Liebeskummer: Wenn aus dem Wir ein Ich geworden ist

nackte Rückansicht einer in Trauer nach vorn gebeugten jungen Frau

Die wenigen, denen noch niemals das Herz gebrochen wurde, einmal ausgenommen, Liebeskummer haben wir doch alle schon einmal erlebt, oder? Wenn eine Partnerschaft unerwartet und plötzlich endet sind wir zunächst fassungslos und vor allem unendlich traurig. Obwohl das doch sonst wirklich so überhaupt nicht unsere Art ist, weinen wir Tränen, die einfach nicht versiegen wollen. Oder wir empfinden  Wut, die ja oft doch nichts anderes ist als getarnter Schmerz. Streng genommen muss es für Liebeskummer ja nicht einmal ein echtes, wirkliches Wir gegeben haben. Ein von Herzen gewünschtes Wir genügt da manchmal schon. In dem folgenden kleinen Text gehen wir der Frage auf den Grund, was die Wissenschaft zum Thema Liebeskummer zu sagen hat: Was ist das genau? Wie äußert er sich? Und wie können wir vielleicht etwas besser damit umgehen lernen?

Wer mit spätestens Anfang bis Mitte 30 wieder Single ist und auf Partnersuche kommt üblicherweise nicht ohne Gepäck. Metaphorisches Gepäck vor allem:

Wir haben verletzt und wir wurden verletzt.

Wir haben zurückgewiesen und wir wurden zurückgewiesen. 

Vielleicht haben wir betrogen, vielleicht wurden wir betrogen.

Und wir haben verlassen und wurden verlassen.

Und dabei haben wir eben auch gelitten. Was aber passiert mit uns genau, wenn wir unter Liebeskummer leiden? Das schauen wir uns in den nächsten Absätzen etwas genau an.

Die 5 Phasen der Trauer – Auch wenn eine romantische Beziehung stirbt?

Eigentlich handelt es sich hierbei um ein Modell, dass den Prozess des Trauerns bei Sterbenden beschreibt, kann sich aber prinzipiell auf jede Art des Verlusts anwenden lassen (Kübler-Ross, 2014, erstveröffentlicht 1969). So kann es ja vielleicht auch herangezogen werden, um die Phasen zu veranschaulichen die manche durchlaufen, wenn eine Liebe stirbt?

Das Modell nach Elisabeth Kübler-Ross (1969)

  1. Phase 1 – Nicht-wahrhaben wollen: Die verlassene Person kann partout nicht glauben, dass die Partnerschaft geendet hat. Dass man von nun an nicht mehr Seite an Seite einschläft oder die andere Person bei Sehnsucht einfach anrufen kann, miteinander lacht, miteinander schläft, kurz: das Leben miteinander teilt. 
  2. Phase 2 – Zorn: Auf sich selbst, auf den/die Ex-Partner*in, auf die Gesamtsituation. Die dominanteste Frage in dieser Phase lautet wohl: Warum passiert gerade mir das?
  3. Phase 3 – Verhandeln: Vielleicht kann man die Liebe ja doch erneut entfachen und die Partnerschaft retten? Durch einen Pakt mit dem Teufel, Gott, oder dem/der Ex-Partner*in. 
  4. Phase 4 – Depression und Trauer: Nun ist es klar. Es führt kein Weg zurück zum Wir. Wir fühlen uns leer, einsam, ungeliebt und empfinden starke Gefühle von Verlust.
  5. Phase 5 – Akzeptanz: Die Zeit hat erledigt, worin sie gut ist: Heilen. Wir akzeptieren unsere Situation … und melden uns wieder bei Tinder an. Wahlweise auch ElitePartner. Oder okcupid.

Aber Vorsicht: Das Modell, so einfach und intuitiv es auch scheinen mag, ist nicht frei von Kritik und lässt sich empirisch so einfach nicht bestätigen. Vielmehr scheint es so zu sein als würden wir im Trauerprozess all diese Elemente mehr oder weniger gleichzeitig oder zumindest nicht streng getrennt nacheinander erleben. Zumindest erlangten die einzelnen Stadien der Trauer ihre Höhepunkte einer Längsschnittstudie zufolge in der vorhersagten Reihenfolge (siehe Maciejewski et al., 2007, die ein adaptiertes Modell mit den Stadien (1) disbelief – (2) yearning – (3) anger – (4) depression – (5) acceptance prüften).

