Erkenntnisse der Auftaktveranstaltung des Verbundes am 07. November 2019
Der Verbund ForDigitHealth ist öffentlich gestartet!
Im Rahmen der Auftaktveranstaltung wurde Interessierten die Möglichkeit geboten Einblicke in die Forschungsvorhaben zu bekommen und mit den Forschern ins Gespräch zu kommen.
Eröffnung durch hochrangige Vortragende
Feierlich eröffnet wurde die Veranstaltung durch Prof. Dr. Werner Schneider, Vizepräsident für Lehre, Studium, lebenslanges Lernen und Gleichstellung der Universität Augsburg und Ministerialdirigent Dr. Johannes Eberle, Leiter der Abteilung Forschung, Wissenschaftssystem des Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst. Anschließend begrüßte Prof. Dr. Henner Gimpel, Sprecher des Forschungsverbundes die anwesenden Gäste und erläuterte in einem kurzen Input-Referat, was wir über digitalen Stress wissen und wo die Forschung im Rahmen des Verbundes ansetzen möchte. Hier wurde deutlich, dass nicht nur das Verstehen des Phänomens von digitalem Stress und seinen Ursachen sowie Ausprägungen im Fokus des Verbundes steht, sondern besonders die Entwicklung von Strategien für einen gesunden Umgang mit digitalen Technologien zentriert wird. In der Keynote sprach Dr. Werner Bartens, leitender Redakteur im Ressort Wissen der Süddeutschen Zeitung aus externer Perspektive, über digitalen Stress und die Entgrenzung des Menschen durch digitale Technologien. Zentral sieht er dabei die Umdeutung des Bedrohungscharakters von Neuheiten: „das Empfinden wird abgepolstert“ und in Bereicherungen oder gar Genuss umgedeutet. Bartens hält digitale Technologien für disruptiv und sieht verschiedene Entgrenzungen weitreichend als Ursache von digitalem Stress.
Fruchtbare Diskussionen mit den Gästen
Nach reichlich erhaltenem Input wurde den Gästen die Möglichkeit geboten sich bei einem Kaffee oder kühlem Getränk über die elf Einzelprojekte zu informieren. Jedes der Projektteams hatte die wesentlichen Forschungsinhalte auf einem Poster dargestellt und stand den interessierten Gästen bei Fragen oder Anregungen zur Verfügung. Besonderes Augenmerk soll nun auf die anschließende Podiumsdiskussion gelegt werden, welche von den vier Vertretern der Cluster (Dr. Cordula Nitsch, Prof. Dr. Nicolas Rohleder, Prof. Dr. Tim Weitzel, Prof. Dr. Elisabeth André), sowie Prof. Dr. Henner Gimpel und Dr. Werner Bartens bestritten wurde. Bereits während der gesamten Veranstaltung war es allen anwesenden Gästen möglich über ein Webinterface Fragen zu stellen, welche dann in der Podiumsdiskussion aufgegriffen wurden. Weiterhin konnten bereits gestellte Fragen mit „Gefällt mir“ markiert werden, um sie dadurch im Ranking hoch zu voten. Hier eine Auswahl der Fragen:
- Was halten Sie von Digital Detox oder Digitalem Minimalismus?
- Hat die stressauslösende Überforderung mit der „Angst vor Neuem“ zu tun und könnte sie durch sinnvolles Change Management behoben werden?
- Wird ein Teil des Stresses durch die von negativer medialer Berichterstattung geprägte Erwartungshaltung überhaupt erst erzeugt?
- Welche Bedeutung haben körperliche und psychische Benachteiligungen im Zusammenhang mit digitalem Stress?
- […]
Prof. Dr. Henner Gimpel, Moderator der Diskussionsrunde, brachte die populärsten Fragen des Publikums in die Runde ein. Zu Beginn wurde die Frage nach Digital Detox diskutiert: Alle Anwesenden waren sich zunächst einig, dass es sich bei Konzepten zu Digital Detox um einen Modetrend handelt, dessen langfristige Wirkung eher gering ausfällt. Prof. Dr. Tim Weitzel verwies dahingehend auf eine eigene Studie, in der den Probanden für einen Monat das Handy entzogen und das Stresslevel kontinuierlich gemessen wurde. Das Stresslevel ist während des Entzugs eher gestiegen als gesunken, wofür der Ersatzstress (durch das Aufrechterhalten der Kommunikation auf anderem Wege, durch die neugewonnene Zeit, die gefüllt werden möchte, durch die entstehende Vereinsamung und durch fear of missing out) verantwortlich war, berichtete Weitzel und verwies auch auf die fehlende langfristigen Reduzierung des Stresslevels nach der Rückgabe des Mobiltelefons. Dr. Cordula Nitsch beschrieb im Anschluss die starke Kommerzialisierung der Digital-Detox-Bewegung und sieht die Position, radikal auf alles Digitale zu verzichten um zu detoxen, kritisch. Daran schloss auch Dr. Werner Bartens an und schlug einen teilweisen Ausstieg vor. So kann seiner Meinung nach schon der Verzicht auf einzelne Medien zur Verringerung von digitalem Stress führen.
