Sollen wir uns das Reisen nicht vermiesen lassen?

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„Lasst euch das Reisen nicht vermiesen! Billig fliegen ist eine der großen sozialen Errungenschaften des 20. Jahrhunderts“

Unter dieser Überschrift schreibt Michael Miersch[1] – das ist der von Maxeiner und Miersch, Lexikon der Öko-Irrtümer, also einer der beiden wohl bekanntesten deutschen Ökologismus-Kritiker – folgendes:

„Gerade einmal 21 Jahre ist es her, da wurde Menschen in Deutschland erschossen, wenn sie sich nicht damit begnügten, ihr Leben sesshaft zu verbringen. DDR-Bürger durften in den Sommerferien an die Ostsee, in den Thüringer Wald oder an den Plattensee fahren. Der Rest der Welt blieb ihnen versperrt. Lediglich für ein paar Privilegierte war die Auswahl ein bisschen größer. Erst mit der friedlichen Revolution setzten die Bürger ihre Reisefreiheit durch, die für die geistige Entwicklung eines Menschen mindestens ebenso bedeutend ist, wie Informations- und Redefreiheit.“[2]

Mindestens ebenso bedeutend? Nun weiß ich endlich, warum ich geistig so zurückgeblieben bin. Ich war etwa 20 Jahre alt, meine geistige Entwicklung also weitgehend abgeschlossen, als ich meine erste Reise machte, von ein paar Schulausflügen innerhalb der bayerischen Landesgrenzen abgesehen. Kant kam bekanntlich nicht über die nähere Umgebung von Königsberg hinaus. Viel ist ja in geistiger Hinsicht aus ihm auch nicht geworden. Und ich weiß, warum drei Viertel der Menschheit uns geistig so weit hinterher sind, denn verreisen können die eben so wenig wie meine Großmutter, es ist für sie zu teuer. So erklärt sich das also, nicht so, wie Sarrazin meint. Aber lassen wir das und wenden uns einigen Argumenten des Autors zu.

 

„Es folgte“, schreibt er im Anschluß an eine Skizze der typischen Kritik am Massentourismus durch die besseren Kreise, die mit diesem einsetzte, „ein ökologischer Rüffel. Der hauptberufliche Tourismuskritiker Jost Krippendorf und seine zahlreichen Epigonen geißelten die Reisenden als ‚Landschaftsfresser’. Ein Vorwurf, der bis heute immer wieder erhoben wird, doch sachlich falsch ist, da selbst ein überlaufenes Skigebiet weniger Bergwald kostet als die Almwirtschaft früherer Zeiten.“

Man sieht: Unter den führenden deutschen Ökologismuskritikern denkt man selber ökologistisch. Unter „Landschaft“ stellt Miersch sich ein physisches Ding vor, als ein ökologisches System aufgefaßt. Wenn sich an dem etwas so verändert, daß es in eine, ökologisch gesehen, andere Klasse von Objekten fällt, z. B. in der vegetationskundlichen Systematik nicht mehr ein Bergwald ist, sondern eine Hochgebirgsweide, dann ist die Landschaft zerstört, glaubt er. Zu der Landschaft aber, der diejenigen nachtrauern, die das im Übrigen unsägliche Wort Landschaftsfresser erfunden haben, gehören jedoch in der Regel die Almen einschließlich der Bauern und der Sennerinnen und der Kühe, denen sie, die Almen, sich verdanken. Landschaft gibt es nicht außer für diejenigen, die sie sich in ihrer Seele malen, wenn sie die Gegend betrachten (siehe „Die Idee der Landschaft“). Darum kann die Wiederbewaldung genauso eine Landschaftszerstörung sein wie die Entwaldung: Beides kann einem zum Anfertigen eines Gemäldes bestimmter Art geeignet erscheinen oder auch nicht. Aber das ist für einen vom Ökologismus verdorbenen Kopf wohl nicht zu verstehen.

