• Von Markus Pössel
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Aufruf von russischen Wissenschaftler*innen und Wissenschaftsjournalist*innen gegen den Krieg in der Ukraine

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… aber nicht einfacher
RELATIV EINFACH

Der folgende Aufruf ist im Original hier zu finden; Kolleg*innen vom DESY haben ihn freundlicherweise ins Deutsche übersetzt. Ich bin durch eine entsprechende Mail der MPG-Öffentlichkeitsarbeiter*innen darauf aufmerksam geworden und teile ihn hier:

“Wir, russische Wissenschaftler und Wissenschaftsjournalisten, protestieren nachdrücklich gegen die von den Streitkräften unseres Landes eingeleitete Militäraktion in der Ukraine. Dieser fatale Schritt führt zu enormen Verlusten an Menschenleben und untergräbt die Grundlagen des etablierten Systems der internationalen Sicherheit. Die Verantwortung für die Entfesselung eines neuen Krieges in Europa liegt allein bei Russland.

Es gibt keine vernünftige Rechtfertigung für diesen Krieg. Versuche, die Lage im Donbass als Vorwand für eine Militäroperation zu nutzen, sind nicht glaubwürdig. Es ist klar, dass die Ukraine keine Bedrohung für die Sicherheit unseres Landes darstellt. Ein Krieg gegen sie ist unfair und offen gesagt sinnlos. Die Ukraine war und ist ein Land, das uns nahe steht. Viele von uns haben Verwandte, Freunde und Kollegen in der Ukraine. Unsere Väter, Großväter und Urgroßväter haben gemeinsam gegen den Nationalsozialismus gekämpft. Die Entfesselung des Krieges für die geopolitischen Ambitionen der russischen Führung, getrieben von zweifelhaften geschichtspolitischen Phantasien, ist ein zynischer Verrat an ihrer Erinnerung.

Wir respektieren die ukrainische Staatlichkeit, die sich auf wirklich funktionierende demokratische Institutionen stützt. Wir haben Verständnis für die europäische Entscheidung unserer Nachbarn. Wir sind überzeugt, dass alle Probleme in den Beziehungen zwischen unseren Ländern friedlich gelöst werden können. Durch die Entfesselung des Krieges hat sich Russland selbst zur internationalen Isolation, zur Position eines Pariastaates verurteilt. Das bedeutet, dass wir Wissenschaftler nicht mehr in der Lage sein werden, unsere Arbeit richtig zu machen: Wissenschaftliche Forschung ist ohne eine umfassende Zusammenarbeit mit Kollegen aus anderen Ländern nicht denkbar.

Die Isolierung Russlands von der Welt bedeutet eine weitere kulturelle und technologische Degradierung unseres Landes, die keine positiven Perspektiven bietet. Ein Krieg mit der Ukraine ist ein Schritt ins Leere. Wir sind uns bitter bewusst, dass unser Land, das entscheidend zum Sieg über den Nationalsozialismus beigetragen hat, nun zum Anstifter eines neuen Krieges auf dem europäischen Kontinent geworden ist. Wir fordern die sofortige Einstellung aller Militäraktionen gegen die Ukraine.

Wir fordern die Achtung der Souveränität und territorialen Integrität des ukrainischen Staates.

Wir fordern Frieden für unsere Länder.”

 

– danke an die Kolleg*innen vom DESY für die Übersetzung.

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Markus Pössel hatte bereits während des Physikstudiums an der Universität Hamburg gemerkt: Die Herausforderung, physikalische Themen so aufzuarbeiten und darzustellen, dass sie auch für Nichtphysiker verständlich werden, war für ihn mindestens ebenso interessant wie die eigentliche Forschungsarbeit. Nach seiner Promotion am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) in Potsdam blieb er dem Institut als "Outreach scientist" erhalten, war während des Einsteinjahres 2005 an verschiedenen Ausstellungsprojekten beteiligt und schuf das Webportal Einstein Online. Ende 2007 wechselte er für ein Jahr zum World Science Festival in New York. Seit Anfang 2009 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, wo er das Haus der Astronomie leitet, ein Zentrum für astronomische Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit, seit 2010 zudem Leiter der Öffentlichkeitsarbeit am Max-Planck-Institut für Astronomie und seit 2019 Direktor des am Haus der Astronomie ansässigen Office of Astronomy for Education der Internationalen Astronomischen Union. Jenseits seines "Day jobs" ist Pössel als Wissenschaftsautor sowie wissenschaftsjournalistisch unterwegs: hier auf den SciLogs, als Autor/Koautor mehrerer Bücher und vereinzelter Zeitungsartikel (zuletzt FAZ, Tagesspiegel) sowie mit Beiträgen für die Zeitschrift Sterne und Weltraum.