Die unterschätzte Gefahr eines Versiegens des Golfstromsystems
Eine neue Modellsimulation aus den USA zum Golfstromsystem zeigt ein Abreißen der gigantischen Umwälzströmung im Atlantik nach einer CO2-Verdoppelung
Eine neue Studie der renommierten Scripps Institution of Oceanography in San Diego und der University of Wisconsin-Madison hat bedeutende Implikationen für die künftige Stabilität des Golfstromsystems. Die Forscher um Wei Liu korrigierten den Süßwassereintrag in den Ozean in einem der gängigen globalen Klimamodelle (dem CCSM3 Modell des National Center for Atmospheric Research), um dort die beobachtete Salzkonzentration im Meerwasser besser wiederzugeben. Während im unkorrigierten Modell die Atlantikzirkulation recht stabil ist und sich als Reaktion auf eine CO2-Verdoppelung nur um rund 20% abschwächt, bricht sie in der korrigierten Modellversion zusammen. Erschienen ist die Arbeit in der Fachzeitschrift Science Advances, dem neuen Online-Ableger des Traditionsjournals Science.
Die mögliche Instabilität der Umwälzzelle im Atlantik (Atlantic Meridional Overturning Circulation oder AMOC – landläufig als Golfstromsystem bekannt) beschäftigt die Wissenschaft spätestens seit den 1980er Jahren, als Wallace Broecker in einem Aufsatz in Nature vor unangenehmen Überraschungen im Treibhaus warnte. Grund waren wachsende Hinweise auf abrupte Klimaänderungen in der Erdgeschichte aufgrund von Instabilitäten der Atlantikströmung.
Abb. 1 Schema der Atlantikströmungen (stark vereinfacht). In rot die relativ warme Oberflächenströmung, in blau die kalte Tiefenströmung. Der nordwärtige Oberflächenstrom und der südwärtige Tiefenstrom ergeben zusammen die Umwälzbewegung des Atlantik (Atlantic Meridional Overturning Circulation, AMOC), populär auch als Golfstromsystem bekannt. Grafik: S. Rahmstorf (Nature 1997), Creative Commons BY-SA 4.0.
Warum es einen Kipppunkt der Strömung gibt
Der grundlegende physikalische Mechanismus dieser Instabilität war bereits durch Henry Stommel im Jahr 1961 beschrieben worden. Zentral dafür ist der Süßwasserhaushalt (Niederschläge minus Verdunstung), der den Salzgehalt bestimmt. In den nördlichen Atlantik fließt ständig Süßwasser durch Niederschläge, Flüsse und Eisschmelze. Doch der Nachschub an salzreichem Wasser aus dem Süden, eben durch das Golfstromsystem, gleicht dies aus. Erlahmt dagegen die Strömung, dann kommt weniger Salznachschub, und an der Oberfläche sammelt sich zunehmend mit Süßwasser verdünntes Meerwasser. Das ist leichter als salzigeres Wasser und kann daher nicht so leicht in die Tiefe absinken. Da dieses Absinken – die sogenannte Tiefenwasserbildung – das Golfstromsystem antreibt, erlahmt die Strömung damit weiter. Es gibt einen kritischen Punkt, an dem dies zum unaufhaltsamen Teufelskreis wird. Dies ist einer der klassischen Kipppunkte im Klimasystem.
Wo dieser Kipppunkt genau liegt ist allerdings nach wie vor unklar. Die allermeisten Modelle zeigen bei typischen globalen Erwärmungsszenarien bis 2100 zwar eine deutliche Abschwächung des Golfstromsystems um 20% bis 50% – überschreiten aber nicht den Kipppunkt. Allerdings streuen die Modelle stark – was insofern nicht überrascht, als die Stabilität der Atlantikströmung von einer subtilen Balance im Salzgehalt und damit auch vom Süßwasserhaushalt abhängt, der aber nur recht ungenau bekannt und berechenbar ist. Zudem gibt es schon länger ernsthafte Hinweise darauf, dass die Modelle nicht nur ungenau sind, sondern womöglich fast allesamt systematisch die Stabilität der Atlantikströmung überschätzen. Diese Hinweise haben wir 2009 in einem Review-Artikel in PNAS diskutiert.
Was macht die neue Studie anders?
Laut Erstautor Wei Liu war der Ausgangspunkt der neuen Studie meine Arbeit von 1996 zum Zusammenhang von Süßwasserhaushalt und Stabilität der Strömung. Damals habe ich gezeigt, wie man die Stabilität der Strömung aus einer Analyse des Süßwassertransports im Atlantik bei 30° Süd diagnostizieren kann. Entscheidend ist, ob die Umwälzströmung insgesamt Süßwasser in das Atlantikbecken hinein transportiert, oder ob sie es exportiert. Mein Artikel endete mit der Anregung, dies aus Beobachtungsdaten zu klären. Kollegen aus Holland haben dies dann auch getan (Weijer et al. 1999). Es folgten mehrere Arbeiten, die diese Diagnose für verschiedene Klimamodelle durchführten (e.g., Pardaens et al. 2003, de Vries und Weber 2005, Dijkstra 2007, Drijfhout et al. 2010, Hawkins et al. 2011). Nach den Beobachtungsdaten exportiert die Strömung Süßwasser – deshalb kann es sich im Atlantik ansammeln, wenn die Strömung erlahmt, was gerade die von Stommel 1961 und Broecker 1987 beschriebene Instabilität verursacht. In den meisten Modellen dagegen importiert sie Süßwasser, daher ist die Strömung dort grundlegend stabil. Ein systematischer Modellfehler in Richtung zu großer Stabilität passt auch dazu, dass die Klimamodelle den beobachteten Abkühlungstrend im subpolaren Atlantik unterschätzen, der nach unserer Überzeugung ein Hinweis auf ein erlahmendes Golfstromsystem ist (Rahmstorf et al. 2015).
