Sonnenfinsternis 2024: Schwarzer Mond vor flammender Sonne

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12:42 Uhr: Der Erstkontakt – wenn der Mond vor der Sonne sichtbar wird – steht unmittelbar bevor. Dann tritt auf 4 Uhr der Mond als winziges Stückchen mit dem bloßen, durch eine Sonnenfinsternis-Folie geschützten Brille, Auge sichtbar in die Sonnenfläche ein. Um die abgedeckte Sonne herum wabert es, das kommt aber nicht von der Sonne, sondern von den vielen umherfliegenden Blütenpollen. Schließlich ist auch in Carbondale, Southern Illinois, Frühling.

Um mich herum beginnt das Heulen der Sonnenfinsternis, unser Gastgeber hat seine Familie und entferntere Freunde und Verwandte eingeladen. So sind wir – Rainer, Billy, Hillary, Miriam, Kilien und Darwin – mittlerweile zu einem größeren Event geworden.

Bernie und ich (Photo: Hillary) Auf diesem Bild ist nicht zu sehen, dass hinter Bernie eine Batterie von Bierdosen liegt, die er mit seinem Schatten kühlt.

Der Eintritt des Mondes wird zunehmend deutlicher. Billy hat pünktlich die Teleskope aufgebaut, dort und vor den Kameras und Feldstechern drängeln sich immer mehr Leute.
Vielleicht, erklärt Rainer, kann man neben der Sonnenfinsternis neben Jupiter und Venus heute auch noch den Kometen 12P/Pons-Brooks sehen. Er steht im Moment nahe der Sonne. Diese Hoffnung wird sich leider nicht erfüllen.
Dafür haben wir aber noch eine gewaltige Sonnenprotuberanz, die am unteren Sonnenrand auftaucht. So groß, dass sie durch die schützende Folie der Finsternis-Brille ohne Teleskop sichtbar ist. Die Sonnenaktivität war diesmal wesentlich höher als 2017, erklärten NASA und andere Institute. Hillary und Bill erklären, dass sie bei ihren fünf Sonnenfinsternissen so etwas noch nie gesehen hat, Rainer bei seinen 13 auch noch nie. Es muss wirklich gewaltige Sonnenaktivität herrschen!

Um 13:07 Uhr schiebt sich der schwarz erscheinende Mond zunehmend in die orange Sonnenscheibe hinein. Die hier üblicherweise am Himmel kreisenden Truthahngeier und die kleineren Federviecher zeigen normale Aktivität, genauso wie einige Libellen. Die Truthahngeier haben von unten betrachtet scheinbar lichtdurchflutete Schwingen, anders als Greifvögel.

Truthahngeier (Cathartes aura) (Wikipedia: Mario Müller, CC BY-SA 2.0 de)

13:23 Uhr frisst sich die dunkle Mondscheibe schon sichtbar tiefer in die orange Sonne hinein,es wird dunkler.
13:52 Uhr: Jetzt ist es dunkel genug, um auf der rechten Seite (4 Uhr) die groß erscheinende helle Venus und auf der linken Seite (auf 10 Uhr) den viel kleineren Jupiter zu sehen. Von der Sonne ist nur noch eine winzig Sichel übrig geblieben.

13:54 Uhr: Mittlerweile spürt man sehr deutlich, wie die Temperatur gefallen ist und es wird wirklich zunehmend dunkler. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, dass eine kleine Fledermaus vorheihuschte. Eine kleines dunkelbraunes samtiges Flugwesen.
Die Frösche haben ihr Quakkonzert längst begonnen, die großen Raubvögel sind vom Himmel verschwunden. Auch die kleineren Vögel in den Gehölzen neben den Rasenflächen sind verstummt.

Jetzt verdeckt der Mond auch mit bloßem Auge sichtbar immer mehr von der Sonnensichel. Das “Heulen der Sonnenfinsternis” nimmt zu. Von Fröschen und Menschen.

13:59 Uhr: Für vier Minuten und acht Sekunden herrscht Totalität!!! Alle sind gebannt.

