Stärkere Belege für ein schwächeres Golfstromsystem

Durch zwei neue Studien in Nature ist die Abschwächung des Golfstromsystems wieder in den wissenschaftlichen Schlagzeilen. Aber auch zuvor sind dazu bereits interessante neue Arbeiten erschienen – höchste Zeit also für ein Update zu diesem Thema.

Fangen wir mit der morgigen Ausgabe von Nature an, die neben den beiden neuen Studien (an einer davon war ich beteiligt) auch einen News&Views-Kommentar dazu bringt. Alles dreht sich dabei um die Frage, ob das Golfstromsystem sich bereits abgeschwächt hat. Klimamodelle sagen dies als eine Folge der globalen Erwärmung vorher – so wie steigenden Meeresspiegel oder zunehmende Hitzewellen, Dürren und Extremniederschläge. Doch kann man schon heute eine solche Abschwächung feststellen? Diese Frage ist leichter gestellt als beantwortet. Denn beim Golfstromsystem – oder genauer, der atlantischen Umwälzzirkulation AMOC (Atlantic Meridional Overturning Circulation) handelt sich um ein riesiges, dreidimensionales Strömungssystem im gesamten Atlantik, das dazu noch auf unterschiedlichen Zeitskalen schwankt. Es ist also keineswegs damit getan, an ein oder zwei Stellen einen Strömungsmesser ins Wasser zu hängen.

Seit 2004 gibt es aufwendiges britisch-amerikanisches Messprojekt, genannt RAPID, das zumindest an einem besonders geeigneten Breitengrad (26,5° Nord) mit 226 verankerten Messinstrumenten die Gesamtströmung zu erfassen versucht. Dieses liefert gute Ergebnisse und zeigt eine deutliche Abschwächung – aber eben erst seit 2004, und wahrscheinlich ist die Veränderung über einen so kurzen Zeitraum hauptsächlich auf natürliche Schwankungen zurückzuführen und verrät für sich genommen kaum etwas über mögliche Auswirkungen des Klimawandels.

Will man weiter in der Zeit zurück schauen, muss man sich anders behelfen. Aus meiner Sicht sind es am ehesten die Meerestemperaturen, die das Rätsel lösen können – denn erstens gibt es dazu zahlreiche gute Messdaten, und zweitens hat das Golfstromsystem einen massiven Einfluss auf die Meerestemperaturen in großen Teilen des Nordatlantiks. In unserer Studie – gemeinsam mit Kollegen aus Princeton und von der Uni Madrid – vergleichen wir daher alle verfügbaren Messdatensätze seit dem 19. Jahrhundert mit einer Simulationsrechnung eines Klimamodells, in dem das Weltmeer extrem hoch aufgelöst dargestellt wird. Hier erstmal eine coole Animation:

Diese Modellrechnung dauerte ein halbes Jahr auf 11.000 Prozessoren (9.000 davon allein für den Ozean) des Hochleistungsrechners des Geophysical Fluid Dynamics Laboratory in Princeton. Das zentrale Ergebnis ist in Abb. 1 (links) dargestellt.

Abb. 1 Trends der Meeresoberflächentemperaturen. Links: im Klimamodell CM2.6 in einem Szenario mit einer Verdoppelung der CO2-Menge in der Luft. Rechts: in den Beobachtungsdaten vom Jahr 1870 bis heute. Um die Trends trotz der unterschiedlichen Zeiträume und CO2-Anstiege vergleichbar zu machen, wurden sie durch den global gemittelten Erwärmungstrend geteilt, d.h. alle Werte über 1 zeigen eine überdurchschnittliche Erwärmung (orange-rot), Werte unter 1 eine unterdurchschnittliche Erwärmung, negative Werte eine Abkühlung. Die Messdaten sind aufgrund der begrenzt verfügbaren Schiffsmessungen wesentlich „unschärfer“ als die hoch aufgelösten Modelldaten. Grafik: Levke Caesar

Im Nordatlantik weichen die Messwerte markant von der mittleren globalen Erwärmung ab: der subpolare Atlantik (ein Gebiet rund halb so groß wie die USA, südlich von Grönland) hat sich kaum erwärmt und teilweise sogar abgekühlt, entgegen dem Erwärmungstrend. Ein weiter Bereich entlang der amerikanischen Küste hat sich dagegen weit überdurchschnittlich erwärmt. Beides ist auf eine Abschwächung des Golfstromsystems in der Modellrechnung zurückzuführen. Die Abkühlung einfach auf die geringere Wärmezufuhr durch den Golfstrom. Die Erwärmung dagegen auf einen etwas komplexeren, in der Fachwelt schon länger bekannten Mechanismus: schwächt sich das Golfstromsystem ab, verschiebt sich der Golfstrom näher an die Küste heran. (Das hat mit Drehimpulserhaltung auf der rotierenden Erdkugel zu tun.)

Das Modell zeigt also einen ziemlich charakteristischen „Fingerabdruck“ in den Meerestemperaturen, wenn das Golfstromsystem sich abschwächt. Wir wollten jetzt wissen, welche Temperaturveränderungen die Beobachtungsdaten seit dem späten 19. Jahrhundert zeigen. Meine Doktorandin Levke Caesar hat dazu die verschiedenen Datensätze ausgewertet. Die zeigen ein sehr ähnliches Muster – siehe die rechte Kugel in Abbildung 1. Auch der Jahreszyklus – mehr Abkühlung im Winter – entspricht dem der Modellsimulation. Ich kenne keinen anderen Mechanismus, der dieses räumliche und zeitliche Muster erklären könnte, als eben eine Abschwächung des Golfstromsystems. Eine solche Abschwächung als Folge unserer Treibhausgasemissionen wird von Klimamodellen seit langem vorhergesagt – diese Daten zeigen, dass sie bereits im Gange ist.

Schwächer als seit über tausend Jahren

In derselben Ausgabe von Nature ist eine weitere neue Studie erschienen (Anomalously weak Labrador Sea convection and Atlantic overturning during the past 150 years von David Thornalley und Kollegen), die diesen Befund unterstützt und in einen längeren klimahistorischen Zusammenhang einordnet. Dazu nutzten die Autoren zwei Typen von Daten aus Bohrkernen in Sedimenten am Meeresgrund. Diese Ablagerungen sammeln sich im Laufe von Jahrtausenden allmählich an und verraten uns, was früher im Meer los war. Natürlich unschärfer als moderne Messdaten – dafür aber in diesem Falle 1600 Jahre weit zurück.

Die erste Datenreihe – aus Kalkschalen von Meeresorganismen, die in 50 bis 200 Meter tiefe unter der Meeresoberfläche im nördlichen Atlantik leben – zeigt die dortigen Temperaturverhältnisse an. Aus denen lässt sich auf die Stärke des Wärmetransports und damit der Strömung schließen, ähnlich wie in unserer Studie. Eine zweite Datenreihe basiert auf der Korngröße der Sedimente an zwei Stellen in 1700 und 2000 Metern Tiefe – dort, wo ein Teil des vom Golfstrom nach Norden gebrachten Wassers als kalter Tiefenstrom nach Süden zurückfließt. Grobe Körnung der Sedimente deutet auf starke Strömung hin, feinere Körnung auf schwächere Strömung, lautet hier vereinfacht gesagt die Faustformel.

Die Autoren schließen aus ihren Daten, dass das Golfstromsystem in allen früheren Jahrhunderten nie so schwach gewesen ist wie in den letzten hundert Jahren. Damit stützen sie eine frühere Folgerung einer von mir geleiteten Studie aus dem Jahr 2015, wo wir dies bereits für die letzten 1100 Jahre geschlossen hatten – aufgrund einer ganz anderen, unabhängigen Datenbasis.

Ein Blick auf den Zeitverlauf

Welche Veränderungen im Golfstromsystem zeigen die Daten? Die Verläufe aus den beiden neuen sowie einigen früheren Studien sind in Abb. 2 zusammengestellt. Jede der sechs Kurven beruht auf einer anderen Datenbasis und Methodik, doch sie zeigen ein weitgehend konsistentes Bild. So zeigt die grüne Kurve Wassermassenveränderungen auf Basis von Tiefseekorallendaten, die blaue die erwähnten Korngrößen und die gelbe die eingangs besprochenen RAPID-Messungen. Die drei verbleibenden Kurven basieren auf den Temperaturveränderungen – aber auch diese auf drei verschiedenen Methoden. Die Kurve aus Rahmstorf et al. 2015 beruhte auf einem Netzwerk von landbasierten Proxydaten wie Baumringen und Eisbohrkernen, die neue rote von Thornalley et al. dagegen auf Sedimentdaten. Und die neue Kurve aus unserer Studie (dunkelblau) verwendet gemessene Meeresoberflächentemperaturen, wie auch in Abb. 1 gezeigt.

