Das Heimische und das Fremde – über Immigration von Tieren, Pflanzen und Menschen

BLOG: Landschaft & Oekologie

Unsere Umwelt zwischen Kultur und Natur
Landschaft & Oekologie

In der Schweiz geschah vor etwa drei Jahren folgendes: Ein der SVP angehörendes Mitglied der Großen Kammer des Schweizer Parlaments richtete eine Anfrage an den Bundesrat. Sie wird eingeleitet mit einem ausführlichen Zitat aus einer ökologisch-ökonomischen Studie, in der die Kosten des Eindringens fremder Tier- und Pflanzenarten in Europa abgeschätzt werden; sie sollen sich auf etwa 10 Milliarden Euro belaufen.[1] In dem Antrag heißt es dann weiter: „Könnte der Bundesrat, ähnlich wie für die Tier- und Pflanzenarten, eine Einschätzung der ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Kosten der Migrationsbewegungen[2] in den letzten zehn Jahren durchführen?“ Auf Scienceblogs wurde das kommentiert.

In den Fachkreisen, die sich mit dem Phänomen der Ausbreitung von biologischen Arten in Gebiete befassen, in denen sie sich nicht entwickelt haben, die in diesem Sinne also für sie fremd sind, spricht man heute meist von „biologischen Invasionen“  (allerdings hat dieser Begriff auch andere Bedeutungen). Über diese “Invasionen” liegt eine umfangreiche und seit ca. zwei Jahrzehnten überaus rasch anwachsende naturwissenschaftliche (biologische, insbesondere ökologische und biogeographische) Literatur vor. Das wohl wichtigste Werk in deutscher Sprache ist „Biologische Invasionen“ von Kowarik[3].

Die Naturschützer und die allgemeine Öffentlichkeit bewegt dieses Thema auch, und zwar bewegt sie vor allem eine Frage: Sind diese „Invasionen“ gut oder schlecht? Gibt man „fremde Arten“ bei „Google“ ein, so erhält man einige Zehntausend Treffer. Die ersten zehn Seiten habe ich mir angesehen; in den allermeisten Fällen wird gewarnt: „Insektenkundler betrachten fremde Arten kritisch“, „Die durch fremde Arten verursachten Probleme kann man im Moment als zweitgrößte Bedrohung für den Artenreichtum der Natur ….“, „Fremde Arten richten ganze Ökosysteme zugrunde“, „Während in Florida Schlangen die Natur in den Würgegriff nehmen, beunruhigt in Deutschland eine kleine Fliege die Forscher“, „Gefährliche Invasion im Schatten der Schifffahrt“, „Fremde Arten breiten sich zunehmend dort aus, wo sie nicht hingehören“.

Sehr oft sind die fremden Arten per se „gefährlich“, „schädlich“ oder einfach „unerwünscht“. Meist wird dieses allgemeine Urteil damit begründet, daß die Gefährlichkeit oder Schädlichkeit einiger erwiesen ist. Das Urteil „unerwünscht“ wird durch diesen Hinweis oft unterstützt, doch ist das nicht immer notwendig: Sie sind einfach deshalb unerwünscht,  weil sie nicht heimisch sind.

Recht selten findet man im Internet auch die gegenteilige Auffassung: Die fremden Arten seien (jedenfalls in Mitteleuropa) nur in Ausnahmefällen gefährlich oder schädlich. Daß „nicht heimisch“ automatisch zu „unerwünscht“ führt, zeige, daß sich hinter solchen Wertungen eine versteckte Fremdenfeindlichkeit verbirgt. In Wirklichkeit aber seien die fremden Arten eine Bereicherung unserer Flora und Fauna.

Es wird also nicht etwa nur, wie in dem eingangs genannten Scienceblogs-Artikel, kritisiert, daß man die Immigrationen von Menschen in der gleichen Weise behandelt wissen will wie die von Tieren und Pflanzen, sondern es wird vermutet, daß die Einschätzungen der immigrierenden Tiere und Pflanzen sich einer Ideologie verdanken, der der Haß auf fremde Menschen wesentlich ist, was dann auf die Tiere und Pflanzen projiziert wird. Die meisten derartigen Stellungnahmen, so mein Eindruck, sind mit dem Namen Reichholf[4] verbunden; sie stammen von ihm oder man beruft sich auf ihn. Josef Reichholf hat zahlreiche populärwissenschaftliche Bücher und Artikel geschrieben und ist dadurch einer größeren Öffentlichkeit bekannt geworden; mit dem Thema der biologischen Invasionen hat er es bis in führende Medien wie Spiegel und Zeit geschafft.

Der Diskurs aber, damit auch und vor allem die Frage, wie es zu den genannten konträren Einschätzungen kommt, ist nur selten untersucht worden, und diese Untersuchungen sind im Diskurs so gut wie unbekannt. Nahezu niemand unter den Kontrahenten stellt die Frage, wie sich die Kontroverse ausnimmt, wenn man sie aus einer gewissen Distanz betrachtet und dabei insbesondere danach fragt, welche Ideologien es sind, die zu so unterschiedlichen Einschätzungen der biologischen Invasionen führen. Dabei ist, so scheint mir, trotz der geringen Zahl einschlägiger Arbeiten, die Aufhellung bereits weitgehend gelungen. Zwei dieser Arbeiten halte ich für besonders empfehlenswert. Die eine ist die Dissertation von Uta Eser[5] mit dem Titel „Der Naturschutz und das Fremde. Ökologische und normative Grundlagen der Umweltethik“ (Frankfurt/M., Campus, 1999); die wesentlichen Gedanken sind auch in einem Aufsatz in dem von Ludwig Fischer herausgegebenen Sammelband „Projektionsfläche Natur“ enthalten. Die andere Arbeit ist ein schmaler Band[6] von Stefan Körner. Es wäre gut, diese Texte gelesen zu haben, bevor man sich hier in die Diskussion stürzt.


