Schwierige Verwandtschaftsverhältnisse: Zitrusfrüchte

Hochsaison für die besten Früchte der Welt: Haupterntezeit der meisten Clementinensorten ist zwar bereits vorbei, aber jetzt liegen saftige Orangen in den Regalen. 

Was wäre die Weihnachtszeit ohne Zitrusfrüchte? Während es draußen literweise Regen kübelt, sitzen die Familien im warmen Zimmer unterm Baum und schälen gelbrote Orangen und Clementinen.

Dazu gibt es Weihnachtsstollen und Lebkuchen mit jeder Menge Zitronat, das aus der kandierten Schale der Zitronatzitrone gemacht wird. Vielleicht schlürfen die Erwachsenen dazu noch einen Earl-Grey-Schwarztee mit dem Aroma der Bergamotte oder kippen noch einen Cointreau oder Curaçao, der aus Bitterorange gemacht ist.

Komplexe Familienverhältnisse

Die wenigsten werden ahnen, wie komplex die Verwandtschaft dieser vielseitigen und bemerkenswerten Früchte ist. Es gibt zwar unzählige Arten und Sorten von Orangen, Zitronen, Pampelmusen und so weiter – aber sie alle enstanden durch hin- und herkreuzen von Hybriden, die wiederum aus den vier „echten“ Ursprungsarten der Zitrusfrüchte hervorgingen. Dazu zählt die „echte“ Mandarine (Citrus reticulata), die dickschalige Zitronatzitrone (C. medica), die riesige Pampelmuse (C. grandis oder auch C. maxima) und die seltene und wenig untersuchte Citrus halimii. 

MandarineCitronPampelmuseCitrus halimii

Die Urahnen aller Zitrusarten: Mandarine (ca. 6-8 cm Durchmesser), Zitronatzitrone (bis 25 cm lang), Pampelmuse (15-25 cm Durchmesser) und Citrus halimii (5-7 cm).

Die weihnachtlichen Süßorangen etwa stammen direkt von der riesigen Pampelmuse und der süßlichen Mandarine ab. Genauso die Bitterorangen, doch sind hier die Erbanteile der Mutterfrüchte anders verteilt.

Superspezies von super Früchten

Aber Moment mal – gewöhnliche Pflanzenarten lassen sich doch nicht beliebig miteinander kreuzen? Aber Zitrusfrüchte, also die Angehörigen der Gattung Citrus, sind etwas besonderes und ganz und gar ungewöhnlich. Sie bilden eine „Superspezies“.

Zu Citrus werden zwischen 16 und 162 Arten gezählt, die bekanntesten hat John F. Nebel von den Metronauten 2012 in einem wunderbar nerdigen Blogartikel zusammengestellt:

Zitrus-Schema CC-BY-SA Junhao

Pomelo/Pampelmusen/Grapefruit-Verwirrung

Wer bei „Pampelmuse“ an eine Grapefruit denken muss, liegt demnach übrigens falsch. Die Grapefruit ist in Wirklichkeit eine Hybride aus Pampelmuse und Süßorange (ihrerseits eine Kreuzung aus Mandarine und Pampelmuse). Und die Pomelo entstand erst, als die Grapefruit wieder mit einer Pampelmuse gekreuzt wurde.

Zitruskunde für jeden Geschmack

Wer mehr über Zitrusfrüchte lernen will, kann auf den großartigen, wenn auch ein bisschen hässlichen  “Citrus Pages” herumstöbern.

Eine Alternative ist ein kleines Büchlein von Mina und Andreas Honegger, das über die interessantesten Zitrus-Dinge aufklärt. Andreas Honegger, Autor der NZZ, hat Mineralogie, Philosophie, Kunstgeschichte, Literatur und eben keine Biologie oder Gartenbau studiert. Sein „Kleines Buch der Zitruspflanzen“, erschienen 2017 im Elisabeth Sandmann Verlag, beschreibt deswegen nicht nur Herkunft und Botanik, sondern auch die Bedeutung in Kunst und Kultur, sowie natürlich beim Essen und Trinken und die Pflege.

„Das kleine Buch der Zitruspflanzen“ von Mina und Andreas Honegger, erschienen im Elisabeth Sandmann Verlag. Bild: ES-Verlag

Da gibt es einiges zur Bedeutung der „Goldäpfel“ in der europäischen Kultur, von der Antike und die Bedeutung für religiöse Zeremonien, oder zu Orangerien als Ausdruck von Reichtum und Prestige in etwas jüngerer Vergangenheit. Die Rolle der Orangen in der Dichtung und Malerei kommt ebenfalls nicht zu kurz; das Büchlein ist gespickt mit Abdrucken historischer Gemälde. Daran schließen sich praktische Tipps zur Haltung „nördlich der Alpen“ und sogar Rezepte (von Mina Honegger) an.

Mein Fazit: falls ich jemals ein Haus besitze, wird dieses einen Wintergarten haben. Dort wird ein Orangenbaum stehen, unter dem ich zu Weihnachten frische, eigene Orangen schälen kann.

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Rezept für klassische Zitronenspeise

Das folgende Rezept für eine Zitronenspeise “wie früher”  mit jeder Menge roher und somit potenziell Campylobacter-verseuchten Eiern stammt von meiner Schwiegermutter. Die Speise ist von Frühling bis Winter zu genießen – Zitronen gibt es ja das ganze Jahr. Die Menge reicht für etwa sechs Portionen.

  • 6 Eier, getrennt und das Eiweiß zu Schnee geschlagen
  • 100g Zucker
  • die Schale einer unbehandelten Zitrone
  • der Saft von 2 Zitronen
  • 1 Päckchen gemahlene Gelatine
  • 6 Esslöffel kaltes Wasser
  1. Den Zucker, Zitronensaft, Zitronenschale und Eigelb schaumig schlagen.
  2. Die gemahlene Gelatine im Wasser für zehn Minuten quellen lassen und dann bei geringer Hitze im Topf schmelzen lassen, bis sie eine klare Flüssigkeit bildet.
  3. Nachdem die Gelatine etwas abgekühlt ist, unter Rühren ganz langsam in die Zitronen-Eiermasse eintröpfeln lassen.
  4. Löffelweise den Eischnee unterziehen und dann kaltstellen.

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Bildnachweis

(http://en.wikipedia.org/wiki/File:Mandarin_Oranges_(Citrus_Reticulata).jpg): CC-BY-SA Joe Ravi, Gallagher](http://www.flickr.com/photos/iangallagher/), Pampelmuse: CC-BY-SA Ananda, C. halimii: (c) Stone et al. 1975

Martin Ballaschk ist promovierter Biologe, aber an vielen anderen Naturwissenschaften interessiert. Das Blog dient ihm als Verdauungsorgan für seine Gedanken. Beruflich ist er als Wissenschaftskommunikator, hier rein privat unterwegs.

2 Kommentare

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