Abb. 2 Aus verschiedenen Datentypen rekonstruierter Zeitverlauf der Atlantikzirkulation seit dem Jahr 1700. Die Skalen links und rechts geben die Einheiten der unterschiedlichen Datentypen an. Die blaue Kurve ist um 12 Jahre nach rechts verschoben, weil Thornalley et al. errechnet haben, dass dann die maximale Korrelation mit den Temperaturen herrscht (das macht Sinn – es dauert eine Weile, bis eine Strömungsänderung sich auf die Temperatur auswirkt). Grafik: Levke Caesar

Die Kurven zeigen alle eine langfristige Abschwächung die sich beschleunigt. Die rote Kurve ist nur deshalb so glatt, weil die verwendeten Sedimentdaten eine zu geringe Zeitauflösung haben, um kürzere Schwankungen zu zeigen. Die blaue Kurve zeigt eine frühe Abnahme schon im 19. Jahrhundert, die Thornalley und Kollegen auf eine frühere Erwärmung am Ende der sogenannten „kleinen Eiszeit“ zurückführen, als der Einstrom von Schmelzwasser die Tiefenwasserbildung in der Labradorsee gebremst haben könnte. Dies ist nicht unbedingt ein Widerspruch zu den anderen Datenreihen, denn die beiden verwendeten Bohrkerne befinden sich im Bereich des tiefen Ausstroms von Labradorseewasser – das ist aber nur eine von zwei Tiefenströmungen, die zusammen erst die große Umwälzbewegung des Atlantikwassers und damit den Wärmetransport nach Norden ausmachen. Daher muss der Verlauf der Temperaturen sich nicht immer mit dem des Labradorseewassers decken.

In unserer Studie folgern wir, dass die Umwälzbewegung im Atlantik sich seit Mitte des 20. Jahrhunderts um etwa 15 % abgeschwächt hat. In absoluten Zahlen eine Abschwächung der Strömung um 3 Millionen Kubikmeter pro Sekunde – ein Zahl, die rund dem Fünfzehnfachen der Strömung des Amazonas entspricht und damit dem Dreifachen des Abflusses aller Flüsse der Erde zusammen.  Mithilfe einer ganzen Reihe von Klimamodellen haben wir getestet, wie gut unsere temperaturbasierte Abschätzung den tatsächlichen Trend der AMOC wiedergeben kann, und sind auf eine Unsicherheitsmarge von rund einer Million Kubikmeter pro Sekunde gekommen.

Weitere Studien

Es gibt eine Reihe weitere berichtenswerte Studien zum Thema, die ich hier nur kurz erwähnen kann. Moore und Kollegen fanden in Nature Climate Change, dass die Konvektion (also die tiefe Vermischung des Meerwassers, die eng mit der Umwälzzirkulation verbunden ist) in der Grönland- und Islandsee schwächer geworden ist und bei weiterer globaler Erwärmung einen kritischen Punkt überschreiten dürfte, ab dem sie nicht mehr so tief wie bislang hinunter reicht.  Sevellec und Kollegen argumentieren ebenda, dass die Abschwächung der Umwälzzirkulation vor allem durch den Schwund des Meereises in der Arktis verursacht sein könnte. Oltmanns und Kollegen vom Geomar in Kiel fanden kürzlich ebenfalls in Nature Climate Change Anzeichen für eine wachsende Gefahr, dass die Konvektion in der Irminger See aussetzen könnte. Sgubin und Kollegen (Nature Communications) analysieren das Auftreten abrupter Abkühlungen im Nordatlantik in diversene Klimamodellen. Und letztlich berichten Smeed und Kollegen kürzlich in Geophysical Research Letters von den neuesten Messungen im RAPID Projekt, die auch in Abb. 2 als linearer Trend enthalten sind. Auch bei der großen Tagung der European Geosciences Union (14.000 Geowissenschaftler treffen sich dazu in Wien), an der ich gerade teilnehme, sind die Veränderungen im Nordatlantik ein intensiv diskutiertes Thema.

Welche Auswirkungen könnte die Abschwächung haben?

Es klingt paradox, wenn man an das Schockfrost-Szenario des Hollywood-Films The Day After Tomorrow denkt: eine Studie von Duchez et al. (2016) zeigt, dass Kälte im nördlichen Atlantik mit sommerlicher Hitze in Europa korreliert. Das liegt daran, dass der Wärmetransport im Atlantik noch nicht stark genug abgenommen hat, um eine Abkühlung auch über den angrenzenden Landgebieten zu verursachen – aber die Kälte der Meeresoberfläche reicht aus, um die Luftdruckverteilung zu beeinflussen. Und zwar so, dass ein Einstrom von Warmluft aus dem Süden nach Europa hinein begünstigt wird. Im Sommer 2015 war der subpolare Atlantik so kalt wie nie seit Beginn der Aufzeichnungen im 19. Jahrhundert – verbunden war das mit einer Hitzewelle in Europa. Haarsma et al. (2015) argumentieren auf Basis von Modellrechnungen, dass die Abschwächung des Golfstromsystems in Zukunft die Hauptursache von Veränderungen in der Sommerzirkulation der Atmosphäre über Europa sein wird. Jackson et al. (2015) fanden, dass die Abschwächung zu verstärkter Sturmaktivität in Mitteleuropa führen dürfte. Und eine Reihe von Studien lassen bei einer Abschwächung des Golfstromsystems einen verstärkten Anstieg des Meeresspiegels an der US-Küste erwarten (u.a. Yin et al. 2009). Die Auswirkungen werden derzeit weiter erforscht, aber eine weitere Abschwächung dieses wichtigen Strömungssystems wäre sicher keine gute Nachricht. Doch auch wenn die Strömung sich angesichts der in Abb. 2 sichtbaren Schwankungen zeitweise wieder verstärken dürfte, muss auf lange Sicht mit einer weiteren Abschwächung gerechnet werden, wenn wir die globale Erwärmung noch länger weiterlaufen lassen.

P.S. (19. April) Mehrere Artikel von sogenannten “Klimaskeptikern” (z.B. James Delingpole auf Breitbart) haben unsere Ergebnisse angezweifelt, indem sie auf frühere Studien hinwiesen, die diesen angeblich widersprechen. Dies basiert auf Vergleichen zwischen Äpfeln und Birnen, da diese Studien verschiedene Aspekte der Ozeanzirkulation beschreiben und vor allem kurze Zeiträume betrachten, die von natürlicher Variabilität dominiert werden.

Für 1994-2013 fanden Rossby et al. (2013) einen Rückgang im Transport der oberen 2000 m Schicht des Golfstroms um -0,8 Sv.

Auch für 1994-2013 fanden Roessler et al. (2015) einen Anstieg von 1,6 Sv im Transport des Nordatlantikstroms. Für diesen Zeitraum ergibt unsere Rekonstruktion einen AMOC-Anstieg um 1,3 Sv.

Für 1994-2009 rekonstruierten Willis et al. (2010) anhand von Meeresspiegeldaten einen Anstieg der oberen AMOC-Schicht bei 41°N um 2,8 Sv. Für diesen Zeitraum ergibt unsere Rekonstruktion einen AMOC-Zuwachs von 2,1 Sv.

Da gibt es also keinen Widerspruch, und wer sich die Zeitreihe in Abb. 6 unseres Papers oder in Abb. 2 oben angesehen hat, sollte dies sofort gesehen haben. Diese Artikel zeigen einmal mehr, dass “Klimaskeptiker” nicht an einem Verständnis von Wissenschaft interessiert sind, sondern nur daran, die Öffentlichkeit mit irreführenden Behauptungen zu verwirren.

Weblinks

ZDF Morgenmagazin: Klimaforscher: Golfstrom schwach wie nie

Deutschlandfunk: Golfstrom-Abschwächung begünstigt Hitzewellen

Süddeutsche Zeitung: Der Golfstrom schwächelt

ZEIT Online: Klimawandel: Golfstromsystem wird langsamer

Nature Leitartikel zu den beiden neuen Studien: Ocean circulation is changing, and we need to know why

Washington Post: The oceans’ circulation hasn’t been this sluggish in 1,000 years. That’s bad news.

Washington Post: The fast-melting Arctic is already messing with the ocean’s circulation, scientists say (Zur Oltmanns-Studie)

Ein kurzes Erklärvideo

Weitere KlimaLounge-Artikel zum Golfstrom

Die unterschätzte Gefahr eines Versiegens des Golfstromsystems

Q&A zum Golfstromsystem und dem “cold blob” im Atlantik

Was ist los im Nordatlantik?