Die neue Studie versucht dieses Defizit zu korrigieren, indem der Süßwassereintrag an der Meeresoberfläche in einem Klimamodell gezielt verändert wurde mit einer sogenannten Flusskorrektur (die auch die Wärmeflüsse umfasst, aber das dürfte hier sekundär sein). Im Ergebnis stimmt der Salzgehalt im Ozean des Modells für das heutige Klima dann besser mit dem des echten Ozeans überein. Dies ist ein wichtiges Kriterium: denn während Niederschlag und Verdunstung über den Ozeanen schwer messbar und daher nur sehr ungenau bekannt sind, haben wir über die Verteilung des Salzgehalts detaillierte und präzise Informationen aus Schiffsmessungen. Außer der verbesserten Salzverteilung hat diese Korrektur keinen nennenswerten Einfluss auf das Modellklima für die Gegenwart.
Und das Ergebnis…
Mit beiden Modellvarianten – mit und ohne die subtile Korrektur der Salzverteilung – haben die amerikanischen Kollegen nun ein Experiment durchgeführt, bei dem die CO2-Menge in der Luft verdoppelt wurde. Die Reaktion der Atlantikzirkulation ist im folgenden Bild gezeigt. Ohne Korrektur erweist sich die Zirkulation als sehr stabil gegenüber der massiven Störung. Mit der Korrektur dagegen bricht die Strömung im Laufe von rund 300 Jahren zusammen. Schon nach 100 Jahren hat sie ein Drittel ihrer Kraft verloren.
Abb. 2 Zeitverlauf der Atlantikströmung (AMOC) in den beiden Modellvarianten: ohne Korrektur (blau) und mit Korrektur (orange). Im Modelljahr 201 wird die CO2-Konzentration im Modell verdoppelt und danach auf diesem Niveau belassen. Quelle: Liu et al., Science Advances 2016.
Das Abbrechen der wärmenden Strömung führt erwartungsgemäß im Modell zu einer Abkühlung im Nordatlantikraum, die in Abbildung 3 gezeigt ist. Dabei sind auch Landgebiete betroffen: neben Grönland und Island vor allem Großbritannien und Skandinavien.
Abb. 3 Temperaturveränderung in den Wintermonaten, 300 Jahre nach der CO2-Verdoppelung im Experiment. Durch die fast komplett erloschene Atlantikströmung hat sich der nördliche Atlantikraum deutlich abgekühlt. Quelle: mit freundlicher Genehmigung von Wei Liu.
Diese neue Studie ist sicher nicht das letzte Wort in dieser wichtigen Frage. Im Vergleich mit den Messdaten scheint die Korrektur etwas zu stark zu sein – die korrigierte Modellversion könnte daher zu instabil sein. Da Rechenzeit knapp und teuer ist, wurde die CO2-Konzentration in den Experimenten schlagartig verdoppelt, statt ein realistischeres Emissionsszenario durchzurechnen. Das Experiment wurde nur mit einem einzigen Klimamodell durchgeführt; für robuste Schlüsse wartet man normalerweise, bis eine Reihe von Modellen übereinstimmende Resultate zeigt.
Auch wurde kein Schmelzwassereinfluss vom schwindenden Kontinentaleis auf Grönland berücksichtigt, der die Strömung zusätzlich schwächen könnte. Dazu hatte es erst vor drei Wochen eine neue Studie gegeben (Bakker et al. 2016), die mit einem Emulator Vergleiche durchgeführt hat, einmal mit und einmal ohne Berücksichtigung des Schmelzwassereinstroms. (Ein Emulator ist ein stark vereinfachtes Rechenmodell, das die Resultate von komplexen Zirkulationsmodellen auf sparsame Weise reproduziert, sodass viele Versuche damit gemacht werden können.) Bei ungebremsten Emissionen (RCP8.5 Szenario) schwächt sich bis zum Jahr 2300 ohne Grönland-Schmelze das Golfstromsystem im Mittel um 37% ab. Mit Grönland-Einfluss sind es 74%. Und vor einigen Monaten erschien eine Studie mit einem hoch aufgelösten Ozeanmodell, die nahelegt, dass das Schmelzwasser von Grönland schon in wenigen Jahrzehnten die Strömung erheblich beeinträchtigen dürfte (Böning et al. 2016 – wir berichteten).
Es gibt also zwei Faktoren, durch die bislang die Gefahr eines Versiegens des Golfstromsystems unterschätzt worden sein könnte. Erstens haben Klimamodelle wohl eine systematisch zu stabile Strömung. Zweitens berücksichtigen sie zumeist nicht die Eisschmelze von Grönland. Wie die neuen Studien zeigen, kann jeder dieser Faktoren alleine schon zu einer erheblich stärkeren Abschwächung des Golfstromsystems führen. Als nächstes sollte jetzt untersucht werden, wie diese beiden Faktoren zusammen wirken.
Ich hoffe, die besorgniserregenden neuen Ergebnisse werden möglichst viele andere Forschergruppen anregen, dieser Frage mit ihren eigenen Modellen nachzugehen!