Auf die Frage, wie das persönliche Stresslevel der Teilnehmer der Podiumsdiskussion aussieht, antwortete Prof. Dr. Nicolas Rohleder, dass auch er von digitalem Stress betroffen ist. Er versucht diesem mittels strategischer Distanzierung Herr zu werden. So ist er bemüht seine persönliche Haltung zum Stress bewusst positiv zu beeinflussen und sich bspw. durch hunderte von Mails am Tag nicht stressen zu lassen. Auf kurze Rückfrage wird deutlich, dass alle Anwesenden digitalen Stress kennen – dabei zeigt sich einmal mehr die Relevanz des Verbundes.
Daran anschließend wurde die Frage zur Bedeutung der Medien im Kontext von digitalem Stress diskutiert. Dr. Cordula Nitsch betonte zunächst allgemein die bedeutende Rolle der Medien, da wir unser Wissen über die Welt aus den Medien beziehen und so auch die Vorstellung von digitalem Stress entscheidend geprägt wird. Eine besondere Bedeutung kommt dabei dem Framing der Themen zu, welches die Medien verwenden. Framing ist die Darstellung von Themen durch ein ausgewähltes Deutungsraster. Dr. Werner Bartens versteht die Medien daran anschließend eher als Verstärker der bereits in der Gesellschaft als relevant identifizierten Themen und betont die Vielfältigkeit der Positionen der Medien im Digitalisierungshype.
Abschließend stellte Prof. Dr. Elisabeth André die Frage in den Raum, warum sich eigentlich der Mensch ändern soll? Warum er lernen soll, besser mit digitalem Stress umzugehen, obwohl das Problem doch auf der technischen Seite zu lösen wäre? Ihrer Position nach führen die immer komplexeren Systeme dazu, dass die Funktionsweise undurchschaubar wird und die Menschen an schlechten Systemen verzweifeln.
Zum Ende durfte jeder der Experten seine eigenen Hoffnungen und Wünsche für die Arbeit im Verbund formulieren. Prof. Dr. Elisabeth André wünscht sich, dass die Systeme besser und so Stressauslöser verringert werden. Prof. Dr. Nicolas Rohleder hofft die an sein Projekt formulierte Aufgabe, die Erforschung der Reaktionsmuster auf digitale Stressoren, zu erfüllen. Dr. Cordula Nitsch freut sich auf einen spannenden interdisziplinären Austausch, der für alle Disziplinen eine einmalige Chance ist und auch Prof. Dr. Tim Weitzel betont die Möglichkeit ein komplexes Phänomen wie digitalen Stress interdisziplinär zu erforschen und hofft so einen relevanteren Output zu generieren.
Was der Forschungsverbund mitnimmt
Zusammengefasst zeigte die Auftaktveranstaltung die Vielfältigkeit des Themas digitaler Stress und das hohe Interesse verschiedenster Personen und Disziplinen daran. Die Forscher stehen noch am Anfang ihrer Projekte. Über manche eingebrachte Frage konnte zum aktuellen Zeitpunkt nur spekuliert werden, da konkrete, wissenschaftliche Antworten noch fehlen. So stellt sich die Frage, ob eine solche Podiumsdiskussion zum jetzigen Zeitpunkt bereits sinnvoll war? Wir möchten diese Frage mit einem klaren Ja beantworten. Manche der diskutierten Fragen sind deckungsgleich mit den Forschungsfragen einzelner Projekte und zeigen so die Bedeutung, Antworten zu finden. Gleichzeitig zeigt es der Wissenschaft, dass sie Projekte nicht im Elfenbeinturm entwirft, sondern, dass das Thema digitaler Stress für die unterschiedlichsten Personen und Situationen relevant ist.
Wir bedanken uns für die zahlreiche Teilnahme und freuen uns auf weiteren Austausch. Gleichzeitig bedanken wir uns auch beim Bayerischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst für die Förderung unseres Forschungsvorhabens.
Weitere Informationen finden Sie auf der Website des Verbundes. Der Bayerische Rundfunk berichtete über die Veranstaltung.
Dieser Beitrag wurde in Zusammenarbeit mit Tamara Scholze und Manfred Schoch erstellt, die beim Zitieren des Beitrags als Co-Autoren mit anzugeben sind.
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da denkt man zunächst es sei ein Widerspruch in der Überschrift und kommt dann drauf dass man sich irrte! vielen Dank für den tollen Beitrag