Sind wir bei Liebeskummer doch nichts anderes als Säugetierjunge, die von der Mutter verlassen wurden?

Die drei Psychiater Thomas Lewis, Fari Amini und Richard Lannon (2000) nehmen an, die beiden Phasen, die ein von der Mutter verlassenes Säugetierjunges durchmacht, lassen sich auch auf vom/von der romantischen Partner*in verlassene Menschen übertragen:

Die Protestphase

In der Protestphase wollen wir, ganz unabhängig davon ob der/die Andere das auch möchte, unbedingt erneut Kontakt zu unserem Liebesobjekt aufnehmen und bewahren, was doch nicht mehr zu retten ist. Wir meinen, die verlorene Person an jeder Straßenecke zu erkennen. Und wir empfinden so starke Impulse, die Stimme des/der Anderen nur noch einmal zu hören, dass wir mitunter mit etwas Abstand betrachtet völlig hanebüchene Dinge tun: nächtliche Anrufe, längst abgehörte Sprachnachrichten wieder und wieder abspielen, Mixtapes bauen und Liebesbriefe schreiben … und alles nur, um die Person zurückzugewinnen obwohl die Würfel doch in den meisten Fällen längst gefallen sind. Diese Protestphase geht den Autoren zufolge bei verlassenen Säugetierjungen mit einer Erhöhung des Stresslevels einher. Das äußert sich körperlich in erhöhten Cortisolspiegeln. Herzrate und Körpertemperatur erhöhen sich und auch die Katecholaminspiegel (Stresshormone, wie beispielsweise Adrenalin) steigen. An Schlaf ist nicht zu denken. Der Körper ist im fight or flight-Modus.

Der Anthropologin Helen E. Fisher (2006) zufolge lassen sich in der Protestphase mitunter auch zwei andere Reaktionen beobachten. Frustration attraction: wenn das mit der Liebe nicht zu klappen scheint, lieben wir einfach noch stärker. Und/oder abandonment rage: Wut auf die Person, die uns zurückweist, die aber gleichzeitig die empfundene Liebe nicht mildert. Beides kann gleichzeitig bestehen. Das Gegenteil von Liebe sei auch nicht Hass, sondern Gleichgültigkeit. Das ehemalige Objekt der Begierde wird uns egal.

Phase der Resignation und Verzweiflung

In der Phase der Resignation und Verzweiflung ist der Name Programm. Der/ die ehemalige Partner*in kommt nicht zurück und jede Aktivität weicht aus uns wie die Luft aus einem mit einer Nadel angestochenen Luftballon. Was bleibt ist völlige Antriebslosigkeit, Lethargie und sozialer Rückzug. Essen verliert entweder jeglichen Reiz oder wird Ersatzbefriedigung für den Verlust der Liebe. 

Beim von der Mutter verlassenen Säugetierjungen geht der circadiane Rhythmus in die Binsen, die Körperhaltung verliert jegliche Agilität, Herzrate und Anteil an erholsamen Tiefschlafphasen verringern sich. Das Immunsystem leidet.

Körperliche Auswirkungen von Liebeskummer

Sind denn die oben beschriebenen körperlichen Auswirkungen beim Säugetier auch im menschlichen Körper nachweisbar? Einer bildgebenden Studie eines Teams aus den USA zufolge schon (Kross et al., 2011). 40 Teilnehmer*innen, die innerhalb der letzten 6 Monate eine ungewollte Trennung durchgemacht hatten und sich von ihrem/r Ex-Partner*in zurückgewiesen fühlten nahmen teil. Sie hatten 2 Aufgaben zu bewältigen, während ihre Hirnaktivität mittels funktioneller Magnetresonanztomographie aufgezeichnet wurde. 

