Biokraftstoffe – Biomass-to-Liquid-Technologie wird den Ruß los

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Die Abhängigkeit von den schwindenden Ressourcen an fossilen Brennstoffen zu überwinden ist eine der größten technischen Herausforderungen unserer Zeit. Die derzeit aussichtsreichste Variante ist die Gewinnung flüssiger Treibstoffe aus Biomasse, zum Beispiel Bio-Diesel, Ethanol aus Stärke oder Biomass-to-liquid-Verfahren (BTL), bei denen Biomasse auf chemischem Weg verflüssigt wird.

Die Nachteile von „Bio“diesel und Ethanol hatte ich ja schon hier und hier angesprochen, insgesamt kann man sagen, dass keine dieser beiden Varianten besonders „Bio“ ist. Im Gegenteil, Die Umwelt durch den Einsatz von Biodiesel oder Ethanol schützen zu wollen ist möglicherweise die dümmste Idee seit dem Versuch, durch Einnehmen großer Mengen Quecksilber unsterblich zu werden. Das Resultat dürfte vergleichbar ausfallen.

Aussichtsreicher ist da schon das Biomass-to-liquid-Verfahren, bei dem eben nicht nur bestimmte Pflanzen und Pflanzenteile eingesetzt werden können, sondern prinzipiell jede Form von pflanzlichen Abfällen. Von denen gibt es genug, wie jeder Gartenbesitzer weiß; der Treibstoffertrag pro Hektar Anbaufläche läge damit um ein vielfaches höher als bei anderen Biofuels.

BTL funktioniert prinzipiell folgendermaßen: Die kleingehäckselte Biomasse wird bei hohen Temperaturen zu so genanntem Synthesegas aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff umgesetzt, das Gasgemisch wird gereinigt und per Fischer-Tropsch-Synthese zu flüssigem Treibstoff umgesetzt.

Das klingt sehr einfach, ist aber verfahrenstechnisch extrem aufwendig. Das zentrale Problem ist der erste Schritt, die Umsetzung zu Synthesegas. Die funktioniert nämlich noch nicht so atemberaubend toll.

Bei der thermischen Behandlung der Ausgangsmaterialien entstehen größere Mengen Teer und Ruß, die weiter aufgearbeitet werden müssen. Der meines Wissens weltweit einzige Betreiber einer großtechnischen BTL-Anlage, die deutsche Firma Choren Industries[1], zerlegt den Teer mittels Flugstromvergasung und nutzt die beim gesamten Prozess entstehende Abwärme, um den Ruß kleinzumachen. Das dauert, und Zeit ist Geld.

Eine interessante Alternative haben Paul J. Dauenhauer und sein Team von der Universität Minneapolis jetzt in einer online-Vorabveröffentlichung in Angewandte Chemie International Edition vom 3. Juli vorgestellt.

Bei ihrem Verfahren wird feinkörniges kohlenstoffhaltiges Material zusammen mit Sauerstoff mit einer heißen Oberfläche in Kontakt gebracht, die als Katalysator das Metall Rhodium enthält. Das Material reagiert, so die Autoren, sofort zu gasförmigen Produkten, weil bei der Reaktion so viel Energie frei wird, dass die Temperatur nie in den Bereich fällt, in dem Teer oder Ruß stabil sind. Die eigentliche Reaktion dauert nur wenige Millisekunden, um Größenordnungen weniger als in bisherigen Verfahren.

Umsetzen lassen sich nach diesem Verfahren Zellulose, Stärke, Holz und offenbar auch Plastikabfälle. Die Autoren testeten den Kunststoff Polyethylen, mit zufriedenstellenden Ergebnissen.

Ein zusätzlicher Pluspunkt der hohen Temperaturen – 600 – 1100 °C – ist, dass sich auf der Katalysatoroberfläche offenbar keine Stoffe anlagern, die den Prozess stören könnten.[2] Der experimentelle Reaktor lief über 20 Stunden, ohne dass die Aktivität nachließ. Eine solche Anlage kann also prinzipiell auch im Dauerbetrieb laufen, was für eine kostengünstige Treibstoffproduktion entscheidend ist.

Nach Angaben der Wissenschaftler lässt sich über die Brennstoffzusammensetzung und die mitlaufenden Gase die genaue Zusammensetzung des Synthesegases steuern, so dass sich der Ausstoß der Anlage an die Erfordernisse der nachfolgenden Gasverflüssigung anpassen lässt.

Momentan ist die Gewinnung vollsynthetischer Kraftstoffe aus Biomasse im Markt noch nicht konkurrenzfähig. Denn noch ist BTL-Benzin mit über einem Euro pro Liter wesentlich teurer in der Herstellung als Benzin aus Erdöl und kann auch nur aus einer begrenzten Zahl Rohstoffe gewonnen werden.

Das kann sich schon bald ändern.

 

[1] Überschrift der Website: „Handeln nach dem Vorbild der Natur“. "…nach dem Vorbild des cleveren Geschäftsmannes" wäre realistischer. Das BTL-Zeugs wird in absehbarer Zeit ziemlich gut subventioniert werden.

[2] Unter Chemikern spricht man von Vergiftung des Katalysators. Ein sehr weit verbreitetes Problem.

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