13.09. Auf der vergessenen Straße

BLOG: Neustart nach dem Putsch

Wie sich der Regierungswechsel in Madagaskar auf Mensch, Natur und Entwicklungszusammenarbeit auswirkt
Neustart nach dem Putsch

Um sechs Uhr morgens holt uns Nary am Hotel ab, ein junger Fahrer mit einem alten Peugeot. Wir machen uns auf den Weg nach Morondava, eine Hafenstadt im zentralen Westen Madagaskars. Bis vor Kurzem war die Straße dorthin so schlecht und jenseits des öffentlichen Bewusstseins, dass die berühmte madagassische Band Mahaleo ihr ein Erinnerungslied widmete. Ex-Präsident Marc Ravalomanana beschloss, die Straße zu sanieren. Umgesetzt wurde das allerdings erst unter seinem illegitimen Nachfolger Rajoelina.

DSC07577Credit: Ernst Golde

Famadihana: Zur traditionellen Totenwendung spielt eine Blaskappelle.
Nary ist erst in der Nacht mit dem Bus angereist und vollkommen übermüdet. So ist zwar die Straße gut, aber die Konzentration schlecht. Nach einem Sekundenschlaf, der uns fast einen Frontalzusammenstoß mit einem LKW beschert, verfrachten wir ihn zum Schlafen auf die Rückbank und fahren ein Stück des Weges selbst. Wir passieren Ziegelbrennereien und Reisfelder und beobachten eine halbe Stunde lang eine Totenfeier (famadihana) in einem Dorf, zu der eine scheppernde Blaskappelle aufspielt. In der Stadt Antsirabe rasten wir noch einmal zwei Stunden, bevor es weiter geht.

DSC07666Credit: Ernst Golde

Rast in einem Hotely Gasy im Hochland.

Das Hochland ist kahl, an vielen Stellen haben Bewohner Feuer gelegt, um frisches Gras für die Zebuherden sprießen zu lassen. Weiter im Westen durchwühlen Goldsucher unter einer Brücke ein Bachbett. Gegen halb sechs erreichen wir Miandrivazo am Fluss Mahajilo. Es wird grüner aber auch langsam dunkel. Weiter durch kleine Dörfer, im Slalom geht es um Zebus, Fußgänger, Hunde und Hühner. Noch zwei Mal machen wir Pausen, in denen unser Fahrer schläft.

goldsucher2Credit: Ernst Golde

Goldsucher im Distrikt Miandrivazo.

Um etwa 22:00 Uhr erreichen wir schließlich nach 16 Stunden auf der Straße Morondava. Die Straße ist glatt geteert, dreirädrige Taxis kommen uns entgegen. Kein Vergleich zu 2010, als ich zuletzt hier war, und neben Geländewagen und Zebukarren fast nur klapprige R4 über die Schlaglochpiste rumpelten. Morondava scheint etwas weniger vergessen zu sein.

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Nach einem Biologiestudium in Göttingen promovierte Lennart Pyritz am Deutschen Primatenzentrum über das Gruppenverhalten von Lemuren. Dafür verbrachte er insgesamt 14 Monate im Trockenwald Westmadagaskars. Über diese Zeit führte er einen Blog für Spektrum.de, der 2012 in erweiterter Form auch als Buch veröffentlicht wurde ("Von Makis und Menschen", Verlag Springer Spektrum). Nach der Doktorarbeit wechselte Lennart Pyritz in den Wissenschaftsjournalismus, hospitierte bei der Süddeutschen Zeitung in München, ZEIT Wissen in Hamburg und arbeitete als Vertretungsredakteur der Sendung "Quarks & Co" im WDR. 2012 bis 2014 volontierte er anschließend beim Deutschlandradio in Köln und Berlin und für einen Monat bei BBC 4 in London. Anschließend arbeitete er als Junior-Programm-Mitarbeiter im Deutschlandfunk. Vom 10. September bis zum 22. Oktober unterbricht er seine Anstellung beim Radio, um mit einem Recherchestipendium der Heinz-Kühn-Stiftung als Journalist nach Madagaskar zurückzukehren.

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