In der Zurückweisungsaufgabe bekamen die Teilnehmenden nacheinander 2 Porträtfotos gezeigt: Eins zeigte den/die Ex-Partner*in und sie wurden angewiesen, während des Betrachtens daran zu denken, wie sie sich während der Trennung gefühlt hatten. Ein zweites Foto zeigte eine/n hinsichtlich Attraktivität vergleichbare/n Freund*in, mit dem/der sie zu einer Zeit in der die Trennung erfolgte ein positives Erlebnis geteilt hatten. Beim Betrachten dieses Fotos sollten sie sich an dieses Erlebnis erinnern. Zusätzlich zum Photo wurde jeweils noch ein kurzer Hinweistext eingeblendet, der den Teilnehmenden helfen sollte, sich auf die Aufgabe zu konzentrieren. Diesen Text hatten sie tags zuvor selbst entwickeln sollen (z.B. ‘zurückgewiesen von Michael’ oder ‘Klettern mit Thomas’).

Die Schmerzaufgabe hatte ebenfalls 2 Bedingungen: Mit einem Gerät, das Hitzereize aussendet, einer so genannten Thermode, wurden den Teilnehmer*innen nahezu schmerzlose Reize (Level 2 auf einer Skala bis 10) und Schmerzimpulse nahe der individuellen Schmerztoleranz  (Level 8 von 10) auf dem inneren linken Unterarm zugefügt. Vorher hatte man mit jeder Person deren individuelle Schmerztoleranz auskalibriert.

Freund*in- und Ex-Partner*in-Bedingung unterschieden sich in ihrer wahrgenommenen Intensität in vergleichbarer Weise von der Warm- und Heiß-Bedingung der Schmerzaufgabe.

Emotionaler Schmerz ist im Gehirn in ähnlichen Regionen repräsentiert wie körperlicher Schmerz

Beim Betrachten der Aktivierungsmuster im Gehirn zeigte sich, dass der körperliche Schmerz des Hitzereizes in beiden Hirnhälften ähnliche Regionen aktivierte wie der emotionale Schmerz der Trennung: Genauer OP1, den kaudalen Teil des parietalen Operculum sowie der dpINS, den dorsoparietalen Teil der Insula.

Zudem verglichen die Autoren die aktivierten Regionen mit den Ergebnissen aus einer Datenbank von über 500 Bildgebungsstudien. Sie stellten fest, dass die romantische Zurückweisung tatsächlich somatosensorische Regionen im Gehirn aktivierte, die in der Vergangenheit vor allem mit körperlichem Schmerz, nicht aber mit Emotionen in Verbindung gebracht wurden.

Caveat – Achtung bei der Interpretation!

Die Ergebnisse dieser Studie bedeuten nicht, dass emotionaler Schmerz mit physischem Schmerz gleichgesetzt werden kann. Erst einmal bedeuten sie nur, dass beides ähnliche Hirnregionen aktiviert. In der Tat provozierten diese Befunde eine Debatte in der neurowissenschaftlichen Forschungsgemeinde. Die hier identifizierten Areale sind nämlich durchaus auch bei anderen aversiven, negativen Reizen aktiv (Iannetti et al., 2013).

Und tatsächlich, eine aktuellere Studie mit vergleichbarem Aufbau zu der von Kross und Kolleg*innen kommt sogar zu einem deutlich weniger eindeutigen Ergebnis (Woo et al., 2014): Ihren Ergebnissen zufolge gibt es zwar tatsächlich identische Regionen, die sowohl bei Zurückweisung als auch bei körperlichem Schmerz aktiviert werden. Das waren aber keine, die sich traditionellerweise der Schmerz-Matrix im Gehirn zuordnen lassen. In anderen schmerzspezifischeren Regionen, wie dem dACC, dem dorsalen anterioren cingulären Cortex, wiesen Zurückweisung und körperlicher Schmerz jeweils für sich spezifische Aktivierungsmuster auf. 

Einfach eine Schmerztablette nehmen, wenn das Herz weh tut?

Einer Studie von Nathan De Wall und Kolleg*innen (2011) zufolge ist das weniger abwegig, als es auf den ersten Blick vielleicht scheint. In zwei Experimenten konnten sie zeigen, dass die tägliche Einnahme von der im Gehirn wirkenden Schmerz unterdrückenden Substanz Acetaminophen – wir kennen sie im Deutschen als Paracetamol – die wahrgenommene Intensität sozialer Zurückweisung tatsächlich mildert und zugehörige Hirnregionen weniger aktiviert.

