40 Millionen Euro für die Entwicklung biotechnologischer Verfahren zur Fertigung neuer Produkte aus Abfallströmen
Die Bundesagentur für Sprunginnovationen SPRIND gibt die Teilnehmer der SPRIND Challenge „Circular Biomanufacturing“ bekannt. In der ersten Stufe dieses dreijährigen Innovationswettbewerbes werden acht Teams finanziert, um neue biotechnologische Verfahren zur Rohstoffgewinnung aus Abfall- und Reststoffen und zur anschließenden, integrierten Weiterverarbeitung zu entwickeln.
Bislang beruht unsere Produktion größtenteils auf neu geförderten Rohstoffen. Damit gehen erhebliche Belastungen für die Umwelt und die Gesellschaft einher. Durch die Umstellung auf eine Kreislaufwirtschaft, in der lokale Abfall- und Reststoffströme wiederverwendet werden, kann eine nachhaltigere und resilientere Produktion ermöglicht werden. Eine Schlüsselrolle können dabei biotechnologische Verfahren spielen, weil sie mit verhältnismäßig geringem Energie- und Materialeinsatz Abfallprodukte in wertvolle Ausgangsstoffe überführen können.
In den letzten Jahren haben wissenschaftliche Fortschritte neue Erkenntnisse und Methoden hervorgebracht, welche die Leistungsfähigkeit biotechnologischer Verfahren verbessert und neue Anwendungsmöglichkeiten aufgezeigt haben. Trotz einiger Durchbrüche in Nischenanwendungen besteht die Herausforderung jedoch darin, wie diese biotechnologischen Verfahren skaliert und in bestehende bzw. neue Produktionsabläufe integriert werden können, so dass sie beispielsweise Verfahren der konventionellen petro-chemischen Industrie ablösen können.
„Im Rahmen der SPRIND Challenge Circular Biomanufacturing soll deshalb ein End-to-End-Prototyp entwickelt werden, der kontinuierlich verschiedene kohlenstoffhaltige Abfallströme verarbeitet, Mikroben als Nahrung zuführt und die entstehenden Syntheseprodukte unmittelbar zu einem Zwischen- bzw. Endprodukt weiterverarbeitet“, erklärt Dr. Jano Costard, Challenge Officer bei SPRIND. „Ziel ist es, neue Wertschöpfungsketten basierend auf lokal verfügbaren Sekundär-Rohstoffen zu etablieren. So soll eine komplett geschlossene, nachhaltige, umweltfreundliche und gegenüber Marktschwankungen robuste Kreislaufwirtschaft entstehen.“
Eine Expertenjury aus Wissenschaft und Wirtschaft hat aus den mehr als 50 Bewerbungen die folgenden acht Teams ausgewählt:
C3 Biotechnologies (Acrylics)
Das Team C3 Biotechnologies (Acrylics) stellt aus Kartoffelstärke, Abfällen der Biodieselproduktion und Zuckerrübenschnitzeln den Kunststoff PMMA – besser bekannt unter dem Handelsnamen Plexiglas – her. Das Team um Prof. Nigel Scrutton von der Universität Manchester hat damit einen Weg gefunden, PMMA biologisch, ohne Verwendung von Erdöl, zu produzieren. Darüber hinaus setzt C3 Biotechnologies (Acrylics) in seinem mikrobiellen Produktionsverfahren auf halophile Mikroorganismen, die im Gegensatz zu anderen Mikroorganismen auch in Brackwasser mit hoher Salzkonzentration gedeihen können. Dieser Ansatz verringert die Gefahr von Kontamination sowie den Verbrauch von Frischwasser und Energie.
Insempra
Die Insempra GmbH produziert mit ihrem Team ‘BioTreasure‘ aus Pflanzenresten, altem Speiseöl oder PET-Abfällen mithilfe einer speziellen Hefe Materialien wie Polyester und Polyamide. Diese Materialien werden bisher nur petrochemisch hergestellt. Damit deckt das Team zwei Kunststoffklassen ab, die in ihrer chemischen Zusammensetzung und in den möglichen Anwendungsbereichen extrem vielseitig sind und in nahezu allen Produkten des täglichen Gebrauchs vorhanden sind. Darüber hinaus sind die Wissenschaftler um CEO und Gründer Jens Klein in der Lage, Proteinfasern herzustellen, die hervorragende Eigenschaften für die Verwendung in der Textilindustrie und anderen Anwendungsfeldern aufweisen.
CircuMat-3D
Das Team CircuMat-3D um Dr. Mahmoud Masri produzierte in Hefen Fette und langkettigen Kohlenwasserstoffe, um daraus viele verschiedene technisch interessante, teilweise sogar essbare, Polymere herzustellen. Langfristig soll dafür auch andere Abfallströme wie Agrar-, Bioenergie- und Lebensmittelabfälle als Grundlage dienen. Um diese Flexibilität abbilden zu können, hat das Team der Global Sustainable Transformation GST GmbH, einem Spin-off der Technischen Universität München, eine besonders vielseitige und nachhaltige Fermentationsplattform entwickelt. Bemerkenswert ist dabei, dass im Fermentationsprozess selbst nahezu keine ungenutzten Neben- oder Abfallströme anfallen.