Weblinks
Washington Post: Scientists say the global ocean circulation may be more vulnerable to shutdown than we thought
Climate Central: Potential for Collapse of Key Atlantic Current Rises
The Verge: Climate change may shut down a current that keeps the North Atlantic warm
The Atlantic: The Atlantic Ocean and an Actual Debate in Climate Science
Spiegel Online: Forscher warnen vor Kollaps des Golfstroms
Videovortrag zum Golfstromsystem
Weitere KlimaLounge-Artikel zum Golfstrom
Q&A zum Golfstromsystem und dem “cold blob” im Atlantik
Fachliteratur
- W.S. Broecker, “Unpleasant surprises in the greenhouse?”, Nature, vol. 328, pp. 123-126, 1987. http://dx.doi.org/10.1038/328123a0
- H. STOMMEL, “Thermohaline Convection with Two Stable Regimes of Flow”, Tellus, vol. 13, pp. 224-230, 1961. http://dx.doi.org/10.1111/j.2153-3490.1961.tb00079.x
- T.M. Lenton, H. Held, E. Kriegler, J.W. Hall, W. Lucht, S. Rahmstorf, and H.J. Schellnhuber, “Tipping elements in the Earth’s climate system”, Proceedings of the National Academy of Sciences, vol. 105, pp. 1786-1793, 2008. http://dx.doi.org/10.1073/pnas.0705414105
- M. Hofmann, and S. Rahmstorf, “On the stability of the Atlantic meridional overturning circulation”, Proceedings of the National Academy of Sciences, vol. 106, pp. 20584-20589, 2009. http://dx.doi.org/10.1073/pnas.0909146106
- S. Rahmstorf, “On the freshwater forcing and transport of the Atlantic thermohaline circulation”, Climate Dynamics, vol. 12, pp. 799-811, 1996. http://dx.doi.org/10.1007/s003820050144
- W. Weijer, W.P.M. de Ruijter, H.A. Dijkstra, and P.J. van Leeuwen, “Impact of Interbasin Exchange on the Atlantic Overturning Circulation”, Journal of Physical Oceanography, vol. 29, pp. 2266-2284, 1999. http://dx.doi.org/10.1175/1520-0485(1999)029<2266:IOIEOT>2.0.CO;2
- A.K. Pardaens, H.T. Banks, J.M. Gregory, and P.R. Rowntree, “Freshwater transports in HadCM3”, Climate Dynamics, vol. 21, pp. 177-195, 2003. http://dx.doi.org/10.1007/s00382-003-0324-6
- P. de Vries, “The Atlantic freshwater budget as a diagnostic for the existence of a stable shut down of the meridional overturning circulation”, Geophysical Research Letters, vol. 32, 2005. http://dx.doi.org/10.1029/2004GL021450
- H.A. Dijkstra, “Characterization of the multiple equilibria regime in a global ocean model”, Tellus A, 2007. http://dx.doi.org/10.3402/tellusa.v59i5.15173
- S.S. Drijfhout, S.L. Weber, and E. van der Swaluw, “The stability of the MOC as diagnosed from model projections for pre-industrial, present and future climates”, Climate Dynamics, vol. 37, pp. 1575-1586, 2010. http://dx.doi.org/10.1007/s00382-010-0930-z
- E. Hawkins, R.S. Smith, L.C. Allison, J.M. Gregory, T.J. Woollings, H. Pohlmann, and B. de Cuevas, “Bistability of the Atlantic overturning circulation in a global climate model and links to ocean freshwater transport”, Geophysical Research Letters, vol. 38, pp. n/a-n/a, 2011. http://dx.doi.org/10.1029/2011GL047208
- W. Liu, Z. Liu, and E.C. Brady, “Why is the AMOC Monostable in Coupled General Circulation Models?”, Journal of Climate, vol. 27, pp. 2427-2443, 2014. http://dx.doi.org/10.1175/JCLI-D-13-00264.1
- S. Rahmstorf, J.E. Box, G. Feulner, M.E. Mann, A. Robinson, S. Rutherford, and E.J. Schaffernicht, “Exceptional twentieth-century slowdown in Atlantic Ocean overturning circulation”, Nature Climate Change, vol. 5, pp. 475-480, 2015. http://dx.doi.org/10.1038/NCLIMATE2554
- P. Bakker, A. Schmittner, J.T.M. Lenaerts, A. Abe-Ouchi, D. Bi, M.R. van den Broeke, W. Chan, A. Hu, R.L. Beadling, S.J. Marsland, S.H. Mernild, O.A. Saenko, D. Swingedouw, A. Sullivan, and J. Yin, “Fate of the Atlantic Meridional Overturning Circulation: Strong decline under continued warming and Greenland melting”, Geophysical Research Letters, 2016. http://dx.doi.org/10.1002/2016GL070457
- C.W. Böning, E. Behrens, A. Biastoch, K. Getzlaff, and J.L. Bamber, “Emerging impact of Greenland meltwater on deepwater formation in the North Atlantic Ocean”, Nature Geoscience, vol. 9, pp. 523-527, 2016. http://dx.doi.org/10.1038/ngeo2740
Ein Versiegen des Golfstroms wäre besonders fatal für Nordeuropa, wenn die globale Erwärmung “nur” gerade 2 Grad Celsius wäre, denn das würde bedeuten, dass es in Nordeuropa deutlich kälter werden würde als es heute ist. Bei einer globalen Erwärmung von 4 Grad Celsius dagegen könnte ein Versiegen des Golfstroms bedeuten, dass sich die Durchschnittstemperaturen in Nordeuropa kaum von den heutigen unterscheiden. Nur gerade der Unterschied Sommer/Winter wäre dann (eventuell) akzentuierter.
Diesen Eindruck erhalte ich jedenfalls nach Lesen von Die Wärmepumpe für Nordeuropa wo man liest:
Doch unabhängig von den konkreten Auswirkungen auf Nordeuropa bedeutet ein Versiegen des Golfstroms eine fundamentale Änderung der Strömungsverhältnisse mit wahrscheinlich Auswirkungen auf lokale Meeresspiegel, Auswirkungen auf die Fischfanggründe usw. Dann wären wir tatsächlich in einem ganz anderen Erdsystem und einem ganz anderen Klima angekommen – etwas was die Verfechter der 2°C-Grenze ja erst (deutlich?) über 2°C Erwärmung des Erdsystems ansetzen.
Wenn Tipppunkte überschritten werden ändert sich nicht selten etwas fundamental und nicht nur graduell. Es müsste also gefragt werden, welche Tipppunkte werden mit grosser Wahrscheinlichkeit überschritten, wenn die durchschnittliche Oberflächentemperatur beispielsweise um 2°Celsius steigt. Nun, es scheint jetzt schon gewiss, dass dann die Arktis einen grossen Teil des Sommers eisfrei ist. Man kann dies als Tipppunkt betrachten, denn dadurch verändert sich auch die Albedo der Arktis was Auswirkungen auf das gesamte arktische Klima hat. Nur schon das könnte bewirken, dass ein um 2°Celsius wärmeres Erdsystem eben nicht nur etwas wärmer sondern auch ziemlich anders wäre als das heutige Erdsystem.
Zu ihrer Frage hier eine Grafik: https://twitter.com/rahmstorf/status/745899040420864000
Frage: Verzögert die Abschwächung des Golfstroms die Arktisschmelze?