Experiment 1

62 Teilnehmer*innen nahmen für drei Wochen direkt nach dem Aufstehen und kurz vor dem Zubettgehen entweder einen Placebo oder 500 mg des Schmerzmittels ein und beantworteten täglich einen Fragebogen, der verletzte Gefühle aufgrund sozialer Zurückweisung misst. Zu Beginn gab es keinen Unterschied zwischen Kontroll- und Experimentalgruppe. Mit jeder vergangenen Woche berichtete die Experimentalgruppe jedoch weniger verletzte Gefühle. Gleichzeitig änderte sich die positive Emotionalität in beiden Gruppen nicht. 

Experiment 2

Im zweiten Experiment nahmen 10 von insgesamt 25 TeilnehmerInnen 3 Wochen vor dem eigentlichen Versuch jeweils früh und abends 1000 mg des Schmerzmittels während die anderen 15 einen Placebo bekamen. Zum  Bildgebungstermin wurde ihnen mitgeteilt, sie würden an einem virtuellen Ballspiel mit 2 anderen Spieler*innen teilnehmen. Jede/r würde währenddessen in einem eigenen Kernspintomographen liegen, der die Gehirnaktivität während des Spiels aufzeichnet. In Wirklichkeit gab es aber gar keine Mitspieler*innen und die Abfolge des Spiels war für jede/n Teilnehmer*in identisch. Die erste Runde des Spiels verlief harmonisch und alle warfen einander mit schöner Regelmäßigkeit den virtuellen Ball zu. In der zweiten Runde wurde der/die Teilnehmer*in nach 3 Würfen vom Spiel ausgeschlossen und bekam den Ball überhaupt nicht mehr zugepasst. Im Anschluss an die Messung im Tomographen gaben die Teinehmer*innen noch das Ausmaß des sozialen Stresses an, den sie aufgrund des Ausschlusses durch die anderen empfunden hatten.

Neben einer Verringerung der Aktivierung in anderen Regionen, die mit emotionalem Erleben in Verbindung stehen, zeigten die Personen der Experimentalgruppe bei sozialem Ausschluss im Vergleich mit der Kontrollgruppe auch weniger Aktivierung in mit körperlichem Schmerz assoziierten Regionen: dem dACC, dorsalen anterioren cingulären Cortex und der anterioren Insula, von der auch bei Kross et al. (2011) schon die Rede war.

Interessanterweise zeigte sich der erwartete Unterschied zwischen beiden Gruppen im selbstberichteten sozialen Stress nicht: Beide Gruppen litten subjektiv gleich stark unter der vermeintlichen Zurückweisung durch die in Wahrheit nicht-existenten Mitspieler*innen. 

Fazit

Gegen die zu Beginn des Absatzes in den Raum geworfene Idee, künftig bei Liebeskummer einfach unterstützend eins, zwei Paracetamol einzuwerfen spricht mehreres. An beiden Experimenten der Studie von DeWall et al. (2011) nahmen nicht speziell Personen mit akutem Liebeskummer teil. Zudem zeigten sich zwar geringere Aktivierungen im Hirn, subjektiv wurde die Zurückweisung aber in der Gruppe mit Schmerzmittel als genauso unangenehm empfunden, wie in der Gruppe ohne Schmerzmittel. Da Liebeskummer sich aber durchaus als Spezialfall sozialer Zurückweisung auffassen lässt, scheint zumindest eine Wiederholung vor allem des ersten Experiments mit akut von Liebeskummer Betroffenen lohnenswert.

Wenn das Herz im wahrsten Sinne des Wortes bricht: Broken Heart Syndrome

Das Broken Heart Syndrome – weniger anschaulich auch als Stress-induzierte Kardiomyopathie oder Takotsubo-Myopathie bezeichnet – gibt es tatsächlich. Es äußert sich vor allem als stechender Schmerz in der Brust und Kurzatmigkeit und tritt infolge akuten starken emotionalen, körperlichen oder psychischen Stresses auf (Grawe et al., 2006). Das kann der plötzliche Tod einer nahe stehenden Person sein, etwas eigentlich positives, wie ein  großer Lottogewinn oder eben auch eine ganz unerwartete Trennung. 

