheiten zu erhalten, die anschließend beschädigtes Gewebe ersetzen sollen.

Functional Bioprinted Pancreas Tissue

Obwohl Insulin vielen Menschen mit Typ 1 Diabetes eine wirksame Behandlung bietet, besteht bis heute keine Aussicht auf eine Heilung, da das körpereigene Gewebe für die Insulin-Produktion fehlt. Riccardo Levato (Utrecht University Medical Center) und sein Team wollen der Heilung einen entscheidenden Schritt näherkommen. Mit Hilfe des Licht-induzierten Bioprinting kombinieren sie zeitgleich Stammzellen, biologisch aktive Moleküle und Extrazellulärmatrix zu einer funktionalen Gewebeeinheiten. Das entstehende Gewebe ähnelt der endokrinen Bauchspeicheldrüse und kann ebenfalls Insulin produzieren. Weitere Funktionalisierungen sollen das neue Gewebe aber auch vor der Zerstörung durch das Immunsystem schützen, um so das Grundproblem von Typ 1 Diabetes zu lösen.

Der SPRIND Funke hat eine Laufzeit von 10 Monaten in zwei Stufen. In den acht Monaten von Stufe 1 unterstützt SPRIND die teilnehmenden Teams in der Demonstration der Eigenschaften eines künstlichen Gewebes mit bis zu 500.000 Euro. Stufe 2 ermöglicht mit weiteren bis zu 100.000 Euro die Planung für einen First-in-human Trial.

Weitere Informationen finden Interessierte unter https://www.sprind.org/de/challenges/funke-tissue-engineering/

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Veröffentlicht von

Christian Egle versteht sich als eine Art interdisziplinärer Hausmeister („I am helping put a man on the moon.“) bei SPRIND; immer darauf fokussiert, dass keine Bäume auf den Gleisen liegen, die den Weg zum Ziel versperren. Versteht Biochemie, ein wenig. Offizielles Tätigkeitsprofil: Pressesprecher und Referent der Geschäftsleitung.

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