Depressionen sind keine Einbildung

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Für Außenstehende sind Depressionen oft schwer nachzuvollziehen. Für die Betroffenen ist es schwierig zu erklären was mit ihnen los ist. Was wirklich im Gehirn passiert und wieso eine Depression mehr ist als nur ein bisschen Traurigkeit.

 

Harald Grohn* betritt das Arztzimmer. Unsicher schaut er sich um. Ich sehe ihm an, dass in seinem Kopf die Gedanken kreisen. Es hat ihn viel Überwindung gekostet hierher zu kommen. Zu einem Psychiater. Einem Seelenklempner. Er denkt was viele meiner Patienten denken. Bin ich hier richtig? Wieso schaffe ich es nicht alleine? Seine gesamte Körperhaltung drückt aus, was er mir auch im Gespräch beichtet: Scham und Schuldgefühl gemischt mit Nervosität. Er wäre nicht hier, wenn seine Frau ihn nicht überredet hätte.

Harald Grohn leidet an einer schweren Depression. Es begann vor zwei Monaten. Erst konnte er nicht mehr richtig schlafen. Die Abende und Nächte verbrachte er mit Grübeln. Seine Firma stand kurz vor der Insolvenz. Wie sollte er das seinen Mitarbeitern sagen? Vor lauter Druck konnte er nicht mehr viel essen. Er hat bereits über 5kg abgenommen. Und dann ist auch noch sein Hund gestorben, den er über alles liebte. Ein schwerer Schlag. Zuviel für ihn.

Doch Harald verbot sich zu trauern. Zuerst musste die Firma gerettet werden. Aber egal wie er es drehte und wendete, er sah keinen Ausweg. Vor einer Woche fingen dann die Gedanken an. Gedanken, dass alles leichter wäre, würde er einfach nicht mehr da sein. Als seine Frau zufällig einen Abschiedsbrief im Nachtkästchen fand, fuhr sie ihn sofort in die Klinik. Sie erzählt mir, dass sie völlig erschrocken über die Reaktion ihres Mannes war.

Harald sei in den letzten zwei Wochen nicht mehr in die Firma gegangen. Er habe nur im Bett gelegen und an die Wand gestarrt. Nicht einmal mit seinem besten Freund habe er sprechen wollen. Und den Sauerbraten, den er sonst jeden Sonntag fröhlich verschlang, rührte er nicht mehr an. Sie fragt: was fehlt ihm denn? Wie kann das sein?

 

Depressionen sind mehr als ein bisschen Traurigkeit

 

Für Außenstehende ist eine Depression oft schwer zu greifen. Ursachen für die Symptome sind selten ersichtlich. Wer einen gebrochenen Fuß hat, kann vom Umfeld Mitgefühl für die Schmerzen und Schwierigkeiten beim Gehen erwarten. Jeder hat sich schon mal verletzt und weiß um die unangenehmen Schwierigkeiten – selbst, wenn nur der kleine Zeh betroffen ist. Wer wochenlang völlig niedergeschlagen im Bett liegt, obwohl doch augenscheinlich keine körperlichen Einschränkungen bestehen, erntet dagegen meist Unverständnis.

Auch viele Patienten selbst fragen sich häufig „Was stimmt nicht mit mir? Wieso kann ich mich nicht aufraffen? Warum bin ich so antriebslos und ausgelaugt?“. Sie suchen nach Gründen für ihre triste Stimmung, doch oft gibt es keinen offensichtlichen Auslöser wie bei Harald Grohn.

Der Belastungsgrad ist für Betroffene wie Angehörige enorm hoch. Das liegt daran, dass sich eine Depression auf verschiedene Bereiche auswirken kann – das Erleben, das Denken, das Verhalten und der Körper sind betroffen. Sie kann das eigene Leben komplett verändern. Typische Anzeichen sind eine starke Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit und Freudlosigkeit. Früheren Interessen und Hobbies geht man nicht mehr nach. Aufgrund ihrer Erschöpfung meiden Betroffene oftmals jegliche soziale Interaktion, ziehen sich von Freunden zurück, leiden unter Schlafstörungen und fühlen sich dabei schuldig und wertlos. Im Extremfall können auch lebensmüde Gedanken auftreten.

 

Die Auslöser sind vielfältig

 

Die Auslöser einer Depression können individuell sehr verschieden sein. Genetische Veranlagung spielt eine Rolle, genauso wie traumatische Erfahrungen, chronischer Stress oder andere gesundheitliche Faktoren. Wichtig ist: Depressionen sind keine Einbildung! Tatsächlich kommt es zu Veränderungen im Gehirn, die dazu führen, dass es Gefühle nicht mehr richtig verarbeiten kann.

Genauso wie Menschen mit Diabetes eine Fehlfunktion der Zuckerverwertung im Körper haben, leiden Menschen mit Depressionen an einer Erkrankung des Gehirnstoffwechsels. Das Schwierige: Während die Zuckerkrankheit bereits sehr gut erforscht ist, ist noch nicht restlos geklärt was bei einer Depression ganz genau passiert.

Es gibt verschiedene Erklärungsansätze. Die bekannteste und älteste Theorie ist die sogenannte Monoaminmangel-Hypothese. Sie geht davon aus, dass bei einer Depression zu wenig Botenstoffe wie Serotonin oder Noradrenalin im Gehirn vorhanden sind. Diese Botenstoffe – auch Neurotransmitter genannt – benötigen unsere Nervenzellen (Neuronen), um miteinander zu kommunizieren.

 

Bei einer Depression ist die Kommunikation gestört

 

Man kann sich das so vorstellen, als würden verschiedene Neuronen ständig Briefe (also die Botenstoffe) in die Post geben, um Informationen auszutauschen. Der Postbote ist dabei der Spalt zwischen Nervenendigungen, medizinisch „Synapse“ genannt. Dort ausgeschüttet wird der Brief dem Briefkasten (Rezeptor) der nächsten Nervenzelle zugestellt.

Normalerweise läuft diese Kommunikation an unseren Nervenzellen reibungslos ab. Bei einer Depression können aber Teile dieses komplexen Prozesses durcheinanderkommen. Beispielsweise, wenn der Briefkasten des empfangenden Neurons verstopft ist (Rezeptor ist nicht funktionsfähig), der Brief nicht richtig aufgegeben (Probleme bei der Herstellung des Transmitters in der Zelle) oder zugestellt wird (Nervenzellen reagieren überempfindlich oder resistent gegenüber den Botenstoffen).

Da es nicht nur einen, sondern verschiedene Botenstoffe gibt, die betroffen sein können, unterscheiden sich die Symptome der Betroffenen – je nach gestörtem Signalweg. Zur Behandlung setzt man Antidepressiva ein. Medikamente, die darauf abzielen die Konzentration der Botenstoffe im synaptischen Spalt wieder zu erhöhen, also mehr Briefe in Umlauf zu bringen.