Danke für Ihre Arbeit, Ihre Aufklärung und beste Wünsche für das Jahr 2017
Bislang nicht – bislang ist die Kälteblase im subpolaren Atlantik nur dort, wo ohnehin kein Eis ist. Die Strömung hat sich bislang bestenfalls nur geringfügig (ca 15%) abgeschwächt. Wenn das dann mal so aussehen würde wie in Abb. 3 oben, dann würde das aber zu einer Ausdehnung des Meereises führen.
Noch eine Frage: Wo bleibt die im Golfstrom gespeicherte Wärme, wenn dieser sich abschwächt oder gar abreißen würde? Oder anders gefragt: Wird es dann nicht woanders wärmer?
Ja klar. Die Meeresströme verteilen die Wärme nur. Bei einem Erlahmen der Umwälzzelle im Atlantik wird es vor allem im Südatlantik wärmer. Diese Strömung transportiert große Wärmemengen über den Äquator hinweg nach norden und ist übrigens der Hauptgrund dafür, dass die Nordhalbkugel wärmer ist als die Südhalbkugel: http://www.pik-potsdam.de/~stefan/Publications/Journals/feulner%2Bhemispheres_jclim_2013.pdf
Was dann wieder Süßwasser entziehen würde.
Richtig. Wenn die Strömung einmal umgekippt ist, kommt sie dann aber dennoch nicht zurück (wie man auch an der Abb. 2 sieht), da der Prozess irreversibel ist.
Sehr geehrter Herr Rahmstorf,
Vielen Dank für den Artikel und ein frohes neues Jahr!
Wenn die Export/Import Frage schon seit 2000 geklärt ist, warum wurden die Modelle noch nicht korrigiert( d.h. für mich, die entsprechenden Annahmen werden grundsätzlich gemacht und nicht bei einzelnen vergleichenden Rechnungen)?
Weis man eigentlich auch etwas über die Folgen auf der Südhalbkugel/in der Karibik wenn dort die Wärme verbleibt?
Viele Grüße
Diese Korrektur des Salzgehalts ist ein künstlicher Eingriff in das Modell auf Grundlage von Beobachtungsdaten. Solche Korrekturen (“Flusskorrekturen”) waren früher als Notlösung durchaus üblich, als die Modelle noch nicht so weit entwickelt und die Rechenleistung der Computer geringer war. Heute sind Klimamodellierer stolz darauf, dass die Modelle auch ohne Korrekturen und Rückgriff auf Messdaten, nur auf Basis der einprogrammierten Gleichungen der Hydrodynamik und Thermodynamik etc., gute Ergebnisse liefern. Dass dies allerdings nicht unbedingt alles richtig macht, besonders wenn es um ein hochgradig nichtlineares Phänomen wie die Stabilität der thermohalinen Ozeanzirkulation geht, das zeigt u.a. die neue Studie. Aber auch dort ist die künstliche Korrektur nur eine Notlösung, um auf das Problem aufmerksam zu machen, und Wei Liu denkt bereits darüber nach, wie man die relevanten Modellfehler durch Verbesserung der Physik im Modell beseitigen kann.
Das beantwortet noch nicht ihre Frage, warum dieses Thema nicht schon Jahre früher angepackt wurde und man nicht schon weiter ist – dazu würde ich sagen, dass es offenbar bislang nur wenige Forscher genug interessiert hat, um daran zu arbeiten. Neben uns vor allem die holländischen Kollegen (Dijkstra, Weijer, Drijfhout, Weber etc.) wobei mit meiner sehr geschätzten Kollegin Nanne Weber aus Utrecht leider auch eine der treibenden Kräfte allzu früh durch Krankheit verstorben ist.
Sehr geehrter Herr Rahmsdorf!
In Ihrem Artikel “QA zum Golfstromsystem und dem Cold Blob im Atlantik” haben Sie in einer Antwort auf Herrn Krüger geschrieben: “Ein Abreißen der Atlantikzirkulation hält ja nicht ewig an”. Jetzt schreiben Sie hier “da der Prozess irreversibel ist.”. Verstehe ich da etwas falsch oder beziehen Sie sich auf unterschiedliche Prozesse?
Im gleichen Artikel haben Sie die Wahrscheinlichkeit eines Versiegen des Golfstromsystem mit 10% bezeichnet. Würden Sie diese Einschätzung nach der neuen Modellsimulation ändern?
MfG
Thomas Blöthe
Gute Frage! Tatsächlich deutet vieles darauf hin (wie wir in einem Artikel in Nature 2001 ausführlich begründet haben) dass das System heute bistabil ist (also auch der Zustand ohne Golfstromsystem ein stabiler wäre, vorausgesetzt die Tiefenwasserbildung in der Antarktis geht weiter), während der letzten Eiszeit dagegen monostabil (d.h. die Zirkulation erholte sich nach jedem Kollaps nach ~ 1000 Jahren wieder). Es hängt also wohl vom Klimazustand ab, wie lange die Tiefenwasserbildung im Nordatlantik ausbleiben kann – irgendwo auf der Welt muss sich aber Tiefenwasser bilden, eine Situation ganz ohne Tiefenwasserbildung ist aus grundlegenden physikalischen Erwägungen nicht auf Dauer stabil.
Und nein, meine Einschätzung von 10% hat sich nicht geändert – ich kannte die neue Studie von Wei Liu ja längst, als ich diesen früheren Blogeintrag geschrieben habe. Ich schreibe aber natürlich erst jetzt hier über diese Studie, wo sie publiziert ist.
Thanks for so great article! It was a bit hard, but I translated it in English, thanks again! Sorry for writing in English, cause my Deutsch is poor 🙂
You could have read the English version at RealClimate: http://www.realclimate.org/index.php/archives/2017/01/the-underestimated-danger-of-a-breakdown-of-the-gulf-stream-system/
Sorry for not pointing to that here.
Was ist der tieferliegende physikalische Grund dafür, daß die Umwälzpumpe Süsswasser aus dem Atlantik heraustransportiert und nicht importiert? Steht hierüber etwas in den zitierten Veröffentlichungen, die sich im wesentlichen auf numerische Modelle zu stützen scheinen?
