Schlaflos durch die Nacht

Nachts wälzt man sich von links nach rechts, dann vom Rücken auf den Bauch und trotzdem bleibt man schlaflos. Am nächsten Tag fühlt man sich zerknittert, hat schlechte Laune und der Kaffee wirkt einfach nicht.
Vielleicht überlegt man dann ein Schlafmittel zu einzunehmen.
Es gibt verschiedene Einschlafhilfen. Einige sind verschreibungspflichtig andere sind frei erhältlich in Apotheken oder Drogeriemärkten.
Doch wie wirken solche Mittel und haben sie Nebenwirkungen?

Benzodiazepine

Benzodiazepine sind die am häufigsten verschriebenen Schlaf- und Beruhigungsmittel.
Benzodiazepine wirken auf GABA-Rezeptoren ein. GABA (Gamma-Aminobuttersäure) ist der Botenstoff, der am häufigsten im Gehirn vorkommt. Es wirkt inhibierend auf Neuronen, sodass Reizweiterleitungen unterdrückt werden.
Genauer, wirken Benzodiazepine auf den GABA-A Rezeptor, ein Liganden gesteuerter Ionenkanal für Chloridionen. Benzodiazepine binden an diesen Rezeptor und durch die Bindung können Chloridionen durch den Kanal in die Synapse einströmen. Die negativ geladenen Ionen senken das Membranpotential der Neuronen weiter unter das Ruhepotential. Das führt zu einer Hyperpolarisation der neuronalen Membran und somit zu einem inhibitorischen Effekt auf die Erregbarkeit der Neuronen.
Im Allgemeinen fühlt man sich dann beruhigt und entspannt wenn man solche Schlafmittel genommen hat.

Melatonin

Viele kennen Melatonin und dessen Wirkung als natürliches Schlafhormon. Es wird im zirkadianen Rhythmus, also im Tag-Nacht-Rhythmus, von der Zirbeldrüse im Gehirn ausgeschüttet und macht müde. Die Menge, die an Melatonin ausgeschüttet wird, hängt von der Lichtintensität ab. Wenn Licht die Retina trifft, wird diese Information an den Suprachiasmatischen Nucleus im Hypothalamus weitergeleitet. Von dort geht die Info zum zervikalen Rückenmark und schließlich zur Zirbeldrüse. Dort wird dann Melatonin ausgeschüttet. Sobald es dunkel wird, wird die Sekretion von Melatonin angeregt. Nachts ist der Melatonin-Spiegel etwa drei bis zwölf Mal höher als Tagsüber.
Im Alter kann die Melatonin Produktion nachlassen.Viel Koffein, Nikotin, dauerhafter Stress und Alkohol reduzieren die Produktion des natürlichen Schlafhormons.

Es gibt verschreibungspflichtige Präparate, welche Menschen ab 55 Jahren erhalten können oder auch Minderjährige die an Schlafstörungen leiden. Viele kennen vermutlich auch die frei erhältlichen Tabletten, Sprays oder Kapseln, die Melatonin enthalten. Jedoch, enthalten die frei verkäuflichen Präparate zu wenig Melatonin, um die gewünschte Wirkung hervorzurufen. Es wird empfohlen nicht mehr als 5 mg Melatonin am Tag zu sich zu nehmen. Viele Präparate die frei erhältlich sind, enthalten meist weiniger als 1 mg.  

Pflanzen als Schlafmittel

Neben synthetischen Mitteln gibt es auch pflanzliche Präparate, die helfen sollen, Schlaf zu finden.
Das wohl bekannteste Mittel ist Baldrian und kann frei erworben werden. Verschiedene bioaktive Substanzen sollen beim Einschlafen und Durchschlafen helfen. Dazu zählen unter anderem Valerensäure, Valepotriate, Isovaleriansäure, Alkaloide und Flavanone. Dabei vermuten Wissenschaflterinnen und Wissenschaftler, dass vor allem Valerensäure und Valepotriate zu den Inhaltsstoffen zählen, die sedierend wirken. Wie sie genau wirken, ist jedoch nicht gänzlich aufgeklärt. Hinweise deuten darauf hin, dass die Verfügbarkeit von GABA zwischen den Synapsen steigt. Das geschieht entweder durch erhöhte Produktion von GABA oder durch Inhibition der GABA-Aufnahme und/oder -Abbau.
Außerdem gibt es bisher umstrittene Belege zur Wirksamkeit von Baldrian und Schlaflosigkeit. Einige Studien unterstützen die These. Andere wiederum können sie nicht bestätigen.