Dann ist der Mond vor der Sonne hindurchgezogen und es wird schnell heller. Ein großer samtiger dunkelbrauner Falter flattert durch mein Gesichtsfeld. Auch da traue ich mir wegen der vielen Arten keine Identifikation zu. Die Frösche werden leiser, die Vogelaktivität nimmt wieder zu. Zwei kleine Vögel tragen einen flatternden Ringkampf in der Luft und am Boden aus, bevor sie einander umflatternd im Gehölz entschwinden.

14 24 Uhr: am Himmel zeigt sich wieder der erste größere Vogel.
Nach der ganz großen Verdunkelung schauen wir nur noch alle naslang nach oben.
Um 15:17 Uhr ist alles vorbei – Mond und Sonne haben sich wieder getrennt.
Die 2024 Carbondale-Eclipsis ist vorbei.
Unsere Reise glücklicherweise noch nicht – sie wird uns quer durch die USA weiter bis an die Küste Kaliforniens führen.

(Dieser Beitrag wurde in Windeseile als Exklusivbeitrag in die Tastatur gehackt. Unter Einfluß von Angeldust-Sekt. Wer Tippfehler findet, darf sie behalten).

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Auf dem Science-Blog „Meertext“ schreibe ich über meine Lieblingsthemen: Biologie, Zoologie, Paläontologie und das Meer. Wale, Fische und andere Meeresgetüme. Tot oder lebendig. Fossile Meere, heutige Meere und Meere der Zukunft. Die Erforschung, nachhaltige Nutzung und den Schutz der Ozeane. Auf der Erde und anderen Welten. Ich berichte regelmäßig über Forschung und Wissenschaft, hinterfrage Publikationen und Statements und publiziere eigene Erlebnisse und Ergebnisse. Außerdem schreibe ich über ausgewählte Ausstellungen, Vorträge, Bücher, Filme und Events zu den Themen. Mehr über meine Arbeit als Biologin und Journalistin gibt´s auf meiner Homepage “Meertext”.

6 Kommentare

  1. Bettina Wurche
    09.04.2024, 23:49 Uhr

    @Sascha: Danke! Hattest Du die partielle Finsternis 1999 in Deutschland gesehen?

    Bitte mal Folgendes anklicken
    https://heavens-above.com/SolarEclipses.aspx
    und 1999 eingeben. In Süddeutschland war nämlich eine Totale sichtbar (11. August). Deswegen haben wir einen Ausflug von Nürnberg nach Donauwörth unternommen.
    Klicken sie doch einfach nur mal auf Interactive map
    Da können sie (durch zoomen) ganz einfach ermitteln, wo die Finsternis total beobachtbar war.
    Leider schob sich im entscheidenden Augenblick eine Wolke dazwischen.

    • @Julian Apostata: Ja, solche Meldungen hatte ich von vielen Leuten gehört – totale Sonnenfinsternis in Süddeutschland u Teilen Frankreichs, leider im emtscheidenden Moment Wolken dazwischen. Die drei Amateurastrononemen, mit denen ich jetzt noch unterwegs bin, hatten sich dafür verabredet. Sie sind in Frankreich noch auf der Jagd nach einem Wolkenloch herumgefahren, leider vergeblich. Als sie auf einem Hügel in die Wolkendecke guckten, konnten sie hören, wie die Leute auf dem nächstgelegenen Hügel aufheulten und jubelten – deren Sicht nach oben war perfekt. Genau dieses Heulen hatten ja auch die Bioakustiker und Parkranger der National Parks registriert : )

  2. Ich copy-paste mal einen Kommentar von mir, den ich woanders hinterlassen habe.

    Ich steckte 1999 tief in meiner Diplomarbeit und hatte keine Zeit, mich in den Süden Deutschlands zu begeben. So habe ich dann “nur” eine teilweise Sonnenfinsternis an meinem Studienstandort Clausthal-Zellerfeld miterlebt. Wettertechnisch hatten wir allerdings Glück: Sonne mit ein paar Wolken. So war es dann doch ein beeindruckendes Erlebnis.

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