Tagesschau zum Golfstrom

Golfstrom und Wahrheit

  • Veröffentlicht in:

Stefan Rahmstorf ist Klimatologe und Abteilungsleiter am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Professor für Physik der Ozeane an der Universität Potsdam. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf Klimaänderungen in der Erdgeschichte und der Rolle der Ozeane im Klimageschehen.

58 Kommentare

  1. Eine Abschwächung des Golfstromsystems wird wohl auch wieder auf die Arktis zurückwirken – selbst wenn der Abschmelzprozess in der Arktis die tiefere Ursache für die Abschwächung ist. Da weniger warmes Wasser die Arktis erreicht, würde ich eine Verlangsamung der Arktiserwärmung erwarten. Die Tatsache (oder Vermutung), dass Europa durch die Golfstromabschwächung nun aber heissere Sommer erleben wird, zeigt allerdings, dass solch einfache Schlussfolgerungen nicht stimmen müssen.
    Zum letzten Satz (Zitat) Doch auch wenn die Strömung sich angesichts der in Abb. 2 sichtbaren Schwankungen zeitweise wieder verstärken dürfte, muss auf lange Sicht mit einer weiteren Abschwächung gerechnet werden, wenn wir die globale Erwärmung noch länger weiterlaufen lassen lässt sich wohl sagen, dass seine Bedeutung davon abhängt was “Erwärmung noch länger laufen lassen” zeitlich genau heisst. Selbst wenn das 2°C-Ziel knapp erreicht würde, bedeutet es ja, dass die Erwärmung noch einige (vielleicht 5) Jahrzehnte weiterläuft. Man sollte also erwarten, dass bis zur Erreichung des 2°C-Ziels der Golfstrom seinen Wärmetransport in den Norden weiterhin reduziert und eine Abnahme um weiter 15% selbst dann (bei Erreichung des 2°-Ziels) noch drin liegt. Wenn bessere (noch feinermaschige?) Klimamodelle diese Unsicherheiten betreffend der Zukunftsentwicklung ausräumen könnten, wäre das wohl den Aufwand und die Rechenzeiten schon wert.

    • Wenn Sie die Abb. 1 ansehen scheint es eher eine Antikorrelation der Temperaturen im nördlichen Atlantik und dem arktischen Ozean zu geben, im Modell wie in den Beobachtungen. Der Grund ist noch nicht verstanden.

  2. Wenn die Atlantiktemperaturen um Grönland herum abnehmen, wieso schmilzt dann das Grönlandeis?

  3. Sehr geehrter Herr Rahmstorf,

    wenn doch der Golfstrom abreißt, was er ja wahrscheinlich nicht in diesem oder nächsten Jahrhundert nicht tun wird: Wird es dann diesseits von Skandinavien in Europa kälter? Oder anders gefragt: Kann der derzeitige Stand der Klimawissenschaft diese Behauptung, wie sie derzeit in einem Thread auf Zeitonline zu lesen ist, mittleres bis hohes Vertrauen entgegenbringen?

    Vielen Dank für Ihre Arbeit und freundliche Grüße
    Wolf Niese

  4. Ihren letzten Satz
    “Doch auch wenn die Strömung sich angesichts der in Abb. 2 sichtbaren Schwankungen zeitweise wieder verstärken dürfte, muss auf lange Sicht mit einer weiteren Abschwächung gerechnet werden, wenn wir die globale Erwärmung noch länger weiterlaufen lassen.”
    verstehe ich so:
    Aufgrund der gefundenen Schwankungen ist damit zu rechnen, dass sich in nächster Zeit der Golfstrom auch wieder “erholen” wird.
    Wenn man die verwendeten Rechenmodelle hinzuzieht, welche das CO2 als (einzigen) Temperaturtreiber des Globalklimas verwenden, könnte eine weitere Abschwächung eintreten – mit Betonung auf “könnte”, also eine sehr unsichere Aussage.
    Tatsache ist, dass der Golfstrom Schwankungen aufweist, doch inwieweit es eine Beeinflussung durch die globale Erwärmung seit dem Ende der “kleinen Eiszeit” gibt, ist und bleibt nach wie vor unsicher.

    Da in den nächsten Jahren, wie selbst James Hansen sich kürzlich äußerte, mit einer längeren Abkühlungsphase oder stark “gebremsten” Erwärmung aufgrund des solaren Minimums gerechnet wird, könnte es doch wohl auch nochmal ganz anders aussehen. Dann käme ein weiterer Faktor hinzu, der in den Klimamodellen bisher vermutlich noch gar nicht berücksichtigt wird.

    • Herr Richter, wo findet man die Äußerung von James Hansen, dass mit einer längeren Abkühlungsphase oder stark “gebremsten” Erwärmung aufgrund des solaren Minimums gerechnet werden muss.

      • Herr Freitag, diese Aussage von James Hansen finden Sie unter folgendem Link:
        http://www.columbia.edu/~jeh1/mailings/
        und dort wiederum unter:
        – January 18: Global Temperature in 2017
        http://www.columbia.edu/~jeh1/mailings/2018/20180118_Temperature2017.pdf

        James Hansen schreibt dort:
        “Therefore, because of the combination of the strong 2016 El Niño and the phase of the solar cycle, it is plausible, if not likely, that the next 10 years of global temperature change will leave an impression of a ‘global warming hiatus’.”
        An anderer Stelle in seinem Dokument erläutert Hansen auch dies, indem er die Gesamstrahlung der Sonne über die Zeit darstellt und den Verlauf analysiert.

        Nach meinem Verständnis bekommt nun die Sonne auf einmal wieder eine Rolle bezogen auf das irdische Klima, nachdem diese ihre rückwirkend ab dem Jahr 1950 vom IPCC in seinen Reports aberkannt worden war.

        • Lieber Herr Richter, das mit dem “aberkannt” ist Unsinn. Es geht in der Wissenschaft bei der Beurteilung der Rolle von Sonnenschwankungen nie um “ja oder nein”, sondern um “wie stark”. Dies hat der IPCC in seinen Berichten quantifiziert und auch Hansen hat dazu keine anderen Zahlen als der IPCC. Hansens Aussage bezieht sich auf den allseits bekannten Schwabezyklus der Sonne, dessen letztes Maximum 2016 erreicht war, zeitgleich mit einem Temperaturmaximum durch El Niño. Dieser Sonnenzyklus und El Niño sind die beiden Hauptfaktoren, die kurzfristige Schwankungen in der globalen Temperatur verursachen (auf Zeitskalen von einem Jahrzehnt), wie wir in einer Studie 2011 gezeigt haben. Wenn beide dieser natürlichen Schwankungsfaktoren nach unten zeigen ist es natürlich einige Jahre lang unwahrscheinlich, dass der Temperaturrekord von 2016 wieder gebrochen wird, und “Klimakspektiker” werden dann wieder behaupten, die globale Erwärmung sei zum Stillstand gekommen. Diesen Unsinn haben wir ja hier in der KlimaLounge öfters diskutiert…

          • Und wann fällt ein El Nino und eine starke Sonne wieder zusammen? Und ist es nicht so, dass aufgrund der steigenden Treibhausgasemissionen selbst ein dekadenmäßiges Verharren der Erderwärmung auf hohem Plato immer unwahrscheinlicher wird?

          • Sorry, Herr Rahmstorf, das ist doch kein Unsinn, denn es steht schließlich im AR5, dass dem Einfluss der Sonne praktisch keine Bedeutung zukommt, nur im genannten Datum habe ich mich mangels Nachschlagen geirrt. Im WG1-Report auf Seite 14 (SPM), Figure SPM.5 (p. 14):

            “Radiative forcing estimates in 2011 relative to 1750 and aggregated uncertainties for the main drivers of climate change. …” und hier eindeutig quantifiziert:
            “Changes in solar irradiance 0.05 (0.00 to 0.10) W m−2 “
            Mit der angegebenen Unsicherheit kann der Wert also bei 0 liegen, es bestünde also kein Einfluss der Sonne. Und wenn der Wert bei 0.10 W m−2 läge, wäre das im Verhältnis zu den anderen gezeigten Faktoren mit deren Werten immer noch vernachlässigbar klein.
            Wenn man die hier gezeigten (Mittel-) Werte summiert und die solare Strahlungsleistung ins Verhältnis setzt sind die 0.05 W m−2 gerade mal 2,2% aller RF-Werte oder 1,5% der positiven RF-Werte.