 

„Auf manchen der bisher 19 großen Weltklimakonferenzen reisten bis zu 40 000 Klimaretter mit dem Flugzeug an.“ Dieser Satz ist fies und dumm, und wenn nicht dumm, dann demagogisch. Er hat diese Form: Der Arzt behauptet, die Wunde heilen zu wollen, und dabei macht er doch, wenn er sie näht, mit seiner Nadel selber Löcher. „Jeder Deutschen sollte nur noch alle fünf Jahre ein Ticket kaufen dürfen. Peinlicherweise kam heraus, dass Frau Saibold selbst, als Vorsitzende des Tourismus-Ausschusses munter durch die Welt reiste, unter anderem auf die Malediven, um dort ‚Auswirkungen des Massentourismus’ zu studieren.“[3] Vielleicht wollte Frau Saibold ja wirklich nur mal auf den Malediven Urlaub machen, und vielleicht ist es völlig unnötig, die Auswirkungen des Massentourismus dort zu studieren, weil man sie auch so hinreichend gut kennen kann. Aber die Logik ist wieder die des Wundarzt-Arguments.

 

„Touristen sind die beste Versicherung für den Schutz von Wildtieren, Wäldern und Savannen.“ „Längst ist der Nachweis erbracht, dass viele schöne Naturlandschaften der Erde nur deswegen nicht in Ackerland, Plantagen oder Viehweiden umgewandelt werden, weil zahlende Touristen sie sehen wollen. ‚Der Schutz der biologischen Vielfalt’, stellte die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit bereits in den 90er Jahren fest, ‚wäre ohne die Einnahmen aus dem Fremdenverkehr nicht zu finanzieren.’“

„Schöne Naturlandschaften“ sind solche, die den Touristen gefallen und dies nicht zuletzt, weil sie ihnen natürlich vorkommen. Als  schöne Naturlandschaften kommen sie ihnen nicht nur deshalb vor, weil es da noch wilde Tiere gibt, sondern auch, weil es wilde Menschen gibt. Das ist ein sehr relativer Begriff. Es können Indianer sein, aber auch Beduinen oder Tiroler. Wenn die aber nicht mehr als Jäger, Kamelzüchter und Holzfäller leben, sondern als Kellner oder Busfahrer ihren Unterhalt verdienen, dann ist die schöne Naturlandschaft keine schöne Naturlandschaft mehr. Die gleiche Wirkung haben Grizzlybären, die sich durch Betteln ernähren. Daß die physischen Dinge in der Gegend noch sind wie sie immer waren, weil sie wegen der Touristen so belassen werden, es also immer noch zahlreiche geborene Tiroler und Grizzlybären gibt, hilft da gar nichts: Zwar nicht die Natur, aber doch die Landschaft wird durch den Tourismus zerstört. In einer Naturlandschaft betteln Bären nicht. Darum ziehen die Touristen weiter. Der Tourismus ist maßlos. Was immer er berührt – er zerstört unausweichlich das an der Gegend, was ihn dort hinzieht. Enzensberger hat diesen Mechanismus vor vielen Jahren schön beschrieben.[4]

Bei der Behauptung, „der Schutz der biologischen Vielfalt“ sei „ohne die Einnahmen aus dem Fremdenverkehr nicht zu finanzieren“, handelt es sich um einen etwas anderen Fall. Mit „Biologische Vielfalt“ sind ja in der Regel Artenzahlen gemeint, das ist, anders als „Landschaft“, ein objektiver, d. h. betrachterunabhängiger Sachverhalt und hat mit kulturell bedingten Vorlieben nichts zu tun (wohl aber hat die Wertschätzung der hohen Artenzahlen damit zu tun).[5] Die Arten sind, wenn sie ausgerottet sind, objektiv verschwunden, nicht nur für manche Betrachter.

Ihre Erhaltung ist unter den gegenwärtigen gesellschaftlichen und ökonomischen Verhältnissen in der Tat sehr oft ohne die Einnahmen aus dem Fremdenverkehr nicht zu finanzieren, aber eben nur unter diesen Verhältnissen. In den sozialistischen Staaten wurde diese Art von Naturschutz anders finanziert; die Ergebnisse waren im allgemeinen nicht schlechter. Das Argument von Miersch hat also die Qualität der bekannten Autofahrer- bzw. Autoindustrie-Weisheit: Auf dem Land kommt man ohne Auto nicht aus, denn bei den weiten Wegen kann man zu Fuß nicht einkaufen. Also ist das Auto notwendig. Das ist aber nur deshalb so, weil es Autos gibt; nur deshalb kann man im Dorf nicht mehr einkaufen. – Den Tourismus braucht man zur Finanzierung der Zerstörungen, die es ohne das System, dem der Tourismus zugehört, nicht gäbe. Damit sage ich nicht – das würde unser Autor wohl sofort vorbringen –, daß man die Gesellschaftssysteme, die von diesem System zerstört werden, diesem vorziehen sollte, so wenig wie ich sage, daß man die Sowjetunion wiederherstellen sollte, weil sie auch ohne Einnahmen aus dem Fremdenverkehr den Sibirischen Tiger einigermaßen geschützt hat. Ich sage nur, daß das Argument des Herrn Miersch nicht aufgeht.

