IPCC Sonderbericht zu 1,5 Grad Erwärmung

Die Reaktion auf den Klimawandel ist viel eher ein Marathon als ein Sprint.

Gastbeitrag von Gavin Schmidt, Direktor des NASA Goddard Institute for Space Studies in New York

Der 1,5°C Sonderbericht (#SR15) des Weltklimarats IPCC wurde gestern veröffentlicht:

[Originaldokumente in Englisch –  hier finden Sie die deutsche Übersetzung der Hauptaussagen]

Einige Gedanken dazu

Es lohnt sich, die SPM (Zusammenfassung für Entscheidungsträger) und FAQs (häufig gestellte Fragen) zu lesen, bevor man sich meinungsstark über den Nutzen oder die Auswirkungen dieses Berichts äußert. Die FAQs behandeln die folgenden Fragen [auf Englisch]:

  •     FAQ 1.1: Warum sprechen wir von 1,5°C?
  •     FAQ 1.2: Wie nah sind wir bei 1,5°C?
  •     FAQ 2.1: Welche Entwicklungspfade begrenzen die Erwärmung auf 1,5°C und sind wir auf Kurs?
  •     FAQ 2.2: Was haben Angebot und Nachfrage an Energie mit der Begrenzung der Erwärmung auf 1,5°C zu tun?
  •     FAQ 3.1: Welche Auswirkungen hat eine Erwärmung von 1,5°C und 2°C?
  •     FAQ 4.1: Welche Veränderungen könnten es ermöglichen, die globale Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen?
  •     FAQ 4.2: Was sind Kohlendioxidabscheidung und negative Emissionen?
  •     FAQ 4.3: Warum ist die Anpassung in einer 1,5°C wärmeren Welt wichtig?
  •     FAQ 5.1: Welche Zusammenhänge gibt es zwischen nachhaltiger Entwicklung und der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5°C?
  •     FAQ 5.2: Welche Wege gibt es, um die Armut zu verringern und Ungleichheiten zu verringern, während man die 1,5°C-Welt erreicht?

Zunächst ist zu beachten, dass dieser Sonderbericht von der UNFCCC auf der Grundlage des Pariser Abkommens in Auftrag gegeben wurde (was nicht der normale Prozess für die großen IPCC-Berichte ist). Zweitens ist der IPCC verpflichtet, nur veröffentlichte Fachliteratur oder anderweitig öffentlich zugängliche Daten zu bewerten. Das bedeutet: wenn keine Forschergruppe eine Frage untersucht hat, gibt es dazu nicht viel zu bewerten. Manchmal sind die Wissenslücken bereits zu Beginn der Planung eines Berichts sichtbar, und ermuntern Forscher, sich frühzeitig auf sie zu konzentrieren und rechtzeitig für den Abschlussbericht zu publizieren. Aber eine der Hauptauswirkungen eines jeden der IPCC-Berichte besteht darin, die zukünftige Forschungsrichtung zu beeinflussen.

Was bedeutet 1,5°C?

Der SR15 hat 1,5°C als die Erwärmung seit dem Zeitraum 1850-1900 definiert. Das entspricht etwa 1/3 einer Eiszeiteinheit (das Ausmaß der Erwärmung vom Tiefpunkt der letzten Eiszeit vor 20.000 Jahren bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts).

Diese Baseline ist nicht wirklich “vorindustriell”, und es gab einige interessante Diskussionen darüber, wie dieser Wert sinnvollerweise definiert werden könnte (Hawkins et al ,2017; Schurer et al, 2017), aber diese Baseline ist die praktikabelste, da Schätzungen der Klimaauswirkungen auf den CMIP5 Klimamodellen basieren, die effektiv dieselbe Baseline verwenden. Der Zeitpunkt der projizierten Auswirkungen ist ein wenig abhängig von Definitionsproblemen bei der “globalen Mitteltemperatur” und der Frage, ob die instrumentelle Aufzeichnung in Bezug auf Veränderungen des Mittelwerts verzerrt ist – insbesondere im früheren Teil der Aufzeichnung, wo die Daten relativ dünn sind.

Bei der derzeitigen Erwärmungsrate werden wir bis 2040 im dekadischen Durchschnitt 1,5°C erreichen. Das erste Jahr über 1,5°C wird wesentlich früher stattfinden, wahrscheinlich im Zusammenhang mit einem großen El Niño-Ereignis Ende 2020er/Anfang 2030er.

 

Abb. 1 Vergangene Temperaturentwicklung (orange, Monatswerte in grau) sowie drei Zukunftsszenarien mit unterschiedlich rascher Reduktion der Treibhausgasemissionen. Quelle: IPCC, Abb. 1 des SPM des SR15.

Können wir verhindern, 1,5°C zu überschreiten?

Der IPCC muss einige Umschreibungen verwenden, um eine direkte Antwort auf diese Frage zu vermeiden (aus vernünftigen und verständlichen Gründen). Ich bin nicht ganz so eingeschränkt…

Abb. 2 Verschiedene Aspekte der Machbarkeit. Quelle: IPCC, FAQ 4.1 des SR15.

Es gibt viele Aspekte der Machbarkeitsfrage, wovon die physikalisch-klimatische Machbarkeit nur einer ist. Das eigentliche Problem ist, dass die Bemühungen, die Emissionen so stark zu reduzieren, dass wir unter 1,5°C bleiben, eine globale Anstrengung zur Dekarbonisierung erfordern würden, die sofort beginnt und die die derzeitigen Bemühungen oder Zusagen weit in den Schatten stellt. Dies erscheint unwahrscheinlich (meiner Meinung nach).

Es gibt ein paar Joker, die diskutiert werden. Erstens könnte die Temperatur 1,5°C überschreiten und dann nach heroischen Bemühungen, den CO2-Gehalt in der Atmosphäre durch so genannte “negative Emissionen” zu senken, wieder sinken. Dies macht die unmittelbare Aufgabe weniger beängstigend, aber auf Kosten der Abhängigkeit von späteren globalen Erfolgen bei der Kohlenstoffsequestrierung oder BECCS (Bioenergie mit Kohlenstoffspeicherung) oder direkter Luftabscheidung, die extrem spekulativ sind. Zweitens könnten wir direkte Eingriffe ins Klima versuchen (Geo-engineering), um die Temperaturen zu senken und (sehr optimistisch) Zeit zu gewinnen, um die Kohlenstoffemissionen etwas langsamer zu reduzieren. Beide Szenarien haben dramatische und wenig erforschte geopolitische Folgen (gibt es stabile Governance-Regimes für Geo-engineering? gibt es genügend Land für groß angelegte BECCS?), sowie ein erhebliches moralisches Risiko.

Also lautet meine Antwort…. nein.

Ich verstehe, dass es Zurückhaltung gibt, dies öffentlich zu sagen – es klingt, als würde man die Folgen einer Erwärmung über 1,5°C einfach hinnehmen. Aber mir scheint, dass machbare Herausforderungen motivierender sind als unmögliche (oder extrem unrealistische) – ich würde mich jedoch freuen, wenn ich mich in diesem Punkt irren würde.

Der Nutzen des SR15-Berichts?

Auch wenn Sie der Meinung sind, dass der IPCC-Bericht Folgen einer Erwärmung diskutiert, die mit ziemlicher Sicherheit kleiner ist, als wir sie tatsächlich erleben werden: er enthält dennoch einige nützliche Aspekte. Klimaschutz jenseits der bisherigen kleinen Schritte erfordert Veränderungen, die praktisch die gleichen sind, egal ob wir nun bei 1,5°C, 2°C oder sogar 3°C  stabilisieren wollen – nur die Geschwindigkeit, mit der sie umgesetzt werden, ist unterschiedlich.

Denn zur Stabilisierung der CO2-Konzentration sind kurzfristige Reduktionen der CO2-Emissionen um ~70% erforderlich, und zur Stabilisierung der Temperatur sind noch weitere (Netto-)Reduktionen erforderlich. Und noch gravierender: um den Meeresspiegel zu stabilisieren, wäre eine spätere Temperaturabsenkung erforderlich.

Bemühungen in dieser Größenordnung sind nicht einfach und müssen über viele Jahrzehnte hinweg fortgesetzt werden, und ein Großteil der in diesem Bericht behandelten Maßnahmen wird dabei im Mittelpunkt stehen. So oder so wird es sich um einen Marathonlauf handeln. Es lohnt sich also vielleicht, Eliud Kipchoge, den jüngsten Gewinner des Berlin-Marathons, frei zu zitieren:

Der beste Zeitpunkt, [mit der Emissionsreduktion zu beginnen], war vor 25 Jahren. Die zweitbeste Zeit ist heute.

Anmerkung von Stefan Rahmstorf: Ich teile die Meinung von Gavin Schmidt, dass es höchst unwahrscheinlich ist, dass die Menschheit rechtzeitig die nötigen Maßnahmen ergreift, um die globale Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen. Allerdings ist dies meine persönliche politische Einschätzung, keine naturwissenschaftliche oder wirtschaftswissenschaftliche Aussage. Wie der neue IPCC-Bericht aufzeigt: möglich und auch dringend empfehlenswert ist die Begrenzung auf 1,5°C – nur eben auch nicht annähernd erreichbar mit der gegenwärtigen Politik. Das ist m.E. die entscheidende Botschaft an Politik und Öffentlichkeit.

Politischer Pessimismus von Naturwissenschaftlern wie mir ist insofern nur begrenzt relevant oder interessant – etwa genauso relevant wie es meine Einschätzung im Jahr 1980 gewesen wäre, ob in den nächsten zehn Jahren die Mauer durch eine friedliche Revolution zu Fall gebracht wird.

Ich sehe es auch nicht als meine Aufgabe oder die des IPCC an, sich zu überlegen, welche Art von Ziel die Menschen besser motiviert. Die Aufgabe der Wissenschaft ist, die Fakten und Möglichkeiten so realistisch wie möglich auf den Tisch zu legen, egal ob dies die Politik motiviert oder nicht. Politik und Öffentlichkeit sollten die Fakten kennen, bevor sie sich entscheiden, was zu tun ist!