Die körperlichen Mechanismen sind noch nicht endgültig geklärt, es wird aber der sehr plötzliche Anstieg von Stresshormonen wie Adrenalin im Körper, der die Herzfunktion kurzfristig stark beeinträchtigt, diskutiert. Glücklicherweise ist die Prognose gut, es bleiben üblicherweise keine langfristigen Schäden zurück und es bleibt bei einer Episode. Betroffen sind interessanterweise meist Frauen über 50 und da die Symptome denen eines klassischen Herzinfarktes bei Männern ähneln ist es noch nicht so lange als medizinisch eigenständiges Syndrom anerkannt. Wichtig ist dennoch, einen Herzinfarkt differentialdiagnostisch auszuschließen und Betroffene besonders in der Akutphase medizinisch zu überwachen.

Gehen Frauen und Männer unterschiedlich mit Liebeskummer um?

Helen Fisher fasst die Befundlage zu Geschlechtsunterschieden im Umgang mit Liebeskummer zusammen (2006): Männer haben im Allgemeinen weniger enge Freunde als Frauen und sind vielleicht deswegen stärker abhängig von ihrem/r Partner*in. Sie leiden nach einer Trennung eher stumm und teilen ihren Schmerz nicht mit anderen. Stattdessen wenden sie sich eher Alkohol und Drogen zu, um mit dem Verlust umzugehen. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich (und/oder dem/r Ex-Partner*in) nach einer Trennung das Leben nehmen ist im Vergleich zu Frauen deutlich erhöht. 

Frauen hingegen berichten stärkere Ausprägungen von Depressionen, nachdem sie verlassen wurden, weinen häufiger und verlieren öfter an Körpergewicht. Sie versuchen außerdem eher, das Geschehene im Gespräch mit Freund*innen oder in Form von Tagebucheinträgen zu verarbeiten. 

Und was hilft jetzt wirklich dagegen?

Das kommt in erster Linie vermutlich darauf an, wen man fragt. Männer würden vielleicht eher zu einem Schnaps raten, Frauen zu einem Antidepressivum. Helen Fisher empfiehlt Abstand von der Person die uns zurückgewiesen hat in Verbindung mit körperlichen Aktivitäten an der frischen Luft und einer ausgewogenen Ernährung um Hirn und Herz wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Also das, was uns Mutti vermutlich auch raten würde.

Je nach Dauer der Partnerschaft, Intensität der Liebe und Initiator*in der Trennung variiert das Ausmaß der Verletzung, die mit dem Ende einer Partnerschaft einhergeht sicherlich beträchtlich. Wenn wir ganz tief in uns hineinhorchen stellt sich manchmal heraus, dass nach einer romantischen Zurückweisung gar nicht unser Herz wirklich getroffen ist sondern lediglich unser Ego. Sich das einzugestehen ist schon der erste Schritt in Richtung Besserung. So oder so sollten wir Liebeskummer immer nutzen, um uns eine Frage zu stellen: Was kann er uns lehren? Was können wir hier lernen? Und selbst wenn sich beim neugierigen Hineinleuchten in unsere Inneres herausstellt, dass doch unser Seelenkern verletzt ist und nicht (nur) unser Ego und wir nicht einmal eine Lektion für unsere Zukunft destillieren können, so bedeutet der Liebeskummer doch vor allem auch eins: Wir haben geliebt! Und das ist etwas ziemlich Wertvolles. 