Und wenn ich es richtig sehe: Würde das Umwälzsystem Süßwasser in den Atlantik importieren, wäre es zwar stabil, aber der Golfstrom könnte sich in höheren Breiten dann ohnehin nicht ausbilden mit den bekannten Folgen.
Der tiefere Grund ist die Verteilung von Verdunstung und Niederschlägen. Wenn deutlich weniger Niederschläge in den Atlantik fallen würden, dann würde die AMOC kein Süßwasser hinaustransportieren, und die Strömung wäre sowohl stärker als auch stabil.
“…haben die amerikanischen Kollegen nun ein Experiment durchgeführt, bei dem die CO2-Menge in der Luft verdoppelt wurde.”
Sehr geehrter Herr Prof. Rahmstorf,
diese Verdoppelung bezieht sich vermutlich auf den Wert vor der Industrialisierung (also von 280 ppm auf 560 ppm)?
Oder geht das Modell von einer Verdoppelung vom aktuellen Wert aus?
Vielen Dank und Grüße.
Nein, in diesem Fall von 350 auf 700 ppm. (Aktuell liegen wir bei 405 ppm.
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Ich vermisse hier – bislang – einen Kommentar eines von RWE (oder ähnlich gelagerten Interessenten) bezahlten “Forschers” bzw. Klimaskeptikers. Nicht zuletzt, weil dies einen hohen Unterhaltungswert bietet.
Darum möchte ich einmal in die Vorlage gehen und quasi Vox Diaboli spielen: Wenn der Golfstrom versiegt bzw. sich umlenkt oder jedenfalls in seiner Stärke deutlich nachlässt, könnte damit dann nicht auch das Problem mit dem abschmelzenden Grönlandeis erledigt sein?
Das heißt, Venedig wird Venedig bleiben – wenngleich deutlich kühler, und in Mecklenburg-Vorpommern bekommen wir eventuell sogar die Tundra zu sehen.
(es ist nicht so, dass ich derartige, überwiegend von Menschen gemachte Klima-Uumbrüche gut heißen würde – oder diese Entwicklungen auch nur im Ansatz vorher sagen, oder auch nur ansatzweise fachkundig erörtern könnte, aber die Konsequenzen einer derartigen Entwicklung interessieren mich dann doch..)
@Dean. Auf der Website der RWE können Sie – etwa zum (von mir schon öfter angesprochenen) Thema “Verantwortung” – das genaue Gegenteil von dem lesen, was Klimaskeptiker propagieren. Schauen Sie am besten auch einmal bei der Innogy vorbei: das ist die Zukunft, und für die erneuerbare Zukunft benötigen wir auch größere Unternehmen.
Stefan Rahmstorf
…..sensible Meresströmungen.
In diesem Punkt teile ich Ihre Befürchtungen.
Wie sensibel Meereströmungen sind kann man an einfachen Beispielen festmachen. An der irishen Ostküste hat mir mal eine Irin gezeigt wo sie als Kind auf einem Weizenfled gearbeitet hat und zeigte auf das Meer hinaus.
Die Leute, die dort wohnten hatten den Sand am Strand als Baumaterial abgekarrt, obwohl das verboten ist.
Ein Eimer reicht, dass das Verhältnis von Aufschwämmung und Abschwämmung kippt. Und diese Vorgang ist nicht umkehrbar.
Oft werden ja bei solchen postulierten Prozessen Risikowahrscheinlichkeiten angegeben – das haben Sie, Herr Professor Rahmstorf, anderswo auch schon gemacht. Das halte ich methodologisch jedoch für problematisch. Wir haben es beim zukünftigen Golfstrom mit einer Ungewissheitssituation zu tun, eine Änderung ist nach derzeitigem Forschungsstand möglich, mehr können wir nicht aussagen. Nur dann macht übrigens der im Aufsatz verwendete Begriff der „unangenehmen Überraschung“ einen sprachlichen Sinn.
Wir Ökonomen unterscheiden bei postulierten Zustandsvariablen zwischen Sicherheit, Risiko und Ungewissheit (die daraus ableitbaren Konsequenzen für rationale Verhaltensstrategien sind erheblich).
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob mein Beitrag wirklich relevant ist! Vielleicht gibt es aber Leute, die über solche Fragen nachdenken.
Es geht bei dieser Studie (und den vielen Vorläufern) nicht um Vorhersage, sondern um eine Risikoabschätzung.
Klingt beinahe einleuchtend.
Wie erklären Sie sich aber die Tatsache, dass in der ersten Hälfte (und insbesondere zu Beginn) des Holozäns der Süßwassereintrag in die Golfstromregion durch abschmelzende Gletscher ungleich höher war als heutzutage? Wieso ist damals der Golfstrom nicht zusammengebrochen?
Mir erscheint das diskutierte Szenario als reine Spekulation.
In diesem Zusammenhang fällt mir erneut auf, dass zur Schaffung von “Horrorszenarien” praktisch immer RCP8.5 verwendet wird, das das extremste – aber ziemlich unplausible – Emissionsmodell in den diversen Modellrechnungen darstellt. Steckt da nicht ein bisschen viel Politik dahinter?
Am Ende der letzten Eiszeit ist die atlantische Strömung ja tatsächlich zusammengebrochen, wahrscheinlich wegen des Schmelzwassereintrags. In der Jüngeren Dryas für rund ein Jahrtausend.
In der Studie von Liu wird nicht das RCP8.5 Szenario verwendet sondern die CO2-Konzentration verdoppelt von 350 auf 700 ppm; bei RCP8.5 wären wir im Jahr 2100 schon bei mehr als 900 ppm.
Auf welcher Basis bezeichnen Sie einen ganzen Strang der Wissenschaft, der seit rund 20 Jahren u.a. mittels quantitativer Simulationsrechnungen die Stabilität der Atlantikströmungen besser zu verstehen sucht, als “reine Spekulation”?