[1] Montserrat Vilà et al., How well do we understand the impacts of alien species on ecosystem services? A pan-European, cross-taxa assessment, 2009.

[2] Gemeint sind natürlich nicht, wie es im modischen Jargon heißt, Migrationsbewegungen, sondern Immigrationsbewegungen, siehe dazu hier.

[3] Prof. Ingo Kowarik leitet das Fachgebiet Ökosystemkunde/Pflanzenökologie am Institut für Ökologie der TU Berlin.

[4] Josef Reichholf war bis 2010 Leiter der Sektion Ornithologie der Zoologischen Staatssammlung in München und Honorarprofessor am Lehrstuhl für Landschaftsökologie der TU München.

[5] Uta Eser ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Koordinationsstelle Wirtschaft und Umwelt an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen.

[6] Körner, S. (2000): Das Heimische und das Fremde. Die Werte Vielfalt, Eigenart und Schön­heit in der konservativen und in der liberal-progressiven Naturschutzauffas­sung. Fremde Nähe – Beiträge zur interkulturellen Diskussion, Bd. 14. Münster, Hamburg, London. 115 S. Es gibt auch ein kurzes Vortragsmanuskript zum gleichen Thema. Stefan Körner ist Professor an der Universität Kassel, Fachgebiet Landschaftsbau und Vegetationstechnik.

 

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Ich habe von 1969-1973 an der Ludwig-Maximilians-Universität München und der FU Berlin Biologie studiert. Von 1994 bis zu meiner Emeritierung im Jahre 2011 war ich Inhaber des Lehrstuhls für Landschaftsökologie der Technischen Universität München. Nach meinem Studium war ich zehn Jahre lang ausschließlich in der empirischen Forschung (Geobotanik, Vegetationsökologie) tätig, dann habe ich mich vor allem mit Theorie und Geschichte der Ökologie befaßt, aber auch – besonders im Zusammenhang mit der Ausbildung von Landschaftsplanern und Landschaftsarchitekten – mit der Idee der Landschaft. Ludwig Trepl

26 Kommentare

  1. @Ludwig Trepl: Wegnehmen

    Es ist so ähnlich wie bei den Immigrationsfeinden der schlichten Art in unserer Gesellschaft: die Türken nehmen mir den Arbeitsplatz weg, aber bedacht wird nicht, daß einer, der nicht aus der Türkei, sondern aus Düsseldorf zuzieht, einem genauso den Arbeitsplatz wegnehmen kann.

    Ich dachte immer der Spruch lautet “Die Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg.” (Plural). Wenn der Satz stimmt, wird er jedenfalls dadurch nicht falsch oder weniger gewichtig, dass auch ein Düsseldorfer (etwa jemandem in Neuss) einen Arbeitsplatz wegnimmt. Unter dem herrschenden Regime der Berechtigung durch Staatsangehörigkeit darf der Düsseldorfder das nämlich, während der Ausländer das gerade nicht darf – oder besser: nicht dürfen soll.

    Zwischen den verschiedenen demokratischen Positionen besteht notorisch Uneinigkeit darüber, wer als Ausländer gelten soll (vgl. auch [1]) bzw. ob und wie die von Ausländern besetzten Arbeitsplätze für Deutsche frei gemacht werden sollen.

    [1] http://www.spiegel.de/…d-liberalen-a-868761.html

  2. @Ludwig Trepl

    Ja, möglicherweise habe ich da etwas verallgemeinert, was nicht verallgemeinert werden durfte. Ich hatte die Empfehlung im Ohr, man solle im Garten bevorzugt heimische Gehölze und Kräuter pflanzen, weil diese eben gut mit der heimischen Tierwelt „harmonieren“. Aussagen und Argumente, die einleuchten, wandern wohl eher ins Gedächtnis als abwegige Statements.

    Ich werde versuchen, in Zukunft mal genauer auf die Aussagen von Naturschützern zu achten, wenn es um Immigranten geht.

  3. Argumentationen

    Dennoch wird da [von Naturschützern] meist nicht dieser Motivation entsprechend argumentiert , sondern ökologisch.

    Vermutlich hat man keine Lust den Heimatbegriff gegen ideologische Anwürfe der hier vorgestellten Art zu verteidigen.

    Ansonsten scheint dem Schreiber dieser Zeilen die Debatte zwischen den “Konservativen” und “Liberalen” (dieser Begriff wird an dieser Stelle streng genommen weiterhin abgelehnt) eine natürliche zu sein, die synthetisch und als Prozess niemals endend ökologisch/politische Ergebnisse liefern wird. Was gut ist.

    MFG
    Dr. W

  4. @ Balanus @ Ano Nym

    „Das gilt aber doch für fremde Pflanzen und Tiere gleichermaßen und ist deshalb auch das Argument der Naturschützer: Eben weil es keine „längere gemeinsame biologische Entwicklung gab“, besteht das Risiko ….“

    Ja selbstverständlich; ich habe es eben an M. Holzherr geschrieben: darauf bezieht sich mein Einwand, man solle auf die Mikroorganismen schauen, nicht.