Literatur

Hawkins, P. Ortega, E. Suckling, A. Schurer, G. Hegerl, P. Jones, M. Joshi, T.J. Osborn, V. Masson-Delmotte, J. Mignot, P. Thorne und G.J. van Oldenborgh, “Schätzung der Veränderungen der globalen Temperatur seit der Vorindustriellen Zeit”, Bulletin of the American Meteorological Society, Vol. 98, S. 1841-1856, 2017. http://dx.doi.org/10.1175/BAMS-D-16-0007.1

A.P. Schurer, M.E. Mann, E. Hawkins, S.F.B. Tett und G.C. Hegerl, “Bedeutung der vorindustriellen Ausgangsbasis für die Wahrscheinlichkeit, die Pariser Ziele zu überschreiten”, Nature Climate Change, Band 7, S. 563-567, 2017. http://dx.doi.org/10.1038/nclimate3345

Die englische Originalfassung dieses Kommentars finden Sie bei RealClimate.

Stefan Rahmstorf ist Klimatologe und Abteilungsleiter am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Professor für Physik der Ozeane an der Universität Potsdam. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf Klimaänderungen in der Erdgeschichte und der Rolle der Ozeane im Klimageschehen.

52 Kommentare

  1. Es ist sehr erfreulich, dass sich G. Schmidt zu den ganz heiklen Punkten netto CO2-Entfernung, BECCS und Strahlungsmanagement äussert. Es ist unbedingt nötig, dass die Wünschbarkeit (BECCS, Strahlungsmanagement) und die Achillesferse dieser Konzepte, die politische Machbarkeit (DAC mit Storage), also das gegenwärtige geopolitische Unvermögen, dies umzusetzen, klargestellt werden. Es ist sicher nützlich, solche Artikel in Deutsch zur Verfügung zu haben. Vielen Dank.
    Auch in Ihrer Meinung, bezüglich, was die Wissenschaft zu leisten hat, stimme ich mit Ihnen überein. Es ist auch für Wissenschafter legitim, eine Meinung zu haben, auch zu Dingen, die sie nicht wissenschaftliche belegen können. Das tun Sie ja auch, legen Ihre Meinung dar. Allzu viele Klimaforscher glauben (geben an), es sei für Forschende nicht legitim, sich politisch zu äussern, nicht nur bezüglich Prognosen, sondern auch was die politisch richtigen oder wichtigen Lösungswege sind — ich denke besonders an die Schweiz, wo diese Haltung sehr prägnant ist. In den USA (z. B. der gerade gewürdigte W. Nordhaus), oder auch in Deutschland (z. B. Ihr Kollege O. Edenhofer) scheint mir diese, meines Erachtens übertriebene, Zurückhaltung etwas weniger verbreitet zu sein. Jeder sollte sich berechtigt fühlen, eine politische Meinung zu haben und zu äussern, kompetente Menschen ganz ausgesprochen so. Sich als Forschender angemessen darum zu bemühen, wissenschaftliche Erkenntnis und politische Meinung zu trennen, mag wünschenswert sein. Es mag sogar auch ganz gut sein, wenn sich gewisse Forschende bewusst in politischen Fragen zurückhalten, um ihre Glaubwürdigkeit als neutrale Forschende zu stärken. Nur begreift dies das Publikum kaum. Es erwartet zu einem Thema wie Klimawandel eine politische Meinung, auch von Forschenden. Äussert sich ein Klimaforscher nicht angemessen politisch, besteht die Gefahr, dass das Publikum glaubt, der Forscher sei mit dem politischen Status Quo einverstanden. Ggf. irrt das Publikum. Aber wir können das Publikum nicht einfach und schnell ändern.

  2. Hallo Herr Rahmstorf, kann ihnen nur zustimmen, was das Erreichen des 1,5 K – Ziels angeht. Tatsächlich halte ich die Lage für dramatischer, als aus ihren Ausführungen deutlich wird.

    Wenn wir die Erwärmung betrachten, sehen wir immer den momentanen Wert von ca. 1 K, berücksichtigen nicht die Verzögerung durch die Wärmekapazitäten, vor allem der Ozeane. Einen genaueren Wert zu berechnen ist nicht triveal, es sind aber einfache Schätzungen möglich. Will an dieser Stelle nicht genauer darauf eingehen, aber man kommt da auf Werte von 30% – 50%, die der Temperaturanstieg verzögert erfolgt. Diese Werte haben Sie selbst ja auch früher schon mal genannt, wenn ich mich recht erinnere. Dummerweise zeigen nun meine Informationen und eigenen Betrachtungen eher Richtung 50%. Meine, dies auch in der Kurzfassung einer Arbeit zum Thema gelesen zu haben, habe aber leider keinen Link dazu.

    Einen guten Hinweis liefert auch der Temperaturanstieg über Land, bei Gavin Schmidt gibt es dazu Daten zu finden. Hier wirken kaum Wärmekapazitäten. Vielmehr erscheint ein Kühlungseffekt aufgrund des Flächenverhältnisses Land vs. Ozeane wahrscheinlich. Daher bin ich davon überzeugt, dass wir das 1,5°-Ziel unmöglich noch erreichen können, wir haben es wahrscheinlich schon (fast?) erreicht.

    https://data.giss.nasa.gov/gistemp/graphs/#

    “Temperature Anomalies over Land and over Ocean”

    Abb. 2 hat mich an die Studie von Volker Quaschning erinnert. Er beschreibt konkret, was notwendig wäre, die Klimaziele zu erreichen. Natürlich tut er das vom heutigen Stand aus, das ist mutig, da so weit und konkretisierend in die Zukunft zu blicken. Ich habe mich vor mehr als einem Jahr mit ihm darüber “gestritten”, ob heute noch ein Mikro-BHKW sinnvoll ist. Natürlich kann man da um Details streiten, aber “das große Ganze” ist stimmig, unbedingt.

    https://www.volker-quaschning.de/publis/studien/sektorkopplung/Sektorkopplungsstudie.pdf

    Gavin Schmidt stellt hier die Klimamodellierung vor. Die Tornados die da auftreten, sind reine Mathematik, Physik und Systemtheorie. Man kann zwar nicht vorhersagen, wann sie auftreten, aber dass sie auftreten müssen, das sagt uns die Physik, atemberaubend. Aber das schönste am Vid ist für mich die physische Vorstellung eines Progamms. Lochkarten haben wir zwar nicht mehr verwendet, damals, aber den vorwurfsvollen Blick des Profs, weil schon wieder 3 sec kostbare Rechnerzeit am Großrechner nutzlos verbraten, den kenne ich noch. 🙂

    https://www.youtube.com/watch?v=JrJJxn-gCdo

    Grüße an Gavin Schmidt, in diesem Sinne …

  3. @Jürgen K.
    Die Frage, wie weit sind wir schon, würde ich mit Daten aus dem IPCC-Bericht wie folgt beantworten: Die wahrscheinlichste Klimasensitivität wird angegeben als 3°C/2xCO2. Daraus folgt für 408 ppm – da sind wir saisonal bereinigt gerade – gegenüber 280 ppm log(408/280) / log(2) * 3°C = 1,63°C. Wir sind mit deutlich über 50% Wahrscheinlichkeit also bereits jetzt über der 1,5°C – Grenze, falls man die bei gleichbleibend jetziger Konzentration zu erwartende Gleichgewichtstemperatur zum Maßstab nimmt.

  4. @Jürgen K.
    Die Position des IPCC zu versteckter Erwärmung finden Sie in der SPM (Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger) unter 2. Darin wird davon ausgegangen, dass es unwahrscheinlich ist, dass bisherige Emissionen weitere 0,5°Erwärmung verursachen und dies für die nächsten Jahrzehnte eine sichere Information ist. [A2.1]
    Weiter heißt es, dass bei Netto-Null-Emissionen keine weitere Erwärmung geben würde. [A2.2]
    Dort sind auch Verweise auf die asuführlichere Informationen im gesamten Report.

    • Richtig. Bei konstanter Treibhausgas-Konzentration würde es noch eine nachholende Erwärmung aufgrund thermischer Trägheit geben. Nicht aber bei Nullemission, denn dann würde die CO2-Konzentration in der Luft sinken durch Übergang von CO2 in den Ozean. Die Trägheit der Wärmeaufnahme und der CO2-Aufnahme in den Ozean sind vergleichbar, daher gleichen sich diese Effekte in etwa aus und führen zu konstanter Temperatur bei Nullemission. (Etwas anderes ist die Erwärmung, die noch eintreten wird, wenn die Atmosphäre weniger kühlende Aerosole enthält als jetzt, d.h. durch die Abnahme der Luftverschmutzung nach dem Ausstieg aus den fossilen Energien.)

  5. Folgende Punkte sind mir im SR15 bisher aufgefallen:
    1) Gleich zu Beginn des SPM steht: “Human activities are estimated to have caused approximately 1.0°C of global warming above pre-industrial levels, with a likely range of 0.8°C to 1.2°C.” Das ist inkonsistent zum AR5, wo steht, dass der hauptsächlich menschliche Anteil an der Erwärmung erst ab ca. 1950 festzustellen sei. Der SR15 legt diesen “Startpunkt” nun aber auf das Jahr 1900 (siehe auch mein Punkt 2). Hier müsste ein Fehler in der Formulierung vorliegen, das passt einfach nicht.
    2) Gut ist, dass der schwammige Begriff “vorindustrielle Zeit” nun genauer als Referenzperiode von 1850 bis 1900 festgelegt wurde.
    3) In der Grafik “Cross-Chapter Box 4, Figure 1” auf Seite 1-38 hat der “Klimaschutz” unter 17 Zielen des “UN Sustainable Development” den Platz Nr. 13, steht also nicht ganz vorne, es gibt für die UN dringlichere Ziele: der Kampf gegen Hunger und Armut sowie die Gesundheit stehen an den ersten 3 Plätzen.
    4) Auf Seite 3-95 ist nachzulesen, dass nun auch das festgestellte Größenwachstum vieler Inseln berücksichtigt wird, womit sich die Prognosen mit den bald untergehenden Inseln relativiert. Es folgt auf S. 3-96 die Aussage, dass es an präzisen und quantitativen Studien zu den projezierten Auswirkungen auf den Meeresspiegel bei 1,5° und 2°C mangelt. Meine Schlussfolgerung: die früheren Prognosen zu den jetzt oder in den nächsten Jahrzehnten untergehenden Inseln sind damit erstmal hinfällig, also weniger Schwarzmalerei.