EveryCarbon
Das Team EveryCarbon verwendet organische Abfälle und produziert daraus eine wichtige Chemikalie für die Herstellung hochwertiger Kunststoffe. Im Gegensatz zu üblichen Biogasanlagen, die durch den Stoffwechsel von Mikroorganismen signifikante Mengen an CO2 ausstoßen, hat sich das Team um Prof. Johannes Gescher von der Technischen Universität Hamburg jedoch zum Ziel gesetzt, alle Kohlenstoffatome aus den organischen Abfällen in den gewünschten Produkten zu binden. Hierzu setzt das Team auf eine hochkomplexe Kombination von Reaktoren, in denen das ausgestoßene CO2 direkt wieder als Kohlenstoffquelle für die mikrobielle Synthese weiterer Produkte genutzt werden kann.
MATERI-8
Da Abfallströme wie Plastikmüll oder alte Textilien oft verunreinigt sind, setzt das Team Materi-8 um Dr. Patricia Parlevliet sowie ihre Mitstreiter von der University of Nottingham nicht auf einen einzigen Mikroorganismus, sondern auf eine Co-Kultur aus gleich drei verschiedenen Mikroorganismen, um einen möglichst großen Anteil des Abfallstroms verwerten zu können. Die Co-Kultur produziert aus dem Abfallgemisch aus verschiedenen Materialien unterschiedliche Grundchemikalien. Diese können anschließend für die Herstellung von industriell hoch relevanten Monomeren und Polymeren wie Acrylharzen oder Polylactiden in der additiven Fertigung verwendet werden.
Quantum Leap
Das Team Quantum Leap arbeitet mit Reststoffen der Papierrecyclingindustrie, Rückständen aus der Bioethanolproduktion, Brauereiabfällen und Molasse. In ihrem Verfahren setzt das Team auf einen vergleichsweise wenig beachteten hefeartigen Pilz, der sich von diesen Abfallströmen ernähren kann und drei Chemikalien ausscheidet. Diese können anschließend für die Herstellung von Biopolymeren, Tensiden und Schmiermitteln genutzt werden. Die Biopolymere wandelt das interdisziplinäre Team um Dr. Lars Regestein vom Leibniz-HKI in Jena und Dr. Till Tiso von der RWTH Aachen anschließend weiter zu Materialien für den 3D-Druck um, und schafft damit geschlossene, wertschöpfende Stoffkreisläufe.
AmphiStar (SURFACycle)
Das Team AmphiStar (SURFACycle) aus Belgien konzentriert sich auf die Herstellung verschiedener Biotenside aus Abfällen der Lebensmittelindustrie, wie z.B. altes Speiseöl. Tenside kommen heute bei weitem nicht nur als Schmutzlöser in Reinigungsmitteln zum Einsatz, sondern finden unter anderem Anwendung in der Kosmetik-, Textil-, Agrar- und Lebensmittelindustrie. So vielseitig wie die Anwendungen sind auch die Tenside, die heute noch mehrheitlich auf Basis von Erd- oder Palmöl hergestellt werden. AmphiStar (SURFACycle) zeigt einen nachhaltigeren Weg auf.
SymbioLoop
Das Team SymbioLoop entwickelt Kunststoffe, die in ihrer Funktionalität konventionellen Kunststoffen in nichts nachstehen, aber im Unterschied zu letzteren nahezu grenzenlos recyclebar sind. Das Team um Dr. Manuel Häußler vom Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung benötigt dafür Chemikalien, die – selbst auf Basis von Erdöl – mit den bekannten Herstellungsverfahren ökonomisch kaum darstellbar sind. SymbioLoop plant daher, die Chemikalien zukünftig auf Basis einer symbiotischen Co-Kultur aus Algen und Hefe zu produzieren, die sich aus altem Speiseöl oder aufgearbeitetem Plastik ernährt.
Für diese SPRIND Challenge, die am 1. November 2023 mit einer Laufzeit von insgesamt drei Jahren gestartet ist, steht ein Budget von 40 Mio. Euro zur Verfügung. Jedes der acht ausgewählten Teams erhält von SPRIND für seine Arbeit in den kommenden 12 Monaten bis zu 1,5 Mio. Euro. Die Teams werden außerdem durch SPRIND begleitet, beraten und mit weiteren Expert:innen vernetzt. Nach einem Jahr und nach zwei Jahren wird die Jury den Entwicklungsfortschritt bewerten und darüber entscheiden, welche Teams weiter finanziert werden.
Weitere Informationen finden Interessierte unter https://www.sprind.org/de/challenges/biomanufacturing
“Jedes der acht ausgewählten Teams erhält von SPRIND für seine Arbeit in den kommenden 12 Monaten bis zu 1,5 Mio. Euro. ”
Die Bundesagentur ist sehr sparsam, zu sparsam, mit diesem Taschengeld kann man noch nicht einmal ein Labor einrichten, noch die Mieten für die Gebäude bezahlen.
Danke für die Information darüber. Gelichzeitig muss man auch Druck auf die Erzeuger von Kunstoffen ausüben, damit die Produkte sortenrein recycelt werden können.