            Man findet dies auch Im Text auf der gleichen Seite:
            “- The RF due to changes in solar irradiance is estimated as 0.05 [0.00 to 0.10] W m−2 (see Figure SPM.5). Satellite observations of total solar irradiance changes from 1978 to 2011 indicate that the last solar minimum was lower than the previous two. This results in an RF of –0.04 [–0.08 to 0.00] W m–2 between the most recent minimum in 2008 and the 1986 minimum. {8.4}
            – The total natural RF from solar irradiance changes and stratospheric volcanic aerosols made only a small contribution to the net radiative forcing throughout the last century, except for brief periods after large volcanic eruptions. “

            Bei der Durchsicht des Reports fiel mir auch außerhalb des SPM nichts an zusätzlichen Informationen auf, die Aussagen in Abschnitt TS.3.5 auf Seiten 55/56 sind entsprechend.

            Sicher, meine Wortwahl „aberkannt“ ist laienhaft, aber bei einem so kleinen Wert des RF im Verhältnis zu den andern RF-Werten auch nicht wirklich falsch.
            Wenn Sie sagen, es ginge nicht um „ja“ oder „nein“ sondern „wie stark“, dann versuche ich es mal mit einer andern Formulierung: im AR5 wird der Sonne ein nahe bei Null liegender Wert beim RF zugeschrieben, der mit der angegebenen Unsicherheitsspanne sogar bei Null liegen könnte.

          • Genau. Die Wirkung der Sonne wird nicht “aberkannt” sondern erforscht, und die Studien zeigen, dass der langfristige Strahlungsantrieb durch Sonnenschwankungen verschwindend gering ist.

        • Herr Richter, danke für den Link. Ihre Interpretation der Arbeit von Hansen et al. kann ich nicht nachvollziehen. Es werden in ihr doch kurzfristige Schwankungen der globalen Temperatur, so um 2017, untersucht. Die Schwankungen der solaren EInstrahlung, etwa im 10-Jahres-Rythmus, werden mit 0,25W/m^2 angegeben. Der menschenverusachte Energieeintrag beträgt 2,3 W/m^2. Die Schwankungen der solaren Einstrahlung haben also begrenzten Einfluss. Dennoch, die Temperaturspitze 2016/17, in der Arbeit “Super-El-Nino” genannt, mit einer kleinen solaren Verstärkung haben zu einem Temperaturniveau geführt, nach der es erst mal abwärts gehen kann. Die Situation ist vergleichbar mit dem anderen Super El Nino 1998. Sie erinneren sich daran, dass in manchen Medien nach 10 Jahren von einem 10-jährigen Hiatus, nach 11 Jahren von einem 11-jährigen Hiatus e.t.c die Rede war. Das droht jetzt wieder, ein neuer Hiatus beginnend mit 2017. Ich denke, darauf wollten Hansen et al. hinweisen. Der ganze Tenor der Arbeit und die Details zeigen, dass die Autoren keinen Zweifel an einem menschengemachten Klimawandel haben.

          • Herr Freitag, meine Aussage ist zwar eine andere Wortwahl als die Übersetzung des Satzes, die ich so formulierte:
            “Deshalb, wegen der Kombination des starken El Niño 2016 und der Phase des Sonnenzyklus, ist es plausibel, wenn nicht wahrscheinlich, dass die Temperaturänderung der nächsten 10 Jahre den Eindruck einer ‘globalen Erwärmungspause’ hinterlassen wird.”
            aber doch nicht falsch.
            Wie Sie sehen hat Herr Rahmstorf meine etwas “freie Übersetzung” gelten lassen, denn auf eine fehlerhafte Aussage hätte ich eine “Rüge” verdient gehabt.

          • Herr Richter. So wie is jetzt formulieren, finde ich ganz ok. Ich will auch gar nicht übermäßig pingelig sein. Aber ich hoffe, dass Sie verstehen, dass ihre Aussage “wie selbst James Hansen sich kürzlich äußerte, mit einer längeren Abkühlungsphase oder stark “gebremsten” Erwärmung aufgrund des solaren Minimums gerechnet wird” doch etwas tendenziös wirkt. Es fehlt naben dem solaren Minimum der El Nino.

  5. Das weitere Erlahmen oder gar ein Erreichen eines “tipping point” der Wärmepumpe “Golfstrom” hätte ja wohl für die Region “Westeuropa” recht deutliche Auswirkungen (mehr “kontinentales” Klima, i.e. heißere Sommer, kältere Winter etc.). Aber was würde das wohl global bedeuten hinsichtlich des laufenden Klimawandels? Ist es global ein Nullsummenspiel, weil es sich global eh wieder verteilt oder würde es angesichts der ungleichen Landmassenverteilung der Hemisphären zu einer Trendänderung kommen?

    • So wie ich es verstanden habe, wird durch die Meeresströmung die Energie anders verteilt. Sie wird in der Gesamtsumme auf der Erde aber nicht mehr oder weniger. Damit haben wir ein weiteres Indiz für die Komplexität des Klimathemas. Es genügt nicht nur auf die globale Durchschnittstemperatur zu schauen. Sie sagt schon eine Menge aus. Aber selbst bei einem konstanten Verlauf kann eine Umverteilung des warmen Meerwassers lokal zu Klimaänderungen führen und wir lernen eigentlich immer mehr, dass das (egal ob es nach oben oder unten geht) mit ökonomischen Kosten verbunden ist (die ökologischen Kosten kommen noch hinzu).

  6. Sehr informativer Artikel über dieses doch sehr komplexe Thema. Der Beitrag hat in mir jedenfalls einige Gedanken ausgelöst. So soll es sein!

    Ich möchte aber mal auf einen Nebenaspekt kommen. Sie haben geschrieben, dass für diese Modellrechnung 11.000 Prozessoren ein halbes Jahr lang rechnen mussten. Daraus resultiert ja zwangsläufig ein hoher Energieverbrauch für die Rechenzentren, die diese Leistungen vollbringen. Nun besteht kein Zweifel, dass diese Energie gut verwendet wurde, trotzdem verursachen diese Rechenzentren natürlich auch CO2-Emissionen. Daher meine Frage:

    Gibt es in der Wissenschaft, oder speziell in der Klimaforschung, wo es besonders nahe liegt, Vorkehrungen, dass diese Energie nachhaltig und klimafreundlich erzeugt wird? Es gäbe ja mehrere Möglichkeiten, beispielsweise Verträge, dass nur Ökostrom genutzt werden darf oder die Verlagerung von Rechenzentren in Länder mit besonders CO2-armem Strommix (beispielsweise Island oder Norwegen). Oder man platziert Rechenzentren in Städten, wo Fernwärmeverbünde existieren, in die man die Abwärme in diese Fernwärmenetze einspeisen kann. Das wäre z.B. sehr gut in Dänemark oder Schweden möglich, die ebenfalls einen CO2-armen Strommix haben.

    Spielen solche Erwägungen in der Klimaforschung eine Rolle? Wenn nein, sollten sie ein Rolle spielen oder gibts Überlegungen, dort hin zu kommen? Wenn sich ein paar Klimaforschungsinstitutionen zusammentun, dann könnte man mit Sicherheit so manches Rechenzentrum sehr gut auslasten. Die Vorbildwirkung wäre sicher nicht zu unterschätzen. Und eventuell kann man anhand so einer Rechenzentrumsplatzierung und der anschließenden Nutzung ja auch die ein oder andere energiewirtschaftliche Studie über sich selbst schreiben und damit die Brücke zwischen Klimaforschung und angewandter Energieforschung schlagen. Hier wäre z.B. eine Studie, die sich konkret mit der Abwärmenutzung von Rechenzentren befasst. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1359431115010388

    • Sicher, das ist ein wichtiger Aspekt. Das PIK hat deswegen Ökostrom, der auch unseren Rechner versorgt, und unser Energieeffizienter Neubau wird komplett mit der Abwärme des Rechners beheizt.

  7. @Prof. Rahmstorf

    Aus meiner Ex-Arbeitsgruppe an der Uni Bremen kommen diese Messergebnisse zum Golfstromsystem:

    Mit Bodenecholoten wurde von der Universität Bremen über 21 Jahren der Nordatlantikstrom vermessen und es wurden kein (negativer) Trend in den Transportraten festgestellt. Kurzfristige Schwankungen um mehr als 30 % sind zudem normal.

    Schwankungen im Nordatlantikstrom: kein Trend in Sicht

    Wissenschaftler der Universität Bremen untersuchen Langzeit-Schwankungen beim Wassermassentransport des Golfstroms in den Nordatlantik. Ihre Studie ist jetzt im „Journal of Geophysical Research“ vorgestellt worden.

    Das Szenario wird oft beschrieben: Der Nordatlantikstrom (NAC) als Fortsetzung des Golfstroms wird schwächer. Europa wird sich abkühlen. Mit der Frage, ob es so kommt, haben sich Wissenschaftler der Universität Bremen beschäftigt. Ihre Aussage: Bei den Transport-Schwankungen wärmerer Wassermassen in den Nordatlantik ist derzeit kein Trend nachweisbar.

