Leitlinien für Kinderköpfe

Spezifische Belange der Kinder stehen diesmal im Zentrum meiner wöchentlichen Migräne-Recherche. In den USA organisiert sich Hilfe für Kinder und zwar gleich zweimal: um Kopfschmerzerkrankungen im Fußball vorzubeugen und um zukünftig die Behandlung der Migräne bei Kindern zu verbessern.

Das sind die zwei Themen dieser Woche: Gehirnerschütterungen, wie sie vor allem bei Kontaktsportarten häufiger auftreten, können eine Migräneerkrankung verschlimmern. Außerdem lässt Migräne sich nach dem Auftreten mehrer Gehirnerschütterungen hintereinander schlechter behandeln. Wie sich Migräne überhaupt behandel lässt, ist eine weitere Frage. Fangen wir damit an.

Neue Leitlinie zur Behandlung der Migräne bei Kindern

Das erste Thema ist die Entwicklung einer neuen Leitlinie zur Behandlung der Migräne bei Kindern. Migräneattacken sind bei Kindern kürzer und gehen häufiger mit ganzseitigen Kopfschmerzen einher. Kinder klagen allerdings auch öfter nur über Bauchschmerzen und bei ihnen steht Übelkeit, Erbrechen, und allgemeines Unwohlsein mehr im Vordergrund des Krankheitsbildes.

Nun wird in den USA eine neue Richtlinie von der Amerikanischen Akademie für Neurologie erarbeitet. Drei Fragen sollen in einer Literaturrecherche untersucht werden, um Behandlungen für Kinder und Jugendliche in Zukunft wirksamer zu machen:

  1. Reduzieren Akuttherapien bei Migräne im Vergleich zu keiner Behandlung bei Kindern und Jugendlichen mit Migräne-Kopfschmerzen nachhaltig Kopfschmerzdauer und andere Symptome (vor allem Übelkeit und Erbrechen)?
  2. Reduzieren präventive Behandlungen im Vergleich zu keiner Behandlung bei Kindern und Jugendlichen mit Migräne die Kopfschmerzen?
  3. Reduzieren komplementäre und alternative Therapien im Vergleich zu keiner Behandlung bei Kindern und Jugendlichen mit Migräne die Kopfschmerzen?

Es geht dabei natürlich immer um die Frage, welche der konkreten Akuttherapien, präventiven Behandlungen oder alternativen Therapien besser ist. Die Liste der Möglichkeiten ist sehr lang.

Man kann noch bis morgen das Protokoll zu der Erstellung der neuen Leitlinie kommentieren. Im September soll dann die Sichtung der Literatur abgeschlossen sein und bis Mai 2016 die Ergebnisse wieder zur öffentlichen Kommentierung bereit stehen.

Fußball soll für US-amerikanische Kinder sicherer werden

Und es wird wieder über Fußball diskutiert. In den USA. Fußball soll dort sicherer werden. Keine Kopfbälle unter 14 Jahren, so kann man eine Initiative zusammenfassen.

saferSoccer

 

Ein eigener Beitrag geht näher darauf ein. Wie oben erwähnt, projizieren Kinder Schmerzen bei Migräne oft auf den Bauch. Wer kennt keine Kinder mit Bauchschmerzen? Wer kennt keine Kinder, die nicht gerne Fußball spielen? Oft trifft natürlich beides zusammen. Deswegen sind solche Kampagnen relevant. Da fragt man sich schon, warum man in Deutschland zu wenig davon hört? Abgesehen davon sollten natürlich auch Kinder ohne erhöhtes Risiko einer Migräneerkrankung Gehirnerschütterungen bestmöglich meiden.

 

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Markus Dahlem forscht seit über 20 Jahren über Migräne, hat Gastpositionen an der HU Berlin und am Massachusetts General Hospital. Außerdem ist er Geschäftsführer und Mitgründer des Berliner eHealth-Startup Newsenselab, das die Migräne- und Kopfschmerz-App M-sense entwickelt.

2 Kommentare

  1. ja, ich versteh es eh nicht – Sport sollte der Gesundheit dienen (auch für Erwachsene!) & Spass machen und wenn er das nicht tut, dann sollte er grundsätzlich so gestaltet werden, dass er dies tut – der Hintergrund ist ja aber der, dass viele Eltern und irgendwann die Kinder selbst dann auch das so sehen, dass man mit Hilfe von Leistungssport/ Profisport berühmt werden kann und vieieiel Geld verdient -auf Kosten der eigenen Gesundheit.
    Profisport -eine Mischung aus Litfaßsäule, Gladiator und Werkzeug der Politik, die eigentlich die Gesellschaft nicht benötigt! Und jeder der in dieser Branche arbeitet (vom Sportler selbst bis hin zum Arzt, Trainer, Berater, …), könnte auch eine andere, gesellschaftlich viel sinnvollere und ethisch sauberere Tätigkeit ausüben. Man ist zwar nicht (so) berühmt und auch sicherlich nicht so reich, aber vielleicht sogar viel glücklicher und mit Sicherheit gesünder. Es ersetzt auch in keiner Weise einen gesunden Breitensport (ohne regelmäßige Wettkämpfe!) nicht, sondern behindert diesen nur, indem er sinnlose finanzielle Mittel und andere Kapazitäten bindet. Auch gegenseitige Fairness wird im Rahmen des Profi/Leistungssportes nicht gefördert, wie zahlreiche Skandalgeschichten immer wieder beweisen -es hängt ja der soziale Status vom Gewinnen ab und gewinnen kann ja immer nur einer!!!

    • Sport beinhaltet den Wettkampfcharakter. Ein “Kräftemessen” ist für die Motivation auch gut. Es gilt die Mechanismen zu verstehen, warum es dann derart ausartet. Dass es gerade beim Fußball schon bei den Kindern so ist und dort mehr an Profisport als an Breitensport gedacht wird, ist gerade deswegen so bedenklich, weil Fußball gleichzeitig so beliebt ist.

      Die Talentsichtung, die vom Profisport bis in die hinterste Ecke der Ortsvereine getrieben wird, organisiert diese Fehlentwicklung.

      Gleichzeitig muss man auch sehen, dass selbst das Rennen gegen sich selbst zur “Laufsucht” führen kann. Also Menschen auch von ganz allein das Maß verlieren im Sport.

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