Literatur

  • Fisher, H. (2006). Broken hearts: The nature and risks of romantic rejection. In A. Booth & C. Crouter (Eds.) Romance and sex in adolescence and emerging adulthood: Risks and opportunities (pp. 3–28). NJ: Lawrence Erlbaum Associates.
  • Grawe, H., Katoh, M., & Kühl H. P. (2006). Stress cardiomyopathy mimicking acute coronary syndrome: Case presentation and review of the literature. Clinical Research in Cardiology, 96, 179–185. https://doi.org/10.1007/s00392-006-0346-2
  • Iannetti, G. D., Salomons, T. V., Moayedi, M., Mouraux, A., & Davis, K. D. (2013). Beyond metaphor: Contrasting mechanisms of social and physical pain. Trends in Cognitive Sciences,17(8), 371-378.  https://doi.org/doi:10.1016/j.tics.2013.06.002
  • Kübler-Ross, E. (2014). On death and dying. What the dying have to teach doctors, nurses, clergy, and their own families. NY: Scribner.
  • Kross, E., Berman, M. E., Mischel, W., Smith, E. E., & Wager, T. D.  (2011). Social rejection shares somatosensory representations with physical pain. Proceedings of the National Academy of Sciences, 108(15) 6270–6275; https://doi.org/10.1073/pnas.1102693108
  • Lewis, T., Amini, F. & Lannon, R. (2000). A general theory of love. NY: Random House. 
  • Maciejewski, P.K., Zhang, B., Block S.D., & Prigerson, H. G. (2007). An empirical examination of the Stage Theory of Grief. JAMA, 297(7). 716–723. https://doi.org/10.1001/jama.297.7.716
  • Woo, C., Koban, L., Kross, E., Lindquist, M. A., Banich, M. T., Ruzic, L., … Wager, T. D. (2014). Separate neural representations for physical pain and social rejection. Nature Communications,5(1). https://doi.org/10.1038/ncomms6380
  • Tipp: Du willst wissen, welches Hirnareal mit welcher Körperfunktion in Verbindung steht?  http://www.helpthereisabraininmyhead.com/brain-atlas ist eine Website, bei der man sich genau das anzeigen lassen kann. Sie befindet sich noch im Aufbau ist aber ein super Einstieg in funktionelle Hirnanatomie.

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Dr. phil. Jane Hergert erwarb ihr Diplom in Psychologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Für die Promotion ging sie ins Ruhrgebiet an die FernUniversität in Hagen an den Lehrstuhl für Arbeits- und Organisationspsychologie. Heute ist sie an der Universität Rostock als Postdoc, ebenfalls in der A&O-Psychologie, tätig. Entgegen der Denomination dieses Lehrstuhls interessiert sie sich in ihrer Forschung aber vor allem für das was uns Menschen zusammenhält bzw. gern auch mal auseinander treibt: Die Liebe und alles was damit im engeren und weiteren Sinne zu tun hat. In ihrer Dissertation, die von der Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften der FernUniversität 2017 mit dem Dissertationspreis ausgezeichnet wurde, befasst sie sich beispielsweise mit den Ursachen sexueller Untreue.

13 Kommentare

  1. Hallo Frau Hergert,
    die Franzosen nennen den Liebeskummer La maladie d’amour
    Und Michel Sardou sieht dieses Drama so :
    Sie grassiert, sie grassiert
    die Liebeskrankheit
    im Herzen der Kinder
    von sieben bis siebenundsiebzig Jahren

    Er plätschert dahin, er plätschert dahin
    der unverschämte Fluss
    der in seinem Bett

    die blonden und die grauen Haare vereint.
    Sie bringt die Menschen zum Singen und macht die Erde größer
    Sie macht bisweilen ein langes Leben erträglich
    Sie bringt die Frauen zum Weinen, sie lässt uns im Dunkeln schreien

    Aber am schmerzlichsten ist es, wenn man von ihr geheilt wird.
    Sie grassiert, sie grassiert
    die Liebeskrankheit
    im Herzen der Kinder
    von sieben bis siebenundsiebzig Jahren

    Er plätschert dahin, er plätschert dahin
    der unverschämte Fluss
    der in seinem Bett

    die blonden und die grauen Haare vereint.
    Sie überrascht das Mädchen in ihrer Schulbank
    durch den absichtslosen Charme ihres Englischlehrers

    Sie trifft den unbekannten Passanten auf der Straße,
    der das Parfum, das ihm entgegenströmt, nicht mehr vergessen wird
    Sie grassiert, sie grassiert
    die Liebeskrankheit
    im Herzen der Kinder
    von sieben bis siebenundsiebzig Jahren
    Er plätschert dahin, er plätschert dahin
    der unverschämte Fluss
    der in seinem Bett
    die blonden und die grauen Haare vereint.
    Sie bringt die Menschen zum Singen und macht die Erde größer
    Sie macht bisweilen ein langes Leben erträglich

    und wie Sie gemerkt haben, er trennt nicht zwischen Verliebtsein und Liebeskummer haben, das gehört nämlich zusammen.