    Das Argument der Naturschützer ist das mit der nicht-gemeinsamen Entwicklung aber nicht. Auch unter den Biologen, die sich mit Invasionen befassen, kommt es erstaunlich selten vor, obwohl es eine ganze Reihe von einzelnen Hypothesen (wie die enemy release hypothesis) gibt, die sich aus dieser Einsicht herleiten.

    Im allgemeinen argumentiert man so: Es gibt Beispiele von Schäden durch Invasoren, und dann streitet man darüber, ob man daraus den Schluß ziehen darf, daß Invasionen schädlich sind, weil doch in 10 % der Fälle ein Schaden nachgewiesen wurde, oder ob Invasionen nicht schädlich sind, weil es doch in 90 % der Fälle keinen Schaden gibt, so daß man nur in bestimmten Fällen von schädlich reden darf. Darüber, ob die nachgewiesenen Schäden sich tatsächlich der Eigenschaft der Fremdheit verdanken (und nicht irgendeiner Eigenschaft, die eine einheimische Art ebenso haben kann), macht man sich nur wenig Gedanken. – Es ist so ähnlich wie bei den Immigrationsfeinden der schlichten Art in unserer Gesellschaft: die Türken nehmen mir den Arbeitsplatz weg, aber bedacht wird nicht, daß einer, der nicht aus der Türkei, sondern aus Düsseldorf zuzieht, einem genauso den Arbeitsplatz wegnehmen kann.

    Unter Naturschützern (im Unterschied zu Biologen) ist zweifellos die Hauptmotivation die heimatschützerische, also eine, die auf der kulturellen und ästhetischen Ebene liegt, d. h. unerwünscht sind diese Arten einfach deshalb, weil sie nicht von hier sind, bzw. weil man eine bestimmte Idee von Heimat hat. Dennoch wird da meist nicht dieser Motivation entsprechend argumentiert , sondern ökologisch.

  5. Natur mehr alsInventarFürDieMenschenwelt

    Der Mensch sollte die Verfrachtung von Organismen aus ihren angestammten Lebensräumen in die ganze Welt aus prinzipiellen Gründen möglichst minimieren:
    1) Jede Verfrachtung von Organismen birgt ein unbekanntes Risiko
    2) Das Auftauchen des Menschen macht aus der Natur nicht einfach eine Attrappe oder eine Kulisse für den “Menschenfilm”.

    Den Menschen als Wesen, das sich von den Fesseln der Biologie verabschiedet hat, gibt es erst seit kurzem. Die gesamte natürliche Umwelt, die ihn hervorgebracht hat, nur noch als Ressource für die Bedürfnisse des Menschengeschlechts zu betrachten bedeutet ein Verkürzung von etwas, das nur einen Selbstzweck hatte auf einen Zweck, der von Menschen bestimmt ist, dessen Zweck sogar oft nur von einzelnen Exemplaren des Menschengeschlechts festgelegt wurde.

    Die Verabschiedung von der Natur ist zwar Tatsache, aber die Meisten sind sich nicht der Herausforderungen bewusst, die das mit sich bringt. Der beabsichtige oder unbeabsichtige Transport von Organismen über den ganzen Globus ist nur ein Beispiel von vielen, die zeigen, dass der Mensch tiefgreifend in natürliche Mechanismen eingreift ohne sich der Gefahren und Probleme bewusst zu sein, die das mit sich bringt. Hier zwei Beispiele dazu:
    – Das Ausschalten der natürlichen Selektion für die menschliche Fortpflanzung erzwingt (früher oder später) die Einführung bewusster Selektion. In primitiven Formen existiert schon die Selbstselektion des Nachwuches durch die späteren Eltern. Sie hat dazu geführt, dass es in China deutliche mehr männlichen als weiblichen Nachwuchs gibt, weil weibliche Föten viel häufiger abetrieben werden. Für komplexere Formen der Selbstselektion oder für “Reparaturen” des Nachwuchses sind die “Laien” auf Fachleute angewiesen, was die Gefahr einer sozialen oder staatlichen Selektion erhöht
    – Der Zeitmasstab des Menschen ist die Länge des menschlichen Lebens, seine Eingriffe in die Natur sind deshalb ebenfalls an diesem Zeitmasstab orientiert. Doch es gab in der Biologie/Ökologie viel längere Zeiträume.
    – Der moderne Mensch defniert sich vor allem über sein Gehirn. Nachbildungen des Gehirns oder vom Menschen geschaffene Kreaturen oder Maschinen, die ihm intellektuell überlegen sind und einen Eigenwillen entwickeln können ihm nicht nur nutzen, sonder ihm auch gefährlich werden.

    Irreversible Handlungen sollte der Mensch was seine natürliche Umwelt betrifft tendenziell vermeiden. Auch die Selbstauslöschung könnte aus einer irreversibel ablaufenden Handlungskette resultieren. Einer Handlungskette, deren innere Logik und fatale Konsequenz nicht durchschaut wurde.

    Die natürlich entstandenen Systeme sind um vieles stabiler und funktionstüchtiger als alles was der Mensch sich ausgedacht hat. Vieles was unser Leben bestimmt, versteht kaum jemand. Sogar solch scheinbar einfachen Dinge wie das Wirtschaftssystem verstehen nicht einmal die Spezialisten, die sich damit professionell beschäftigen.
    Der Natur als System kann man jedoch mehr trauen als dem, was der Mensch geschaffen hat, denn sie existiert schon sehr viel länger. Es könnte sich als weise erweisen, sie nicht durch Menschenaktivitäten völlig durcheinander zu bringen.

