Der Film “Jonas”
BLOG: Labyrinth des Schreibens
Irrgarten und Labyrinth kommen bei diesem Film zweimal vor, wenn auch nur als Spielmaterial und als Verstärker der kafkaesken Atmosphäre, die der Film gut ´rüberbringt:
1. im Begleittext (Rückseite der DVD):
Jonas erzählt die Geschichte eines Einzelgängers und Durchschnittsmenschen im Irrgarten der modernen Großstadt, gefangen zwischen den traumatischen Nachwirkungen des Krieges und der empfundenen Kälte in der jungen Bundesrepublik.
2. im Film selbst, als Stimme aus dem Off:
Jonas, einer wartet auf dich, in Zimmer 17. Einer hat nach dir gefragt.
Was – du kennst niemanden hier? Eine Verwechslung?
Jonas, du bist im Labyrinth.
Hier gibt es keine Verwechslung.
Im Labyrinth vergißt man nicht so leicht.
Ansonsten war der Film eine große Enttäuschung für mich. Was waren die Kritiker jener Tage nicht voll des Lobes gewesen, zum Beispiel Gunter Groll 1957 in der Südd. Zeitung:
Der mutigste, einsamste und unwiederholbarste (!) deutsche Film unserer Tage. Kein anderer deutscher Film seit Jahr und Tag verfügt über ähnliche Bildkunst.
Doch nach meinem Empfinden ist Jonas von Ottomar Domnick (1957) ein total überschätzter Film. Der positive Eindruck, den er beim ersten Erleben vor fünfzig Jahren im Kino auf mich machte, war sehr davon eingetrübt, daß ein Mann, der damals für mich so etwas wie ein Mentor betr. Schreiben war, mir diesen Film sehr empfahl (wozu noch kam, daß eben diesem Mentor die Hauptfigur Jonas sehr ähnlich war, nicht zuletzt in ihrem melancholischen Wesen).
Ich bin damals, als Siebzehnjähriger, sogar zweimal in den Film gegangen, sehe sogar heute noch den Royal-Palast vor mir, in dem er aufgeführt wurde.
Entfernt man die immer noch mitreißende Musik von Duke Ellington (Liberian Suite) – dann bleibt vom hochgelobten Avantgarde-Film nur der prätentiöse Sprung zurück in die Stummfilmzeit der 1920-er Jahre mit aufgesetzten Dialogfetzen und Kommentaren.
Die deprimierende Stimmung (verstärkt von der schwarz-weißen Darstellung), die Einsamkeit des in sich selbst gefangenene Protagonisten, der Running Gag mit dem gestohlenen Hut, der Nachhall der Polizeiwillkür der Nazi-Zeit –
Das hat sich längst verbracht (hat mich aber als Siebzehnjährigen tief beeindruckt, ohne Frage). Herausgekommen ist aus alledem ein intellektuell-kühler Autorenfilm, der – insbesondere heutzutage, im Jahr 2008 – nur noch in der Wolle eingefärbten Fans und Cineasten etwas bietet: ein Stück deutscher Filmgeschichte.
Hier, in diesem Film, läßt sich immerhin ganz einfach aufzeigen, woran deutscher Film meistens gekrankt hat: Wenn er gut sein will (besser als Klamotten wie Der Förster im Silberwald von damals und der Schuh des Manitou-Klamauk von heute) wird er leicht zu solchen akademischen Spielereien wie Jonas.
Allerdings will ich nicht unterschlagen, dass die Erinnerung an diesen Film (und den früh verstorbenen Mentor jener Tage) mich noch 1981 so beschäftigte, dass ich meinen dritten Sohn Jonas nannte. Das ist letztlich ein Kompliment für den Film.
Wenn Sie sich dem Thema "Labyrinth" gezielter nähern möchte, so empfehle ich Ihnen, einen Blick in die VORBEMERKUNG zu werfen. JvSch |