Vulkan-Eruptionen im Labor

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Unser Wissen darüber, was in Vulkanen passiert, ist bis heute immer noch dürftig, obwohl Vulkanologen inzwischen unterschiedliche Methoden zur Verfügung stehen. Zur ganz traditionellen Analyse des Gesteins ist seit Jahrzehnten auch die Auswertung von Daten aus Messinstrumenten hinzugekommen, aber auch Simulationen unterschiedlicher Fragestellungen helfen inzwischen, die Kenntnisse über das Innere von Vulkanen systematisch zu verbessern. Am schwierigsten ist es, Experimente im Labor nachzustellen, um etwas über die Vorgänge im Inneren von Vulkanen zu ergründen. Doch auch damit nicht genug: Wissenschaftler möchten künftig dem heißen Stoff sogar mit einem Bohrturm näher rücken. Das Experiment ist aufwändig und daher teuer, aber  die Energiewirtschaft könnte daraus für künftige Hochenthalpie-Geothermie in besonders heißem Untergrund eine  effiziente und umweltfreundliche Energiequelle erschließen. Das ist der Bogen der TV-Doku „Eruptive Energien – Experimente mit Vulkanen“, für die ich mit zwei Experten an der Uni München gesprochen habe: Don Dingwell, Direktor am Department für Geo- und Umweltwissenschaften und Visionär in Sachen Vulkanerforschung, sowie den Vulkanologen Ulrich Küppers.

Donwell begann an der Uni in München  im Jahr 2000 mit Vulkanen im Labor zu experimentieren.  Durch Überdruck bringen er und sein Team heißes vulkanisches Gestein zur Explosion. Schon 1994 hatte er – damals noch an der Uni von Bayreuth – erstmals solche Versuchen aufgebaut. Damals hielten das viele Vulkanologen für eine völlig abwegige und nicht zielführende Idee. Doch Donwell war fest überzeugt, dass man Vorgänge in Vulkanen auch im Labor nachstellen kann. Bis heute gibt es weltweit keine andere vergleichbare Anlage wie die in den unterirdischen Laborräumen des Geo-Zentrums an der Uni in München. Gegenüber der Beobachtung der Natur haben diese Laborexperimente große Vorteile: Während man nie weiß, wann ein Vulkan tatsächlich ausbricht, kann man ihn im Labor jederzeit nachstellen, und das, so oft man will – und alles natürlich auch noch unter kontrollierten Bedingungen!

Eines der ersten wichtigen Ergebnisse, die mit den Vulkan-Experimenten in München gewonnen werden konnten, betrifft das Magma beim Aufsteigen von der Erdkruste in den Vulkan. Dabei kann das Magma so hohen Deformationsraten ausgesetzt sein, dass es sich für einen kurzen Zeitraum wie ein Festkörper verhält, den der Experte als „Glasphase“ bezeichnet. Die atomare Struktur des Magmas bleibt dabei unverändert. Das Ergebnis: Es fließt nicht mehr, sondern bricht unter dem hohen Druck. Heute forschen die Münchener Vulkanologen unter anderem gezielt daran, wie sich die unterschiedliche Zusammensetzung von Lava sowie seine texturellen Eigenschaften verändern und welchen Einfluss die im Vulkan herrschenden Kräfte daran haben. Diese Faktoren bestimmen auch die sogenannte Korngröße des ausgeworfenen Materials.  Vulkanasche – Partikel mit einem Durchmesser von weniger als zwei Millimetern – wird über die Luftzirkulation mitunter global verteilt. Solche Forschungen spielen auch im Kontext des Flugverkehrs eine große Rolle, denn die in die Luft gewirbelte Asche kann zu massiven Beeinträchtigungen des Flugverkehrs führen.

Don Dingwell ist überzeugter Experimental-Geoforscher und sicher, dass die Arbeiten mit solchen Mini-Vulkanen im Labor noch weitere neue und wichtige Erkenntnisse liefern werden. Das Experiment sieht er gegenüber Simulationen deutlich im Vorteil. Denn selbst die beste Simulation, so  Dingwell, könnte eben nur Bekanntes exakt berechnen, nicht aber zu neuen Erkenntnissen führen. Doch Dingwell verfolgt noch einen anderen Traum: Er will mit seinen Experimenten aus dem Labor zurück ins Feld gehen  – also an den richtigen Vulkan. Aber die schon vor zehn Jahren entwickelte Forschungsidee ist kostspielig, nur ein international gefördertes Wissenschaftsprojekt lässt es, wenn überhaupt, in Zukunft machbar erscheinen. Und selbst wissenschaftliche Förderung würde dafür kaum ausreichen. Deshalb sucht Dingwell für seine Versuche am offenen Herzen von Vulkanen nach Verbündeten in der industriellen Entwicklung:  mit dem Aufbau eines Bohrturms nämlich, der direkt in die Magmakammer eines Vulkans vorstößt, dorthin, wo das geothermische Potential zwar gewaltig, aber das industrielle Risiko heute noch hoch ist – vor allem auch deshalb, wie Dingwell offen erklärt, weil die Forschung noch so große Wissensdefizite der unterirdischen Vorgänge hat. Das Anbohren einer Magmakammer, das von Geothermie-Entwicklern gelegentlich  aufgrund mangelnden Wissens schon irrtümlich passiert ist, will Dingwell unter exakt kontrollierten Bedingungen für wissenschaftliche Experimente umsetzen.  Dingwell prophezeit sogar, dass damit längerfristig  die Tür zum Geo-Engineering aufgestoßen würde – und mit ihm zur technologischen Bekämpfung des Treibhauseffektes.

