Experiment: L-Recherche im Internet

BLOG: Labyrinth des Schreibens

Die Suche nach dem roten Faden
Labyrinth des Schreibens

Meine Devise für die Arbeit an diesem Blog ist ja: "Finden – nicht suchen" (Picasso). Aber dieser Tage bin ich doch mal gezielt durchs Internet gesurft und fragte bei den großen Blättern ab, wie oft, also in wie vielen Beiträgen, dort das Labyrinth genannt wird.

Zunächst habe ich geschätzt, bei welcher Zeitung / Zeitschrift / Suchmaschine die häufigsten Nennungen zu erwarten sein dürften (= Rang). Dann recherchierte ich in der betreffenden Online-Version (= reale Anzahl Beiträge / Hits). In der ganz rechten Spalte finden Sie den gesamten Zeitraum, in dem die Artikel jeweils erschienen sind. Dazu muss man jedoch bedenken, dass online nicht die kompletten Archive erreicht werden, sondern nur ein Teil-Bestand der auf Papier realiter veröffentlichten Artikel. Aber da dies ja für alle genannten Medien gilt, dürfte das keine große Rolle spielen, wenn man nur ein Meinungsbild bekommen möchte. Das fällt zugegebenermaßen sehr grob auss; aber um es genauer zu wissen, müsste man eine Menge Zeit und Geld in so eine Recherche stecken.

Seltsam geht es bei Google.de zu: Am Stichtag 19. Januar wurden 20.200.000 Hits genannt – am 31. Januar waren es bloß noch deren 18.600.000 ! Seltsamer Schwund in gerade mal zwölf Tagen. Und dann diese seltsame Diskrepanz zu Yahoo.de – wo – wiederum am 19. Januar – gut die doppelte Anzahl geboten wird: 40.100.000 !

Gewissermaßen außer Konkurrenz läuft die DVD, welche die Süddeutsche Zeitung für den Zeittraum ihres kompletten zwischen "1994 bis 2006" publizierten Materials erstellt hat und bisher jedes Jahr ergänzte (leider 2006 das letzte Mal).

Noch etwas zu meiner Schätzung: Ich bin einfach davon ausgegangen, dass eine Zeitung wie die Süddeutsche oder die FAZ von gebildeten Leuten gelesen wird, denen man ein entsprechend umfangreiches Wissen samt Wortschatz zutraut. Kein Redakteur der Süddeutschen oder des Spiegel wird sich groß Gedanken machen, ob die Leser des Blattes es verstehen, wenn er einen Zustand in der Politik oder in einem Roman als labyrinthisch bezeichnet. Dem Schreiber der BildZeitung wird es die Schlussredaktion vermutlich durch "verwirrend" oder ein ähnlich umschreibendes Wort ersetzen. Dagegen ist ja nichts einzuwenden. Nur dass eben labyrinthisch doch auch noch einen anderen, zusätzlichen Subtext transportiert: unheimlich, angsterregend, bedrohlich – man sieht (natürlich nur unbewusst) irgendwo den Minotauros durch die Gänge schleichen – was auch immer. Bei "verwirrend" fällt das alles vermutlich weg.

Was allerdings den Roten Faden angeht, bin ich mir sicher, dass der in allen Medien gleich beliebt ist und auch jedem Leser zugemutet wird. Ein humanistisch gebildetes Publikum (gibt es das eigentlich noch, außer an einigen bayrischen etc. Gymnasien mit Griechisch?) weiss dann vielleicht noch (vielleicht!), dass dieser Begriff aus der Labyrinth-Geschichte stammt. Ist ja auch nicht so wichtig. Jeder Leser weiss jedenfalls, was gemeint ist. Zumindest in Europa. Diesen Sachverhalt auch für andere Kulturkreise zu prüfen, wäre eine andere Recherche, die soll jemand anders machen. Wäre doch ein schönes Thema für eine Dissertation?