  6. @Ludwig Trepl

    »Bei den fremden Krankheitserregern aber liegt die Ursache der besonderen Gefährlichkeit tatsächlich darin, daß sie aus anderen Gebieten kommen: Weil es keine längere gemeinsame biologische Entwicklung gab,…«

    Das gilt aber doch für fremde Pflanzen und Tiere gleichermaßen und ist deshalb auch das Argument der Naturschützer: Eben weil es keine „längere gemeinsame biologische Entwicklung gab“, besteht das Risiko, dass sich Ökosysteme — zu unseren Ungunsten – verändern (sterben können sie ja nicht).

  7. @ Martin Holzherr

    Was heißt „Es geht nicht“ „um die ‚Verwendung heimischer Bäume und Sträucher’ , sondern um Biologie“? Ihnen geht es nicht um die Verwendung heimischer Bäume usw., aber den Naturschützern, die primär die (bzw. das Bild der) Heimat schützen wollen, geht es eben darum. Sie wollen vermutlich sagen, daß es Wichtigeres gibt. Dann sollten Sie das ihnen gegenüber begründen, „es geht nicht“ ist kein Argument, es bedeutet nur, daß Sie anderer Meinung als die sind. Und wenn Sie es begründet haben, heißt das noch lange nicht, daß das, was die wollen, nicht ebenfalls sinnvoll sein kann.

    „Einen grundsätzlichen Unterschied zwischen Viren, Mikroorganismen, Pilzen als Krankheitserregern und anderen Organismen sehe ich nicht.“

    Da haben Sie schon recht, aber das habe ich ja auch nicht behauptet, sondern nur über den Unterschied hinsichtlich des Ausmaßes der Gefährlichkeit (im Hinblick auf die Gesundheit in erster Linie) gesprochen, und da ist der Unterschied gewaltig. Meine Behauptung, “daß sich bei Mikroorganismen und Viren ein ganz anderes Bild ergibt als bei Tieren und Pflanzen” bezog sich – und jeder, der lesen kann, kann das verstehen – darauf, daß immerzu von gefährlichen Pflanzen (in Mitteleuropa!) geredet wird, daß deren Gefährlichkeit im Vergleich zu der von Mikrorganismen aber einfach vernachlässigbar ist. – Die Details über die invasiven Pflanzen usw. müssen Sie mir nicht mitteilen; ich war über lange Zeit einer der wenigen Experten, die es für solche Fragen gab, und ein bißchen weiß ich schon noch, auch wenn ich aus dem Geschäft weitgehend raus bin.

    „Für Krankheitserreger ist das Immunsystem zuständig, für die natürliche Bekämpfung einer Invasion von fremden Insekten, Wirbeltieren oder Pflanzen sind die Organismen zuständig, deren Rolle die fremden Wirbeltieren übernehmen oder gefährden.“

    Bezogen auf das Immunsystem kann man in der Tat, ohne die Metapher unzulässig zu überdehnen, von „zuständig“ reden, aber daß in einem Ökosystem irgendwelche Organismen „zuständig“ sind, ist einfach Unsinn, auch wenn es Organismen des Ökosystems sind, die diese Invasionen „bekämpfen“. Und daß die „Bekämpfer“ diejenigen sind „deren Rolle die fremden Wirbeltieren [Arten soll das wohl heißen] übernehmen oder gefährden, ist nicht richt richtig, auch wenn unter denen, die die Invasion erschweren, solche sind, deren „Rolle“ die Invasoren zu übernehmen tendieren in dem Sinne, daß sie die gleichen begrenzten Ressourcen nutzen, denn hier kommt es zu Konkurrenz, und das behindert den Invasionsprozeß. Aber wenn die Gefährdung der “Rolle” in etwas anderem besteht, z. B. darin, daß die jeweiligen heimischen Arten selbst Ressourcen sind, dann „bekämpfen“ die heimischen Arten die Invasoren nicht.

  8. @Trepl: NichtGartenzwerge,Biologie

    Es geht nicht um die „Verwendung heimischer Bäume und Sträucher“ , sondern um Biologie, wobei wir es hier mit einem System von zusammenlebenden Organismen in labilen Gleichgewichten zu tun haben.
    Einen grundsätzlichen Unterschied zwischen Viren, Mikroorganismen, Pilzen als Krankheiteserregern und anderen Organismen sehe ich nicht. Für Krankheitserreger ist das Immmunsystem zuständig, für die natürliche Bekämpfung einer Invasion von fremden Insekten, Wirbeltieren oder Pflanzen sind die Organismen zuständig, deren Rolle die fremden Wirbeltieren übernehmen oder gefährden.

    Bei den invasiven Organismen gibt es besonders viele Pflanzen und Insekten, was schon einmal ihre Behauptung ” daß sich bei Mikroorganismen und Viren ein ganz anderes Bild ergibt als bei Tieren und Pflanzen” in Frage stellt.