    • Zu ihrem Punkt 1 sehe ich keine Inkonsistenz, weil die Erwärmung vor 1950 ja sehr gering war. Wenn von den 1,1 Grad Erwärmung ab dem 19. Jh. 1,0 anthropogen waren ist das konsistent mit der Erkenntnis dass von der Erwärmung seit 1950 wahrscheinlich etwas mehr als 100% anthropogen sind (da die Sonnenaktivität abgenommen hat und es ohne anthropogene Erwärmung eine leichte Abkühlung gegeben hätte).
      Ob die List der UN Sustainable Development Goals eine Priorisierung ist, ist mir nicht bekannt – bis zum Beleg des Gegenteils würde ich das eher nicht vermuten.
      Zu den kleinen Inseln ist die Aussage ja: teils/teils. Einerseits leiden manche Inseln bereits unter Überflutung und Versalzung ihrer Wasserressourcen. Andererseits steht da:

      Observations, models and other evidence indicate that unconstrained Pacific atolls have kept pace with SLR with little reduction in size or experienced a net gain in land

      Es geht speziell um einige pazifische Atolle und die Betonung liegt hier auf “unconstrained”, was ich einmal frei als unverbaut übersetzen würde. D.h. es geht um naturbelassene Inseln mit einem intakten Sedimenttransport, die bislang noch mit dem Meeresspiegelanstieg (der noch vergleichsweise langsam und gering ist) mitwachsen konnten.

  6. PV, Rahmstorf
    Ein Wissenschaftler darf sich nicht darauf hinausreden neutral bleiben zu dürfen.
    Es gibt nur eine Welt und es gibt nur den einen Menschen. Und wer die Gefahr der Klimaerwärmung verinnerlicht hat, der darf nicht seinen Mund halten, der muss an die Öffentlichkeit.
    So sieht das der Wähler. Wissenschaft wird unglaubwürdig, wenn sie im Elfenbeinturm bleibt. Es wird Zeit, dass sich die Wissenschaft ihrer Verpflichtung zur Verantwortung bewusst wird. Bislang ist das nicht geschehen. Da holen die Erwählten ihre Nobelpreise ab, und das wars. Die Gesellschaft finanziert die Wissenschaft, das darf man nie vergessen.

  7. Allein schon die jährlichen Energy Outlooks der IEA (International Energy Agency) zeigen, dass ein Erreichen des 1.5°C-Ziels nicht geplant ist, besser gesagt, nicht aus dem mittelfristigen Trend herauszulesen ist – und die IEA-Energie-Ausblicke versuchen ja immer die gegenwärtig vorhandenen Trends in die Zukunft zu verlängern. Dieser Trend geht in Richtung Elektrifizierung und CO2-freie Energietechnologie nur eben viel zu langsam um das 1.5°C-Ziel zu erreichen. Zitat aus World Energy Outlook 2018
    To be released on 13 November 2018
    : Die Zukunft ist elektrisierend [und elektrisch], mit kohlenstoffarmen Technologien auf dem Vormarsch und einer Stromnachfrage, die doppelt so schnell wachsen wird wie der gesamte Energiebedarf. …Das WEO 2018 untersucht auch die Emissionsintensitäten verschiedener Öl- und Gasquellen sowie die Möglichkeiten, diese zu reduzieren, und erweitert unser bahnbrechendes Szenario für nachhaltige Entwicklung um die Verknüpfungen zwischen Energie und Wasser.
    Das 1.5°-Ziel wäre nur mit einem weltweiten radikalen Trendbruch zu erreichen. Doch ein solcher Trendbruch ist unrealistisch würde er doch die bestehende Energieplanung, welche oft auf Jahrzehnte angelegt ist, über den Haufen werfen.
    Was in den Augen vieler Politiker und Industriefirmen eine saubere Energiezukunft konkret bedeutet zeigt etwa die Initiative Zukunft ERDGAS wo man liest: Zukunft ERDGAS e.V. ist eine Initiative von Unternehmen der deutschen Gaswirtschaft und versteht sich als die Stimme der Branche.[1] Der Verein möchte das Produkt Erdgas als innovativen, kostengünstigen und klimaschonenden Energieträger auf dem Markt und in der Öffentlichkeit platzieren
    Wenn es dieser Initiative zusammen mit Politikern gelingt, der Öffentlichkeit Erdgas als wichtigen Pfeiler der Energiezukunft Deutschlands zu vermitteln, dann erreicht sie zwar eine sauberere Energieversorgung Deutschlands im Vergleich zur Situation heute, doch das 1.5°Ziel kann dann sicher nicht erreicht werden.
    In anderen Ländern als Deutschland sieht es sicher nicht besser aus – auch dort ist die Energieplanung eine Sache von Jahrzehnten und Disruptionen sind weder geplant noch erwünscht.

  8. @Stefan Rahmstorf

    Erstmal vielen Dank für den Beitrag an Gavin Schmidt und für ihre Anmerkungen.

    Ich führe momentan eine hitzige Diskussion, bei der es auch um den Klimawandel geht.

    Was meinen Sie, ist der Klimawandel realistisch betrachtet noch abzubremsen oder gar zu stoppen?

    Machen private Energieeinsparungen, wie z.B. Absenkung der Raumtemperatur oder Verzicht auf unnütze Autofahrten Sinn, oder ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein und bringt nichts?

    Über eine kurze Antwort freue ich mich sehr.

    • Ja, er ist sehr wahrscheinlich noch zu stoppen. Private Einsparungen sind eine Gewissensfrage für jeden einzelnen – siehe dazu die meinen. Die richtige Wahlentscheidung m.E. aber wichtiger, weil das Problem letztlich vor allem politisch gelöst werden muss.

  9. “Daraus folgt für 408 ppm – da sind wir saisonal bereinigt gerade – gegenüber 280 ppm log(408/280) / log(2) * 3°C = 1,63°C. Wir sind mit deutlich über 50% Wahrscheinlichkeit also bereits jetzt über der 1,5°C – Grenze”

    Ich komme auf 0,3×5,35xln(408/280)=0,6×3=1,8°C !!!

    Gemäß IPCC.

    Nur für CO2. Dabei habe ich nicht mal Methan, etc., als Treibhausgase berücksichtigt.

    Die 1,5°C und auch 2°C sind demnach nicht mehr zu halten, wenn man die Nachlaufzeit des Klimasystems mit einbezieht und Wasserdampffeedback und Eis-Albedo-Feedback und Methan und Lachgas !!!!

    Aber es gibt noch genug Leute, die genau das Gegenteil sagen. Man kann die 1,5°C oder 2°C nur noch halten, wenn die Klimasensitivität deutlich kleiner ist, als bisher angenommen und die Emissionen sofort steil nach unten gehen.

    Dann aber lagen nahezu alle Klimamodelle mit der Klimasensitivität deutlich daneben.

    Entweder haben die Klimamodelllierer deutlich übertrieben, oder aber die Leute, die jetzt meinen die 1,5°C, oder 2°C noch halten könnte, schwindeln.

  10. “Bei der derzeitigen Erwärmungsrate werden wir bis 2040 im dekadischen Durchschnitt 1,5°C erreichen.”

    D.h. zwischen 2040-2100 können noch mal maximal 3,5°C bis 4,5°C hinzu kommen, je nachdem ob mal in den IPPC-Bericht von 2007, oder 2013 schaut.

    Ich dachte mit steigenden CO2-Gahalt, Methan-Gehalt, etc. sinkt deren Einfluss auf das Klima, da die Absorption immer langsamer zunimmt, wenn schon viel an Treibhausgasen da ist.

    Und das Meereis in der Arktis ist um 2040 auch weitgehend im Sommer weg und trägt nicht weiter zum Eis-Albedo-Feedback bei.

    Warum sollte sich der Klimawandel dann nach 2040 noch mal weiter beschleunigen?

    • Weil die Emissionen in diesen Szenarien weiter steigen. Die genannten Effekte (logarithmische Wirkung des CO2, Meereisschwund) sind in den Modellrechnungen natürlich berücksichtigt.

  11. @ Wizzy: Dass die derzeitien Emissionen schon zu einer Erwärmung über 1,5 Grad führen werden, kann man aus dem Bericht wohl nicht ableiten. Tatsächlich wird in den Kurzstatements zum bericht sogar explizit betont, dass dies unwahrscheinlich sei:

    “A.2. Warming from anthropogenic emissions from the pre-industrial period to the
    present will persist for centuries to millennia and will continue to cause further longterm
    changes in the climate system, such as sea level rise, with associated impacts
    (high confidence), but these emissions alone are unlikely to cause global warming of
    1.5°C (medium confidence).”

  12. @Heinz Geber
    Ihr Ergebnis würde einer Sensitivität von T gegenüber 2xCO2 von 3,3 K entsprechen – das ist der Wert, den der IPCC-Report von 2007 angab. Ich rechnete mit 3,0 K.

  13. Heinz Geber
    über die Prozentfeilscherei sollten wir schon hinaus sein.
    Wie steht es mit unliebsamen Forderungen?
    Einstellung des Fernflugtourismus?
    Einstellung des Schiffstourismus?
    Warum spricht hier niemand aus, was notwendig ist ?
    Hat man sich schon damit abgefunden, dass Bangla Desh nicht mehr zu retten ist?

  14. @Prof. Rahmstorf

    Die climate response time beträgt doch Jahrzehnte bis Jahrhunderte?

    Selbst bei Null-Emissionen hätten wir alleine durch das CO2 bei einer Klimasensitivität von 3°C schon 1,8°C bei den derzeitigen 408 ppm CO2. Hinzu kommen Methan, Lachgas und die anderen Treibhausgase. Dann liegen wir derzeit schon über 2°C. Aktuell beobachten wir davon aber nur 1°C bei der Klimaerwärmung. 1°C an Nachlauf ist bei der derzeitigen Treihausgaskonzentration also noch durch das Klimasystem zu erwarten. Selbst bei Null-Emissionen. Die 408 ppm verschwinden ja nicht so einfach im Ozean. Ebenso Methan und Lachgas. Oder sehe ich das falsch?

    Gemäß IPCC komme ich auf 0.3×5,35xln(408/280)=0,6×3=1,8°C alleine nur durch die 408 ppm an CO2 welche sich bereits in der Atmosphäre befinden.