Na ja, ich sprach ja auch vom Beginn des Holozäns, zu dem die Jüngere Dryas nun wahrlich nicht gehört. Die Jüngere Dryas ist gekennzeichnet durch einen scharfen Temperaturabfall von 3 bis 4 °C. Hier fand sicherlich keine starke Gletscherschmelze statt. Diese setzte doch erst richtig zu Beginn des Holozäns ein.
Die Gletscherschmelze in der heutigen Zeit liegt um Größenordnungen unterhalb der zu Beginn des Holozäns.
Sie stören sich am Begriff “Spekulation”. Schlussfolgerungen aus Simulations- bzw. Modellrechnungen sind aber grundsätzlich spekulativer Art. Prognosetauglichkeiten sind nur dann daraus ableitbar, wenn diese durch Messungen über einen langen Zeitraum hinweg verifiziert sind und wenn man alle relevanten Einflussgrößen hinreichend genau kennt und in den Modellen abbilden kann.
An diesem Problem kranken ja beispielsweise alle CMIP-Modelle.
Als Physiker wissen Sie (das haben wir alle in der Ausbilung gelernt), dass Modellrechnungen genau das widerspiegeln, was an Parametern und Algorithmen hineingesteckt wurde. Mit diesen Modellen kann überprüft (genauer: falsifiziert) werden, ob die eigenen Vorstellungen kompatibel zu realen Messungen sind. Dies ist eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für die korrekte Modellierung.
Ist dies nicht der Fall, dann sind alle Prognosen Mist und sollten auch als solcher bezeichnet werden. Bestenfalls kann man das Modell korrigieren bzw. weiter verfeinern. Schlimmstenfalls muss man es wegwerfen und von vorne anfangen.
Nun sind die Grundlagen des Treibhauseffekts und der sich daraus ergebenden Erwärmung ja seit vielen Jahrzehnten so gut verstanden, dass bereits in den 1970ern (als keine Erwärmung in den Messdaten ersichtlich war) die kommende globale Erwärmung auch quantitativ korrekt vorhergesagt wurde. Die Modelle können zweifellos nicht alles perfekt wiedergeben, und bei der Instabilität der Ozeanzirkulation (einem sehr nichtlinearen Prozess) gibt es Probleme mit den Modellen, wie in meinem Beitrag geschildert. Diese Fragestellung ist eine besonders harte Nuss, die wie gesagt noch weitere Forschung benötigt, bevor man auch dazu robuste Vorhersagen machen kann.
Hm, offenbar hat es meinen Text ein wenig zerbröselt (negativer und positiver Feedback).
Hier nochmals mein Kommentar:
> Nun sind die Grundlagen des Treibhauseffekts und der sich daraus ergebenden
> Erwärmung ja seit vielen Jahrzehnten so gut verstanden …
Die Grundlagen des Treibhauseffekts sind sicherlich soweit verstanden, so dass man von einer Temperaturerhöhung bei einer CO2-Verdopplung von ~1 Grad ausgehen kann. Was aber noch weitgehend ungeklärt ist, sind die Feedbackeffekte, z.B. durch verstärkte Wasserdampfbildung und CO2-Ausgasung bei Erwärmung der Ozeane – oder durch Wolkenbildung.
Der Gesamt-Feedback ist vollständig ungeklärt. Zwischen negativem Feedback (Temperaturerhöhung 6-8°C) sind alle Werte in der Literatur vertreten. Diese Unsicherheit spiegelt sich auch im AR5 wieder, in dem der wahrscheinliche Bereich mit 1,5 – 4,5 Grad angegeben ist (Faktor 3!). Wegen massiver Unstimmigkeiten zwischen den Experten gab es keinen “best estimate”.
Neuere Untersuchungen deuten auf einen Wert in der Nähe der Untergrenze hin.
Lewis & Curry (2014) beispielsweise ermittelten unter Verwendung des AR5 diese Werte:
TCR = 1,33 K
ECS = 1,64 K
Durch die geeignete Wahl von “base period” und “final period” wurde der Einfluss von vulkanischer Aktivität und multidekadischer Oszillationen minimiert.
Deren Ansatz geht offenbar davon aus, dass der resultierende Effekt CO2-bedingt ist. Langperiodische Klimaeffekte (z.B. Eddy-Zyklus, Erholung von Kleiner Eiszeit!) blieben unberücksichtigt, so dass TCR und ECS durchaus niedriger liegen können.
https://niclewis.files.wordpress.com/2014/09/lewiscurry_ar5-energy-budget-climate-sensitivity_clim-dyn2014_accepted-reformatted-edited.pdf
Aus solch niedrigen Sensitivitäten lässt sich ein CAGW keinesfalls ableiten. Hier gibt es eben wesentlich weniger Süßwassereintrag ins Meer.
Da sind Sie einfach anderer Meinung als die überwältigende Mehrheit der Klimaforscher – das ist Ihr gutes Recht. Zu vielen Ihrer Punkte könnte ich jetzt etwas sagen (und habe ich ja auch in früheren Artikeln, z.B. zur Klimasensitivität), aber das würde dann vom Thema dieses Blogbeitrags doch zu weit weg führen.
Sehr geehrter Herr Kohl,
ich bitte um Nachsicht für die Einmischung; Sie schrieben:
[Sie stören sich am Begriff „Spekulation“.]
Wie sie wissen, benutzten Sie nicht (nur) den Begriff “Spekulation” sondern schrieben “reine Spekulation” -als Synonym für reine Fantasie oder Gedankenwillkür. Damit werden Sie den Simulationsrechnungen sicherlich nicht gerecht auch wenn diese nicht alles rundum perfekt abbilden. Niemand würde beispielsweise eine Wettervorhersage als “reine Spekulation” abtun wollen. Da steckt sehr viel Arbeit drin. Nicht umsonst zählen auch Metereologen zu den größten Kunden von Rechnerkapazität.
Zu RCP8.5:
Ich hatte nicht behauptet, dass in der Studie von Liu et al. dieses Emissionsmodell verwendet wurde. In der weiteren Diskussion hatten Sie es selbst ins Spiel gebracht. Darauf bezog sich mein Kommentar. RCP8.5 wird immer dann zitiert bzw. den Berechnungen zugrundegelegt, wenn man CAGW berechnen und verkünden möchte. Wenn dabei andere Emissionsszenarien nicht diskutiert werden, stellt sich dies für mich als pure Politik dar.