 

Nicht jeder profitiert von einer Behandlung mit Antidepressiva

 

Das Problem: nicht jeder depressiv erkrankte Mensch profitiert von der Behandlung mit Antidepressiva. Mitunter dauert es Wochen bis überhaupt ein Effekt bemerkt wird, obwohl die Botenstoffe schon kurze Zeit nach Einnahme wieder auf einem normalen Niveau sind. Und nicht jeder depressiv erkrankte Mensch leidet überhaupt an einem Mangel der oben genannten Botenstoffe im Gehirn. Schon länger gibt es deshalb Zweifel an der Monoaminmangel-Hypothese. Dieser Erklärungsansatz alleine reicht nicht aus, um die Entstehung einer Depression zu verstehen.

Inzwischen gibt es viele Studien, die weitere mögliche Theorien untersuchen. Neuere Befunde deuten darauf hin, dass es im Rahmen von Depressionen durch einen Mangel an Wachstumshormonen zu einem Absterben bestimmter Nervenzellen in einer Gehirnregion namens Hippocampus kommen kann.

Der nach seiner Seepferdchen-ähnlichen Form benannte Teil des Gehirns ist an unserem Gedächtnis sowie der Steuerung unserer Gefühle beteiligt. Über Verbindungen mit anderen Hirnregionen können Erinnerungen und neue Informationen emotional bewertet werden. Kommt es zu Störungen in diesem Bereich, können also Gefühle nicht mehr richtig verarbeitet werden.

 

Chronischer Stress und Entzündungen spielen eine Rolle

 

Manche Studien bringen Depressionen auch mit chronischem Stress in Verbindung. So leiden depressive Menschen häufig unter einem erhöhten Cortisol-Level. Cortisol hat eine Vielzahl von Funktionen, die für die Anpassung unseres Körpers an eine akute Stresssituation (über)lebensnotwendig sind. So dient es etwa der Mobilisierung von Energiereserven oder dem kurzfristigen Herunterregulieren unseres Immunsystems. Ist es chronisch erhöht, kann es zu vielerlei Störungen kommen, etwa im Stoffwechsel, der Immunabwehr, im Herz-/Kreislaufsystem oder dem Gedächtnis.

Forscher konnten zeigen, dass eine dauerhafte Ausschüttung von Stressfaktoren wie Cortisol außerdem das Wachstum von Nervenzellen im Gehirn bremsen kann. Nach traumatischen Erfahrungen ist der Rückkopplungsmechanismus gestört, über den normalerweise Stressfaktoren im Körper reduziert werden können. So könnte die Verbindung zwischen erlebten Traumata und der Entstehung von Depressionen hergestellt werden.

In Tierstudien hat man herausgefunden, dass sich auch chronische Entzündungen im Körper auf das Gehirn auswirken können. Spezielle Immunzellen, Microglia genannt, können über Entzündungsfaktoren überaktiviert werden und über komplexe Signalketten zum Absterben von Nervenzellen im Gehirn führen. So entsteht ein Teufelskreis, an dessen Ende die Depression steht.

Nicht vergessen darf man allerdings, dass auch bestimmte körperliche Erkrankungen depressive Symptome verursachen können. So sollte man immer Erkrankungen wie etwa eine Schilddrüsenunterfunktion, entzündliche Darmerkrankungen, Hirntumore, verschiedene Demenzen, Herzerkrankungen oder immunologische bzw. virale Erkrankungen vor der Diagnosestellung ausschließen.

 

Weitere Forschung ist notwendig

 

Die genauen Ursachen für die Entstehung von Depressionen zu entschlüsseln bleibt komplex und erfordert noch weitere Forschung. Für jede Theorie findet man bislang gute Argumente, die dafür und dagegen sprechen. Sehr wahrscheinlich gibt es gar nicht den einen Auslöser, sondern eine Reihe von Faktoren, die individuell unterschiedlich sein können und erst im Zusammenspiel eine Depression verursachen.

Eine grundlegende Schwierigkeit bei der Erforschung von Depressionen ist die der Probengewinnung. Man kann lebenden Menschen nur eingeschränkt ins Gehirn schauen. Die meisten Erkenntnisse gewinnt man aus Tierstudien oder durch indirekte Beobachtungen wie der Gabe eines bestimmten Medikaments und anschließender Wirkanalyse durch Fragebögen. Über Gehirn-Scans wie PET- oder fMRT-Untersuchungen kann man zwar die Aktivitäten von bestimmten Gehirnregionen von außen messen. Die Gehirnanatomie kann man jedoch nur an Toten richtig studieren, doch dann kommunizieren die Neuronen schon nicht mehr miteinander.

Viele Wissenschaftler suchen deswegen seit Längerem alternative Wege, um einen Blick ins Gehirn zu wagen. Man hofft dabei auch neue Therapiemöglichkeiten zu finden wie etwa die Möglichkeit der elektrischen Stimulation bestimmter Nervenregionen, um deren Aktivität zu beeinflussen.

Für depressiv Erkrankte wie Harald Grohn bleibt die wichtige Erkenntnis, dass seine Depression nicht bloße Einbildung oder Willensschwäche ist, sondern eine nachweisbar behandelbare Erkrankung. Durch die Kombination von psychotherapeutischen und medikamentösen Therapieansätzen hat er gute Chancen bald wieder voller Lebensfreude den Sauerbraten seiner Frau zu genießen.

 

 

*Name geändert

 

Quellen:

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4664582/

https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1034/j.1600-0447.108.s418.19.x

https://www.amboss.com/de/wissen/unipolare-depression/

https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0166223615001769

https://www.health.harvard.edu/mind-and-mood/what-causes-depression

https://www.mpg.de/4752810/Antidepressive_Behandlung

Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie – K. Lieb, S. Frauenknecht, 9. Auflage

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Veröffentlicht von

Dr. med. Marlene Heckl arbeitet als approbierte Ärztin und hat an der Technischen Universität München und Ludwig-Maximilians-Universität studiert und promoviert. Seit 2012 schreibt die Preisträgerin des "Georg-von-Holtzbrinck Preis für Wissenschaftsjournalismus" für Ihren Blog "Marlenes Medizinkiste" und veröffentlicht Science-Videos auf Youtube und modernen social-media Plattformen, für die sie bereits mehrfach ausgezeichnet wurde. Für Spektrum der Wissenschaft, Die Zeit, Thieme, Science Notes, DocCheck u.a. befasst sie sich mit aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Themen, die ihr am Herzen liegen. Kontakt: medizinkiste@protonmail.com