    Und erst wenn wir bei ca. 1.000 ppm CO2 sind haben wir 6°C globale Erwärmung bei einer Klimasensitivität von 3°C. Und ich glaube kaum, dass wir das bis 2100 erreichen? Zumal es auch da einen Nachlauf gibt.

  15. Herzlichen Dank für die Übersetzung des aktuellen Artikels von Gavin Schmidt, der mich mit seinem düsteren Statement in keiner Weise überrascht. Bis demnächst zum Thema 2°C.

  16. Chap. 1.2.1.1 des SR15-Reports ist die Definition der globalen Durchschnittstemperatur. Demnach wurden für die historischen Daten im AR5 drei Datenreihen herangezogen: GISTEMP, HadCRUT und NOAA. Hier im SR15 werden außerdem noch die Datensätze von Cowtan-Way, Berkely Earth und JMA (in Tabelle 1.1) verwendet.
    Zur Verwendung der ersten 3 Datensätze wird betont: „We adopt a working definition of warming over the historical period based on an average of the four available global datasets that are supported by peer-reviewed publications”.

    Doch gerade wurden 2 Publikationen veröffentlicht, die die „wichtigsten“ Datensätze bzw. die zugrundeliegenden Messdaten der Landstationen als mehr oder weniger unbrauchbar hinstellen.

    Die Studie „Land Surface Air Temperature Data Are Considerably Different among BEST‐LAND, CRU‐TEM4v, NASA‐GISS, and NOAA‐NCEI” https://agupubs.onlinelibrary.wiley.com/doi/pdf/10.1029/2018JD028355
    vergleicht die 4 im Titel genannten Datensätze und widerspricht der IPCC-Aussage, diese seien konsistent. Es wurden für die globalen Daten und für die Nordhemisphäre Differenzen von 0,4°C, für die Südhemisphere von 0,6°C und für den Bereich des Äquators sogar von 0,8°C gefunden. Die relativen Differenzen unter den Datensätzen liegen zwischen 28% und 93%. Laut Studie führt das zu starken Unstimmigkeiten bei der Berechnung der Trendentwicklung auf regionaler Basis für „South America, Africa, Maritime Continent, central Australia, and Antarctica“. Für einige Regionen ergeben sich widersprechende Resultate, so dass unklar bleibt ob eine Erwärmung stattgefunden hat. Die Messunsicherheit ist in solchen Fällen größer als der vorgebliche Erwärmungstrend, wobei dies bis zum Jahr 2017 festzustellen ist.

    Außerdem wurde die Studie „An Audit of the Creation and Content of the HadCRUT4 Temperature Dataset” (hinter Zahlschranke) veröffentlicht.
    https://robert-boyle-publishing.com/product/audit-of-the-hadcrut4-global-temperature-dataset-mclean-2018/
    Der Autor stellt fest, dass bisher dieser Datensatz noch keinen Qualitätskontrollen unterworfen war.
    Er schreibt, dass die meisten seiner Ergebnisse die Unsicherheit der Daten vergrößern und deshalb die Fehlermarge erhöhen. Es zeige sich, dass eine zwar übliche aber fehlerhafte Methode der Datenanpassung allein durch diese Anpassungen einen falschen Erwärmungstrend erzeugt.
    Ein weiterer Befund weist darauf hin, dass bei der Schließung von Stationen anstelle der Verlagerung von Daten eine Verzerrung der Daten in der Aufzeichnung verbleibt. Fehler werden auch bei Meeresoberflächentemperaturen festgestellt, darunter auch solche, die von einem für diese Daten verantwortlichen Teammitglied erstellt wurden.
    Einige von vielen Fehlern, die ermittelt wurden:
    • Für die Stadt Paltinie in Rumänien wurde für September 1953 eine Monatsmitteltemperatur von
    -46°C aufgezeichnet, während in anderen Jahren dies 11,5°C waren
    • Für die Stadt in Kolumbien wurde für 3 Monate im Jahr 1978 eine Durchschnittstemperatur von über 80°C aufgezeichnet.
    • Die Temperaturdaten der Jahre 1850 bis 1853 für die gesamte Südhemisphäre beruhen einigen Messstationen in Indonesien und einigen Messungen von Schiffen.
    • Es wurden Daten falschen Messstationen zugeordnet.
    • Grad Fahrenheit wurden als Grad Celsius angegeben.
    • Es gibt große Lücken ohne irgendwelche Daten in Messreihen.

    Wenn man sich in dieser Studie https://journals.ametsoc.org/doi/full/10.1175/JTECH-D-11-00103.1
    die Fig. 1
    https://journals.ametsoc.org/na101/home/literatum/publisher/ams/journals/content/atot/2012/15200426-29.7/jtech-d-11-00103.1/production/images/large/jtech-d-11-00103.1-f1.jpeg
    mit der Dichte der GHCN-Temperaturmessstationen rund um die Erde anschaut, erkennt man, dass das Messnetz bis 1950 so gut wie keine Stationen in der Südhemisphäre und in Asien hatte – wie will man denn da Aussagen zur Globaltemperatur in diesem Zeitraum bekommen?

    Die Aussage im SP15, dass die Datenreihen deshalb „okay“ wären, weil sie in peer-reviewten Studien verwendet wurden, erweist sich nun als Trugschluss. Diese Studien haben die Daten ungeprüft verwendet im Vertrauen auf eine nun nicht vorhandene Qualität.
    Die vielen fehlenden oder falschen Messdaten lassen sich nachträglich nicht mehr rekonstruieren, was nicht oder falsch gemessen wurde kann nur noch verworfen wurde.
    Was nun?

    • Die erste Studie ist eine seriöse, in der begutachteten Fachliteratur erschienene Studie, die allerdings keineswegs Ihre Behauptung stützt, dass die “Messdaten der Landstationen als mehr oder weniger unbrauchbar” seien. Im Gegenteil, sieht man sich den Erwärmungstrend in der Jahrestemperatur an (Abb. 7a) ist dieser in den meisten Landregionen sehr konsistent – Ausnahmen sind Grönland und die Antarktis. Das verwundert nun nicht – das betrifft damit aber nur einen relativ kleinen Teil der globalen Landmasse und die wiederum umfasst weniger als ein Drittel der Oberfläche unseres Planeten, weshalb die globalen Mitteltemperaturen der verschiedenen Datensätze sehr konsistent sind, Grafik hier.

      Die zweite Arbeit ist zumindest sehr fragwürdig, auch wenn das Hadley Center darauf sehr höflich geantwortet hat. Wer den Entstehungshintergrund kennt, der weiß, dass es im wesentlichen eine Klimaskeptiker-Nebelkerze ist. Rote Warnlampen sollten schon dem Laien aufleuchten, wenn er merkt, dass diese Arbeit nicht in einer Fachzeitschrift erschienen ist sondern offenbar im Selbstverlag (zumindest ist es das einzige in diesem Verlag erschienene Werk) und man erstmal bezahlen muss, damit man diese Doktorarbeit überhaupt lesen darf.

      Diese Diskussion haben wir doch nun schon mehrfach durch. 2010 startete der Physiker Richard Muller das Berkeley Earth Surface Temperature project. Er äußerte damals Sympathien für Klimaskeptikerthesen und Zweifel an der Zuverlässigkeit der globalen Temperaturdaten, und bekam eine Menge Geld von der Koch Foundation (genau, Koch brothers…) und wollte damit zeigen, dass die bekannten Temperaturdatensätze der Klimainstitute schlecht seien. Nach Jahren des Datensammelns und Analysierens kam dann das Gegenteil heraus, nämlich praktisch exakt die gleiche Kurve wie bei den bisherigen Datenreihen der Forschungsinstitute. Bei den verbleibenden kleinen Unterschieden gehört BEST übrigens zu den Datensätzen, die den stärksten globalen Erwärmungstrend zeigen.

  17. @Novidolski

    Sehen Sie völlig richtig.

    Wie gesagt, bei einer Klimasensitivität von 3°C und aktuell 408 ppm CO2 in der Atmosphäre, + Methan und Lachgas haben wir schon 2°C. Wovon wir derzeit nur 1°C beobachten. 1°C kommen also noch hinzu, wenn die Klimasensitivität nicht wesentlich kleiner ausfällt!

    Wir können die 2°C also nur noch halten, wenn man Flugreisen, Schiffstransporte, Kohleverstromung, Stahlproduktion, Betonproduktion, Benzin, Diesel, Heizöl, Erdgas alles schnellstens verbietet!

    Ebenso die intensive Landwirtschaft!

    Wir müssen zurück zu einer Agargesellschaft, die im Einklang mit der Natur lebt.

    Windkraft und Photovoltaik können dabei nur unterstützen, aber keine Säulen der Energiewende sein, da diese ebenfalls die Natur zerstören und Unmengen an Ressourcen erfordern.

    Alles andere sind Hirngespinste. Die 1,5°C und 2°C sind längst bei einer Klimasensitivität von 3°C und 408 ppm CO2 im Klimasystem vorprogrammiert und unausweichlich. Die Formel aus den IPCC-Berichten für den Strahlungstransfer durch CO2 bei einer Klimasensitivität von 3°C hatte ich ja bereits mehrfach genannt.

    Wer anderes schreibt, hält sich nicht an die Fakten der IPCC-Formeln zum Strahlungstransfer. David Archer hat auch ein Online-Tool Modtran-Online dazu ins Netz gestellt, womit man das selbst anschaulich darstellen kann.

    • Ich denke Sie vergessen immer noch, dass bei Nullemissionen die CO2-Konzentration in der Atmosphäre wieder sinkt, weil die Ozeane dann netto CO2 aufnehmen. Das ist der Grund warum der IPCC schreibt, dass nach Erreichen der Nullemissionen die Temperatur nicht weiter steigt, obwohl das Klimasystem dann noch nicht im Gleichgewicht ist. Daher ist Ihre Rechnung ein wenig zu simpel und man muss das eben doch mit einem Erdsystemmodell mit Kohlenstoffkreislauf rechnen, wie der IPCC das getan hat, und nicht einfach eine Überschlagsrechnung mit der Gleichgewichts-Klimasensitivität machen.