In Island, dem Land der Wasserfälle und Vulkane werden bereits dreißig Prozent der Primärenergie aus Geothermie gewonnen. Mit der Hochenthalpie-Geothermie sind dort sogar schon große Temperaturunterschiede von einigen hundert Grad nutzbar. In Deutschland steckt die Hochenthalpie-Nutzung noch in den Kinderschuhen, doch auch hier gibt es nutzbare Regionen, wenn man nur tief genug gräbt. Kraftwerkbetreiber realisieren daher hierzulande schon Projekte mit Bohrungen von einigen tausend Metern in den Untergrund. 

Ob Dingwells  Traum eine Chance auf Realisierung hat? Noch ist das alles im Gesprächsstadium, aber: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt! Schon die Experimente im Kleinen bringen so viel Neues zu Tage. Was also, meint DIngwell, könnte die Wissenschaft erst entdecken, wenn sie tatsächlich bis in das komplexe System eines angebohrten Vulkans  vordringen könnte?

 

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Ich habe viele Jahre journalistisch im Bereich Wissenschaft und Technologie gearbeitet, später dann mit meiner kleinen Beratungsfirma als Medienexpertin. 2010 erfüllte ich mir meinen großen Traum und gründete den Spartensender HYPERRAUM.TV, für den ich eine medienrechtliche Rundfunklizenz erteilt bekam. Seither mache ich als One-Woman-Show mit meinem „alternativen TV-Sender“ gewollt nicht massentaugliches Fernseh-Programm. Als gelernte Wissenschaftshistorikern habe ich mich gänzlich der Zukunft verschrieben: Denn die Vergangenheit können wir nur erkennen, die Zukunft aber ist für uns gestaltbar. Wir sollten versuchen, nicht blind in sie hinein zu stolpern!

1 Kommentar

  1. Der Vulkan im Labor: das allein schon macht den Tag der offenen Tür (des offenen Vulkans?) sehr attraktiv für das Publikum und weckt bei bestimmten Besuchern vielleicht ungewöhnliche Ideen wie den ob man nicht einen unbeliebten Kollegen/Klassenkameraden in so einem Labor-Vulkan verschwinden lassen könnte.

    Der Vulkan im Labor ist nur schon deshalb eine gute Idee, weil er eine Lücke in der Vulkan-Forschung abdeckt und weil er Daten liefert, die dann in Vulkansimulationen einfliessen können.

    Vulkane anbohren bis hinein in die Magmakammern ist ebenfalls eine gute Idee, liefert es doch wiederum Daten und Erkenntnisse, die sich anders schwer gewinnen lassen. Nur sind solche Unternehmungen nun wirklich teuer und anders als beim Vulkan im Labor auch viel weniger vorausschaubar. Man muss quasi Glück haben wenn man eine Magmakammer anbohren will und das in mehrfacher Hinsicht: 1) muss man die Magmakammer treffen 2) sollte die Bohrapparatur nicht zerstört werden wenn man trifft.

    Heute scheint die Mehrzahl der Vulkanforscher und die Mehrzahl der hochindustrialisierten Länder mit grossen Vulkanen oder einer Vielzahl von Vulkanen (Japan) mit zwei Dingen beschäftigt zu sein: 1) mit Vulkansimulationen 2) mit der Vulkanüberwachung. Wie im Video richtig gesagt wird, gibt es, wenn auch selten, äusserst schwere und massive Vulkanausbrüche, welche einen Landstrich im Umkreis von vielen dutzenden Kilometern um den Vulkan herum vernichten, welche alles was dort existiert, auslöschen. Meist sind das Supervulkane, die zu solch grossen Ausbrüchen in der Lage sind. Nicht nur der Yellowstone-Supervulkan gehört dazu, auch die Phlägräischen Felder bei Neapel können der Ausgangspunkt eines verheerenden Vulkanausbruchs sein.

    Brechen Supervulkane aus, sind Katastrophen mit Auswirkungen, welche die eines Atomkriegs weit übersteigen, möglich. Allerdings sind die Zeiträume in denen solche Ausbrüche zu erwarten sind weit stärker auseinandergezogen als bei von Menschen verursachten Katastrophen: anstatt Jahrzehnte, die etwa zwischen möglichen Weltkriegen liegen, liegen hier Jahrtausende zwischen potenziellen Ausbrüchen von Supervulkanen. Doch auch die Auswirkungen des Ausbruchs eines Supervulkans würden Jahrhunderte anhalten im Gegensatz zu den Ausbrüchen von Weltkriegen, die nach einigen Jahrzehnten überwunden sind (was dann den nächsten Weltkrieg möglich macht). Diese Darstellung zeigt, dass es für eine langfristig denkende Menschheit das Beste wäre, den Ausbruch von Supervulkanen durch Geoengineering-Massnahmen vollkommen zu verhindern – und tatsächlich gibt es Überlegungen in diese Richtung. Das zweitbeste wäre dann, die Fähigkeit zu erlangen, den Ausbruch eines Supervulkans voraussagen zu können – und zwar Monate bis Jahre voraus. Dazu müsste es bessere Überwachungsmöglichkeiten geben. Und es braucht dazu auch mehr allgemeines Wissen über Vulkane. Mit Bohrungen in Magmakammern kann solches Wissen erworben werden.

    Ein anderer Ansatz wäre die Erfassung von Magmabewegungen durch eine Art Tomographie (3D-Erfassung) des Untergrundes beispielsweise mittels Myonen oder durch zukünftige Neutrino-Factories und Neutrinodetektorkammern um den Vulkan herum.

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