Neben Baldrian, Hopfen, Passionsblume und anderen Pflanzen, wird auch dem Lavendel eine sedierende Wirkung zugeschrieben. Er enthält unter anderem Linalylacetat, Linalool, 1,8-Cineol und Flavonoide. Auch hier gibt es zwei Hauptakteure, die den Schlaf begünstigen sollen: Linalylacetat und Linalool. Tierversuche deuten auch hier auf GABA und Glutamat hin. Dennoch konnte die Wirksamkeit von Lavendel nicht bestätigt werden.

Nebenwirkungen

Benzodiazepine

Wie viele andere Medikamente auch, haben Schlafmittel ebenfalls Nebenwirkungen. Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen Schläfrigkeit und Lethargie. Bei hohen Dosierungen kann es auch zu verschwommener Sicht kommen sowie zu Stimmungsschwankungen oder undeutlichem Sprechen. Da Benzodiazepine langsam im Körper abgebaut werden, kann sich der Wirkstoff bei langfristiger Einnahme im Fettgewebe anreichern und dann ähnlich wirken wie bei zu hoher Dosierung.
Kann es auch zu kognitiven Beeinträchtigungen kommen? Durchaus entwickeln meist eher ältere Menschen Beeinträchtigungen bei Bewegungsausführungen, Gedächtnisstörungen oder Unaufmerksamkeit, die im Zusammenhang mit der Einnahme von Benzodiazepinen stehen. Bei Mäusen zeigten sich ebenfalls negative Auswirkungen auf das Gedächtnis bei der Einnahme von Benzodiazepinen, möglicherweise durch reduzierte Anzahl von Synapsen. Jedoch erholten sich die Tiere nach absetzten des Medikaments wieder.
Neben den kognitiven Einschränkungen, machen Benzodiazepine süchtig. Besonders bei hohen Dosen, können Entzugserscheinungen auftreten, wenn das Medikament abgesetzt wird.

Durch Pflanzen und Melatonin

Nebenwirkungen können auch bei pflanzlichen Wirkstoffen auftreten. Beispielsweise bei Baldrian kann es zu Durchfall kommen, Bauchschmerzen oder Übelkeit. Auch Kopfschmerzen oder Müdigkeit können vorkommen, wenn auch mild.
Bei anderen pflanzlichen Präparaten sind keine Nebenwirkungen bekannt. Jedoch sollte man darauf achten, ob allergische Reaktionen auftreten.
Bei zu hohen Dosen Melatonin kann ebenfalls zu Kopfschmerzen kommen, Stimmungsschwankungen oder Reizbarkeit.

Fazit

Wer unter vielen Schlaflosen Nächten leidet, kann es mit einem Schlafmittel versuchen. Es kann helfen vor dem zu Bett gehen zu Ruhe zu kommen, z.B. etwas zu lesen oder zu meditieren. Natürlich können verschiedene Lebensumstände, wie Stress oder Depression den Schlaf stören. Wer schon vieles versucht hat, sollte eventuell einen Arzt konsultieren.

Referenzen

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Mein Name ist Ina Mayländer und studiere zurzeit Neurowissenschaften im Masterprogramm an der Universität zu Köln. Während meines Bachelorstudiums der Biowissenschaften in Heidelberg, habe ich meine Begeisterung für das Gehirn finden dürfen. Ich möchte das Geschehen in der Wissenschaft um das hoch komplexe Organ verständlich an interessierte Leser weitergeben.

1 Kommentar

  1. Wer wirklich ernsthafte Probleme mit dem Einschlafen/Durchschlafen hat, der benötigt Schlafmittel nicht nur gelegentlich, sondern regelmässig. Bei Benzodiazepinen ist aber damit fast sicher die Entwicklung einer Toleranz [es braucht immer mehr bis es wirkt] und auch Abhängigkeit verbunden.

    Wirklich ein Dilemma.

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