  18. @Wolfgang Richter

    Graham Lloyd, The Australian
    Britain’s Met Office has welcomed an audit from Australian researcher John McLean that claims to have identified serious errors in its HadCRUT global temperature record.
    “Any actual errors identified will be dealt with in the next major update.’’
    The Met Office said automated quality checks were performed on the ocean data and monthly updates to the land data were subjected to a computer assisted manual quality control process.
    “The HadCRUT dataset includes comprehensive uncertainty estimates in its estimates of global temperature,” the Met Office spokesman said.
    “We previously acknowledged receipt of Dr John McLean’s 2016 report to us which dealt with the format of some ocean data files.
    “We corrected the errors he then identified to us,” the Met Office spokesman said.

    Quelle

    Das alles wird aber mit Sicherheit nicht reichen, irgend welche Zweifel an den Modell-Outputs zu formulieren.

  19. Also ich sehe komplett schwarz. Man kann nicht erkennen das außer Rechentricks irgendwas gegen den CO2 Ausstoß unternommen wird. CCS ist eine Illusion. Ohne den selbst verschuldeten Crash an den Finanzmärkten von 2008 und die folgende idiotische Austerity Politik wären wir auch längst bei noch höheren Emissionswerten. Der Crash hat uns da wohl minimal Zeit verschafft, welche aber in keinster Weise genutzt wurde. Die Dumpfbacken wie Trump, Turnbull, May etc. tragen auch nichts zur CO2 Reduktion bei und reden nur heiße Luft oder ergehen sich gar in Hetztiraden gegen Wissenschaftler. Viel wichter als die Rettung des Klimas und der Welt für unsere Kinder scheint die erneute Etablierung des Ost-West-Konflikts und des Feindbilds “Putin” zu sein, um noch mehr Waffen zu produzieren und zu verkaufen. Wesentlich schlimmere Regime wie Saudi Arabien, wo man Hexen enthauptet sind aber aus bekanntem Grund aka “Öl für uns Alle” nette Menschenfreunde mit einem “kleinen” Hang zur Frauenfeindlichkeit.
    Alles sieht nach Business-as-usual Szenario der schlimmsten Sorte aus. Sobald echtes Wachstum in Europa wieder einsetzt wird auch der Energieverbrauch und damit die CO2 Emissionen wieder drastisch ansteigen. +3..5 Grad Celsius bis 2100 scheinen doch wohl das realistischste Szenario zu sein.

  20. @Prof. Rahmstorf

    Bei Null-Emissionen würden maximal 2 ppm CO2 pro Jahr im Meer verschwinden. Derzeit haben wir 408 ppm. In 10 Jahren hätten wir dann 388 ppm.

    mit 0,27×5,35xln[388/280]=0,5°Cx3=1,5°C haben wir dann nur durch CO2 auch schon 1,5°C.

    Alleine aufgrund des Strahlungstransfers von CO2 bei einer Klimasensitivität von 3°C.

    Hinzu kommen dann noch Methan, Lachgas, etc.. Also selbst wenn man berücksichtigt, dass ein Teil des CO2 im Meer verschwindet hat man immer von rund 2°C im Klimasystem, bei einer Klimasensitivität von 3°C.

    1°C beobachten wir bereits davon, 1°C werden als Nachlauf noch hinzukommen.

    Da wir aber keine Null-Emissionen hin bekommen werden, wird es sogar über die 3°C hinaus laufen. Denn die CO2-Verdopplung ist nicht mehr in weiter Ferne.

    Das sollte man den Leuten auch glasklar sagen und nicht noch mit 1,5°C, oder 2°C spekulieren.

  21. Das stimmt nicht in Bezug auf May. Großbritannien ist der größte CO2-Emissionsreduzent der EU – und auf jeden Fall größer als Deutschland. GB hat politisch einen “coal phase out” beschlossen und führt diesen bisher auch durch. “The UK’s total CO2 emissions are [2017] 38% below 1990 levels.” Quelle: CarbonBrief.org
    Deutschland stand 2017 bei -28%. Quelle: Umweltbundesamt

  22. Danke für den Hinweis, Herr Rahmstorf – das ist ja durchaus positiv für uns. Dennoch glaube ich nicht, dass die atmosphärischen Konzentrationen wieder unter 408 ppm sinken werden, denn Nullemissionen oder gar Negativemissionen schaffen wir mE erst wenn die Konzentrationen noch viel höher stehen werden – wenn überhaupt. Aber Ihr Hinweis ist natürlich in jedem Fall wichtig für das Prozessverständnis.

  23. Es geht darum Wirtschaftswachstum vom Energieverbrauch zu entkoppeln. Das geschieht schon lange, aber wie es aussieht viel zu langsam für die avisierten Klimaziele. Defätismus ist aber angesichts mehrerer gleichzeitig stattfindender technischer und struktueller Revolutionen nicht angebracht und schon garnicht zielführend. Konzeptuell ist das Problem lösbar und es ist auch von der Mehrheit der Regierungen und der Menschen verstanden. Energie ohne eingepreiste Folgekosten war bisher so gut wie umsonst. Entsprechend haben sich die Strukturen energetisch völlig ineffizient entwickelt. Das muss sich ändern.
    Es bedarf grundsätzlicher Paradigmenwechsel, bei Produktion, Logistik, Verkehr, Arbeit und Wohnen, in Richtung Sharing und Nachhaltigkeit auf lokaler, regionaler und globaler Ebene. Vernetzung, Digitalisierung und KI bieten die notwendigen Werkzeuge dafür. Was die Lebensqualität angeht, wird sie dadurch eher besser. Die Entkopplung von Wachstum und Energiverbrauch ist DIE Wachstumsbranche der Zukunft, unabhängig davon welche der Klimaziele wann eingehalten werden können. Insofern sollte für einen Technologie- und Innovationsland wie Deutschland die Zielrichtung klar sein.

  24. Die persönliche Meinung von Gavin Schmidt, dass das 1,5° Ziel nicht mehr realistisch zu erreichen ist, finde ich (leider) nachvollziehbar. Die drohenden Risiken durch den Klimawandel werden m. E. nicht wirklich ernst genommen (und zwar weder von der Politik noch von den Individuen). Mögliche Erklärungen warum das so ist, könnten sich in der kognitiven Psychologie finden, hier H. Schaub “Störungen und Fehler beim Denken und Problemlösen” (https://www.psychologie.uni-heidelberg.de/ae/allg/enzykl_denken/Enz_09_Schaub.pdf): “Menschen begehen beim Handeln in komplexen Situationen Fehler.” und “Überbewertung (oder Übergewicht) des aktuellen Motivs. “Häufige Fehlerquelle, gerade im Alltag, ist
    die bis zur “Verbissenheit” geratene Verfolgung eines einziges Ziels… Ein letztlich oft unwichtiges Ziel, das das aktuelle Motiv befriedigt, wird verfolgt und die
    relevanten Probleme bleiben ungelöst, weil sie gar nicht erst angegangen werden. Auch alle Probleme die man noch nicht hat, werden gar nicht erst (vorsorglich) als mögliche Probleme betrachtet” (Detje, 1996,S.93f).”. D. h.: die täglichen Probleme (Beruf, Familie, Einkommen, Reisen etc.) dominieren das Denken, scheinbar nicht akute Probleme wie die Klimaänderung werden solange geschoben, bis sie zum aktuellen Problem werden. Dann wird hektisch reagiert (z. B. Geoengineering etc.). Prototyp dafür ist die aktuelle “Dieselkriese”. Ein eigentlich leicht lösbares Problem wurde solange ignoriert (es war ja nur ein mögliches Problem), bis es zum aktuellen Motiv wurde, Fahrverbote zu verhindern. Der Rest ist bekannt. Positiv ausgedrückt: an der Verhinderung des anthropogenen Klimawandels wird dann ernsthaft gearbeitet, wenn es für eine Mehrheit der Individuen UND der Entscheidungsträger zu einem aktuellen d. h. “brennenden” Problem wird. Für umfassendere Informationen zum Thema verweise ich auf die Arbeiten von Dietrich Dörner, u. a. zum Entscheiden in komplexen Situationen.

  25. Was ich in Kap. 3 gefunden habe, Seite 3-8, hat mich doch sehr erstaunt und gleichzeitig erfreut dies in einem IPCC-Report zu lesen:
    “There is high confidence that the probability of a sea-ice-free Arctic Ocean during summer is substantially higher at 2°C when compared to 1.5°C. It is very likely that there will be at least one sea-ice-free Arctic summer out of 10 years for warming at 2°C, with the frequency decreasing to one sea-ice-free Arctic summer every 100 years at 1.5°C. There is also high confidence that an intermediate temperature overshoot will have no long-term consequences for Arctic sea-ice coverage and that hysteresis behaviour is not expected.”

    Das heißt also, die so häufig wiederholten Aussagen, dass die Antarktis ab einem bestimmten Jahr wohl in jedem Sommer eisfrei sein werde und dass die Schifffahrt deshalb regelmäßig die Nordwestpassage wird benutzen können sind sowohl für die nahe als auch für die ferne Zukunft hinfällig! Auch bei einer Erwärmung der Erde um 2°C könnte die Nordwestpassage nur ca. alle 10 Jahre mal frei sein, bei 1,5°C sogar nur alle 100 Jahre.
    Hier ein paar Links zu diesen „Eisfrei-Prognosen“:
    https://www.newscientist.com/article/dn13779-north-pole-could-be-ice-free-in-2008/
    http://content.usatoday.com/communities/ondeadline/post/2009/12/gore-new-study-sees-nearly-ice-free-arctic-summer-ice-cap-as-early-as-2014/1#.VeXaEtOqqkr
    https://news.google.com/newspapers?nid=1454&dat=20071212&id=E8tOAAAAIBAJ&sjid=9R8EAAAAIBAJ&pg=3919,3618027&hl=en

    Dann lagen die Skeptiker, die das sommerliche Abschmelzen des arktischen Meereises mit freier Nordwestpassage aufgrund der aktuellen Beobachtungen der Meereisentwicklung und der in den letzten Jahren hinzugekommenen Forschungen zur Vergangenheit des arktischen Meereises in Frage stellten offensichtlich richtig. Im IPCC-report werden sie bestätigt.
    Ein bisher stark im Vordergrund stehendes Thema ist damit komplett vom Tisch. Die Eisbären behalten ihr Habitat, die Nordwestpassage könnte, wenn überhaupt, höchst selten frei werden (für die Schifffahrt nutzlos), die Erschließung neuer Borquellen für Erdöl und Erdgas im arktischen Meer wird nicht stattfinden.