    Gewisse Leute unterscheiden übrigens zwischen Neobiota (Neozooen, Neophyten,Neomyceten), also “Neu”-Organismen und invasiven Arten.
    Im Bundesamt-für-Umwelt-Artikel Invasive Pflanzen liest man dazu: “Von den rund 10%-Neophyten-Arten unserer Flora gilt nur jede zehnte als invasiv. Diese können aber grosse Schäden verursachen. Ihre Ausbreitung ist also zu stoppen.”
    Die entsprechende “schwarze Liste” umfasst 20 Pflanzen in der Schweiz. Eine schwarze Liste für Tiere gibt es (wohl aus ethischen Gründen) in der Schweiz nicht, dafür Informationsbroschüren zu Einzelarten wie den asiatischen Laubholzbockkäfer

    Hier ein paar herausstechende Beispiele von Insekten als Invasoren:
    Rhynchophorus ferrugineus (Rüsselkäfer) ist DER Palmenkiller. Dieser Käfer kam ursprünglich aus Südostasien und wurde über importierte Palmen in den Mittelmehrraum gebracht.
    Wanderheuschrecken
    Japankäfer
    Der Schwammspinner

    Nicht selten übrigens werden mit Neophyten und Neozoon auch invasive Insekten mitimportiert.

    Hier eine Site, die invasive Pflanzen aus Nordamerika auflistet und beschreibt.

    Die Liste der 100 schlimmsten invasiven Organismen zeigt das Ausmass des Problems.

  9. @ Martin Holzherr

    „Wegfallende geographische Barrieren für die Ausbreitung von Arten, die anderswo heimisch sind kann man psychologisch/anthropozentrisch sehen und damit in die Nähe von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit bringen. Es fragt sich aber ob das die richtige, angemessene Sicht ist.(Angemessen ist wohl eher eine Systemsicht.“

    „Angemessen“ ist sinnlos ohne den Zusatz „für was“. Wenn es um die Frage geht, wie es sich erklärt, daß die allermeisten Naturschützer und Landschaftsplaner immerzu für die „Verwendung heimischer Bäume und Sträucher“ plädieren und für die Bekämpfung fremder Pflanzen sind, dann ist das, was Sie anschließend an biologischen Argumenten bringen, unangemessen: Es geht an der Frage vorbei. Man muß nach kulturellen und weltanschaulichen Mustern des Denkens fragen. Ob eines davon und wenn ja, welches, das ist, das man sich zu eigen machen sollte, läßt sich mit den biologischen Argumenten (“Systemsicht” nennen Sie das aus mir unerfindlichen Gründen) nicht herausfinden.

    Wenn es dagegen um die Frage geht, was die größte Gefahr ist, die von biologischen Invasionen ausgeht, dann treffen Sie m. E. genau den wichtigsten Punkt. In Naturschutzkreisen versucht man immerzu nachzuweisen, daß die Neophyten und Neozooen überaus schädlich sind, aber das läßt sich nur für ozeanischer Inseln und einige überseeische Gebiete plausibel machen (und nur für einige dieser Arten), nicht für Europa, insbesondere nicht für Mitteleuropa. Die wahre Motivation für die Bekämpfung der fremden Arten hier bei uns – Schutz (des Bildes) der Heimat vor Fremdem schlechthin – kann man nicht begründen, weil einem die nötige Kompetenz auf nicht-naturwissenschaftlichen Gebieten fehlt, oder man traut es sich politisch nicht, und darum greift man zu untauglichen ökologischen Argumenten.

    Dabei übersieht man, daß sich bei Mikroorganismen und Viren ein ganz anderes Bild ergibt als bei Tieren und Pflanzen. Das bei weitem eindrücklichste Beispiel sind die „biologischen Invasionen“ durch Krankheitserreger, die den „Entdeckern“ Amerikas folgten. Es gab innerhalb kürzester Zeit Abermillionen von Toten – wohl die größte ökologische Katastrophe in der Geschichte der Menschheit.

    Und hier lag die Ursache auch tatsächlich in der Fremdheit . Bei den so gern herangezogenen Beispielen wie Heracleum mantegazzianum, wohl auch Ambrosia artimisiifolia hat dagegen der Schaden mit der Fremdheit gar nichts zu tun – das könnten entsprechend ausgestattete einheimische Arten auch. Bei den fremden Krankheitserregern aber liegt die Ursache der besonderen Gefährlichkeit tatsächlich darin, daß sie aus anderen Gebieten kommen: Weil es keine längere gemeinsame biologische Entwicklung gab, konnte die amerikanischen Bevölkerung anders als die der „alten Welt“ keine Immunität ausbilden.

  10. Damit wäre

    … ja der Dissens solid bestimmt, wenn Sie möchten, dann berichten Sie vielleicht noch kurz wie diese Reichholfsche Vortragsweise international ankommt – oder ob es sich um einen eher regionalen Disput handelt.

    MFG
    Dr. W

  11. @ Dr. W.

    Die Zuschreibung, die Reichholf da macht (zur NS-Ideologie), finde ich falsch, aber nicht, wie Sie, bösartig, sondern einfach ziemlich üblich. Denn zwischen Konservativismus (und allerlei ihm Zugehörigem: Heimatkult, Traditions- und Autoritätsgläubigkeit …) und NS-Ideologie sah man im mainstream Deutschlands jahrzehntelang nur einen graduellen Unterschied (in der Radikalität), keinen strukturellen. Reichholf spricht da nur nach, was man so denkt.