27 Kommentare

  1. Hallo

    der Beitrag ist um Längen besser als der einer Kollegen vor Kurzen bei Quarks. Die hat einen Blödsinn von sich gegeben.
    Trotzdem zwei kleine Fehler sind auch hier drin
    I. Die erste Theorie zur Ursache einer Depression, von der wir wissen, stammt aus der Antike. Der Begriff Melacholie stammt daher irgendwas mit 4 Säfte Lehre und schwarzer Galle.
    Wenn Sie nur auf die Moderne schauen war es auch nicht die Monoaminmangelhypothese sondern die Serotoninmangelhypothese. Die beruht auf der Beobachtung der Wirksamkeit SSRH’s. Erst als klar wurde das so gut wie nie ein genereller Serotoninmangel besteht und auch andere Stoffe wie Noradrenalin und Dopamin irgendwie involviert sind, wurde die Theorie erweitert auf Monoaminmangel.
    II. Die Migroglia sind zwar auch an der Apoptose beteiligt, aber u.a. bei Depression geht es wohl eher um den Einfluss auf die Synapsen. Migroglia können die Verzweigungen fördern oder behindern. Je nachdem. Sie können sogar direkt in die Aktivität von Nervenzellen eingreifen. Wie bei Epilepsie gezeigt wurde.

    Ciao

  2. Für jemanden, also die Masse, der/die sich von Anfang an nur funktionalisieren lassen hat, ist eine solche Depression ein katastrophales Loch aus/in dem schwer Boden zu finden ist (für Schulmedizin und andere … ein gefundenes “Fressen”).

    Für mich ist die Depression der Blues der Bewusstseinsentwicklung den ich gezwungenermaßen und manchmal auch mit zusätzlicher chemischer Bewusstseinsbetäubung ertrage, bis …!

  3. Depression ist wohl eine mögliche Reaktion des Gehirns mit ganz unterschiedliche externen und internen Ursachen. Nicht ganz unähnlich zum schizophrenen Formenkreis, wo auch ganz unterschiedliche Auslöser und Ursachen in Frage kommen. Ein Unterschied zur Schizophrenie scheint mir aber, dass es eine stärkere Graduierung bei Depressionen gibt, von der leichten, fast zur Persönlichkeit gehörenden depressiven Verstimmung über etwas, was man als lang anhaltende Traurigkeit bezeichnen könnte bis zur schweren, teilweise psychotisch gefärbten Depression.

    Auch genetische Befunde sprechen dafür, dass Depression ein Krankheitsbild mit vielen Ursachen ist. So fand man in genom-weiten Assoziationsstudien 80 Genstellen, die mit einer erhöhten Neigung zu Depressionen einhergehen. Und nicht wenige dieser Genomstellen erhöhen auch die Wahrscheinlichkeit für schizophrene Erkrankungen. Allerdings wäre es falsch vor allem die genetische Veranlagung/Ausstattung für Depressionen verantwortlich zu machen. Dagegen sprechen nur schon Zwillings- und Verwandtschaftsstudien, wo man zwar eine erhöhte Anfälligkeit in bestimmten Familien findet, aber doch nicht so, dass man damit die Häufigkeit der Depression in der Bevölkerung erklären könnte.

    Depressive Erkrankungen sind hier in westlichen Gesellschaften überraschend häufig mit einer Lebenszeitprävalenz von 15%. Wobei diese 15% sogar nur die schweren depressiven Erkrankungen wiedergeben. Nimmt man auch schwächere Formen dazu, dann ist fast die Hälfte aller Menschen irgendwann in ihrem Leben betroffen.

    Depressionen äussern sich zudem mit ganz unterschiedlichen Symptomen, auch wenn Antriebslosigkeit, Interesselosigkeit, Erschöpfung, Niedergeschlagenheit und Einschränkung des Denkens auf wenige negative Gedanken am häufigsten sind. Doch gemäss DM-IV gibt es insgesamt 1500 Symptomkombinationen, die mit einer Depression einhergehen können.

    Interessant scheint mir auch, dass Leute, die in ihrem Leben an Depressionen erkranken (auch schwer erkranken) , insgesamt nicht weniger erfolgreich sind in ihrem Leben, was etwa ihren Beruf und ihr Fortkommen angeht. Die depressiven Phasen werden darum von den Betroffenen als schwerer Einschnitt wahrgenommen, doch meist kommen die Betroffenen wieder daraus heraus – sogar ohne ärztliche Hilfe (wenn sie nicht Suizid begehen). Hier eine Story dazu: Im Artikel The Surprising Link between American Presidents and Mental Illness wird darüber berichtet, dass von den US-Präsidenten zwischen den Jahren 1776 bis 1974 12 Präsidenten an schweren Depressionen oder an bipolaren Störungen erkrankten (gemäss der Definition von DSM-IV). Es waren John Adams (2. US-Präsident), James Madison, John Quincy Adams, Franklin Pierce, Abraham Lincoln, Rutherford B. Hayes, Theodore Roosevelt Jr., Woodrow Wilson, Calvin Coolidge, Herbert Hoover, Dwight D. Eisenhower, Lyndon B. Johnson,

    Ich habe einmal einen längeren Artikel zu psychischen Zustand von Abraham Lincoln gemäss seiner Selbsteinschätzung gelesen. Und man kann nur sagen: Viel schlimmer geht nicht. Hier was im verlinkten Artikel darüber zu lesen ist:

    Lincoln hatte gemäss heutiger Einschätzung “schwere depressive Störungen, rezidivierend, mit psychotischen Merkmalen”. In einem Brief an seinen ersten Rechtspartner schreibt Lincoln: “Ich bin jetzt der elendste Mann, der lebt. Wenn das, was ich fühle, gleichmäßig auf die ganze Menschheitsfamilie verteilt wäre, gäbe es kein fröhliches Gesicht auf der Erde. So zu bleiben, wie ich bin, ist unmöglich; ich muss sterben oder besser werden, so scheint es mir.“

    Nun, vielleicht sind für einige Menschen gerade selbst erlebte psychische Störungen der Grund, um über sich selbst hinauszuwachsen.

  4. Ich bin selbst Betroffene und setze mich für die Entstigmatisierung ein. Etwas schade finde ich, dass Depressionen nur als Krankheit akzeptiert werden, wenn sie als “Gehirnkrankheit” dargestellt werden. Das biomedizinische Krankheitsmodell greift allerdings zu kurz – schon allein aus meinem Selbstverständnis als Mensch heraus (ich bin allerdings studierte Philosophin, das macht natürlich einen Unterschied).

    Eine Depression betrifft nie nur ein verändertes Denk- und Gefühlsmuster, sondern erfasst den Menschen als Ganzes: Psyche, Körper, Sozialleben, Arbeitsleben etc. die gesamte Vitalität (körperlich UND psychisch) nimmt ab.