    Und was sagt der IPCC-Report zu den Eisschilden von Grönland und Antarktis? Hier die Antwort:
    „The timescale for eventual loss of the ice sheets varies between millennia and tens of millennia and assumes constant surface temperature forcing during this period. Were temperature to cool subsequently, the ice sheets might regrow although the amount of cooling required is likely to be highly dependent on the duration and rate of the previous retreat.”
    “The Antarctic ice sheet can contribute both positively and negatively to future GMSL rise by, respectively, increases in outflow (solid ice lost directly to the ocean) and increases in snowfall (due to the increased moisture-bearing capacity of a warmer atmosphere).”
    Also auch hier“Entwarnung”. Man macht keine Prognosen, was mit den Eisschilden in Zukunft passieren wird oder passieren könnte, denn es geht um tausende oder in zehntausende von Jahren. In diesem Jahrhundert wird offensichtlich gar nichts mehr als wahrscheinlich angenommen.

    Verwunderlich ist nur, dass dies keinen Eingang in die Prognosen zum Meeresspiegel-Anstieg gefunden hat, denn diese beiden Themen sind ja schließlich ziemlich fest verkoppelt.

    Warum wurden in den Presseberichten und auch hier im Blog diese Inhalte des IPCC-Berichts nicht erwähnt? Getraut man sich nicht einzugestehen, dass die bisherigen extremen Aussagen zu Eckpunkten des Klimawandels nun vom IPCC stark gedämpft wurden?

    Mit Eckpunkten meine ich Themen, die bisher immer ganz im Vordergrund als Folgen des Klimawandels standen: Abschmelzen des Meereises, Aussterben der Eisbären, Abschmelzen der Eisschilde von Grönland und Antarktis, Gletscherrückgänge, Meeresspiegel-Anstieg, und ziemlich neu: Extremwetter.

    • Sie bringen hier eine Menge durcheinander. Die Nordwestpassage ist bereits heute öfters eisfrei, ebenso wie die Nordostpassage, die von Frachtschiffen bereits benutzt wird. Eisfrei heißt, dass der arktische Ozean nahezu komplett ohne Eis ist, nicht nur eine schmale Wasserstraße entlang des Randes.
      Die Zeitskala des Verlusts der Kontinentaleisschilde meint die Dauer, bis dieser Prozess abgeschlossen ist – dieser Eisverlust ist ja längst im Gange. Der IPCC-Bericht gibt hier keinerlei Entwarnung im Vergleich zu früheren Aussagen.

  26. Jet Stream- Veränderungen möglicherweise unterschätzt, Implikationen für die Klima-Modelle GB’s und Europa’s:

    ” Climatologists may be unable to accurately predict regional climate change over the North Atlantic because computer model simulations have failed to accurately include air pressure changes that have taken place in the Greenland region over the last three decades.

    This deficiency may mean regional climate predictions for the UK and parts of Europe could be inaccurate…”

    https://www.eurekalert.org/pub_releases/2018-10/uol-cmf101518.php

  27. Martin Holzherr 11.Oktober

    Die Erdgasheinis bezeichnen das Ergas ja als “klimaschonenden Energieträger”. Sie nehmen sich als wirksamer Aktiver beim Ausstieg aus der fossilen Energieerzeugung selbst nicht ernst.
    Außerdem ist der Unterschied zu Erdöl in der CO2-Emission in g/W nur sehr sehr gering.

  28. Herr Professor, was verstehen Sie unter “Nachlaufzeit” ?
    Meinen Sie damit die Zeitdauer, bis alle Rückkopplungsvorgänge abgeklungen sind, also Eis, Methan und wahrscheinlich noch weitere ?

  29. @ Wizzy 16.Oktober

    28% und 38% sind wohl kaum ein Unterschied…
    Viel schlimmer ist, daß in den 1990er Zahlen der BRD die Deindustrialisierung der DDR noch nicht enthalten ist, ich schätze, dann würden aus unseren 28% wohl ganz schnell weniger als zwanzig. Ein reeller Vergleich wäre der mit Emissionszahlen etwa von 1993…1995.

  30. Herr Professor, ich verstehe absolut nicht, warum Sie das Problem plötzlich kleinreden wollen und die Einwände von z.B. Heinz Geber einfach beiseite wischen. Die Klimasensitivität ist eindeutig die Temperaturdifferenz, die sich bei (jeder) Verdoppelung des CO2-Gehaltes der Erdatmosphäre nach Abklingen aller Rückkopplungsvorgänge einstellt. Deshalb dauert die Anhebung der Meereshöhe ja auch Jahrhunderte, wie Sie hier kürzlich erläuterten. Da ist nicht die Rede davon, daß die Temperatur zurückgeht, wenn der CO2-Eintrag zu Null wird und es erstmal wieder kälter wird (oder steckt dies in den Worten “nach Abklingen aller Rückkopplungsvorgänge” mit drin?). Dann hieße das, es würde erstmal 5K wärmer und nach einer gewissen Zeit pendelt sich die Temperatur bei 4K ein. Fragen über Fragen. Sie gestatten, daß auch ich mißtrauisch werde. Irgendjemand hat wohl irgendwann irgendwo an irgendeiner Stelle tüchtigen Unsinn von sich gegeben.
    Ich finde es auch sehr schlimm, daß Sie den Einwand von Krishna Gans einfach übergehen und sich nicht dazu äußern. Eine Bemerkung von Ihnen dazu ist zumindest mir sehr wichtig.

  31. @ralph vom 17. Oktober 2018: Bin mit Ihnen in fast allen Feststellungen grundsätzlich einig. In unseren Strukturen stecken externalisierte und in die Zukunft verschobene Kostenbestandteile. Das betrifft aber nicht nur klassische Infrastrukturkomponenten (wie etwa zubetonierte Landschaften, eine groteske Übermotorisierung, das Phänomen der „cheap cities“ und vieles mehr) sondern auch die erschreckende geistige Rigidität und latente Verantwortungsabschiebe-Bereitschaft in vielen strukturkonservativen Bürgerköpfen. Jahrelang ist den Leuten z.B. von Planwirtschafts-Organisationen à la ADAC oder FDP mit viel Propaganda eingeredet worden, sie würden als Autofahrer „Zahlmeister der Nation“ sein. Selbstverständlich ist (und war schon immer) das genaue Gegenteil der Fall!

    Jetzt wird – nicht nur aus klimatologischen Gründen – langsam und kontinuierlich die Rechnung präsentiert, aber die Politik verschläft angemessene Maßnahmen, weil sie Angst vor den Entzugserscheinungen bei den Subventionierungs-Süchtigen hat.

    Mit dem erwähnten und erstrebten „grundsätzlichen Paradigmenwechsel“ bin ich allerdings nicht einverstanden, das erinnert mich zu sehr an inhaltsleere Sprüche wie „den Kapitalismus abschaffen“ – worauf ja dann „irgendwie“ umweltmäßig alles gut werden wird. Da gab es mal das Buch „Wendezeit“ eines gewissen Fritjof Capra (natürlich ein Physiker!), demzufolge es längst gar keine Menschheitsprobleme mehr gäbe, weil wir schon vor 30 Jahren in das paradigmatische „Zeitalter des Wassermanns“ eingetreten sind. Wir werden leider weiterhin den mühsameren Popper`schen Weg der „Politik der kleinen Schritte“ gehen müssen, Esoterik sollten wir der Klimaskeptiker-Sekte überlassen, die kennen sich da besser aus! Von einer Steigerung der Lebensqualität durch klimapolitische Maßnahmen bin auch ich überzeugt.

    Anmerkung: Unter „cheap cities“ wird oft das Resultat eines „downgrading“ der Innenstädte verstanden. Dieser Prozess ist u.a. eine Folge der massiven Subventionierung des PKW- und LKW-Verkehrs. Auf der Strecke bleiben z.B. ältere Menschen (oder solche ohne Auto), die in ihren Ortschaften immer schlechtere Kommunikations- und Einkaufsmöglichkeiten haben.

  32. Politische Einsicht die Klimaerwärmung aufzuhalten, sehe ich nicht. Nach wie vor sind Arbeitsplätze, die heimische Industrie etc. für die Bundesregierung wichtigere Faktoren als der Klimaschutz. Hierfür nimmt man jeden Unsinn in Kauf, wie das jüngste Beispiel zeigt. Nachdem verschiedene Verwaltungsgerichte Fahrverbote in großen deutschen Städten für die Einhaltung der Stickoxidgrenzwerte fordern, definiert die Bundesregierung die Maßstäbe neu. Es wird der Terminus der geringfügigen Überschreitung eingeführt. Eine geringfügige Überschreitung des Grenzwertes rechtfertige damit in Zukunft keine Fahrverbote mehr. Dies sei nicht mehr verhältnismäßig, betont die Bundesregierung. Geringfügige Überschreitung ist zukünftig eine Überschreitung von bis zu 25% (!). Damit sind 51 Kommunen aus der Sache raus und es verbleiben nur noch 14 Intensivstädte mit besonders hoher Belastung. So macht man das.
    Gefordert ist hier aber nicht nur der Wissenschaftler sondern auch der Wähler.

  33. Herr Prof. Dr. Rahmstorf, Sie schreiben in Ihrem Antwort-Kommentar vom 16.10.2018:
    “Ich denke Sie vergessen immer noch, dass bei Nullemissionen die CO2-Konzentration in der Atmosphäre wieder sinkt, weil die Ozeane dann netto CO2 aufnehmen…..”

    Ist bei diesen Überlegungen die steigende Emission von CO2 und Methan aus den tauenden Permafrostböden und dem schmelzenden ozeanischen Methanhydrat berücksichtigt ?

    Bereits bei der heutigen Erwärmung von etwas mehr als 1 Grad Celsius ist die Verstärkung dieses Effektes zu beobachten. Ich befürchte, dass dieses Problem sich bei einer Erhöhung von 1,5 Grad Celsius deutlich verschärfen wird.

    Wenn es ganz blöd läuft, könnten die Menschen die Emission von fossilem CO2 auf Null reduzieren und trotzdem würde die Konzentration von klimawirksamen Gasen (vor allem CO2 und Methan) wegen der o.g. Emissionen aus den Permafrostgebieten und dem schmelzenden Methanhydrat steigen.