    Professorin Monika Rhein und ihrem Team vom Institut für Umweltphysik und dem Zentrum für Marine Umweltwissenschaften (MARUM) ist es erstmals gelungen, eine 21-jährige kontinuierliche Zeitreihe der Stärke des Nordatlantikstroms (NAC) beim Einströmen vom West- in den Ostatlantik zu erstellen. Die Ergebnisse wurden soeben im renommierten Fachjournal „Journal of Geophysical Research“ veröffentlicht. „Dies ist die erste Studie, die langfristige Transport-Schwankungen aus dem offenen Nordatlantik liefert“, sagt die Bremer Umweltphysikerin Monika Rhein.

    Möglich wurde dies durch den Einsatz von Bodenecholoten, die in einer Nord-Süd-Linie am Mittelatlantischen Rücken über mehrere Jahre verankert waren. „Unsere Messungen zeigen, dass der NAC beim Einstrom in den Ostatlantik immer noch halb so stark ist wie der Golfstrom in der Floridastraße“, erläutert Dr. Achim Roessler, der Erstautor der Studie, „aber die Stärke kann über vier bis neun Jahre hinweg um mehr als 30 Prozent schwanken“.

    Publikation: Roessler, A., M. Rhein, D. Kieke, and C. Mertens (2015), Long-term observations of North Atlantic Current transport at the gateway between western and eastern Atlantic, J. Geophys. Res., 120, doi:10.1002/2014JC010662.

    MfG

    Michael Krüger

    • @Krüger: Wer oder was ist oder war denn Ihre „Ex-Arbeitsgruppe an der Uni Bremen“, und haben Sie innerhalb dieser Arbeitsgruppe (oder sonst wo) einmal eine eigenständige wissenschaftliche Leistung zustande gebracht? Dass Sie die Lehrbuchliteratur zum Klima einigermaßen – wenn auch i.d.R. extrem ideologisch verzerrt – beherrschen, bestreitet vermutlich niemand. Mein Eindruck von Ihnen, Herr Krüger, ist vielmehr, dass Sie ein Berufsleben lang lediglich die kreativen System-Modellierungen von echten Wissenschaftlern in computertaugliche Programmstrukturen transformiert haben. Vor 50 Jahren mit Fortran angefangen, wie? Das ist natürlich auch etwas, man muss bei dieser Tätigkeit aber ganz offensichtlich nicht unbedingt verstanden haben, wie der Wissenschaftsprozess wirklich funktioniert. Das ist jedenfalls das, was ich von Ihnen gelernt habe.

      Zwei Fragen von mir an Ihre Person – früher geäußert in diesem Forum – sind immer noch offen:

      Wie definieren Sie Wohlstand?

      Haben Sie schon einmal auf Dauer bei einem Projekt konstruktiv mitgearbeitet?

  8. Das sind keine Belege, schon gar keine starken.

    Im Gegenteil, sie stehen mit solchen spekulativen Modellierungen fast alleine am Planeten:
    https://agupubs.onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1002/2013GL058636

    Das auch der Golfstrom kein absolut konstantes Gefüge im dynamischen Klimasystem darstellt und gewisse Variationen alles andere als verwunderlich sind, muss nicht erläutert werden.
    Zu behaupten, der anthropogene Anteil der jüngsten Erwärmung hätte wahrscheinlich Auswirkungen auf eine Abschwächung des Golfstromes, halte ich für völlig absurd.

    Über weite Teile des (mittleren ) Holocäns war es auch über Grönland wesentlich milder als heute, alleine schon die sommerliche Insolation lag wegen den orbitalen Parametern um ein Vielfaches über dem heutigen IR forcing und somit natürlich die sommerlichen Schmelzwasserflüsse. Die vergleichsweise minimalen Änderungen der letzten Dekaden hätten den Golfstrom damals schon längst dramatisch verändert, wäre ihr Modell auch nur ansatzweise plausibel.

    • Danke, aber wir machen keine “spekulativen Modellierungen” sondern in unserer Studie haben wir Beobachtungsdaten ausgewertet und daraus auf eine langfristige Abnahme des Golfstromsystems geschlossen. Für den von Tom Rossby untersuchten Zeitraum (Ihr Link) finden wir eine Zunahme der atlantischen Strömung – ich ergänze das noch unter meinem Artikel.

      • Die grönländischen Schmelzwasser Einträge waren über das frühe und mittlere Holozän (also Jahrtausende) um ein Vielfaches größer als über die letzten Dekaden. Das steht wohl außer Zweifel und ihnen als Ozean Experte muss man das ja nicht erläutern.
        Über diese Zeiträume kommen natürlich die orbitalen Parameter ins Spiel, welche ua. über Grönland im NHK Sommer 30-40W/m² mehr an Globalstrahlung wirken ließen, wiederum ein Vielfaches vom relativ mickrigen IR forcing heutzutage.
        Wenn man nun ihren Schlussfolgerungen Glauben schenken würde und das Ganze als klimatologisch schlüssig erachtet, dann wäre der sg. Golfstrom schon längst früher (4000-7000a) aber so richtig schwach geworden, ja fast schon kollabiert, über Jahrtausende (wobei das ja gar nicht geht, solange die Erde sich dreht) und wir hätten diese Signale gefunden. Nichts davon ist auch nur ansatzweise in der betreffenden Fachliteratur vorhanden.
        Ich (und viele andere) dürfen sie höflichst ersuchen, mit dermaßen wilden Spekulationen und Dramatisierungen Schluss zu machen, den Weg zur seriösen Klimatologie zu finden, egal wie sehr ein politischer Druck auf ihnen Lasten will oder wie sehr ihre persönliche Überzeugung gegen die Realklimatologie strebt.

        • Offenbar meinen Sie, man käme mit “wilden Spekulationen” und ohne überzeugende Belege in die Top-Fachzeitschrift Nature mit ihrem strengen Peer Review, bei dem über 90% der eingereichten Artikel abgelehnt werden? Mal ganz abgesehen davon – was ist Ihrer Meinung nach die Erklärung dafür, dass sich der subpolare Atlantik als einzige Weltregion in den vergangenen hundert Jahren nicht erwärmt, sondern abgekühlt hat? Wir sind ja nicht die ersten oder einzigen, die dies in der Fachliteratur auf eine Abschwächung der atlantischen Umwälzzirkulation zurückführen.

        • @Rudolf:

          Ich wünsche Ihnen viel Glück für Ihre Suche nach der “Realklimatologie”. Geben Sie einfach kurz Bescheid, wenn Sie sie gefunden haben.

          Vielleicht gewinnen Sie dabei dann auch ein tiefergehendes Verständnis für die Begriffe “Seriosität” oder “Höflichkeit” und können diese dann besser von den schlecht verhüllten verbalen Untergriffigkeiten in Ihren Postings abgrenzen.

        • Frau Rudolf, Ihre Aussagen haben mich neugierig gemacht.
          Das Erste was ich dazu fand: “Early Holocene large-scale meltwater discharge from Greenland documented by foraminifera and sediment parameters”, Seidenkranz et al (2013)

          Allerdings widerspricht diese Studie Ihren Aussagen in Teilen:
          – “[…] The oceanic regime off West Greenland prior to ~ 7800 cal. yr BP was […] characterised by the presence of a permanent and widespread meltwater surface layer, presumably preventing deep convection in this region.
          Ihre Aussage “Nichts davon ist auch nur ansatzweise in der betreffenden Fachliteratur vorhanden.” ist allein mit diesem Paper widerlegt.
          – Der starke Meltwater-Discharge endete laut dieser Arbeit 7700–7500 cal. yr BP, wäre also laut dieser Arbeit präsent im frühen Holozän (Holozän: 9610 BP bis ~ heute).

          Die Tatsache, dass bereits früher ozeanische Wärmeströme durch Schmelzwasser geschwächt wurden (für zahlreiche Zeiten gut belegt), spricht ja eher dafür, dass das heute wieder der Fall ist – Herr Rahmstorf leitet aus seinem Befund ja auch keine “Dramatisierung” ab, was Sie ihm etwas emotional hier vorwerfen (und vielleicht noch besser begründen wollen?). In jedem Fall danke für Ihre Diskussionsbeiträge!

  9. Da Herr Rahmstorf auf die Arbeiten von Roessler et al., die Herr Krüger zitiert und Rossby et al. auf die Frau Rudolf hinweist, in seinem Artikel mittlerweile eingegangen ist, wäre es für mich interessant zu wissen ob nun die Einwände ausgeräumt sind. Ich bitte beide (Krüger und Rudolf) sehr herzlich um eine Stellungnahme.