  2. Und was mach man, wenn, nach nur 15 Monaten verheiratet sein, der Partner stirbt und man mit 24 Witwer ist?

  3. Säugetierjunge, die von ihrer Mutter verlassen werden ,reagieren mit dem Panik-und Fluchtsystem. Ihnen bleiben hier drei Varianten:
    1. Flucht

    2.Kampf

    3. Totstellreflex

    In der Regel erfolgt der Totstellreflex, da diese Variante der Selbsterhaltung die einzig sichere für hilflose Kleintiere scheint. Bei Menschen wirken diese uralten evolutionären Mechanismen im übrigen auch noch in anderer Form.
    Das Gefühl KUMMER scheint mir aus dem Grundgefühl TRAUER zu kommen. Trauer ist ein psychischer Schmerz um eine verlorene Bindung. Menschen könnten, je nach ihrem Wesen mit den drei oben erwähnten Varianten darauf reagieren. Kampf scheint mir hier der aktive Wille nach Aufarbeitung und der “Totstellreflex” das sich passive Fallenlassen in diese traurige Situation…

  4. ich habe immer eine Naturgewalt aufgesucht, Wasserfall oder ähnliches um zu schreien, also rauszulassen was da solche subjektive Kontrolle über mich nehmen will, mein Schrei war natürlich klägliches Gepiepse gegen den Wasserfall, bei mir hat das sehr geholfen, sehr schnell und ohne Nebenwirkungen

    Heute geht das auch vom Sofa aus, durch Zugriff auf diesen Zustand und man bleibt nicht ewig 20

  5. Hirn und Herz können sie in dem Fall mit einer ausgewogenen Ernährung nicht ins Gleichgewicht bringen, da dieses Problem ein seelisches ist. Solange dieses Problem nicht aufgearbeitet ist, werden Gedanken daran immer wieder Stress auslösen und Stresshormone Hirn und Herz belasten , aus dem Gleichgewicht bringen und quälende Gefühle auslösen.Eine solche Aufarbeitung ist von Mensch zu Mensch verschieden und manchmal helfen auch Gespräche mit anderen Personen um einen inneren Frieden zu erreichen.

  6. Ist mir auch in jungen Jahren passiert. Mit 22 jetzt bin ich 55
    -Weiter leben
    -drüber sprechen
    -sich nicht zurückziehen
    -wenn es geht mit den Eltern Kontakt halten
    -es braucht Zeit um das Geschehene zu verarbeiten
    -nicht saufen

  7. Ich kenne das Modell nach Elisabeth Kübler-Ross nur aus der Pflege (Krankheits/-Sterbephasen) Mir wäre es nicht in den Sinn gekommen diese Phasen auf Liebeskummer zu beziehen.

    Letztlich ist es ein Prozess und wie beschrieben von Person zu Person und Intensität der Beziehung etc. unterschiedlich.
    Das Leben geht weiter und zu lieben bedeutet auch loslassen zu können.

    Während der Tod unausweichlich und endgültig zu sein scheint, so können uns Trennungen auch neue und positive Wege ebnen.

    Zu trauern und zu leiden ist normal. Aber man darf sich nicht zu lange darin verlieren.
    Mal die Gefühle herauslassen und/oder darüber reden, aber sich auch etwas Gutes tun/gönnen.

    Und ruhig mal genauer bei sich selber hingucken…manchmal interessant, was man dort alles findet, wenn man ehrlich zu sich selber ist!

  8. Also bei mir und meiner ehemaligen Partnerin, mit der ich sehr lang zusammen war, war es so, dass uns irgendwann aufgefallen ist, dass wir uns über nen Monat nicht beim anderen gemeldet haben. Wir haben das dann als Grund gesehen Schluss zu machen. Allerdings haben wir keine der oben beschriebenen Phasen durchgemacht.