 

Neuerdings aber, so unser Autor weiter, redet man weniger von der biologischen Vielfalt. Vielmehr „wird vornehmlich mit der Klimarettung argumentiert. Die Reiselustigen sollen im Lande bleiben, weil Flugzeuge Kohlendioxid ausstoßen.“ Dagegen fällt ihm kein Argument ein, außer daß die Flugtourismuskritiker selber fliegen, was zwar ein Argument gegen die Flugtourismuskritiker ist, aber selbstverständlich nicht gegen ihre Argumente. Ich weiß nicht, ob der Kohlendioxidausstoß der Flugzeuge im Hinblick auf den Klimawandel relevant ist. Aber ich habe den Lärm in einer Einflugschneise gehört. Es ist dort so laut, daß man sich über viele Stunden hintereinander im Freien nur noch schreiend unterhalten kann. Und ich bin oft in einer Gegend, in der über viele Tage im Jahr der Himmel bewölkt wirkt, obwohl keine einzige Wolke am Himmel steht. Es sind ausschließlich in die Breite gegangene Kondensstreifen, die diesen Eindruck erzeugen. Wenn man es einmal gesehen hat, sieht man es ständig. Ich sehe es ständig. Auch wenn also für die geistige Entwicklung von Herrn Miersch die Flugreisefreiheit mindestens ebenso bedeutend ist wie die Informations- und Redefreiheit: Mir ist die Ruhe und der blaue Himmel für meine seelische Entwicklung halt noch wichtiger.

 

„Wenn in früheren Zeiten irgendwo Hunderte von Fremden an Land gingen, wollten sie nicht Fotografieren und Souvenirs kaufen sondern plündern und ausbeuten. Selbst die häufig idealisierten Naturvölker gingen mit der Natur weitaus ruppiger um als heutige Vergnügungsreisende. Sie hatten keine Skrupel Wälder abzubrennen oder Wildtiere bis zum letzten Exemplar zu jagen. Historisch betrachtet sind Touristen die harmlosesten Menschen, die sich je anschickten, fremde Länder zu erkunden.“

Ja, vielleicht; verglichen mit plündernden Wikingern sicher. Aber weil die Pest schlimmer ist als die Grippe, muß man doch nicht gleich den Ruf ausstoßen: „Lasst euch die Grippe nicht vermiesen!“


[1] Das ist der von Maxeiner und Miersch, Lexikon der Öko-Irrtümer.

[2] Erschienen in WELT AM SONNTAG am 11. Juli 2010 (zitiert nach http://www.maxeiner-miersch.de/lasst-euch-das-reisen-nicht-vermiesen.htm); Tippfehler im Original.

[3] Komma- und sonstige Fehler im Original.

[4] Enzensberger, Hans-Magnus (1964): Eine Theorie des Tourismus. In: Ders. (Hrsg.): Einzelheiten I, Bewußtseins-Industrie. Frankfurt am Main: 179-205.

[5] Etwas komplizierter wird die Sache dadurch, daß „Art“ in der Biologie auf unterschiedliche Weise gebraucht wird; s. dazu z. B. die Kommentare in Biologismus Rassismus Ökologismus.