  10. Nun ja, es gibt in der Ozeanographie die zwei Fachbereiche angewandte Ozeanographie, die sich mit Messung und Auswertungen der gemessenen Daten befasst und theoretische Ozeanographie, die sich nahezu ausschließlich mit der Modellierung an Computern befasst. Einst mit Fortran angefangen, heute an Großrechnern. Erstes habe ich getan, Zweites macht Herr Prof. Rahmstorf. Die beiden oben zitierten Arbeiten beziehen sich auf die Messungen zum Golfstromsystem und die zeigen keinen negativen Trend, oder irgendeinen Trend in den letzten 20 Jahren. Zudem kann das Golfstromsystem in wenigen Jahren um 30-50% schwanken. Das zeigen die direkten Messungen. Prof. Monika Rhein aus Bremen hat am letzten IPCC-Bericht im Bereich Ozeanographie mitgearbeitet. Sie sagt, dem Golfstromsystem geht es gut! In der Arbeitsgruppe war ich mal tätig. Meine Arbeiten spielen da keine Rolle, die von Frau Rhein sehr wohl. Bewertungen zu meiner Person sind also nebensächlich. Wer der theoretischen Ozeanographie am Computer glauben möchte, dem sei das vergönnt. Ich glaube lediglich an die direkten Messwerte zum Golfstromsystem der letzten 2 Jahrzehnte. Zudem ist das Golfstromsystem außerhalb von Eiszeiten noch nie zum Erliegen gekommen. Das gab es noch nie in der Klimageschichte. Weder im warmen Altantikum, noch in den darauf folgenden Warmzeiten des Holozäns, in denen es in der Arktis um ca. 2°C wärmer war als in der letzten Dekade.

    MfG

    Michael Krüger

    • @Krüger: Wenn sich jemand aufführt (fast immer über die Grenzen des bürgerlichen Anstands hinaus), wie eine fachliche Misch-Reinkarnation von Heisenberg, Planck und Bohr, dann muss man sich auch diverse kritische Fragen zur Person gefallen lassen. Warum sollten diesbezügliche Bewertungen nicht statthaft sein, da Sie doch selbst in reichlichem Maß Bewertungen über andere Menschen abzugeben gewohnt sind?

      Ich bin ab und zu aus sozialpsychologischem Interesse auf der von Ihnen erheblich negativ dominierten Website. Ich erinnere mich noch gut an Ihre (ca. vier Wochen her, kann ich gerne raussuchen) von keinerlei Faktenkenntnis getrübten Äußerungen über die Waldschäden der 60er/70er-Jahre. Ganz aktuell sind Sie offensichtlich wieder einmal dabei (Wiederholungsschleife vier oder fünf?) zu demonstrieren, dass Sie den Unterschied zwischen Wetter und Klima immer noch nicht verstanden haben. Klimawandel findet nicht deshalb nicht statt, Herr Krüger, weil Ihnen letzten Montag um 18 Uhr an der linken Zehe kalt gewesen ist.

      Ich kann nach wie vor nicht erkennen, dass Sie klimawissenschaftlich schon einmal etwas geleistet haben. Klären Sie mich doch einfach auf, dann haben wir das hinter uns!

      Was Sie „glauben“ interessiert mich nicht, ich möchte für Ihre dogmatischen Thesen fundierte Begründungszusammenhänge. Legen Sie los, Herr Krüger! „Sie sagt, dem Golfstromsystem geht es gut!“ – noch nie habe ich einen solch unwissenschaftlichen Satz gehört. Sie schreiben: „Ich glaube lediglich an die direkten Messwerte zum Golfstromsystem der letzten 2 Jahrzehnte“, und im nächsten Satz machen Sie Aussagen über „das Golfstromsystem außerhalb von Eiszeiten” und: „Das gab es noch nie in der Klimageschichte.“ Au Backe!

      Übrigens 1: Schon Ihr Vornamens-Vetter

      https://www.youtube.com/watch?v=VNx29_zXw6U

      hat das grundlegende Problem aller Klima-Skeptiker zumindest indirekt erkannt: „Wenn ich 2000 Würfe am Tag mache und mache die immer mit der falschen Technik, werde ich schlechter.“ Mittlerweile seid ihr Klimaskeptiker durch methodische Mängel längst bei null angekommen.

      Übrigens 2: Verraten Sie mir doch bitte – stimmt es, dass sich alle Bremer Klimaskeptiker wegen des Klimawandels und dem steigenden Meeresspiegel Wohnmobile gekauft haben?

      Übrigens 3: Hier noch was Versöhnliches (mir tut es ja auch leid, dass es bei euch immer so kalt ist):

      https://www.youtube.com/watch?v=L-uuDBzDXAk

    • Lieber Herr Krüger, es freut mich außerordentlich, dass Sie Frau Rhein als Autorität in Klimafragen anerkennen! Sie hat ja am letzten IPCC-Bericht nicht nur mitgearbeitet, sondern das Ozeankapitel verantwortlich geleitet. Wenn Sie die Erkenntnisse aus diesem IPCC-Kapitel über die zahlreichen Auswirkungen der von uns verursachten Emissionen auf die Weltmeere (Erwärmung, Meeresspiegelanstieg, Zunahme von anthropogenem CO2 im Ozean usw.) anerkennen, haben Sie einen großen Denkfortschritt gemacht! Dafür nehme ich gerne einen kleinen Meinungsunterschied über die Strömungen im Nordatlantik in Kauf.

  11. @Rahmstorf

    „Danke der Nachfrage, dem Golfstrom geht es gut“, sagt Monika Rhein jedenfalls, wenn sie darauf angesprochen wird.

    https://www.youtube.com/watch?v=Tb452JUOgwg

    Diese Einschätzung teile ich. Und wie Sie richtig sagen, Frau Rhein hat das Ozeankapitel im letzten IPCC-Bericht von 2013 verantwortlich geleitet.

    Insofern Zustimmung von mir.

    Zustimmung auf von mir bzgl. der Klimasensitivität ohne Feedbacks von CO2 von nur 1°C, wie es schon im IPCC-Bericht von 2001 steht. Auch die Formel wird dort aufgeführt. Nur mit den positiven Feedbacks bin ich nicht einverstanden, die daraus 5-6°C machen. Von diesen geht man aus, da sich anders die Temperatursprünge von Eiszeiten zu Warmzeiten nicht erklären kann. Direkte Belege dafür gibt es nicht.

    Und wie gesagt, es gibt auch keine Belege dafür, dass das Golfstromsystem in den letzten Millionen Jahren in einer Warmzeit zum Erliegen kam. Das geschah nur während der Eiszeiten.

    Herr Buchers Angriffe gegen meine Person sind irrelevant.

    Am AWI in Bremerhaven sind die angewandte Ozeanographie und die theoretische Ozeanographie übrigens zwei getrennte Fachbereiche. Bei Ihnen am PIK ist ja auch eine Außenstelle des AWI in Potsdam. Am AWI in Bremerhaven sitzen die theoretischen Ozeanographen lediglich am Großrechner und programmieren immer noch mit alten Fortran-Codes. Die angewandten Ozeangraphen fahren hingegen mit der Polarstern in Arktis und Antarktis und messen vor Ort seit fast 4 Jahrzehnten. Auch Frau Rhein war von Bremen aus oft auf Forschungsfahrt unterwegs. Gemessen wird vor Ort und die mitgebrachten Wasserproben werden im Labor in der Bremer Uni im NW1 untersucht. Das Labor war direkt neben meinen Arbeitsraum. Dort werden keine Szenarien entwickelt, sondern es wird direkt gemessen und ausgewertet. Meine Kritik richtet sich daher gegen Szenarien, denen meiner Meinung nach die Substanz fehlt. Wie gesagt, wer aber gerne den theoretischen Szenarien Glauben schenken möchte, der möge das tun. Nur sollte man dann noch einmal darauf hinweisen, dass es sich nicht um Messungen, sondern um Szenarien handelt.

    MfG

    Michael Krüger

    • Sie betrachten also die IPCC-Berichte als Wunschkonzert, wo Sie sich ein paar Krümel herauspicken, die Ihnen ins ideologische Konzept passen – den wesentlichen Kern aber nach wie vor ablehnen. Schade.
      Übrigens handelt unsere Studie zur atlantischen Umwälzströmung ja gerade nicht von irgendwelchen theoretischen Szenarien sondern präsentiert eine Auswertung von Messdaten seit 1870, durch die wir geprüft haben, inwieweit die von Modellen vorhergesagte Entwicklung der Meerestemperaturen tatsächlich eingetreten ist. Siehe Abb. 1 im Artikel oben – im Modell wissen wir, dass genau dieses Muster Folge einer Abschwächung der Strömung ist. Frau Rheins Aussage stammt erstens aus der Zeit vor der Publikation unseres Papers, zweitens bezieht sie sich nicht auf die gesamte atlantische Umwälzströmung von der wir sprechen, und drittens auf relativ kurze Messreihen – auf einen Zeitraum, über den auch wir keine Abschwächung sehen sondern starke dekadische Schwankungen. Diese Messungen widersprechen daher in keiner Weise dem von uns diagnostizierten längerfristigen Trend, siehe das post scriptum.