    Sie scheinen (ihre Ausführungen kommen mir da leider etwas dunkel vor) zu meinen, die Einsortierung des Denkens, das Reichholf repräsentiert, sein nicht liberal, sondern links (antiimperialistisch, kollektivistisch, anarchistisch…). Das halte ich für falsch. Zwar würden wohl die meisten Anhänger dieser Richtungen (soweit sie nicht, wie so viele, im Grunde ihres Herzens eher konservativ sind) der Reichholf-Position zustimmen, aber der Strukturkern dieser Position ist eher liberal als allgemein-progressiv oder gar jenen demokratischen-sozialistischen Versionen des Progressismus zuzuordnen, den Sie meinen; das kann man in der von mir zitierten Literatur nachlesen.

    Wenn Sie schreiben: „…kennt der Liberale doch die Notwendigkeit einer bestimmten Struktur der Gesellschaft, die Grenzen haben muss, um ihre Bestimmtheit oder Besonderheit waren zu können“, so stimmt das einfach nicht. Der Liberalismus ist an der Bestimmtheit und Besonderheit der Gesellschaft überhaupt nicht interessiert, im Gegenteil. Die Idee von der „Notwendigkeit einer bestimmten Struktur der Gesellschaft“ beschränkt sich auf das, was zur Sicherung des freien Einzelnen erforderlich ist. Versteht man unter ihrem Satz etwas mehr (insbesondere eine Ausrichtung der staatlichen Ordnung aufs Gemeinwohl), dann wäre das eher eine Charakterisierung sozialistischer Ideen als liberaler.

  12. Neuerungen

    Wenn etwas in diesem Denken Fremdes als Bedrohung gelten soll, muß das in jedem Fall eigens nachgewiesen werden, z. B. durch Aufweisen wirtschaftlicher Schädlichkeit.

    Ganz billig formuliert: Der Konservative betrachtet Neuerungen erst einmal mit Argwohn, der Progressive (oder: Revolutionäre) erst einmal mit Wohlwollen, der Liberale (wir erinnern uns: die Systeme und Philosophen der Europäischen Aufklärung) erst einmal abwägend i.p. möglicher Nutzen und Schaden.

    Irgendwie hat man hier billig auch das bekannte Links-Rechts-Schema angesiedelt, das Politische betreffend (auch wenn die Sitzordnungsgeschichte aus vielfältigen Gründen sich so nicht hätte persistieren sollen, korrekt!),

    MFG
    Dr. W

  13. @ Balanus @ Ano Nym

    „Das einwandernde oder eingeschleppte neue Fremde kann, wie die Erfahrung zeigt, eben beides sein, eine Bereicherung oder eine Bedrohung.“

    M. E. muß man da unterscheiden zwischen einer in einem bestimmten Sinne objektiven und in einem bestimmten Sinne subjektiven Bedrohung/Bereicherung.

    Mit „in bestimmtem Sinne objektiv“ meine ich, daß sie im Hinblick auf etwas eine Bedrohung ist, was bei allen Menschen gleich ist. Das betrifft gesundheitliche Beeinträchtigungen, wenigstens viele davon. Mit „in bestimmtem Sinne subjektiv“ meine ich, daß etwas von den einen als Bedrohung gesehen werden kann, von anderen nicht. Das kann individuell-zufällige Ursachen haben, meist sind sie aber kulturell-weltanschaulich, sozusagen paradigmenabhängig (in diesem Sinne also nicht einfach subjektiv). Im klassisch-konservativen Paradigma ist etwas allein aufgrund der Tatsache bedrohlich, daß es fremd ist (es sei denn, es integriert sich kulturell: Roßkastanie als Biergartenbaum), das Fremde ist also definitionsgemäß bedrohlich, egal was es tut. Dagegen tendiert das selbe Ereignis für jemanden, der dem liberalen Paradigma angehört, dazu, eine Bereicherung zu sein: man hat ja hier etwas übrig für Kosmopolitismus und für den Reiz des Exotischen. Wenn etwas in diesem Denken Fremdes als Bedrohung gelten soll, muß das in jedem Fall eigens nachgewiesen werden, z. B. durch Aufweisen wirtschaftlicher Schädlichkeit.

  14. @Trepl

    Was Reichholf da sagt, ist abwegig und – wie der Schreiber dieser Zeilen findet – in dem Sinne bösartig [1], dass so ganz anscheinend weitere Erörterung behindernd eine bestimmte, nämlich seine, Sicht durchgesetzt werden soll. – Wie kommt derartige Argumentation denn in der internationalen wissenschaftlichen Debatte an?

    Jetzt fragt man sich natürlich: Wie kann überhaupt derart vorgetragen werden, worauf stützt sich Reichholf ideologisch/politisch?

    Es gibt den Internationalismus, das “One World-Denken”, sogenannte Antiimperialisten, Kollektivisten, aber auch Anarchisten (Anarcho-Kapitalisten) pflegen diesen. Beliebt ist er zudem unter bestimmten Ökologisten, die dieses Denken aber oft eher dem Gefühl zu schulden scheinen und die nach hiesiger Kenntnis nicht besonders tief ideologisieren.

    Dem Liberalismus wäre dieses Denken nicht zuzuordnen, kennt der Liberale doch die Notwendigkeit einer bestimmten Struktur der Gesellschaft, die Grenzen haben muss, um ihre Bestimmtheit oder Besonderheit waren zu können.