    Mit Husserl gesprochen: die Lebenswelt verfärbt sich ins Negative, sie wird verändert wahrgenommen.

    Außer den herkömmlichen Standard-Therapien (die nicht so tolle Erfolge zeitigen, wie oft pauschal behauptet) und nur der funktionellen Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit dienen, gibt es noch die humanistischen Ansätze (nach Frankl, Husserl, Jaspers etc.), die weitaus vielversprechender sind, aber auch zeitintensiver – nur kann die sich kein Otto-Normal-Verbraucher finanziell leisten.

    Noch viel wichtiger ist übrigens der Zusammenhang zwischen sozioökonomischen Faktoren und psychischen Krankheiten. Ich halte hier viel von der kritischen Psychotherapie, welche die soziale Dimension des Menschen miteinbezieht.

    • @Tamara Niebler (Zitat): „ Etwas schade finde ich, dass Depressionen nur als Krankheit akzeptiert werden, wenn sie als “Gehirnkrankheit” dargestellt werden.“
      Ja, mit dieser Klage sind sie nicht allein. Das Problem wird aber kleiner, wenn sie das Wort „Gehirn“ als Stellvertreter für ihre ganze Person und ihr ganzes Erlebens nehmen.

      Im übrigen sagen heute Psychiater, dass bei ihnen der psychologische und gesamtheitliche Ansatz im Zentrum steht und Medikamente vor allem für die akuten Krankheitsphasen vorbehalten sind. Oder haben sie etwas anderes erlebt?

      • Hm, welche Begriffe wir zur Beschreibung oder Definition des Menschlichen benutzen, sagt viel über das Welt- und Menschenbild aus. Wenn also ständig von Gehirn gesprochen wird, dann reduziert das eine Person auf eine rein materielle Dimension (Biologismus), was m. E. zu Recht von der Philosophie der Psychiatrie moniert wird.

        Leider habe ich negative Erfahrungen mit der psychiatrischen Versorgung (als Kassenpatientin) gemacht. Von einem ganzheitlichen Ansatz ist man sehr weit entfernt. Zumindest was die konkrete Praxis betrifft. Da bin ich natürlich auch nicht die einzige, die darüber klagt.

        Tatsächlich werden viele Patienten mit Medikamenten abgespeist, mehr nicht. Vom Klassismus in der Psychotherapie-Vergabe und in der Therapie selbst möchte ich erst gar nicht anfangen (ist ebenfalls mittlerweile ausreichend belegt).

        Da sind jedenfalls viele Missstände, die allerdings nur auffallen, wenn man selbst betroffen ist oder sich eingehend mit diesen Themen beschäftigt

        • Vielleicht ein wenig aufheiternd (Ja, Dr. Webbaer weiß, dass klinisch Depressive nicht sozusagen direkt aufgeheitert werden können.) dieser Webverweis :

          -> https://optimistminds.com/elon-musks-depression/ (Gerne auch durchlesen!)

          (Der Schreiber dieser Zeilen geht davon aus, dass :

          -> https://optimistminds.com/about-us/

          seriös sind.)


          Elon Musk, mit dem sich Dr. Webbaer seit einigen Monaten näher beschäftigt, ist sicherlich nicht in psychologischer Hinsicht “normal”, was abär auch gar nichts macht, er hat viele Ideen, er experimentiert bei seinen psychischen Störungen, die sicherlich (Dr. Webbaer erlaubt sich hier einfach mal (eine ganz kleine und nicht verbindliche) Ferndiagnose.) nicht so-o schwerwiegend sind, aber klar vorhanden, mit Drogen, THC und mit Pilzen irgendwas, mag “Adderall” nicht, denkt immer auch an die Nebenwirkungen, auch an die physischen für den Körper.


          Dr. W rät strikt an sich an Spezialisten zu halten, die so angeleitete Medikation zu wagen und sich nicht irgendwie “humanistisch” anleiten zu lassen. [1]

          Mit freundlichen Grüßen
          Dr. Webbaer

          [1]
          Dr. W ist selbst Humanist.

  5. Zuerst einmal ein Kompliment für die Darstellung hier, denn sie wird der Komplexität und den vielen Erscheinungsbildern der Depression gerecht und die Autorin schreibt zurecht, dass es heute keine umfassende Theorie und erst recht nicht eine monokausale Erklärung depressiver Erkrankungen gibt.

    Zu dieser Darstellung hier passt deshalb der Artikel Neurobiology of Depression — A Simplified Guide vom März 2022 sehr gut.
    Dort liest man schon weit oben folgende Einschätzung:

    Heute kann die Neurobiologie der Depression im Gesamtbild von Monoaminen, Stress, Entzündungen und Neurogenese visualisiert werden. [Dean und Keshavan 2017]

    Es gibt konvergierende Beweislinien, dass MDD [Schwere Depression] eine Matrix pathophysiologischer Mechanismen ist, die veränderte zelluläre Neurochemie und Neuroschaltung sowie Pathologie auf Gewebe- und Organebene umfassen. Mit folgenden Ebenen:
    – Serotonerge, noradrenerge, dopaminerge und glutamaterge Systeme
    – Strukturelle Anomalien
    – Erhöhte Entzündung und HPA-Achsenanomalien (Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse)
    – Verminderte Neurogenese und Neuroplastizität

    Die neurobiologische Interaktion zwischen Stress, Entzündung und Neurogenese integriert mehrere Hypothesen, um das Spektrum der depressiven Symptome zu erklären. Dies ist entscheidenderweise immer noch in der Matrix einer einheitlichen Theorie der Depression.

    Bezüglich Entzündungsvorgänge im Hirn (Neuroinflamation genannt) wird darüber berichtet, dass es eine gegenseitige, eine bidirektionale Beziehung zwischen Entzündung und Depression gibt und dass auch Autoimmunvorgänge eine Rolle spielen.

    Einschätzung des verlinkten Artikels: Versuch einer Gesamtsicht der neurobiologischen Vorgänge bei einer Depression im Sinne des wissenschaftlichen Konsens mit Berücksichtigung der jüngsten Forschungsergebnisse.
    Leider nicht ganz einfach für medizinisch/wissenschaftliche Laien zu verstehen.

    Bedeutung für die Therapie der Depression: Depressive Erkrankungen scheinen heute keiner einfachen, einheitlichen Therapie zugänglich. Es gibt Unterschiede von Fall zu Fall und die unterschiedlichen Hirnprozesse während einer Depression wirken in komplizierter Weise gegenseitig aufeinander ein.