    Wie sehen Sie diese Gefahr ?

  34. Wenn das menschliche Wirken einen signifikanten Einfluss auf das globale Klima hat, dann ist festzustellen, daß der mit Abstand größte „klimaschädliche“ Aspekt der Mensch selber ist, was grundsätzlich selten bis gar nicht kommuniziert wird. Eine Reduktion der Weltbevölkerung durch stark verminderte Reproduktionsraten ist der effizienteste „Klimaschutz“. Ob im (“westlichen”) Europa jemand mehr oder weniger Auto fährt, mehr oder weniger Strom verbraucht, … ist in Anbetracht der Bevölkerungsexplosion und massiver Industrialisierung insbesondere Asiens und Afrikas ohne wirkliche Bedeutung.

    Zur deutschen Situation: Der derzeitige Anteil an CO2-Emissionen liegt bei ca. 2,4 %. Selbst wenn Deutschland diesen Anteil um 50% auf 1,2% senken könnte, hat das keinen signifikanten Einfluß auf die klimatische Gesamtsituation. Insbesondere unter der voranschreitenden Überbevölkerung, die Industrialisierung und Mobilität der »neuen Massen« nach sich zieht, die diese deutsche Reduzierung mehr als überkompensiert.

    Wenn wir schon beim Thema Deutschland sind…
    Wie realistisch ist eine Reduzierung deutscher klimaschädlicher Emissionen?

    Zur Erinnerung: “Die Förderung erneuerbarer Energien wird einen Haushalt nur einen Euro im Monat kosten – so viel wie eine Kugel Eis.“ verkündete 2004 der damalige deutsche Umweltminister, Jürgen Trittin. In Wirklichkeit hat sich die monatliche Stromrechnung für deutsche Haushalte seit 2000 etwa verdoppelt. Elektrizität ist in Deutschland für Konsumenten mit fast 30 Cent je Kilowattstunde sogar um die Hälfte teurer als im Hochpreisland Schweiz

    Während der Frostwetterperiode wurden im Zeitraum 16. bis 26. Januar 2017 von den über 26.000 Windenergieanlagen mit einer installierten Nennleistung von 50 Gigawatt nur minimale Leistungseinspeisungen für die Stromversorgung bereitgestellt. Kernenergie-, Kohle- und Gaskraftwerke übernahmen fast vollständig die Stromversorgung in Deutschland.

    Noch konkreter: Am 24.1.2017 um 7.00Uhr war die Stromnachfrage (Netzlast) 70 GW hoch. An Photovoltaik und Windkraftanlagen sowie Wasserkraft standen rein theoretisch 89,5 GW Kapazität zur Verfügung. Die tatsächliche Erzeugung am 24.1.2017 um 7.00Uhr von Photovoltaikanlagen lag bei Null, die der Windkraftanlagen bei 0,8 GW. Die thermischen Kraftwerke, vornehmlich Kohle, Gas und Kernkraft waren hoch ausgelastet und gewährleisteten die Versorgungssicherheit.

    Dieses Beispiel zeigt, ohne Wenn und Aber, die brachiale Wahrheit, daß die deutsche Stromversorgung zwingend zwei Systeme erfordert. Ohne „konventionelle“ regelbare und jederzeit verfügbare Kraftwerke, gäbe es gar keine parallele alternative Energieversorgung, diese jedoch hatte und hat ohne lokal vorhandene Energiezwischenspeicher keine Daseinsberechtigung.

    Ein weiterer „Abbau“ (Demontage) von konventionellen Kraftwerken ist nicht möglich.

    Fazit: Das Standardmodell der deutschen alternativen Energieversorgung (SddAEV) ist untauglich. Wenn man das nun mit der Propaganda der Macher und Nutznießer des SddAEV und der tendenziell positiven Volksmeinung vergleicht, wird klar wie katastrophal ausweglos die Situation mittlerweile ist.

    Der deutsche Journalismus, dem die Faktenlage bekannt sein muß, suggeriert seit Jahren durch das Weglassen kritischer Artikel (Nichterwähnung der dokumentierten Sachlage), daß wir uns auf dem „richtigen Weg“ befinden. Hier werden Utopien ideologisierter Politiker und deren Anhänger, allen voran die Grünen, propagiert, die kläglich an der Realität gescheitet sind. Die Tatsache, daß hier kollektiv die Sachsituation methodisch und wiederholt ausgeblendet wird, erzeugt des Weiteren eine volkswirtschaftlich bedrohliche, unverantwortliche Situation, die Deutschland perspektivisch im globalen Vergleich ins Abseits stellt.

    Übrigens
    Das »Klimawandel-Szenario« ist mit dem »Plastik-Müll-im-Meer-Szenario« vergleichbar. Auch hier spielt Deutschland insgesamt betrachtet so gut wie keine Rolle. Zehn Flüsse befördern weltweit mit großem Abstand den meisten Plastikmüll ins Meer, daß entspricht 90% des Plastiks, welches über Flüsse ins Meer gelangt. Davon sind 8 asiatisch. China, Indonesien, Vietnam, Thailand und die Philippinen sind für 50% des ozeanischen Müllproblems verantwortlich. Nichtasiatisch sind Ägypten und Nigeria zu nennen.

    Um es einmal plakativ auf den Punkt zu bringen: Die Vermeidung/Reduktion von Emissionsgasen und die Vermeidung/Reduktion von Plastikmüll in Deutschland sind global gesehen ohne Bedeutung. In beiden Fällen wird die deutsche Bevölkerung indoktriniert, drangsaliert und zur Kasse “gebeten”. Es besteht der nahe liegende Verdacht, daß diese beiden Themen u.a. von allerlei innenpolitischen Problemen ablenken sollen.

  35. @Freyling „Zur deutschen Situation“: Nein, Herr Freyling, nicht Deutschland als eine Art kollektive Entität produziert das CO2, letztlich sind seine Bürger mit ihrem individuellen Konsum dafür verantwortlich. Ich teile also Ihre 2,4 % durch unsere Bevölkerung in Höhe von 82,52 Millionen und erhalte einen Pro-Kopf-Anteil an den deutschen Emissionen von 0,000000029083 %. Ich weiß (offensichtlich im Gegensatz zu Ihnen), dass das ein bisschen arg pauschal ist, aber es geht ja um`s Prinzip: Auf jeden Fall können Sie jetzt noch viel deutlicher nachweisen, dass der Deutsche „keinen signifikanten Einfluss auf die klimatische Gesamtsituation“ hat. Es ist für die CO2-Emission völlig egal ob „jemand mehr oder weniger Auto fährt, mehr oder weniger Strom verbraucht.“

    Das Ganze geht ganz ähnlich auch mit unseren Steuern. Meine Steuerzahlung hat keinen signifikanten Einfluss auf das deutsche Steueraufkommen, also möchte ich davon befreit werden. Aber hallo, Dirk Freyling hat stringent bewiesen, dass ich jahrzehntelang völlig sinnlos Steuern bezahlt habe! Das muss sofort aufhören! Ich fordere, dass Sie Ihre Rechenkunststücke noch diese Woche dem Bundesfinanzminister Scholz vorlegen!

    Ähnlich absurd ist ihre viel zu simple Argumentation mit der Bevölkerungsexplosion: Jetzt spielt die CO2-Emission plötzlich doch eine Rolle? Aber nur, wenn es andere Länder oder Kontinente betrifft? Nur ja nicht selbst irgendwie Verantwortung übernehmen, Herr Freyling, wie? Es sollte Ihnen nicht allzu schwer fallen, konkrete Zahlen – z.B. über historische und absolute Pro-Kopf-CO2-Emissionen – nachzuliefern. Dann können wir hier vielleicht doch noch eine vernünftige Diskussion führen!

    Zum absurden und verschwörungstheoretischen Rest Ihrer Ausführungen habe ich keine Lust mehr Stellung zu nehmen, vielleicht machen das andere, ich will jetzt den Spätburgunder aufmachen und „Nachtcafé“ gucken. Hier aber doch noch ein Artikel (weil ich ihn vor einer Stunde gelesen habe) zum Nachdenken aus der Qualitätspresse:

    http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/mehr-wirtschaft/oekostrom-fast-gleichauf-mit-strom-aus-kohle-15870118.html