    MFG
    Dr. W

    [1] aber wohl nicht ganz unüblich, der nichtdeutsche Schreiber dieser Zeilen hatte selbst bei Widerworten das “Vergnügen” vom hiesigen Religionswissenschaftler ähnlich bearbeitet zu werden – tabuisiert wird diese Bearbeitung aber meist schon

  15. Barrieren schützen

    Wegfallende geographische Barrieren für die Ausbreitung von Arten, die anderswo heimisch sind kann man psychologisch/anthropozentrisch sehen und damit in die Nähe von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit bringen. Es fragt sich aber ob das die richtige, angemessene Sicht ist.
    Angemessen ist wohl eher eine Systemsicht. Das Problem der wegfallenden Barrieren beobachtet man nämlich in sehr vielen Zusammenhängen. Das Internet ohne Firewalls und andere künstlich eingebauten Filter ist heute beispielsweise für jeden der sich ungeschützt anschliesst brandgefährlich. Infektionskrankheiten können sich wegen der internationalen Reisetätigkeit in sehr kurzer Zeit um den ganzen Globus verbreiten. Und das tun sie auch, wofür es bereits dutzende von schwerwiegenden Ereignissen gibt. Aids beispielsweise hat sich von Afrika innnert kurzer Zeit über den ganzen Globus verbreitet. Gerade Aids ist ein sehr gutes Beispiel für die menschlich/allzumenschlichen Interpretationsversuche und Vorurteile. So galt es im Westen langezeit als Schwulenseuche. Dabei hat Aids mit Homosexualität nur insoweit etwas zu tun als in diesen Kreisen die Promiskuität sehr viel höher ist. Die eigentliche Ursache für das schnelle weltweite Ausbereiten auch von vielen Viren- und anderen Infektionskrankheiten und die stark erhöhte Gefahr von Pandemien heutzutage ist das Wegfallen von Barrieren. Die hohe Reisetätigkeit, charakterisiert dadurch, dass sich zu jedem beliebigen Zeitpunkt hundertausende von Menschen auf einem Interkontinentalflug befinden, bildet geradezu ideale Bedingungen für das schnelle Ausbreiten von ganz gewöhnlichen, trivialen Grippeerkrankungen aber auch von menschheitsbedrohenden Pandemien.
    Genau gleich ist es mit der Verbretitung von Arten aus anderen Lebensräumen. Auch da bemerken wir die harmlosen Fälle meist gar nicht und nicht einmal spezialisierte Biologen kennen alle Arten, die in den letzten paar Jahren nach Europa, Nordamerika oder einen anderen Erdteil vorgedrungen sind. Wir bemerken nur die lästigen oder gefährlichen Invasoren, also beispielsweise die höchst allergene Ambrosia artemisiifolia.

    Man hört zwar viel über invasive Arten, aber dennoch wissen nur wenige, welche Gefahren mit einigen von ihnen verbunden sind. So haben sich beispielsweise Pilzerkrankungen in den letzten Jahrzehnten massiv verbreitet. Ein wichtiger Grund liegt darin, dass sich Pilzerkrankungen über Artengrenzen hinaus verbreiten können, weil das Immunsystem der Wirbeltiere nur unspezifisch auf viele Pilzerkrankungen reagiert. Darüber hat kürzlich Scientific American unter dem Titel Invasive Fungi Wreak Havoc on Species Worldwide berichtet. Dazu liest man:
    ” [ProMED and HealthMap] findings revealed that fungi and funguslike pathogens (oomycetes) account for 65 percent of the pathogen-driven species loss in the past half century”
    Gegenwärtig gibt es ein weltweites Amphibiensterben mitverursacht durch “Batrachochytrium dendrobatidis, commonly known as chytrid. Originally reported in 1997, chytridiomycosis has infected more than 500 species of frogs and salamanders on all continents where amphibians are found, and launched half of all amphibian species into evolutionary decline”

    Entscheidend ist also die richtige, angemessene Sicht des Phänomens der invasiven Arten. Richtig ist wie oben erwähnt, dass es die Verbreitung von Arten über ihre angestammten Lebensräume hinweg schon so lange gibt wie es interkontinentale Reisen gibt, also bereits seit Kolumbus. Doch die Geschwindigkeit der Vermischung hat enorm zugenommen. Diesem Problem zu begegnen ist nicht einfach. Trotzdem ist es in vielen Fällen nötig gegen bestimmte invasive Arten vorzugehen, genauso wie wir uns gegen Pandemien beim Menschen vorbereiten müssen.

  16. Heimisch vs. fremd

    Das einwandernde oder eingeschleppte neue Fremde kann, wie die Erfahrung zeigt, eben beides sein, eine Bereicherung oder eine Bedrohung. Nicht für die „Natur“, sondern für den Menschen (Ökonomie, Gesundheit).

    Offenbar gibt es da zwei konträre Grundhaltungen dem Neuen, Fremden gegenüber, wie das Streitgespräch zwischen Reichholf und Disko exemplarisch zeigt, wobei es in Einzelfällen aber auch Übereinstimmung zu geben scheint.

    So dürfte die aktuell festgestellte Ausbreitung der asiatischen Buschmücke (Aedes japonicus) im heimischen Raum von den meisten eher skeptisch gesehen werden. Denn wem soll das schon nutzen? (Außer der Mücke selbst…)

  17. Dr. W.

    Ich halte die Behauptung von J. Reichholf, daß die Haltung der Feinde der fremden Arten die “ideologische Fortsetzung der Denkweise im Dritten Reich” (Spiegel) sei, nicht für richtig. Es ist zwar sicher richtig, daß sich in der Ablehnung der fremden Tier- und Pflanzenarten eben die Struktur des Denkens zeigt, die auch der Ablehnung fremder Menschen zugrunde liegt, nämlich eine Ablehnung des Fremden überhaupt, egal was da fremd ist (darum finde ich auch die Erklärung als Projektion etwas problematisch). Aber das ist nichts spezifisch nationalsozialistisches (ich habe ungefähr dazu schon mal einen Blog-Artikel geschrieben: https://scilogs.spektrum.de/…-blut-und-boden-ideologie).