  9. Paul von Leiselheim, Autor
    Mir passierte es mehrmals im Leben und ich kämpfte jedesmal mit mir selbst. Wer ist schuld? Beide! Mit der Zeit wurde mir immer klarer nach der Trennung, nur einer ist schuld! Der bin nicht ich! Es finden sich dann tausend Gründe, warum die Schuld beim anderen liegt. Der letzte Grund ist aber die Tatsache, der andere, mit dem man sieben Jahre zusammen lebte, jedes “Wehwechen” teilte, auch finanziell, ist nicht bereit für weiteren Kontakt. Rufe mich nicht mehr an! Verziehen hätte ich alle Fehler, aber keinen Neubeginn mehr akzeptiert. Der andere ist tot, ich lebe weiter. Kein Hass von mir nur unendliche Trauer über das befremdende Verhalten des einstigen Partners. So vergehen Jahre, die Zeit heilte meine Wunden! Ich kann mich neu verlieben, die innere Sperre bei mir ist weg. Ich denke nicht mehr an die schönen Stunden. Keine Sentimentalität mehr! Bilder und Filme wollte ich zuerst wegwerfen, jetzt behalte ich sie. Ich schaue sie aber nicht andauernd an, letztes Mal vor 7 Jahren. Sie sind ein Teil meines Lebens. Genau wie meine Exfrau vorher, zu der habe ich noch heute Kontakt obwohl die Liebe auch hier vorbei ist. Aber bei ihr war es anders. Ein Psychologe hat beschrieben, wie es Tiere machen bei einer Trennung z.B. nach Tod eine Partners. Der andere sucht sich sofort einen neuen! Der Psychologe sagte mir, so kommt man am schnellsten über den Verlust hinweg. Viele Menschen handeln leider ebenso, ich nicht, ich bin kein Tier! Ich brauchte eine Zeit des Besinnens und Abstand.

  10. unheimlich verallgemeinernder Quatsch, der, wie eine “Hellseherin” auf dem Jahrmarkt, die Durschnitts”fakten” mit Altagsbegebenheiten vermengt, gespickt – DREISTER WEISE – mit den 5 Phasen der Trauer für Hinterbliebene eines Todesfalles. Sowas habe ich selten so schlecht und billig “recherchiert” gesehen. Kein vernünftiger Mensch der WIRKLICH weiterkommen möchte, (also niemand der sich ledidglich gleich dem Bildnis der Hellseherin auf dem Jahrmarkt mit der Antwort auf die Frage “werde ich denn je meinen Traumpartner finden” antwortet: “Meine Kistallkugel sieht das sie den idealen Traumpartner kennenlernen, zudem das sie traurig und verzweifelt sind”. Altagsweisheiten in einen Text dieses Ausmaßes zu packen ist respektlos. Achja – und dann auf TINDER und CO. zu veweisen, im letzten Schritte, (Seiten welche volkstümlich tendenziell entgegen der Werbung mehr für die Suche nach schnelle Geschlechtsverkehr aufgesucht werden) zeigt ja des Geistes Kind des Authors.: Beziehung zuende – auf auf – schnell aufs neue Pferd. Und gleich mal Werbung gemacht. Andere mussten sich dafür (youtuber) wegen unerlaubter Schleichwerbung vor Gericht verantworten, aber nungut, wahrscheinlich unterschiedlich gelagert.

  11. So gesehen bleibt mir dann auch eine Menge erspart. Ich bin jetzt 28 und habe noch nie eine Freundin oder länger andauernde Beziehung gehabt – und ich denke das wird auch nichts mehr, der Zug ist abgefahren. Hat alles Vor- und Nachteile …

  12. @Nick:

    Ich habe genauso gedacht wie Du, hatte auch mit Depressionen zu kämpfen. Die, die ich haben wollte, wollten mich nicht. Und die, die mich wollten, wollte ich nicht. Gefühlt ein Leben lang.

    Mit Ende 28 habe ich dann meine jetzige Partnerin kennen gelernt (sind nun knapp 4 Jahre zusammen) und auch einige meiner Arbeitskollegen, bei denen man es nicht geglaubt hätte, sind mittlerweile Vater geworden oder glücklich verheiratet.

    Auch wenn der Spruch mit dem Topf und dem Deckel abgedroschen klingen mag, so ist doch etwas wahres dran.

    Nicht aufgeben und vor allem: Tu etwas dafür. Geh raus, mach etwas mit Freunden oder in Gruppen (heutzutage ist das ja noch ein bissle einfacher geworden) geh offensiv an die Sache ran. Fang Dir zur Not 20 Körbe. Irgendwann ist die Richtige dabei!

    Ich drücke Dir unbekannter Weise die Daumen.

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