    • Ergänzung aus Neurobiology of Depression — A Simplified Guide
      Für mich neu ist die grosse Bedeutung von Entzündungsprozessen im Hirn für die Depression.
      Im eben verlinkten Artikel liest man dazu:

      – Stress kann eine Entzündungsreaktion stimulieren, die als ein Vermächtnis der Evolution erklärt werden kann, bei dem Interaktionen mit Raubtieren und menschlichen Rivalen die Kampf-oder-Flucht-Reaktion und eine Reihe immunologischer Reaktionen zur Bekämpfung von Infektionen und Heilung von Wunden hervorrufen würden.
      – Akute Entzündungen verursachen adaptives “Krankheitsverhalten” (z. B. Anhedonie, Müdigkeit und interner Fokus) als Reaktion auf eine Infektion. Chronische entzündliche Erkrankungen können jedoch das “Krankheitsverhalten” verlängern – Kardinalmerkmale der depressiven Symptomatik. [Rosenblat et al. 2014]
      – Die entzündungsfördernden Marker TNF-alpha, IL-1, IL-2 und IL-6, die zuverlässigsten Biomarker für Entzündungen bei depressiven Patienten und entzündungshemmenden Behandlungen, können depressive Symptome bei Patienten mit MDD und Patienten mit rheumatoider Arthritis und Psoriasis reduzieren. [Tyring et al 2006]; [Kohler et al 2014]
      – Darüber hinaus behandelte Infliximab (ein monoklonaler Antikörper gegen TNF) erfolgreich Patienten mit behandlungsresistenter Depression, die einen hohen CRP-Ausgangsspiegel von >5 mg/l aufwiesen. [Raison et al. 2013] TNF-alpha-Antagonismus wirkt jedoch nicht bei Patienten mit niedrigen Entzündungen.
      – Es gibt zunehmend Hinweise darauf, dass die Wirksamkeit von Antidepressiva durch die Modulation von Neuroinflammationen vermittelt wird.

      Fazit: Langsam entwickelt sich ein kompletteres Bild dessen, was bei einer Depression im Hirn alles passiert. Jetzt lässt sich schon sagen, dass die Beeinflussung von Entzündungsprozessen im Hirn zunehmend eine Rolle spielen wird.

      • Positive Rückkoppelungen und Überschreiten von Kipppunkten (Tippingpoints) in der Medizin
        Die beiden Begriffe „Positive Rückkoppelung“ und Kipppunkte (Tippingpoints) dürften den Lesern heute vor allem aus der Klimawissenschaft bekannt sein. Beide Begriffe stehen für stark nichtlineares Verhalten eines Systems, also dafür, dass kleine Wirkungen über Erwarten grosse Effekte haben können, so grosse Effekte, dass das System in einen anderen Zustand rüber kippt.

        Beim Klima sind solche positive Rückkoppelungen mit anschliessendem Kippen/Überschreiten einer Grenze etwa in der Arktis zu beobachten und zu erwarten: Die Erwärmung im hohen Norden führt zum Abschmelzen von Eis, was wiederum den Norden noch mehr erwärmt, denn das abgeschmolzene Meereis gibt nun eine dunkle Meeresoberfläche frei, welche die Sonnenstrahlung weit besser absorbiert als das weisse Eis es vorher tat. Dadurch verstärkt sich der Abschmelzprozess überstark bis schliesslich in einem zukünftigen Arktissommer überhaupt kein Meereis mehr vorhanden ist.

        Behauptung: in der Medizin gibt es positive Rückkoppelungen und das Überschreiten von Kipppunkten noch weit häufiger als beim Klima.

        Ein Beispiel scheint gerade die Depression zu sein. Das beginnt schon bei den direkt beobachtbaren Symptomen. So begünstigt zunehmende Antriebslosigkeit/Interesselosigkeit von Depressiven ihre soziale Isolation, was dann bei Depressiven bereits vorhandene negative Gedanken noch verstärkt, denn es gibt ja niemanden mehr, der sie aufheitert oder der mit ihnen lacht.
        Dazu kommen noch neurochemische/neurobiologische Prozesse im Hirn, die ebenfalls eine einsetzende Depression verstärken. So liest man in dem vom mir verlinkten Artikel Neurobiology of Depression — A Simplified Guide dazu:

        Es gibt umfangreiche Daten über den bidirektionalen Zusammenhang zwischen Depression und Entzündung, wobei depressive Patienten eine erhöhte Rate von Autoimmunerkrankungen haben und Patienten mit entzündlichen Erkrankungen eher Depressionen entwickeln.

        Verkürzt: Depression gebiert Depression.

        Doch positive Rückkoppelungen und Kipppunkte, von denen aus es immer schlechter wird, gibt es bei sehr vielen Krankheiten und bei vielen chronischen Krankheiten ist definitiv ein Kipppunkt überschritten worden und von anschliessend wird es nie wieder wirklich gut.

        Eine Arthrose verschlimmert sich beispielsweise von selbst, denn wenn das Gelenk genügend zerstört ist/gelitten hat, so nimmt es schon bei früher als normal betrachteteten Belastungen noch mehr Schaden.

        Ein Migraine-Anfall kann als Kipppunkt in der schon vorher krankhaften neuronalen Erregbarkeit betrachtet werden. Dazu liest man in einem Forschungsartikel von 2013:

        Es wird angenommen, dass sich selbst ausbreitende Wellen der zerebralen neuronalen Erregung, die als sich ausbreitende Depolarisationen bekannt sind, die primären Ursachen von Migräneanfällen sind.. Wir schlagen vor, dass der Beginn der Ausbreitung von Depolarisationen einem kritischen Übergang entspricht, der auftritt, wenn sich dynamische Gehirnnetzwerke einem Wendepunkt nähern. Wir zeigen, dass diese Hypothese mit den aktuellen pathogenetischen Erkenntnissen und der beobachteten Dynamik übereinstimmt. Unsere Ansicht impliziert, dass Migräne ausbricht, wenn Faktoren moduliert werden, die die neuronale Erregbarkeit bei genetisch prädisponierten Probanden weiter auf ein Niveau heben, auf dem selbst geringfügige Störungen Ausbreitungsde Depolarisationen auslösen können.

        Auch ein Asthmaanfall kann als Überschreiten eines Kipppunktes betrachtet werden. Dazu liest man in einem Übersichtsartikel von April 2020:

        Das bestimmende Merkmal von Asthma ist der Verlust einer normalen postnatalen homöostatischen Kontrolle der glatten Muskulatur der Atemwege (ASM). Dies ist das Hauptmerkmal, das Asthma von allen anderen Formen von Atemwegserkrankungen unterscheidet. Das Versäumnis, uns auf die beeinträchtigte ASM-Homöostase zu konzentrieren, erklärt weitgehend unser Versagen, eine Heilung zu finden, und trägt trotz des Vorhandenseins wirksamer Therapien zu der weit verbreiteten übermäßigen Morbidität bei, die mit der Erkrankung verbunden ist.

        Es gäbe noch dutzende weitere Beispiele für positive Rückkopppelungen und das Überschreiten von Kipppunkten in der Medizin.

