Ist Motivation alles?

BLOG: Hochbegabung

Intelligenz, Sonntagskinder und Schulversager
Hochbegabung

Wir strengen uns nur dann an, wenn wir motiviert sind: Motiviert, ein Ziel zu erreichen, wenn es erreichbar und wertvoll für uns ist. So legt es uns das „Erwartung-mal-Wert-Modell“ nahe. Und im Bildungskontext ist als pädagogischer Königsweg die so genannte intrinsische Motivation das Maß aller Dinge, für das der Pädagoge zu sorgen hat.

Intrinsisch motiviert ist nur der, der beim Verrichten einer Tätigkeit Freude verspürt, die aus der Tätigkeit selbst heraus entsteht – und eben nicht, weil er dafür in irgendeiner Form dafür be- oder entlohnt wird. Somit fällt schon nahezu alles heraus, was im schulischen Kontext geleistet werden muss. Allein die Tatsache, dass Raum und Zeit fürs Lernen definiert werden, beschränken die zugegeben idealistischen Ansprüche an intrinsisch motiviertes Flow-Lernen (wobei in einzelnen Bereichen und Abschnitten des Schulalltages sicherlich bekannte Flow-Erlebnisse auftreten).

Spaß beim Lernen kennen wir in vielerlei Hinsicht: Wenn wir eine bestimmte Systematik erkennen und anwenden können, so ist die Freude groß, denn in uns verstärken Nebeneffekte der Mustererkennung und -anwendung die Tätigkeit, in der wir uns gerade befinden. Ein hervorragender Mechanismus, der neben menschlicher Neugier als Fundament den inneren Trieb zum Lernen als Garant fürs Überleben umfasst und da in uns sitzt. So mag das Addieren zweistelliger Zahlen, das Verfassen von 4-Zeilern oder auch das Lesen von Philosophie-Büchern große Freude bereiten. Wir versuchen hier im Übrigen zwischen einer Prozessmotivation, die sich vornehmlich aus der Freude am Prozess ergibt, und einer Selbstwertmotivation zu unterscheiden, die sich tendenziell aus der Nützlichkeit der Tätigkeit für das eigene Selbstkonzept ergibt.

Erwartungs-mal-Wert-Modelle versuchen zu erklären, warum das Addieren von zweistelligen Zahlen den einen motiviert und den anderen nicht: Entweder ist Erfolgserwartung gesenkt („Ich schaffe das nicht“) oder es wird kein bzw. ein niedriger Wert zu geschrieben („Das gibt mir nichts“). Letzteres wäre dann bei Hochbegabten denkbar. Zu klären ist dann nur, warum z.B. beim Lesen eines Comic-Heftes eine hohe Motivation gezeigt wird. Unter der Voraussetzung, dass die Erfolgserwartung gleich ist, muss ein höherer Wert vorliegen.

Aber Wert wofür? Greifen wir hierbei die Prozessmotivation (die intrinsische) auf, kann sich hieraus kein zusätzlicher Informationsgewinn ableiten. Ist die Verrichtung der Tätigkeit aus dem Selbstkonzept heraus motiviert, so ließe sich hier grundsätzlich ein Erklärungsansatz finden. Das vorliegende Selbstkonzept muss basale Einstellungen zu Selbstwert beinhalten, die stark an Leistung gekoppelt sind („Nur wer was leistet, ist ein wertvoller Mensch“). In diesem Falle profitiert der Zahlen-Addierer nicht, weil der Prozess Freude bereitet, sondern innere Einstellungen bestätigt werden, die die Leistungsfähigkeit und somit den Selbstwert erhöhen. Wer Comic liest, ist letztlich durch Lustgewinn motiviert – mehr anscheinend nicht.

Da der Wert nun äußerst individuell gesetzt wird, kommt der Pädagoge zwangsläufig an seine Grenzen. Hier ein Zahlen-Addierer, da ein 4-Zeiler-Verfasser, ein Seneca-Junior und zuguterletzt noch ein Comic-Leser. Wie gut, dass es Forschung gibt: Studien zeigen, dass Motivation als Prädiktor für schulische Leistungen grundsätzlich überschätzt wird – wenn man die Variable Intelligenz kontrolliert. Der intelligentere Schüler ist grundsätzlich motivierter.

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Veröffentlicht von

Götz Müller ist Diplom-Psychologe, Psychologischer Psychotherapeut und Leiter des Instituts für Kognitive Verhaltenstherapie (IKVT). Er arbeitet beratend und diagnostisch mit Familien hoch begabter Kinder und Jugendlicher. In der psychotherapeutischen Arbeit beschäftigt er sich schwerpunktmäßig mit dem Underachievement bei Hochbegabten, hier insbesondere bei Jugendlichen.