    • Keine meiner Fragen wurde beantwortet, der wird wissen warum. Ich fühle mich in meinen Einschätzungen voll bestätigt. Der Hammer sind die absurden Äußerungen des Herrn Krüger zu den Waldschäden.

    • @Krüger:

      Und was ist jetzt ein “direkter Beleg” für Sie?

      Sie stellen sich mit einem Infrarot-Messgerät und einem Thermometer irgendwohin, messen täglich CO2 Konzentration und Temperatur und das solange bis sich die CO2 Konzentration verdoppelt hat?

      Und der Witz wäre, dass Ihnen dann wahrscheinlich der nächste Klima-“skeptiker” erzählen würde, dass das ja nur ein “indirekter Beleg” wäre, weil er es nicht höchstselbst gemessen hat und überhaupt sei alles gefälscht und manipuliert.

      Wissenschaftliche Methodik besteht darin, dass man nicht einfach etwas behaupten kann, weil es so lustig ist, sondern es muss nachvollziehbar und vor allem schlüssig sein, d.h. es muss sich vor allem auch in bestehende Erkenntnisse einfügen. Tut es das nicht, so liegt man entweder falsch oder es müssen auch für die damit zusammenhängenden Erkenntnisse alternative oder modifzierte Erklärungen gefunden werden, so dass der Gesamtzusammenhang in sich wieder schlüssig ist. Und das gilt ebenso für Computermodelle und Szenarien, die natürlich auch in einen solchen Gesamtzusammenhang eingebettet sind.

      Das ist natürlich ein stetiger Prozess, aber ein einfaches “das gefällt mir nicht, das glaube ich nicht” ist da zuwenig. Wenn Sie also keine ebenso schlüssigen und wissenschaftlich nachvollziehbaren alternativen Erklärungen für die “Temperatursprünge” vorweisen können, die ebenso mit den paläoklimatischen Erkenntnissen und den physikalischen Grundlagen zusammenpassen, bleibt Ihnen wohl nichts anderes übrig, als den aktuellen Stand der Wissenschaft dazu zu akzeptieren.

      • @Vandermone: Herr Krüger wird Ihnen demnächst antworten, der arbeitet derzeit noch an seiner Jahrhunderttheorie, mit weniger gibt der sich nicht ab.
        Jetzt kann er endlich einmal zeigen, dass er nicht immer nur destruktiv dagegen ist, diese Gelegenheit wird sich der Herr Krüger nicht entgehen lassen.
        Also: abwarten! Die Spannung steigt!

    • Mir ist natürlich bekannt, dass Frau Rhein diesen Punkt etwas anders einschätzt als ich – das stört mich nicht sondern ist in der Wissenschaft völlig normal, und hat Frau Rhein und mich z.B. auch nicht daran gehindert, letztes Jahr gemeinsam an einer Broschüre zum Golfstromsystem mitzuwirken. Nicht normal ist dagegen, was Sie seit vielen Jahren in Ihren Artikeln betreiben: nämlich einem Laienpublikum systematisch Unsinn zu erzählen. Wenn Sie gut begründete Argumente gegen die wesentlichen Erkenntnisse der Klimawissenschaft hätten (etwa gegen die von Frau Rhein im IPCC-Bericht verantworteten Aussagen), dann sollten Sie die in einer Fachpublikation zur Diskussion in der Fachwelt stellen. Wenn Sie tatsächlich früher in einer wissenschaftlichen Einrichtung tätig waren, dann müssten Sie ja wissen, wie das geht.

      • @Rahmstorf: Dass mit manchen Klimaskeptikern jetzt auch mal von Seiten der Wissenschaft Tacheles geredet wird, das hefte ich mir an die Brust, das sehe ich als mein Verdienst an.

        Üblicherweise zeigt man mit der Promotion, dass man eigenständig wissenschaftlich arbeiten kann. Nur einfach an einem Institut tätig gewesen zu sein, bedeutet gar nichts. Herr Krüger hat eben nicht verstanden, wie Wissenschaft wirklich funktioniert. Ein Schlüssel zu diesem Verständnis dürfte die Sichtweise von wissenschaftlicher Erkenntnis als Ergebnis eines Wettbewerbsprozesses sein.

        Ihr vorletzter Satz ist nicht ganz fair, auch wenn Herr Krüger eine Hypothese gut begründet ausgearbeitet hätte, würde eine Publikation kaum möglich sein.

        Ich glaube schon, dass man unter bestimmten Voraussetzungen und mit viel Fleiß auch als anfänglicher Laie weit in ein Fachgebiet vordringen und sogar originelle Gedanken entwickeln kann. Viele Klimaskeptiker sind ja z.B. Ingenieure, gerade im Bereich Energiesysteme/Energiewende wären einige Argumente von denen durchaus beachtenswert (klimatologisch allerdings: gar nie etwas!).

        Durch ihr ideologiebehaftetes, nicht ergebnisoffenes Denken trampeln die sich immer wieder zwanghaft die eigenen Analysen kaputt. Selbstreflexion, Differenzierungs- und Lernfähigkeit sind ganz wichtige persönliche Eigenschaften, in der Wissenschaft noch mehr als im sonstigen Leben.

        Ich sage in diesem Forum schon immer, dass Klimaforscher mehr Methodologie treiben sollten. Die Ausführungen von Vandermone sind doch ein guter, jedoch noch zu präzisierender Anfang!

        Öhm, darf ich eine Äußerung von mir (siehe weiter oben) richtig stellen? Ich lebe in Baden, bin aber nach Jahrzehnten immer noch kein Badener, meine Heimat ist die Schwäbische Alb.

  12. Hallo Herr Rahmstorf,

    Ich habe vor einigen Monaten den Blog http://arctic-news.blogspot.co.at/ entdeckt und viele Beiträge dort gelesen.
    Nun würde ich gerne wissen, was anerkannte Wissenschaftler davon halten, denn mittlerweile habe ich den Eindruck, das der Blog zwar mit wissenschaftlichen Daten der Nasa und anderen Institutionen und auch einigen Studien argumentiert, aber mir die Aussagen und Schlussfolgerungen viel zu extrem vorkommen. Das Gegenteil von Klimawandelleugnern, eher Klimawandelübertreiber. Nur ich bin ein Laie und als Laie kann ich diese Schlussfolgerungen und Argumentationen zumindest nachvollziehen.
    Aber beängstigend ist es allemal, was dort behauptet wird. (Runaway climate change, Methan, Feedback loops, extremer Temperaturanstieg innerhalb von 10 Jahren… etc)

    Tut mir leid, das ich meinen Post hier zu diesem Golfstromartikel poste, den er passt eigentlich nicht zum Thema!.

    mfg
    Mario

    • Ich habe diesen Blog nur am Rande bemerkt (durch social media postings) – mein oberflächlicher Eindruck deckt sich aber mit Ihrem, dort tummeln sich zumindest auch eine Reihe von wenig seriösen Alarmisten.

  13. Ich möchte, da die Folgen aus aller Klimaforschung nur politisch und gesellschaftlich zu verhindern wären, einiges (nur vordergründig) “off topic” anfügen.

    Ich stelle mir immer vor, nachdem ich 30 Jahre die Debatten verfolgt habe, was Menschen in z.B. 120 Jahren zu unseren Debatten sagen werden. Das Schema ist seit den ersten IPCC-Berichten von 1988 gleichgeblieben. Die Strategien der “denierInnen” haben sich gewandelt – das Prinzip ist geblieben. “This changes everything” von Naomi Klein, und die ZDF-Anstalt vom 27.2.2018, dort abrufbar – erklären das u.a.

    Nicht nur die “denierInnen” oder “was soll’s”-Leute, auch grade viele, die sich politisch den “Grünen” nahe fühlen, verhalten sich schizophren. Selbst in diesem blog gibt es durchaus Leute, die meinen, das westliche Verhalten, das in erster Linie die Klimaveränderungen bewirkt könne einfach so fortgesetzt werden. So ist Ralf Fücks, Grüner mit Zustimmung der Partei längst dabei, den steuerbefreiten (unfaßbar gestiegenen) Flugverkehr schönzureden. Grüne, die mit Airbus fürs Fliegen werben! Daß v.a. im Westen 100 mal mehr geflogen wird als um 1960, daß um 80-85% der Erdbevölkerung nie geflogen sind, daß nicht mal Kerosinsteuer und Mehrwertsteuer bezahlt wird (für Auslandflüge) – tja. 8% Emissionen (2013, seither gestiegen) gehen inzwischen aufs Konto der VielfliegerInnen. Fast 25% der Emissionen durch v.a. westlichen Tourismus! Man behauptet, das diene dem Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit, vergisst aber, daß AfD-Wähler fast genauso oft fliegen wie – die Grünen – die Partei, deren Wählerinnen am öftesten und weitesten fliegen.