        Homöostase und Kipppunkte
        Allgemein gilt für viele physiologische Systeme unseres Körpers, dass sie sich in einem homöostatischen Gleichgewicht befinden. Homöostase ist die Eigenschaft eines Systems innerhalb eines Organismus, in dem eine Variable aktiv reguliert wird, um sehr nahezu konstant zu bleiben.
        Doch Homöostase funktioniert nur in einem bestimmten Band erlaubter Werte. Wenn dieses Band verlassen wird kehrt das System nicht mehr in den „gesunden“ Gleichgewichtszustand zurück, sondern es nimmt einen Pfad hin zu einem neuen pathologischen Zustand und nichts oder kaum etwas vermag das rückgängig zu machen.

        Prognose: In der Medizin der nahen Zukunft wird man viel häufiger von Homöostase und vom Überschreiten von Kipppunkten sprechen, als man dies heute tut.

        • Herr “Holzherr” (die doppelten Anführungszeichen nur deswegen, weil Sie ein als solches unerkennbares Pseudonym verwenden, sich letztlich unadressierbar machen, was im Web (einigen) als unschicklich gilt).hierzu kurz :

          Behauptung: in der Medizin gibt es positive Rückkoppelungen und das Überschreiten von Kipppunkten noch weit häufiger als beim Klima [Hervorhebung : Dr. Webbaer].
          Ein Beispiel scheint gerade die Depression zu sein.

          Es ist so, dass sozusagen biochemische Störungen vorliegen, die weder “humanistisch”, noch durch übergeordnete Überlegungen, z.B. das terrestrische Klima meinend, Klipppunkte, drei P, überlagert werden können, wenn eine psychische Krankheit vorliegt.

          Fernab der Tagesaktualität.

          Dies ist aus diesseitiger Sicht wichtig zu erfahren : wie gemeinte Depression hat keinen Sachgrund.

          MFG
          WB

  6. @Tamara Niebler: “Das biomedizinische Krankheitsmodell greift allerdings zu kurz – schon allein aus meinem Selbstverständnis als Mensch heraus (ich bin allerdings studierte Philosophin, das macht natürlich einen Unterschied).”

    Wieso das einen / welchen Unterschied macht würde ich gerne wissen.
    Ich bin auch (nicht herkömmlich studierter) Philosoph.

    • Sie meinen, warum Philosophen im Gegensatz zu Medizinern & anderen Naturwissenschaftlern ein anderes Menschenverständnis aufbringen, das nicht dem cartesianischen Weltbild verfallen ist? Wenn Sie Philosoph sind, egal ob Sie es nur als Hobby betreiben oder professionell, na dann wissen Sie ja Bescheid.

      Ich verstehe den Seitenhieb übrigens nicht ganz: können wir uns auf einem Wissenschaftsblog nicht sachlich austauschen? Ich wollte mit dem Hinweis niemanden denunzieren, nur darauf hinweisen, dass mich eben ein anderes Gedankengebäude prägt als das 2-Welten-Modell, das im Allgemeinverständnis vorherrscht. Wenn das falsch ankam, dann bitte ich um Entschuldigung.

  7. Weder Hobby noch beruflich, sondern revolutionär und konsequent-kompromisslos fusionierend, basierend auf der wirklich-wahrhaftigen Philosophie der Bibel (die nie den “einzelnen” Menschen anspricht!) und der undogmatischen Auslegung der Ideologie des Sozialismus/Kommunismus, für zweifelsfrei-eindeutige Möglichkeiten in Gemeinschaftseigentum “wie im Himmel all so auf Erden” und geistig-heilendem Selbst- und Massenbewusstsein, denn “Gottes Wege” (die Vernunft des Geistes / der Energie des Universums/Zentralbewusstseins) SIND ergründlich und gottgefällig/vernünftig überwindbar und ausbaubar, auch wenn das Allgemeinverständnis ganz “individualbewusst” / wettbewerbsbedingt-konfusioniert auf Schuld- und Sündenbocksuche ist.

    Mensch bedeutet IMMER ALLE, seit Mensch erstem und bisher einzigen geistigen Evolutionssprung (“Vertreibung aus dem Paradies”), wo Mensch die eigenverantwortliche Weiterentwicklung erlangt hat (Vernunftbegabung ebenbildlich zu Gott/Vernunft und Verantwortungsbewusstsein im Freien Willen), aber dann bisher nur den geistigen Stillstand des holographischen Universums funktional/bewusstseinsbetäubt in materialistischer “Absicherung” manifestiert!?

    Eine Sinnhaftigkeit des Lebens von zufälliger Einmaligkeit ist mir nicht nur unglaubwürdig, sie ist mir auch in einer außergewöhnlichen AKE von Glauben zu Wissen geprägt worden. Seither meine tiefgründigste und bestätigendste Bibelstelle: Matthäus 21,18-22 👊😎

    Mein liebstes dazu passendes Zitat:
    “Es war seit jeher den Epigonen vorbehalten, befruchtende Hypothesen des Meisters in starres Dogma zu verwandeln und satte Beruhigung zu finden, wo ein bahnbrechender Geist schöpferische Zweifel empfand.” Rosa Luxemburg
    ✊😎

    Ich habe nicht das Gefühl, dass irgendjemand denunziert werden sollte.

  8. Ganz genau :

    Wichtig ist: Depressionen sind keine Einbildung!
    […]
    Genauso wie Menschen mit Diabetes eine Fehlfunktion der Zuckerverwertung im Körper haben, leiden Menschen mit Depressionen an einer Erkrankung des Gehirnstoffwechsels. [Artikeltext]

    Mit sozusagen gewöhnlicher Traurigkeit hat eine klinische Depression nur am Rande zu tun.
    Angeblich helfen Medikamente hier mittlerweile vglw. gut, zumindest konnten einige so betroffene und hier bekannte Personen wieder (halbwegs, aber stabil) “auf Trab” gebracht werden – nachdem sie erkannt haben, dass sie psychisch krank sind und so die Krankheit auch angenommen haben.

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer

  9. Hallo Frau Heckl,
    als Laie frage ich mich, wollen Sie vom Leser etwas erfahren oder wollen Sie den Leser informieren.
    Wenn ein gegenseitiger Gedankenaustausch stattfinden soll, dann stelle ich folgende Frage.
    Gibt es eine genetische Anlage für Depressionen. Oder noch kürzer, sind Depressionen erblich ?