    Es ist vielmehr ein Element klassisch-konservativen Denkens, das sich auch in der NS-Ideologie findet, aber eben nicht nur dort. Man kann darum jemanden, der fordert, die weitere Ausbreitung von Impatiens glandulifera in Europa zu verhindern, nicht verstecktes nationalsozialistisches Denken oder vielleicht ihm selbst unbewußte Denkstrukturen dieser Art vorwerfen. Es ist ein klassisch-konservatives Motiv, das hier am Werk ist.

    Die Haltung Reichholfs dagegen verdankt sich dagegen einer typisch liberalen Weltsicht. Das sieht man nicht nur an seiner Offenheit gegen Fremdes, sondern auch an seiner Haltung zur Urbanität, die in seinem Fach zum Ausdruck kommt als Begeisterung für die Städte als Lebensraum für Tiere und Pflanzen; er betont immer wieder, daß sie viel artenreicher sind als die Agrarlandschaft.

  18. @Trepl

    Aja, aus Ihrer Quelle:

    SPIEGEL: Sie sehen in der Diskussion auch ideologische Motive?
    Reichholf: Die scharfe Trennung von heimisch und fremd ist die ideologische Fortsetzung der Denkweise im Dritten Reich. Herr Disko operiert mit Begriffen, die einem Jargon entstammen, den gerade wir Wissenschaftler unter allen Umständen vermeiden sollten. Es wäre fatal, unter dem Deckmantel der Ökologie Fremdenfeindlichkeit zu schüren. Als Deutsche sollten wir da besondere Sensibilität zeigen.

    Ein Schlag aus dem Nichts sozusagen, wenn man den gesamten Disput betrachtet, womöglich ein Tiefschlag. – Für den Schreiber dieser Zeilen sind Feststellungen oder Aussagen zu einem Sachverhalt oder zu einer Sache immer zuerst Feststellungen oder Aussagen einer Person(enmenge) zu einem Sachverhalt oder zu einer Sache, korrekt.

    OK, es kann (hier) nun besser gefolgt werden, danke.

    MFG
    Dr. W

  19. Dr. W.

    “‘(…) der Haß auf fremde Menschen wesentlich ist, was dann auf die Tiere und Pflanzen projiziert wird. … ‘ – derartige Positionen konnten bisher nicht gefunden werden.

    Meinen Sie, daß Sie solche Positionen bisher nicht gefunden haben? Im Netz häufen sie sich an manchen Stellen, in Kommentaren vor allem. Die prominenteste Stelle ist dieses Spiegel-Streitgespräch zwischen einem Feind der fremden Arten und Reichholf:

    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-8590911.html

  20. Hier

    muss man jedenfalls belegend ran: ‘(…) der Haß auf fremde Menschen wesentlich ist, was dann auf die Tiere und Pflanzen projiziert wird. Die meisten derartigen Stellungnahmen, so mein Eindruck, sind mit dem Namen Reichholf[4] verbunden (…)’ – derartige Positionen konnten bisher nicht gefunden werden und wenn der Religionsfroscher hier – wie auch immer, irgendwie & sowieso – zustimmt, muss das auch nichts Gutes bedeuten.

  21. Danke

    Lieben Dank für den Blogpost und vor allem den verlinkten Vortrag! Beide las ich mit Interesse, obwohl mir ja sonst nicht-empirische Abhandlungen zu wissenschaftlichen Poisitionen oft wirklichkeitsfremd und destruktiv erscheinen. Diese hier hatten aber m.E. interessante Substanz.

  22. OK, ich hab´s offensichtlich falsch verstanden. Ist wohl genau umgekehrt. Danke für den Link.

  23. Reichholf

    … politisiert Unterstellungen bemühend entsprechend, eine gewisse Gefolgschaft auf seiner Seite wissend und selbst natürlich rein:
    http://www.spiegel.de/…eichgewicht-a-551723.html

    Hier will Herr Trepl womöglich irgendwie ran ohne direkt politisch zu werden.

    HTH
    Dr. W

  24. Reichholf

    “… der der Haß auf fremde Menschen wesentlich ist, was dann auf die Tiere und Pflanzen projiziert wird. Die meisten derartigen Stellungnahmen, so mein Eindruck, sind mit dem Namen Reichholf[4] verbunden,”
    Können Sie das mal näher erklären? Soll das heißen, dass Reichholf Hass auf fremde Menschen hat? Oder verstehe ich das komplett falsch?

  25. Ihrem Text

    … konnte hier gefolgt werden.

    Es wäre gut, diese Texte gelesen zu haben, bevor man sich hier in die Diskussion stürzt.

    Leider nicht mit einem angemessen erscheinenden Aufwand den von Ihnen empfohlenen beiden Texten.
    Es finden sich dort zuviel Fachvokabular und Referenzen, die zudem einen zyklischen Eindruck machen.

    Ist das schlimm? Kann alternativ das politische Element auf das Sie hinauszuwollen scheinen irgendwie vorbereitet werden?

    MFG
    Dr. W