Übrigens beschreibt RCP8.5 nicht “ungebremste Emissionen” (Ihre Aussage), sondern den dreifachen Verbrauch an Primärenergie im Jahre 2100 gegenüber heute mit einem Kohleanteil von ~50%. Der jährliche Austoß von CO2 würde sich dann von 10 GtC auf 30 GtC verdreifachen.
Das wollen Sie doch nicht wirklich als zu erwartende Realität verkaufen?
In Bezug auf den Ausstoß von CO2 ist zu konstatieren, dass dieser 1890 bei 1,3 GtCO2 lag, 1930 bei 3,9 GtCO2 und 2011 bei 32,2 GtCO2. Dass ist also circa eine Verzehnfachung in 100 Jahren. Bisher war der CO2-Ausstoß recht gut gekoppelt mit dem Welt-Wirtschaftswachstum, und dieses liegt relativ konstant bei rund 2% pro Jahr. Nun meine Frage: Finden Sie RCP8.5 in seiner Funktion als pessimistisches Szenario bezüglich des CO2-Ausstoßes als zu optimistisch oder wie meinen Sie das mit der nicht “zu erwartenden Realität”? Kohle als Ressource wäre nach meinen Überlegungen mehr vorhanden als die RCP8.5-Prognose benötigt.
RCP 8.5 beschreibt ein Szenario das im wesentlichen darin besteht Wirtschaftswachstum durch weitere Energie zu erreichen (Dazu kommt noch weitergehendes Bevölkerungswachstum). Bis jetzt ist das auch eng gekoppelt. Der Anteil fossiler Energieträger ist dabei geringer als bislang. Nur das Kohle einen höheren Anteil an diesen dann haben würde. “ungebremste Emissionen” wird sich dabei auf den ungebremsten Anstieg der Emissionen beziehen, wie er bislang vorlag.
Hoffentlich haben Sie Recht und RCP8.5 ist tatsächlich unrealistisch. Das ist es aber nur, wenn der Anstieg an fossiler Energienutzung nicht ungebremst weiter geht. Dazu sind politische Anstrengungen nötig. Die ja auch eingeleitet sind, aber nur wenig in konkrete Handlung umgesetzt sind. Außerdem gibt es ja auch eine Partei in Deutschland(Afd), die sich gegen Maßnahmen zur Emissionbegrenzung einsetzen.
Ich halte RCP8.5 für ein mögliches Szenario, nicht für das wahrscheinlichste. Ich glaube dabei noch an die politische Vernunft, auch wenn das im Moment schwer fallen kann.
Meeresströmungen und Sauerstoffgehalt :
Ich möchte bei diesem sehr wichtigen Thema noch auf einen anderen bedeutenden Kreislauf eingehen, den von Sauerstoff. Cyanobakterien, auch Blaualgen genannt, nehmen CO2 aus der Atmosphäre auf und wandeln es mit Hilfe von Sonnenlicht in Biomasse und Sauerstoff um. Algen im allgemeinen und vor allem bei sogenannten “Algenblüten” bewirken jedoch
das Gegenteil, indem sie beim Absterben unter Mitwirkung von anderen Mikroorganismen sogar Sauerstoff verbrauchen. Algenblüten sind meist das Ergebnis von Eutrophierung (z.B. Landwirtschaftliche phosphathaltige Abwässer) und bei einigen Algenarten auch von Algenfarmen. Die Löslichkeit von Sauerstoff in Wasser wird sowohl von Temperatur als auch
Salzgehalt beeinflusst – steigender Salzgehalt reduziert z.B. die Löslichkeit von Sauerstoff in Wasser. Sowohl die Produktion von Sauerstoff im Meer
als auch die Aufnahme von Sauerstoff aus der Atmosphäre findet nur
in den obersten 100 m der Ozeane statt. In tiefere Gebiete kann Sauerstoff
nur über die in obigen Artikel erwähnte Tiefenströmung gelangen, die allerdings sehr langsam ist. Besonders beeindruckend ist die Tiefenströmung zwischen Island und Grönland, die als größter und einziger unterseeischer “Wasserfall” bezeichnet wird. Es sollte noch erwähnt werden, dass bei der Bildung von Meereis der Salzgehalt des darunter befindlichen flüssigen Wassers erhöht wird, da die Löslichkeit von Salz im
Meereis wesentlich geringer ist als im flüssigen Wasser. Frage an Herrn Rahmstorf : wie hoch war und ist der Sauerstoffgehalt in den tieferen
Regionen der Ozeane ?
während hunderte Menschen in Europa erfrieren, fragt sich der eine, wo bleibt das CO2, wenn man es braucht und andere machen sich Sorgen über diverse Computersimulationen. -15°C auf Kreta, dramatische Erwärmung…:-(
Aufgrund des Schwundes an Meereis in der Arktis wird der Polarwirbel instabiler, der normalerweise die arktische Kaltluft über der Arktis festhält. Dadurch kommt es verstärkt zum Ausbrechen arktischer Kaltluft in die angrenzenden Kontinente. Das haben wir und andere Kollegen schon Anfang Dezember angesichts der Negativrekorde bei der Eisbedeckung für diesen Winter vorhergesagt, wie Sie damals lesen konnten z.B. in Die Zeit vom 8. Dezember oder in der Neuen Zürcher Zeitung vom 18. Dezember. Auch hier tritt also mal wieder das ein, wovor Klimaforscher gewarnt hatten. Vielleicht die Erkenntnisse der Wissenschaft also doch lieber ernst nehmen statt sie mit uninformierten Sprüchen beiseite zu wischen?
Und ich dachte, die letzten drei Winter in Deutschland seien deshalb recht mild gewesen, weil sowohl der Index der Arktischen Oszillation als auch der Index der Nordatlantischen Oszillation ganz überwiegend im positiven Bereich verharrten. War das dann die Erdabkühlung?