7 Kommentare

  1. Es würde motivieren,…

    wenn einem wer erklärt, wofür es gut ist, was man lernen soll – neben noch so einigem anderen.
    Wofür sind solche Studien gut?
    (Wo ich dabei bin …)

  2. ach nee…

    welche Stuiden sind hier denn so gemeint – so liest es sich nur als lockerere Plauderei und bringt nicht wirklich einen neuen Ansatz. Mir fehlen einfach die Zitate…

    “Das vorliegende Selbstkonzept muss basale Einstellungen zu Selbstwert beinhalten, die stark an Leistung gekoppelt sind”…. wer hat wie wo was warum???

    Intelligentere Schüler sind grundsätzlich motivierter? ach nee….eine ganz neue Erkenntnis?
    Vielleicht verkaufen sie sich nur besser, weil ein Teil von ihnen bereits frühzeitig erkennt, dass man durch die Schulen “durch” muss und um unverzüglich weitermachen zu können gibt es immer noch ICs…so wie ganz früher – also ran und durch, oder run and touchdown.
    Willkommen in der Wirklichkeit – die jetzt nur noch 12 Jahre dauert – praktisch für Hbchen… erspart die Springerei und die Kosten für Psychogutachten. Zufriedenheit beim Lernen steht leider nicht in den Curricula – ist aber auch nicht verboten, wenn man sich mal wieder die Dröhnung Vokabeln reingetan hat, schon ein Erfolgserlebnis, wenn alles da ist und das auch noch im Langzeitmemory abgelegt bleibt…praktisch fürs echte Leben später;)

  3. Motivation

    Der intelligentere Schüler ist grundsätzlich motivierter.

    ‘Intrinsisch motivierter’ war wohl gemeint, die extrinsische Motivation ist ja letztlich eher ein Theoretikum.

    Es gibt übrigens auch intrinsische Motivation, also wenn ein Motivierter nicht ‘beim Verrichten einer Tätigkeit Freude verspürt, die aus der Tätigkeit selbst heraus entsteht’. Also aus bestimmten persönlichen Motiven heraus handelt oder gar aus Notwendigkeit. Das aber nur nebenbei.

    Das Wort ‘Talent’ fehlte im Artikel.

  4. “Der intelligentere Schüler ist grundsätzlich motivierter.”

    -> Was war nun zuerst da? Die Intelligenz oder die Motivation?

    Muß also erst per Zwang Intelligenz erzeugt werden, die in der Folge dann eine Motivation erbringen kann? Wobei angesichts von Zwangsbildungsmaßnahmen die darauf folgende Motivation nicht eindeutig intrinsisch sein kann, sondern eine Mischform von extrinsischer und intrinsischer Motivation darstellt.

    Oder… ist vielleicht ein besonderes Niveau von Motivation der Grund für Intelligenz?

    Was erzeugt Motivation? (intrinsische)…
    Doch wiederum nur die Erfahrungen beim herranwachsen und/oder dem Aufbau von “Ersterfahrungen” von zu erschliessenden Inhalten. Was wiederum primär auf extrinsische Motivation hinweisst, die in der Folge eben zum Teil der intrinischen Motivation werden wird.

    Es ist absurd. Sollte es so sein, dann besteht Intelligenz in seiner Ursache aus einem Selbsttäuschungsprozess.

  5. Motivation und Schule – nutzlose Theorie

    Das ernüchternde Ergebnis der Schulausbildung ist doch: die Begeisterung zum Lernen läßt von Jahr zu Jahr nach. Die Pädagogen, die motivierte Schüler behalten, sind doch in der Minderzahl.

    Systematisch geht hier der Spass und die Neugier abhanden! Apropos Neugier: ein Urinstinkt des Menschen und Triebfeder für viele Entdeckungen kommt hier gar nicht vor. Die GIER nach NEUEM führt dazu, wenn befriedigt, dass unser inneres Belohnungssystem aktiviert wird. Schön, dass wir das erfahren haben – jetzt sind wir wieder etwas weiter.

    Da wir gerade von Geschichten fasziniert sind, ist die Anziehungskraft von Comics nicht weiter verwunderlich.

  6. Dieser Blog…

    … ist durchwachsen. Man merkt den Autoren ihre Fachkenntnis durchaus an und bisweilen sind die Beiträge nicht nur mit interessanten Fakten oder Literaturempfehlungen versehen, sondern tatsächlich kohärente Erzeugnisse. Aber meistens, so wie in diesem Fall, scheinen sich die Herrschaften ein Vorbild an den falschen Zeitungskolumnen zu nehmen und verirren sich bei dem Versuch, die Information durch eine zügig-humorvolle Plauderei zu vermitteln.

    Eine Bitte um mehr Mut zur sachlichen Ausdrucksweise und deutliche Herausarbeitung der ZENTRALEN AUSSAGEN!

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