    Bei jeder neuen Meldung – hier zum Golfstrom – dreht sich alles im Kreis. Ein geschickter Schachzug der Verniedlicher. George Monbiot hat in einem guten Aufsatz im Guardian Frau Merkel und ihren Ruf als “Klimakanzlerin” erklärt. (“the smog chancellor” auf seiner homepage und beim Guardian abrufbar – es lohnt sich).

    In den Medien wie in der westlichen Politik wird nach dem verpufften “hype” von 2006/07 wenig zusammenhängend berichtet. Alle weichen aus.

    Forscher der Universität Lund, Schweden, haben die Fakten gesagt. (“The four lifestyle choices that most reduce your carbon footprint” auf der homepage abrufbar).
    1. Esst deutlich weniger Fleisch im Westen.
    2. Fliegt viel weniger. Es gibt kein allein westliches Menschenrecht auf steuerbefreites Vielfliegen. Nachtzüge aufbauen statt einstellen. Lange Urlaube statt 5-10 kurze.
    3. Fahrt weniger Auto, baut den öffentlichen Nahverkehr für alle aus.

    In Lund rät man noch, zu sagen, wer 3 Kinder wollte, solle überlegen, ob nicht 2 angesichts der weltweiten Bevölkerungsentwicklung gut wären. Darauf kaprizierten sich dann natürlich sogleich die (neoliberalen) Medien a la Spiegel usw.

    Nichts davon sagen Merkel, May, sagten Blair, Schröder-Grüne,, Obama, usw. Die Verbindung von Klimaforschung und dem – Kampf gegen Klimawandel – sie funktioniert nicht, seit 30 Jahren nicht.

    PolitikerInnen lavieren sich durch (keineswegs nur Trump). Viele KlimaforscherInnen denken nicht, wie man die Forschungsergebnisse endlich in Aktion umsetzen könnte. Es ist naiv, wenn man meint, die längst neoliberal gewendeten “Grünen” wären heute noch “grün”. (dazu Naomi Klein). Die Grünen sind wie CDU, SPD, FDP “weiter so”, FDP und AfD sind teilweise “denier”. Die Linkspartei ist keine Klimapartei. Alle sind letztlich für “weiter so”. Jedes neue Forschungsergebnis, wie dieses hier zum Golfstrom, trifft auf dieses Problem, dieses Nicht-handeln. Die “denier” sind schlau, obwohl sie wissenschaftliche der “flat earth society” zugehören.

    Was also werden die Menschen in 120 Jahren sagen, wenn sie erführen, wie wir handelten?
    “Das ist, als würde man nach einem Krieg mit 200 000 Toten sagen: wollen wir die Kriegsparteien überreden, durch Werbung und immer gut gelaunt, zukünftig “nur noch” 80 000 zu ermorden?” Dies ist die Logik westlichen Handelns! Man täusche sich nicht, dieser westliche Neoliberalismus wird – wir wissen nicht genau, wann – durch Klimawandel töten. Es werden Kriege wegen Ressourcen geführt werden, viele Millionen werden gezwungen sein, zu fliehen. Da hilft es niemand, neoliberal mitzusingen und Kritik – exakt, wie es die denier tun – als “Öko-Calvinismus” (Fücks) zu verhöhnen.

    Zu den Ergebnissen der Klimaforschung muß Aufwachen und Selbstkritik kommen. Forschung muß – endlich – in Kritik münden. Sonst wird die westliche Politik des “weiter so und schöne Worte” weitergehen, und alle Anstrengungen werden scheitern.

    • @Klemperer, da muss ich Ihnen widersprechen. Das was die Forscher aus Lund schreiben, sind keine Fakten, sondern Handlungsvorschläge. Vorschläge, wie man den fossilen Kohlenstoff-Abdruck deutlich reduzieren kann. Damit ist aber nicht gesagt, ob a) diese Vorschläge in der Praxis realisierbar sind und b) ob es nicht auch andere Lösungen gibt.

      Grundsätzlich muss man auch vor der Vorstellung warnen, dass die Wissenschaft Lösungen für das Klimawandelproblem entwerfen und gar durchsetzen kann. Dieses Problem ist nur politisch zu lösen, weil dort die Mittel liegen, etwas zu ändern.

  14. @Rahmstorf

    Herr Rahmstorf, ich kann nur das veröffentlichen, was Frau Rhein an Messdaten veröffentlicht hat. Und da zeigt sich in den Messwerten ab 1940 nun mal kein Trend im Golfstromsystem, geschweige denn eine Abnahme. Allerdings natürliche Schwankungen von 30-50%.

    MfG

    Michael Krüger

    • Wie Sie bestimmt wissen, gibt es überhaupt keine Messreihe der atlantischen Umwälzströmung ab 1940 – sonst müssten wir nicht die Strömung aus Temperaturdaten rekonstruieren, geschweige denn könnte man das Ergebnis in Nature publizieren. Sie haben kein Sachargument und appellieren daher einfach an die Autorität von Frau Rhein – was deshalb von Ihnen nicht glaubwürdig ist, weil Sie diese fachliche Autorirät bei allen sonstigen Aussagen von Frau Rhein zur globalen Erwärmung nicht anerkennen. Sie argumentieren intellektuell unredlich wie alle “Klimaskeptiker”: sie picken sich einfach die Dinge heraus, die zur eigenen Ideologie passen, und bestreiten den überwältigend großen Rest. Oder wie George Monbiot es einmal beschrieben hat: “Klimaskeptiker” klettern über einen Berg von Evidenz, der Ihren Ansichten widerspricht, um ein paar Krümelchen zu finden und hochzuhalten, die Ihre Ansichten zu stützen scheinen.

      • ” Sie argumentieren intellektuell unredlich wie alle “Klimaskeptiker”: sie picken sich einfach die Dinge heraus, die zur eigenen Ideologie passen, und bestreiten den überwältigend großen Rest.”

        Das ist der Grund, weshalb ich mit Leugnern der anthropogenen Klimaerhitzung nicht diskutiere und deren “Kommentare” garnicht erst lese 🙂 Denen geht es nur darum, mit unredlichen Mitteln eine Scheindiskussion künstlich am Leben zu erhalten und das gelingt ihnen offenbar seit vielen Jahrzehnten(!) sehr erfolgreich 😉 Nun ja, ich vertraue weiterhin in aller Ruhe voll und ganz auf die Naturgesetze- da, wo der Schmerz ist, da ist die Realität.

    • Weil es keine weit zurück reichenden Messungen des Golfstromsystems gibt, versucht Frau Rhein hier etwas sehr ähnliches wir wir in unseren Studien in Nature Climate Change 2015 und Nature 2018: nämlich aus Temperaturmessungen auf die Strömung schließen. Allerdings verwendet sie die Tiefenwassertemperaturen in der Labradorsee, die m.E. bestenfalls Auskunft über die Tiefenwasserbildung in der Labradorsee geben – aber das Labradorsee-Tiefenwasser ist halt nur einer von zwei tiefen südwärtigen Strömen des Golfstromsystems. Was wir rekonstruieren möchten ist die gesamte Umwälzbewegung – im wesentlichen das, was das RAPID-Projekt seit 2004 misst. Die ist entscheidend für den nordwärtigen Wärmetransport im Atlantik und damit für das Klima, was uns primär interessiert. In unserem Paper zeigen wir ja anhand aller weltweit verfügbaren Klimamodelle, wie gut unser Index funktioniert: die Korrelation zwischen unserem temperaturbasierten Index und der tatsächlichen Veränderung der Umwälzbewegung in den Modellen beträgt 0,95! D.h. unser Index funktioniert bestens, sonst wären wir damit wohl kaum in Nature gekommen.

    • Und? Der Verlauf der Strömungen ist mir vertraut (auch ich habe Studien speziell zur Labradorsee publiziert…) Allerdings geht dieser Tiefenwasserstrom am Kontinentalrand um die Labradorsee herum; Frau Rhein zeigt Daten für die zentrale Labradorsee. Inwiefern die Temperaturen dort Aufschluss über die Umwälzzirkulation weiter im Süden im Atlantik geben ist fraglich.

  15. Ist es möglich mit Hilfe Ihrer Modelle die zukünftige Entwicklung des Golfstromsystems vorherzusagen? Wie sieht sie aus? Wie wird die Klimaerwärmung in Europa sich deshalb ändern?