 

Blogbeiträge und andere Texte im Internet mit Bezug zum Thema: 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9

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Ich habe von 1969-1973 an der Ludwig-Maximilians-Universität München und der FU Berlin Biologie studiert. Von 1994 bis zu meiner Emeritierung im Jahre 2011 war ich Inhaber des Lehrstuhls für Landschaftsökologie der Technischen Universität München. Nach meinem Studium war ich zehn Jahre lang ausschließlich in der empirischen Forschung (Geobotanik, Vegetationsökologie) tätig, dann habe ich mich vor allem mit Theorie und Geschichte der Ökologie befaßt, aber auch – besonders im Zusammenhang mit der Ausbildung von Landschaftsplanern und Landschaftsarchitekten – mit der Idee der Landschaft. Ludwig Trepl

4 Kommentare

  1. Landschaft als austauschbaresMöbelstück?

    Billig fliegen und Massentourismus ist ja in diesem Beitrag nur der Aufhänger für Überlegungen zum Landschaftsbegriff und zur Frage was schützenswert ist.
    Für Maxeiner und Miersch sind naturnahe, möglichst unberührte Landschaften samt Originalinventar – Löwen in der Serengeti z.B. – schützenswert. Schützenswert sind aber auch historische Gebäude, alte Handwerkstechniken und Bräuche.
    Der Tourismus gibt diesem “Originalen” einen Wert, der ihm von den Einheimischen sonst nicht zugemessen würde und bewahrt dieses Ursprüngliche somit vor dem Vergessenwerden oder der Verdrängung und Umnutzung durch Landwirtschaft oder Industrie.
    Doch – wie Ludwig Trepl richtig anmerkt – gibt es auch Konfliktpotential: Ist nun die zur Einheimischenkultur gehörige Hochgebirgsweide oder der dort vorher wachsende Hochgebirgswald schützenswert?

    Meiner Ansicht nach sind solche Konflikte aber in den meisten Fällen einfach auflösbar. Die Ansicht von Ludwig Trepl Wiederbewaldung oder Entwaldung seien nur verschiedene Formen der Landschaftsgestaltung (Zitat: “Beides kann einem zum Anfertigen eines Gemäldes bestimmter Art geeignet erscheinen”) stimmt nur innerhalb bestimmter Grenzen. Sie stimmt eben nicht mehr, wenn Landschaften/Naturgebiete unwiderruflich zerstört werden. Deshalb wäre das Verschwinden der Serengeti ein wirklicher Verlust. Er würden dabei sehr wahrscheinlich auch viele Arten ausgelöscht werden und ab einem bestimmten Point of no Return wäre die Serengeti dann nur noch etwas Historisches, im günstigten Fall abgeheftet in dokumentierenden Folianten.
    Zudem sind Bräuche und historische Gebäude nicht auf die gleiche Stufe zu stellen wie Tierarten. Einfach weil 1) die damit verbundenen Zeiträume mehrere “Oktaven” auseinanderliegen und 2) ein anderes Eigentumrecht vorliegt, je nachdem ob wir es mit menschlichen Artefakten und Kulturäusserungen zu tun haben oder mit Kreaturen der Natur. Eine Sammlung von Dokumenten kann eine vergangene oder vergehende historische Ära und ihre Kultur adäquat “abbilden”, nicht aber ein bedrohtes, immer mehr schrumpfendes Naturreservat. Denn es gibt einen Unterschied zwischen echtem Ding und seiner Dokumentation. Das gilt sowohl für den kulturellen Bereich als auch für den natürlichen. Doch menschliche Kultur ist an und für sich sehr wandelbar und macht nur Sinn, wenn sie praktiziert wird. Natur dagegen führt ihre eigene vom Menschen unabhängige Existenz und ein paar asservierte Pflanzensamen zusammen mit anderem genetischen Material ist keine adäquate “Dokumentation” oder gar Konservierung dessen, was jetzt noch ist und bald einmal gewesen sein wird.

  2. soziale Errungenschaften

    “Billig fliegen ist eine der großen sozialen Errungenschaften des 20. Jahrhunderts“
    Hört, hört! Wie wohl zukünftige Historiker über so eine Aussage denken werden? Der Billigflieger auf gleicher Stufe mit Rentenversicherung, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Zugang zu medizinischen Leistungen, Bildung für alle, der Vierzigstundenwoche? Diese Errungenschaften sind mindestens so gefährdet wie die Billigflüge. Aber wer hört schon auf linke Miesmacher.

  3. Probleme der Fernreisen

    In diesem Beitrag werden zwei verschiedene Dinge vermengt: der Fernreisetourismus und das Problem des Fliegens.