Rang * Medium Beiträge (Hits) beobachteter Zeitraum
1 Google.de 20.200.000 (unbekannt) – 31.01.2008
2 Yahoo.de 40.100.000 (unbekannt) – 31.01.2008
3 Süddeutsche Zeitung (DVD) 2445  01.01.1994 – 31.12.2006
4 Süddeutsche Zeitung (Print) 156 01.08.2001 – 31.01.2008
5 FAZ 573 09.09.1995 – 31.01.2008
6 Spiegel 54 03.04.2006 – 31.01.2008
7 Focus 400 mindestens (???) – 31.01.2008
8 Münchner Merkur 320 04.09.2002 – 31.01.2008
9 Stern 149 13.08.2004 – 31.01.2008
10 BildZeitung 42 (???) – 31.01.2008

* = meine eigene Schätzung

Wie man leicht erkennt, habe ich mich ziemlich vertan, was die Frequenz von Nennungen bei der FAZ angeht und den Rangplatz bei Yahoo vs. Google. Dafür ist die DVD der SZ umso ergiebiger (wie schade, dass es dafür keine jährlichen Updates mehr gibt!). Hier die Zusammenstellung der bei letzterer genannten Treffer der für das ganze L-Thema relevanten Begriffe von 1994-2006:

Labyrinth, labyrinthisch etc.  2445
Irrgarten    327
Ariadne    313
Rote(r) Faden  1390
Ikarus, Ikaros    301
Theseus    121
Minos      48
Dädalus      30
Gesamtergebnis  4975

Interessant, dass in der zweiten Tabelle König Minos seinen Mörder Daidalos deutlich übertrifft – später (virtueller) Triumph des Auftraggebers über den Beauftragten? Insgesamt ist das Ergebnis doch recht beeindruckend – und das nur für eine einzige Zeitung (wenn auch im Zeitraum von dreizehn Jahren).

Vergessen Sie den Geschichten-Wettbewerb zur Labyrinth-Thema nicht – übermorgen, am 14. Februar, ist Einsendeschluss (s. den  Eintrag vom 1. Februar)
Schauen Sie bitte gelegentlich auch mal bei den früheren Beiträge dieses Blog rein! Hilfreich könnte vor allem die Vorbemerkung zu diesem Labyrinth-Blog sein.

 

"Zwei Seelen wohnen a(u)ch in meiner Brust." Das Schreiben hat es mir schon in der Jugend angetan und ist seitdem Kern all meiner Tätigkeiten. Die andere „zweite Seele“ ist die praktische psychologische Arbeit plus wissenschaftlicher Verarbeitung. Nach dem Psychologiestudium seit 1971 eigene Praxis als Klinischer Psychologe. Zunächst waren es die Rauschdrogen, die mich als Wissenschaftler interessierten (Promotion 1976 mit der Dissertation "Der falsche Weg zum Selbst: Studien zur Drogenkarriere"). Seit den 1990er Jahren ist es das Thema „Hochbegabung“. Mein drittes Forschungsgebiet: Labyrinthe in allen Varianten. In der Themenzentrierten Interaktion (TZI) nach Ruth C. Cohn fand ich ein effektives Werkzeug, um mit Gruppen zu arbeiten und dort Schreiben und (Kreativitäts-)Psychologie in einer für mich akzeptablen Form zusammenzuführen. Ab 1978 Seminare zu Selbsterfahrung, Persönlichkeitsentwicklung und Creative Writing, gemeinsam mit meiner Frau Ruth Zenhäusern im von uns gegründeten "Institut für Angewandte Kreativitätspsychologie" (IAK). Als "dritte Seele" könnte ich das Thema "Entschleunigung" nennen: Es ist fundamentaler Bestandteil jeden Schreibens und jedes Ganges durch ein Labyrinth. Lieferbare Veröffentlichungen: "Kreatives schreiben - HyperWriting", "Kurzgeschichten schreiben", "Das Drama der Hochbegabten", "Zeittafel zur Psychologie von Intelligenz, Kreativität und Hochbegabung", "Blues für Fagott und zersägte Jungfrau" (eigene Kurzgeschichten), "Geheimnis der Träume" (Neuausgabe in Vorbereitung). Dr. Jürgen vom Scheidt

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