Ernährungsthemen sachlich betrachten

Lebensmittel

Um Ernährungsthemen ranken sich zahlreiche Mythen. Zahlreiche Trends und Behauptungen kursieren, für die es keine oder nur unzureichenden Belege gibt. Selbst Aussagen, die auf Fehlinterpretationen beruhen, halten sich in den Weiten des Internets über Jahre. So schaffen es solche Mythen manchmal selbst in Lehrbücher.

Ein besonders interessantes Beispiel dafür ist die Annahme, dass synthetisches Vanillin mutagen und daher „nicht ohne Bedenken“ sei. Diese Annahme in einem Lehrbuch stützte sich auf die Aussage des “Beratergremiums für umweltrelevante Altstoffe” (BUA) der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) und kursierte zuvor bereits seit einigen Jahren im Internet. Da wir immer wieder mit Nachfragen hierzu konfrontiert wurden, nahm sich 2016 unser Experte Prof. Dr. Klaus Roth des Themas an und verfolgte die Entstehung dieses Gerüchts. Seine Ergebnisse veröffentlichte er unter anderen in der GDCh-Zeitschrift „Chemie in unserer Zeit (ChiuZ). Eine frei zugängliche Version des Artikels (auf Englisch) findet sich auf ChemistryViews.

Anhand des Beispiels zeigt sich, wie schwer es ist, eine Falschaussage bzw. Fehlinterpretation zu korrigieren, wenn sie erstmal eine Weile in der Welt ist. Gleichzeitig sollte es einen Denkanstoß liefern, nicht jede Äußerung unhinterfragt hinzunehmen. Besonders wenn die Aussage unglaublich oder skandalös wirkt, wie in diesem Fall die Annahme, dass die Ernährungsindustrie sich seit Jahren wissentlich eines „bedenklichen“ Stoffs bedient, lohnt sich oft ein genaueres Hinschauen.

Aus diesem Grund betrachten wir auch auf unserer Internetseite Faszination Chemie immer wieder Ernährungsthemen aus einer sachlichen, unaufgeregten Perspektive. Die entsprechenden Beiträge fassen gesicherte Fakten zusammen. Aktuelle Artikel thematisieren beispielsweise Glutamat und Kohlenhydrate. Aber auch aktuelle tatsächliche Problematiken, wie die des „Bambusgeschirrs“ werden aufgegriffen und kritisch hinterfragt.

Denn selbstverständlich bieten gerade so sensible Bereiche wie Ernährung und Lebensmittel auch immer wieder Anlass für gesunde Skepsis. Wichtig ist nur, dass Kritik und Nachfragen auf sachlichen, wissenschaftlichen Argumenten beruhen – und nicht auf einer Fehlinformation.  

Veröffentlicht von

Maren Mielck ist Wissenschaftskommunikatorin aus Überzeugung. Sie begeistert sich für die Naturwissenschaften und insbesondere die Chemie. Selbst nicht vom Fach, sondern mit klassischer Kommunikations- und Journalismusausbildung, möchte sie im Namen der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) auch anderen ihre Faszination für Chemie näherbringen.

6 Kommentare

  1. Scheinbar gibt es ja keinen Unterschied zwischen natürlichem und synthetischem Vanillin und damit müsste dann die richtige Frage wenn schon lauten: Ist Vanillin (ob nun natürlich oder künstlich) mutagen oder sonst wie schädlich?
    Tatsächlich stellte gemäss dem verlinkten Artikel Is Vanilla-Flavored Pudding a Mutagen? jemand genau diese Frage und erhielt zur Antwort, natürliches Vanillin sei darum nicht schädlich weil es verdünnt und vermischt mit vielen andern Substanzen sei. Das ist natürlich Unsinn, denn synthetisches Vanillin ist genauso verdünnt und vermischt und liegt für die gleiche Wirkung in gleicher Konzentration vor.

    Aber dass sogar eine staatliche Behörde eine solche Antwort gibt passt gut zur weit verbreiteten Ansicht, Chemie, die von der chemischen Industrie kommt, sei grundsätzlich künstlich und damit schlecht, selbst wenn es keinen Unterschied zum entsprechend natürlich vorkommenden Stoff gibt.

    Die Chemie und die ChemikerInnen haben wohl noch einen langen Weg vor sich bis solch magisch/mystisches unter alternativ/esoterisch/homöopathischen Einflüssen stehendes Denken verschwindet.

    • Die Aussage, Herr Holzherr, natürliches Vanillin sei ‘nicht schädlich, weil […] verdünnt’, stammt mitnichten von einer staatlichen Behörde! Diese Behauptung stammt vielmehr vom ‘Zentrum der Gesundheit’ ; einer obskuren privaten Webseite, welche mittels gezielter Verbreitung von Fake-News Gewinnerzielungsabsichten verfolgt.

  2. auf unserer Internetseite Faszination Chemie immer wieder Ernährungsthemen aus einer sachlichen, unaufgeregten Perspektive

    Oh Mist, wieder eine Verlängerung der blogroll^^

    Schönen Dank für den überdeutlichen Tipp!

  3. Ernährungsthemen sachlich betrachtet. Schon das Wort sachlich hat es in sich.
    Wie Lebensmittel auf Menschen wirken ist komplex, im Extremfall ist der eine allergisch gegen Weizenprodukte, ein anderer hat sogar Zöliaki, der eine wird vom Fett fett, der andere kann essen was er will und nimmt nicht zu.
    Wie Glutamat wirkt, kann jeder an sich selbst testen, in der einen Fachzeitschrift verursacht Glutamat Nervosität, in der anderen Fachzeitschrift wird Glutamat als notwendig bei erhöhter Denkleistung gepriesen, usw. usw.

    Wie notwendig eine “objektive” Berichterstattung ist, zeigt der Zuckerverbrauch in Deutschland. Man suche mal einen Krautsalat mit weniger als 10 % Zuckerzusatz. Da kann man lange suchen, bis man einen mit 4 % Zucker findet, und mehr Zucker braucht man nicht.

  4. Zitat aus obigem Beitrag:

    Aber auch aktuelle tatsächliche Problematiken, wie die des „Bambusgeschirrs“ werden aufgegriffen und kritisch hinterfragt.

    Im dazu verlinkten Beitrag Bambusbecher – manchmal mehr Schein als Sein liest man, dass bei diesen Bambusbechern (Zitat) Melamin-Formaldehyd-Harz bis zu 60% des Gesamtmaterials ausmachen kann.

    Ehrlich gesagt, wundere ich mich, dass die chemische Zusammensetzung von Essgeschirr nicht vom Gesetzgeber auf wenige bekannte und gut untersuchte Materialien eingeschränkt ist.

    Ich habe überhaupt nichts gegen Innovation, auch nichts gegen chemische Innovationen. Doch bei dem was man schliesslich isst, sollte man meiner Meinung eher konservativ sein. Es scheint mir auch ein offener Widerspruch, dass genetisch veränderte Nahrungsmittel verboten sind, auch dann, wenn sich dadurch die Nahrung in ihrer chemischen Zusammensetzung nicht ändert, dass aber neue Chemien beim Essgeschirr überhaupt keinen Zulassungsbeschränkungen unterworfen sind. Oder ist das etwa nicht so?