Winde , wie zur Zeit der Eiszeit. Jeder kann das bei der Wetterkarte verfolgen. Während früher ein Winterhoch für stabiles Wetter gesorgt, haben wir jetzt ein ständiges Kippen zwischen Winden aus Nord oder aus Südwest.
Ganz interessant wird es werden, wenn das Polgebiet keine geschlossene Eisdecke mehr aufweist, gibt es da schon Simulationen?
Was ist eigentlich mit folgenden Phänomenen:
Wenn wie jetzt beobachtet die Eisbedeckung der Arktis wesentlich kleiner ist und später einsetzt, kann ja:
– Die offene Wasserfläche in der Polarnacht mehr Energie an den Weltraum abstrahlen als eine schneebedeckte Eisfläche mit weniger Albedo
– Offene Wasserfläche weiterhin Wasser verdunsten und in den Anreinerstaaten als “Lake-Effect”- Schnee abladen und so die Salzkonzentration im Wasser wieder erhöhen?
Die erstere Variante sehe ich fast schon als einen Notkühlkreislauf der Erde, um die höher werdende Energiemenge im Winter wieder loszuwerden, bzw. den Sommereintrag(teilweise) wieder abzustrahlen.
Sehr geehrter Herr Rahmstorf,
bei der Diskussion dieses Blogs im Kollegenkreis fiel uns auf, dass wir
eigentlich recht wenig über den Einfluss des Golfstroms auf das Klima und speziell die mittleren Temperaturen in Westeuropa wissen. Selbstverständlich ist der Vergleich mit dem nordamerikanischen Kontinent bekannt. Allerdings bei den zugrunde liegenden Mechanismen hört es dann schnell auf: ist es die direkte Lufterwärmung über dem Wasser? Ist es der Einfluss auf Luftströmungen? Wie weit würde die mittlere Temperatur in Westeuropa tatsächlich reduziert?
Frage: gibt es für den interessierten Laien mit etwas wissenschaftlichem Verständnis geeignete Literatur zu diesem Thema? Über eine Antwort würde ich mich freuen.
Wir hatten vor längerer Zeit ein internationales Forschungsprojekt dazu. Die Ergebnisse sind allerdings nur in der Fachliteratur erschienen und auch nicht mehr auf dem aktuellsten Stand: Kuhlbrodt, T. et al, 2009: An Integrated Assessment of Changes in the Thermohaline Circulation. Climatic Change, 96, 489-537. Einige neuere Resultate habe ich hier im Blog genannt: https://scilogs.spektrum.de/klimalounge/qa-zum-golfstromsystem-und-dem-cold-blob-im-atlantik/
Weiterer Literaturhinweis:
R. Seager 2006 “The Source of Europe’s Mild Climate”
http://ocp.ldeo.columbia.edu/res/div/ocp/pub/seager/Seager_AmSci_2006.pdf
Danke – Seagers Artikel enthält allerdings einen Denkfehler, der kurz darauf in einer Replik von Rhines und Häkkinen aufgezeigt wurde (und mir übrigens damals auch sofort beim Lesen von Seagers Aufsatz aufgefallen war). Daher hat sich seine These auch nicht durchgesetzt, und man hört in der aktuellen Fachliteratur nichts mehr davon.
Guten Abend Prof. Rahmsdorf,
Ich bin ein eher ahnungsloser Laie.
Ich frage mich ob ein “Zusammenbruch” oder ein wesentliche Reduktion der AMOC nicht zu eine deutlichen Abkühlung des Nordatlantik und der atlantischen Seite des Polarmeers führen würde. Könnnte dies in der KOnmsquenz nicht die dramatische Reduktion des arktsichen Meereises i.S. eine negative Feedbacks reduziern?
Gibt es Modelle die die versucht haben zu erfassen?
Das ist richtig, siehe die Abb. 3!
Da gibt es Klimaforscher, die sagen “The Gulfstream May Strengthen with More Precipitation in The Far North”.
http://beforeitsnews.com/science-and-technology/2016/11/the-gulfstream-may-strengthen-with-more-precipitation-in-the-far-north-2861146.html
https://translate.google.de/translate?hl=de&sl=en&u=http://beforeitsnews.com/science-and-technology/2016/11/the-gulfstream-may-strengthen-with-more-precipitation-in-the-far-north-2861146.html&prev=search
MfG
M. Krüger
Hier der Link zu einem Bericht über eine ebenfalls ganz neue Studie aus Norwegen, die zum Ergebnis kommt, dass der Golfstrom sich verstärken könnte:
http://www.alphagalileo.org/ViewItem.aspx?ItemId=170310&CultureCode=en
Es könnte also auch gerade andersrum kommen, nach meinem Verständnis aufgrund der gleichen Ursache, also einer angenommenen Änderung der Anteile von “Frischwasser” oder “Süßwasser” und Salzwasser.
Na ja, es ist ein einfaches Boxmodell, ähnlich wie ich es 1996 verwendet habe. Allerdings habe ich mein Boxmodell validiert, indem ich es mit gezielten Simulationen mit einem richtigen dreidimensionalen Ozeanzirkulationsmodell verglichen habe. Alle diese Zirkulationsmodelle, die auf den Grundgleichungen der Hydrodynamik beruhen, zeigen dass die Zirkulation sich abschwächt, wenn man im Norden Süßwasser hinzufügt – inclusive der modernsten hochauflösenden Modelle, siehe Böning et al. oben in der Literaturliste.
Guten Abend Herr Prof. Rahmstorf,
mich würde interessieren ob die Ergebnisse der Studie ihrer Kollegen Biastoch und Böning vom Geomar-Helmholtz-Institut bezügl. des Agulhasstrom bei den o.g. Modellsimulationen berücksichtig wurden
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/grl.50243/abstract;jsessionid=CE094F7E78501552DF198F42DB0165CC.f03t04
denn ein verstärkter Salzeintrag via Nordbrasilienstrom über den Äquator bis zur Karibik und dort in das Golfstromsystem könnte sich doch evtl. als stabilisierender Gegenpol erweisen?
Vielen Dank im voraus für ihre Aufmerksamkeit
Mfg
Kurt Hansen