  36. @ Stefan Rahmstorf, 1. November 2018 @ 09:52

    Sorry Herr Rahmstorf, ich habe nichts durcheinandergebracht. Weder eine noch beide Passagen sind heute „öfter eisfrei“, ganz im Gegenteil, das Eis nimmt seit 2012 zu und es gibt keine Frachtschiffe die diese Routen benutzen:
    1) „Eisfrei“, also auch nach Ihren Worten „nahezu komplett ohne Eis“ war der arktische Ozean seit Beginn der Beobachtungen und Messungen noch nie. „Eisfrei“ ist üblicherweise definiert als eine Eisbedeckung unter 1 Million km². Fast genau übereinstimmend laut DMI und NSIDC gab es im Sommer 2012 die bisher kleinste gemessene Meereisfläche mit 3,39 Mio. km² bzw. 3,57 Mio. km². In diesem Jahr waren es lt. NSIDC 4,71 Mio. km². Wenn man bei DMI und NSIDC nur die Werte seit 2012 betrachtet zeigen sie einen positiven Trend, also eine Zunahme des Meereises.
    Ergänzend: Laut dieser Studie https://link.springer.com/article/10.1007/s41063-018-0045-z begann die jährliche arktische Eisschmelze in der Mittelalterlichen Wärmeperiode (MWP) und der Römischen Wärmeperiode (RWP) zwei Monate früher als es zurzeit der Fall ist. Damals war es dort noch viel wärmer als heute. Zumindest in der Arktis, die sich ja laut Modellrechnungen am schnellsten erwärmen sollte, sind wir offensichtlich noch weit weg von den Temperaturen der MWP und der RWP.
    2) Zur Schiffbarkeit der arktischen Passagen, die ja keine komplette Eisfreiheit der Arktis benötigen, gibt es hier vom Alfred-Wegener-Institut Informationen: https://www.meereisportal.de/archiv/2018-kurzmeldungen-gesamttexte/beschiffbarkeit/ . Daraus geht hervor, dass die Handelsschifffahrt gute Vorhersagen für die Befahrbarkeit braucht, um die Routen dann auch zeitgerecht einplanen zu können. Doch noch klappt es offensichtlich mit der Eisfreiheit und der Planbarkeit nicht.
    Über die Probleme mit der Eis Dicke und damit der Vorhersage für die Schifffahrt berichtete auch 2015 diese Studie: https://agupubs.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/2015GL065704
    3) Wirklich eisfrei sind beide Passagen (auch unabhängig voneinander betrachtet) bisher wohl nur 2012 gewesen. Die größeren Schiffe, die seitdem durchfuhren waren alle entweder in Eisbrecher-Begleitung oder sie sind selbst in der Art eines Eisbrechers gebaut, wie der LNG-Tanker „Eduard Troll“, der schon die NW-Passage durchfahren hat und dabei bis zu 1,8m dickes Eis brechen musste: https://www.teekay.com/blog/2018/01/31/eduard-toll-teekays-first-icebreaker-lng-carrier-newbuilding-delivered/
    Dass in den letzten Jahren immer wieder Leute meinen, sie könnten eine oder beide Passagen mit kleinen Schiffen (aber auch mit verstärktem Rumpf!) befahren und dabei scheitern, lese ich immer wieder im Internet, wie z.B. hier: https://bit.ly/2JC9DRP
    Eine Expedition zum Nachweis der Befahrbeit der Nordwestpassage in diesem Jahr scheiterte, weil das Schiff auf Grund lief, eine nicht kartierte Untiefe war die Ursache: https://northwestpassageproject.org/
    Auch hier liest man davon, dass bisher nur Eisbrecher oder kleine Schiffe (wenn sie es denn überhaupt schaffen) die Passagen im Sommer durchfahren: https://wapo.st/2PJVgAI
    oder hier Infos zu diesem Thema: https://bit.ly/2PDitnP
    BBC News: https://www.bbc.com/news/business-45527531 schreibt: „At the moment the number of ships going through the passage is low, but is rising. In 2017 a total of 32 vessels made the journey, but only one of those was a cargo ship. The others included adventure yachts, dedicated icebreakers, a cruise ship, and a tanker. This compares with 18 vessels in total in 2016, and 16 in 2015.” “However, some Arctic experts are not convinced that the Northwest Passage will ever be a busy commercial trade route.” – eben, das passt genau zur Aussage des SR15.
    Und hier kann man alle Schiffe sehen, die bis Ende 2017 die Nordwestpassage befahren haben:
    https://bit.ly/2OpArWl . Wenn man nach „carried cargo“ sortiert bleiben von 1999 bis Ende 2017 gerade 8 Schiffe, unter denen aber 2 Yachten und 1 Kutter und gerade mal 1 Tanker ohne Eisbrecher-Eigenschaften. Nein, die Route wird überhaupt nicht genutzt.
    4) Eisschilde: Sie mögen es als “keinerlei Entwarnung” bezeichnen was im SR15 steht, doch es sind schließlich deutlich „mildere Töne“, wenn es bei den Eisschilden sogar heißt „the ice sheets might regrow“ (Mehrzahl!) und wenn die Zeit bis zum eventuellen (!) Abschmelzen statt wie bisher auf eine Größenordnung von ca. 1000 Jahren (AR5) nun auf Zehntausende von Jahren unter der neuen zusätzlichen Bedingung oder Annahme eines „constant surface temperature forcing during this period“ verlängert wird.
    Meine Interpretation dieser Aussagen lautet: Die Eisschilde Grönlands und der Antarktis könnten in Zukunft wieder an Masse zunehmen oder sie könnten nur dann, wenn über viele tausende bis zehntausende Jahre konstant höhere Temperaturen herrschen sollten, was man aus heutiger Sicht ja nun wirklich nicht modellieren und vorhersagen kann, komplett abschmelzen.
    Eine Folgerung aus dieser Aussage, die aber nicht im SR15 steht, wäre, dass dementsprechend auch der Anstieg des Meeresspiegels durch das Abschmelzen der Eisschilde entweder gar nicht (wenn sie wieder anwachsen / „regrow“) beeinflusst oder über eine sehr sehr viele längere Zeit (Annahme von mir, da keine Zahlen genannt: statt 1000 nun 5000 bis 30.000 Jahre) um den Faktor 5 bis 30 verzögert wird, so dass für Inseln und Küstenstädte in den nächsten paar hundert Jahren keine Gefahr entstehen kann.
    Aporopos Inseln: dieser Bericht gibt für 30 Atolle im Indischen Ozean und Pazifik, zusammen 709 Inseln, komplette „Entwarnung“ vor dem angedrohten Untergang durch den Meeresspiegelanstieg: http://sci-hub.tw/10.1002/wcc.557
    „… no atoll lost land area and that 88.6% of islands were either stable or increased in area, while
    only 11.4% contracted. Atoll islands affected by rapid sea-level rise did not show a distinct behavior compared to islands on other atolls. Island behavior correlated with island size, and no island smaller than 10 ha decreased in size.”

    • Na ja, Ihre Aussagen sind für mich einfach ein gutes Beispiel von cherry picking. Sie verlinken eine Studie zu einem einzigen Ort (Disco-Bucht in Grönland) und machen daraus eine Behauptung über die “arktische Eisschmelze”. Dazu sollte man dann schon Datenzusammenstellungen aus der gesamten Arktis ansehen, wo all die verschiedenen verfügbaren Daten gemeinsam betrachtet werden. Sceptical science hat die beiden wichtigsten Grafiken hier zusammengestellt: https://www.skepticalscience.com/print.php?r=430
      Und dass 2012 der bislang niedrigste Stand der arktischen Sommereisbedeckung war ist allgemein bekannt, es handelt sich eben um einen Abwärtstrend um 13 Prozent pro Jahrzehnt mit überlagerten Schwankungen von Jahr zu Jahr: http://nsidc.org/arcticseaicenews/
      Und warum zitieren Sie vom SR15 nicht einmal den vollen Satz, der da lautet: “Were temperature to cool subsequently, the ice sheets might regrow although the amount of cooling required is likely to be highly dependent on the duration and rate of the previous retreat.” Klar – wenn es wieder kälter wird, dann könnten die Eisschilde wieder wachsen.
      Ich kann hier aus Zeitgründen nicht auf alle Ihre Punkte eingehen, rate Ihnen aber, das Gesamtbild vorurteilsfrei und offen zu betrachten statt sich in der üblichem Methode der Klimaskeptiker nach Bedarf kleine Stückchen herauszupicken, die dann ihre Argumentation stützen sollen.

  37. @ Stefan Rahmstorf, 6. November 2018 @ 10:39

    Nochmals sorry, Herr Rahmstorf, aber auf meine Antwort auf Ihre obige Aussage (1. November 2018 @ 09:52), die Arktis sei im Sommer öfter nahezu komplett eisfrei, die beiden Passagen würden von Frachschiffen bereits benutzt, gehen Sie gar nicht ein und picken sich statt dessen die von mir nur als Ergänzung hinzugefügte Aussage einer neuen Studie heraus.

    Stimmen Sie nun mir bzw. den von mir verlinkten Informationsquellen zu, dass die Arktis bisher, zumindest seit Beginn der aktuellen Beobachtungen und Messungen noch nicht eisfrei war und dass die beiden Passagen keineswegs von Frachtschiffen benutzt werden?

    Es ist auch kein cherry picking wenn ich zum Thema Eisschilde hier im 2. Kommentar nur noch die beiden Worte „might regrow“ zitiert habe. Sie haben übersehen, dass ich in meinem ersten Kommentar (19. Oktober 2018 @ 21:57) die Textpassage vollständig zitiert hatte.

    Klar, nach „gesundem Menschenverstand“ und den Worten des SR15 müsste es in den Polargebieten kälter werden, damit die Eisschilde wieder anwachsen. Dem „zum Trotz“ hat der Eisschild Grönlands in den letzten beiden Jahren (Meßbeginn ist immer der 1. September), also seit 1.9.16 und erneut seit 1.9.17 jeweils an Masse zugenomment, wie bei DMI in den Grafiken zu sehen und wie das NSIDC berichtet:
    https://nsidc.org/greenland-today/
    Fig. 3 zeigt die Massenzunahme (SMB) für 2017 mit ca. 75 Gt und für 2018 mit ca. 160 Gt.
    Wen es interessiert, bitte selbst lesen, hier nur der Schlusssatz: „This is similar to our assessment for 2017, and in sharp contrast to the conditions for the preceding decade.” – die letzten beiden Jahre waren also komplett anders.

    Irgendwo habe ich als Erklärung gelesen, dass höhere Temperaturen zu mehr Schneefall in der Artkis führten und dadurch gerade der umgekehrte Effekt aufträte als von den Klimaforschern bisher erwartet, also eine Zunahme des grönländischen Eisschilds und auch des Meereises (infolge starkem Schneefall) anstatt einer Abnahme. Meiner privaten Meinung nach passt das auch gut zu den Prognosen von Extremwetter in Form von mehr Regen und Starkregen in gemäßigten Zonen durch den dort stattfindenen regionalen Temperaturanstieg.

    • Selbstverständlich war die Arktis noch nie nahezu komplett eisfrei! Das habe ich auch nie behauptet, sondern geschrieben: “Die Nordwestpassage ist bereits heute öfters eisfrei, ebenso wie die Nordostpassage, die von Frachtschiffen bereits benutzt wird.” Der dann folgende Satz erläutert, dass dies gerade NICHT mit einer eisfreien Arktis verwechseln werden sollte, weil damit nicht nur diese Passagen am Rand sondern der gesamte arktische Ozean gemeint ist. Und ja, es fahren Frachtschiffe durch die Nordostpassage; vorletztes Wochenende war ich beim Arctic Circle Assembly in Reykjavik, wo dies besprochen wurde.
      Und bitte verwechseln Sie nicht Klima und Wetter, also kurzfristige Schwankungen und Langzeittrend. Natürlich hängen die Schwankungen der Massenbilanz von Grönland von Jahr zu Jahr am Wetter, nämlich den Schneefallmengen, und nicht an der klimatologischen Temperatur. Dennoch führt der Erwärmungstrend zum Massenverlust von Grönland, schauen Sie sich einfach die Daten der letzten Jahrzehnte an!