    • @fauv (Zitat): „sind Depressionen erblich ?“
      Dazu gibt es gute Forschungsartikel und Übersichtsartikel. Beispielsweise den Artikel Major Depression and Genetics der Stanford Universität. Major Depression bezeichnet eine schwere, normalerweise zur Hospitalisation führende Depression.
      Hier ein paar wichtige Passagen aus dem Artikel:

      Um dies zu tun [um die Rolle der Vererbung zu bestimmen], finden wir Menschen mit der Krankheit, die einen Zwilling haben, und finden dann heraus, ob der Zwilling auch krank ist. Identische (monozygotische) Zwillinge teilen 100% ihrer Gene, während nicht identische (“brüderliche” oder dizygotische) Zwillinge 50% ihrer Gene teilen. Wenn Gene Teil der Ursache sind, erwarten wir, dass der identische Zwilling eines Patienten ein viel höheres Krankheitsrisiko hat als der nicht identische Zwilling eines Patienten. Das ist der Fall für eine schwere Depression. Die Vererbbarkeit beträgt wahrscheinlich 40-50% und könnte bei schweren Depressionen höher sein.

      Dies könnte bedeuten, dass in den meisten Fällen von Depression etwa 50% der Ursache genetisch bedingt sind und etwa 50% nichts mit Genen (psychologische oder physikalische Faktoren) zu tun haben. Oder es könnte bedeuten, dass in einigen Fällen die Tendenz, depressiv zu werden, fast vollständig genetisch ist und in anderen Fällen überhaupt nicht wirklich genetisch bedingt ist. Wir kennen die Antwort noch nicht.

      Wir können uns auch Adoptionsstudien ansehen, um zu sehen, ob das Risiko einer adoptierten Person für Depressionen größer ist, wenn ein biologischer Elternteil eine Depression hatte. Dies scheint auch der Fall zu sein.

      Was ist mit nicht-genetischen Faktoren? Es gibt wahrscheinlich viele nicht-genetische Faktoren, die das Risiko einer Depression erhöhen, von denen viele wahrscheinlich noch nicht bekannt sind. Schwerer körperlicher oder sexueller Missbrauch in der Kindheit, emotionale und körperliche Vernachlässigung im Kindesalter und schwerer Lebensstress sind wahrscheinlich alle Risikofaktoren. Der frühe Verlust eines Elternteils im Leben erhöht wahrscheinlich auch das Risiko bis zu einem gewissen Grad.

      Wenn jemand eine Familiengeschichte von Depressionen hat, ist er dann einem sehr hohen Risiko ausgesetzt? Wenn jemand einen Elternteil oder Geschwister mit schwerer Depression hat, hat diese Person wahrscheinlich ein 2- oder 3-mal höheres Risiko, eine Depression zu entwickeln als die durchschnittliche Person (oder etwa 20-30% statt 10%).

      Fazit: Gene spielen definitiv eine Rolle bei der Depression, aber nicht nur. Denn nur 50% der eineiigen Zwillinge entwickeln beide eine schwere Depression in ihrem Leben und eineiige Zwillinge sind genetisch identisch.

    • @fauv (Zitat): „sind Depressionen erblich?“
      Empfehlung: Immer zuerst die Wikipedia konsultieren. Bezüglich Depression/Genetik liest man dort (Zitat):

      Depressive Störungen treten familiär gehäuft auf. Das Risiko selbst an einer Depression zu erkranken ist bei Verwandten ersten Grades etwa 50 % höher als normal.[33] Bei eineiigen Zwillingen (gleiche genetische Ausstattung) lag das Risiko ebenfalls zu erkranken bei 50 %, bei zweieiigen Zwillingen nur bei 15-20 %.[33] Leidet die Mutter unter Depressionen ist das Risiko für das Kind, im Laufe seines Lebens ebenfalls an einer Depression zu erkranken, erhöht, wobei unklar bleibt, welchen Anteil hier die Gene oder die innerfamiliären Umweltfaktoren haben.[33] Ferner besteht zwischen genetischen Faktoren und Umweltfaktoren eine Gen-Umwelt-Interaktion. So können genetische Faktoren z. B. bedingen, dass ein bestimmter Mensch durch eine große Risikobereitschaft sich häufig in schwierige Lebenssituationen manövriert. Umgekehrt kann es von genetischen Faktoren abhängen, ob ein Mensch eine psychosoziale Belastung bewältigt oder depressiv erkrankt.[34] Man geht davon aus, dass affektive Störungen auch durch nachträgliche (epigenetischen) Veränderungen auf verschiedenen Genen (mit-)verursacht werden.[35] Bestimmte Genabweichungen, die für die Entstehung von Depression ausschlaggebend sind, konnten jedoch bislang trotz umfangreicher Suche nicht gefunden werden.[36]

  10. Wozu Wikipedia, wenn man einen Holzherr hat. (kleiner Spaß)
    Das bedeutet ja, dass Kindbettdepressionen vererbt werden.
    Und dass deswegen die Häufigkeit der D. bei Frauen größer ist.

    Meine Theorie ist , dass die Ernährung einen großen Einfluss auf die Stimmung allgemein hat.
    Wenn man am Abend eine Portion Kirschen isst, dann schläft man länger und besser.

    • @fauv (Zitat): „ Meine Theorie ist , dass die Ernährung einen großen Einfluss auf die Stimmung allgemein hat.„

      Ja, wobei Depressive sich eben ausserhalb des Bandes befinden, in dem sich Stimmungen normalerweise bewegen. Depressive sind nicht nur in schlechter Stimmung, sondern an einem ganz anderen Ort. Bildlich gesprochen im Keller und es gibt keine Treppe mehr nach oben.

  11. Herr “Holzherr” (die doppelten Anführungszeichen nur deswegen, weil Sie ein als solches unerkennbares Pseudonym verwenden, sich letztlich unadressierbar machen, was im Web (einigen) als unschicklich gilt).hierzu kurz :

    Behauptung: in der Medizin gibt es positive Rückkoppelungen und das Überschreiten von Kipppunkten noch weit häufiger als beim Klima [Hervorhebung : Dr. Webbaer].
    Ein Beispiel scheint gerade die Depression zu sein.
    Es ist so, dass sozusagen biochemische Störungen vorliegen, die weder “humanistisch”, noch durch übergeordnete Überlegungen, z.B. das terrestrische Klima meinend, Klipppunkte, drei P, überlagert werden können, wenn eine psychische Krankheit vorliegt.

    Fernab der Tagesaktualität.

    Dies ist aus diesseitiger Sicht wichtig zu erfahren : wie gemeinte Depression hat keinen Sachgrund.

    MFG
    WB

    PS :
    Dr. W sieht gerade, am Arbeitsplatz, in eine Sonne, die ihm nur in soz. gebückter Haltung die Versendung von Nachricht erlaubt, hoffentlich sieht es nun besser aus.