    Massentourismus in weit entfernte, vielleicht auch kulturell ganz anders geprägte Gebiete hat viele Auswirkungen – und zwar vor allem auf die besuchten Gebiete, weit weniger auf die Touristen, für die in den meisten Fällen der Spruch “Reisen bildet” kaum zutrifft und selbst Claudius’ geflügelter Spruch “Wenn jemand eine Reise tut,
    so kann er was erzählen.”
    nicht eingelöst wird. Ob “Billig fliegen eine der großen sozialen Errungenschaften des 20. Jahrhunderts” darf inzwischen auch bezweifelt werden, denn eine Errungenschaft wird schon bald nicht mehr als Errungenschaft wahrgenommen, wenn das Errungene zur neuen Normalität wird.
    Damit wäre die Hauptwirkung des Fernreisetourismus der ökonomische und kulturelle Einfluss, den die reichen Besucher auf die besuchten Länder und Gegenden ausüben. Fernreisen gehören irgendwie zur Globalisierung, die zuerst einmal eine Globalisierung der Erwartungen und des Wissens ist. Die Besuchten erfahren mindestens so viel über die Besucher wie die Besucher über die Besuchten. Und da Fernreisende zuerst einmal genügend Geld für die Reise haben müssen, erfahren die Besuchten von einem Leben, das ihnen selber nicht vergönnt ist, denn sie könnten sich solche Reisen nicht erlauben. Und die Besucher sind ja meist nicht einmal Angehörige einer ganz anderen, sowieso nicht erreichbaren Klasse und Schicht, sondern oft einfach gestrickte, hundskommune Exemplare der Menschenrasse, die sich die Reise nur leisten können, weil sie Mitglieder einer reicheren Gesellschaft sind. Damit haben wir die Globalisierung der Erwartungen und des Wissens um eigene und andere Lebensumstände.

    Das Fliegen mit seinen Flugemissionen – Lärm und Verbrennungsprodukte – wiederum ist nur ein Mittel um schnell an einen entfernten Ort zu kommen. Man kann sich wie in meinem Vorkommentar schon ausgeführt, auch andere Reisemittel vorstellen.

    Wären Fernreisen noch viel billiger als heute und wäre die Reise von einem Punkt der Erde zu einem anderen die Angelegenheit von einigen dutzend Minuten anstatt von vielen Stunden, dann würde das die Welt noch weit mehr globalisieren, denn man könnte dann in Lissabon wohnen und in Zürich arbeiten – und viele würden das auch tun. Es ist schwierig sich auszumalen, was das insgesamt für Auswirkungen hätte. Ob unter solchen Umständen, Nationen noch die gleiche Bedeutung haben würden wie heute ist beispielsweise eine interessante Frage.

  4. Güterabwägung

    Der Fluglärm stört auch Flugbegeisterte und der Ausbau von Flughäfen stösst auch deshalb auf immer mehr Widerstand. Am liebsten hätten die meisten Fliegen ohne Lärm. Das weiss auch die Flugbranche und deshalb gibt es die Silent Aircraft Initiative. Für das Klima wird Fliegen vor allem wegen der Zunahme der Flüge weltweit, nämlich etwa 5% pro Jahr, gefährlich. Der CO2-Ausstoss von Flugzeugen muss zudem bis zu einem Faktor 3 multipliziert werden, um die Klimawirkung zu berechnen, weil ein Flugzeug auch die Wolkenbildung beeinflusst und nicht nur CO2-emittiert wird, sondern weitere Schadstoffe, die zudem lange in der Höhe (Flughöhe) in der sie emittiert werden, verharren.

    Doch eine wichtige Fehlannahme, die Maxeiner und Miersch machen, hat es sogar bis in den Titel dieses Beitrags geschafft: Sollen wir uns das Reisen nicht vermiesen lassen?.
    Der Text impliziert dann, Fernreisen seien automatisch Flugreisen. Heute stimmt das, weil man heute nur mit dem Flugzeit innert weniger Stunden an einen beliebig anderen Ort auf dem Planeten gelangen kann. Doch schon heute gibt es Hochgeschwindigkeitszüge, die auf Distanzen bis 800 km dem Flugzeug in Bezug auf Reisedauer ebenbürtig sind. Und es gibt Konzepte für Intra- und Interkontinentalreisen in evakuierten Röhren mit Reisegeschwindigkeiten bis zu 4000 km pro Stunde, womit die Route Washington D.C. – Peking in 2 Stunden bewältigt werden könnte.
    Weit reisen ist also nicht gleichtbedeutend mit Fliegen.