  12. Herr “Holzherr” (die doppelten Anführungszeichen nur deswegen, weil Sie ein als solches unerkennbares Pseudonym verwenden, sich letztlich unadressierbar machen, was im Web (einigen) als unschicklich gilt).hierzu kurz :

    Behauptung: in der Medizin gibt es positive Rückkoppelungen und das Überschreiten von Kipppunkten noch weit häufiger als beim Klima [Hervorhebung : Dr. Webbaer].
    Ein Beispiel scheint gerade die Depression zu sein.

    Es ist so, dass sozusagen biochemische Störungen vorliegen, die weder “humanistisch”, noch durch übergeordnete Überlegungen, z.B. das terrestrische Klima meinend, Klipppunkte, drei P, überlagert werden können, wenn eine psychische Krankheit vorliegt.

    Fernab der Tagesaktualität.

    Dies ist aus diesseitiger Sicht wichtig zu erfahren : wie gemeinte Depression hat keinen Sachgrund.

    MFG
    WB
    V3, very sorry bzw. vely solly.
    Dr. W sieht momentan fast nichts.

  13. Martin Holzherr,
    wenn wir schon bei bildhaften Vergleichen sind, man könnte einen depressiven Menschen mit einer Flüssigkeit vergleichen, die zu sauer oder zu basisch ist, weil sie nicht mehr gepuffert ist. Die Pufferlösung fehlt.

  14. Erhoffte Fortschritte bei der Therapie von Depressionen
    Medikamente, die in den Hirnstoffwechsel eingreifen (Neurotransmitter beeinflussend) sind heute Mittel der Wahl bei schweren Depressionen, wirken aber erst nach Tagen bis Wochen und ein Medikament aus dieser Gruppe kann bei den einen wirken, bei andern jedoch nicht, was bedeutet, dass die Therapie mit einem Suchprozess beginnt. Und bei 30% der mit 2 aufeinander folgenden Medikamenten Behandelten bleibt die Behandlungen sogar wirkungslos oder zumindest unzureichend.

    Schneller einsetzende Medikamente und Biomarker, die Hinweise auf die „richtige“ Medikamentengruppe geben, wären deshalb erwünscht. Für Therapieresistente wären Alternativen erwünscht
    Und für die (seltenen) schwer verlaufenden Depressionen mit häufigen Rückfällen oder ohne Besserung wäre es gut, über nichtmedikamentöse Mittel zu verfügen.

    All diese Therapie- Verbesserungswünsche könnten in Erfüllung gehen.
    Ketamine etwa wirken sehr rasch stimmungsaufhellend und eine Kurzbehandlung mit Halluzinogenen/Psychedelika wie Psilocybin scheint in einigen Fällen eine Depression wie wegzublasen. Daraus resulierten bereits neue „Schnelltherapeutika“ wie Brexanolone (Zulresso) für die Behandlung der postpartalen Depression und das schwach psychedelisch wirkende Esketamine, welches innert Stunden bis Tagen wirkt (wenn es denn wirkt).
    Neben Medis und Talk (Psychobehandlung) gibt es für hartnäckige und langwierige Fälle heute auch eine kontrolliertere Form der Elektrokonvulsionstherapie (Elektroschock, aber niedrigdosiert und kontrollierter) und die transkranielle magnetische Stimulation, über die etwa der Artikel Experimental depression treatment is nearly 80% effective in controlled study berichtet.
    In ganz ganz schweren therapieresistenten Fällen scheinen auch Hirnimplantate gut zu wirken.

    Schliesslich wird neuerdings auch über „Biomarker“ berichtet, welche Hinweise auf die „richtige“ Therapieform geben. Dazu gehören im Blut nachweisbare Substanzen aber auch Enzephalogramme.

    Kurzum: Schwere Depressionen sind komplexe Erkrankungen für die es aber zunehmend ein ganzes Spektrum von Therapien gibt, so dass immer weniger Betroffene ohne wirksame Behandlung bleiben.

  15. Die Autorin beschreibt in ihrem Beispiel den Auslöser der Depression ganz klar. “Seine Firma stand kurz vor der Insolvenz. Wie sollte er das seinen Mitarbeitern sagen? Vor lauter Druck konnte er nicht mehr viel essen. Er hat bereits über 5kg abgenommen. Und dann ist auch noch sein Hund gestorben, den er über alles liebte. Ein schwerer Schlag. Zuviel für ihn.” Weiter unten schreibt sie aber: “Sie suchen nach Gründen für ihre triste Stimmung, doch oft gibt es keinen offensichtlichen Auslöser wie bei Harald Grohn.” Ich litt ca. 6 Jahre an einer Depression der 2. Art. Ich hatte das Glück von einem erfahrenen Nervenarzt behandelt zu werden. Er suchte nicht nach Ursachen. Wir führten keine persönlichen Gespräche. Seine Behandlung beschränkte sich auf die Verabreichung von Psycho-Pharmaka. Der Zeitpunkt des Ende der Depression offenbarte mir die Ursache der Depression. Seitdem bin ich allergisch gegenüber Alarmismus und Panik in den Medien.

  16. Guten Tag, als Betroffene kann ich folgendes berichten, nach ärztl. Diagnose keine negativen Erfahrungen im Zusammenhang mit bestehendem System, alle waren erfahren, auf dem neuesten Stand und standen hilfreich in allen Richtungen zur Seite, nur etwas weniger Bürokratie wäre wünschenswert, denn die überfordert einen doch oft schon, wenn man nicht neben sich steht.
    Und damit ist auch schon das Leben in der Tonne beschrieben, ich war von aussen betrachtet jemand anders, komplette Persönlichkeitsveränderung, das funktionalisierte Ich war zerstört, Gedächtnisverlust, Wortfindungsstörungen usw.
    Nur – ich wusste und verstand nicht was mit mir los war – das – ist das Schlimmste – und kommt Alzheimer sehr nah, man weiß nicht wie einem geschieht.
    Dazu sagte der Psychiater, Depression ist ähnlich wie Alzheimer, doch die KK wollen nicht, dass man mit der Diagnose arbeitet oder krank schreibt.
    Ein australischer Neurologe (Name entfallen, vor Jahren in einer Doku über Alzh.) vermutete entzündliche Prozesse im Gehirn, die mit enzündungshemmenden Mitteln, bereits lange auf dem Markt, therapierbar sind, da man heraus fand, dass Rheumapatienten vglw. weniger Alzheimer bekamen.
    Ich hatte 25 Jahre entzündliches Rheuma und nahm Ibu., mit 20 nahm ich kein Ibu., hatte eine schwere Depression, die man damals nicht als solche erkannte und behandelte. Mit 50 blieben die Rheumaschübe weg, ich nahm kein Ibu. mehr, und bekam Depression.
    Ausserdem fiel auf, dass ich nach der Einnahme immer guter Stimmung war.
    Mein Fazit, viele Wege führen nach Rom, aber man muss das Rad deswegen nicht neu erfinden.

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