TRIALOG – Die Plattform für interreligiösen Austausch

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Es gibt verschiedene Formen, den interreligiösen Dialog zu gestalten. Nun haben drei junge engagierte Nachwuchswissenschaftler eine tolle Idee gehabt und eine neue Plattform gegründet, die ich heute gerne vorstellen möchte. Dafür konnte ich Florian Volm, vom Gründerteam für nachfolgendes Interview gewinnen. Florian ist mir seit einigen Jahren bestens bekannt. So war er im Projekt „Junge Muslime als Partner“ mein wissenschaftlicher Assistent und hat maßgeblichen Anteil am Gelingen des Projekts gehabt. Inzwischen ist er zu einem geschätzten Freund geworden. Er ist Islamwissenschaftler und beschäftigt sich derzeit in seiner Promotion mit „Hizmet“, besser bekannt als „Gülen-Bewegung“.

Lieber Florian, wie ist die tolle Plattform entstanden? Gab es einen besonderen Anlass?
Das TRIALOG-Gründerteam Winni Kitzmann (ev. Theologe) und Florian Binsch (ev. Theologe) und ich wurde bei einem gemeinsamen Auslandssemester an der Islamisch-Theologischen Fakultät der Istanbul-Universität im Jahr 2012 von türkischen Studierenden immer wieder auf religiöse Fragestellungen hingewiesen, die wir teilweise selbst nicht beantworten konnten. Dabei betrafen die Fragen nicht nur das Christentum, sondern auch die Frage nach dem Islam in Deutschland oder gemeinsamen Grundlagen der drei abrahamitischen Weltreligionen. Zurück in Deutschland haben wir festgestellt, dass sich auch hier die Suche nach Antworten nicht einfach gestaltet. Der erste Ansprechpartner ist heutzutage immer Google, was wohl jeder bestätigen kann. Aber Google ist bei Weitem nicht fehlerfrei und spuckt gerne viel Falsches aus, vor allem bei religiösen Inhalten. Wenn wir online also vor Such-Probleme gestellt werden, wie ergeht es dann Neulingen und Laien, die einfach nur mehr über ihre oder eine andere Religion erfahren wollen? Wir können uns nicht darauf verlassen, dass junge Menschen Webseiten differenziert betrachten und aussortieren; meist wird doch eines der ersten Suchergebnisse geklickt und der erste Schritt zu falscher Information ist getan. An diesem Problem will TRIALOG ansetzen.
Welche konkreten Ziele verfolgt ihr mit TRIALOG?
Da wir drei über gutes technisches Knowhow verfügen und zu einer Generation gehören, die ständig und tiefgehend online ist, ist uns aufgefallen, dass vertrauenswürdige, interreligiöse Webseiten sehr schlecht vernetzt sind; Stichwort Suchmaschinenoptimierung, Backlinks, Social Media, etc. Auf der anderen Seite sind „falsche Freunde“ wie Pierre Vogel oder Abou Nagie schnell gefunden und erfreuen sich großer Beliebtheit (Vogel hat über 100.000 Follower auf Facebook). Faktisch läuft ein junger Muslim mit hoher Wahrscheinlichkeit Gefahr, auf eine radikale Gruppe zu stoßen, was auch für junge Christen und Juden gilt. Wir haben also eine TRIALOG-Seite gebaut, die gut in Google und Social Media eingebunden ist und angefangen, in selbstproduzierten Videos (5-7 Minuten) mit Experten wie Dir, (inter-)religiöse Inhalte vertrauenswürdig erklären zu lassen. Das konkrete Ziel ist, dass per Google TIRALOG und kein komischer „Vogel“ angeklickt wird!
Was ist das Besondere an TRIALOG?
Neben der technischen Umsetzung und entsprechendem Design der TRIALOG-Homepage – was Kirchen und Moscheeverbände oftmals vermissen lassen – ist das Medium Kurzvideo/YouTube das Besondere. Jugendliche brauchen Informationen so komprimiert und anschaulich wie möglich, eine Aufmerksamkeitsspanne über 10 Minuten ist nicht realistisch. Selbst Vine erfreut sich großer Beliebtheit – eine App, um 6-Sekunden-Videos zu teilen. Wir produzieren (kurze) Videos, die responsive problemlos auf Smartphone und Tablet dargestellt werden können und wollen so religiöse Bildung in zeitgemäßem Design bieten. Zudem sollen die Jugendlichen selbst aktiv werden und Videos von ihren Projekten oder Städten machen, wer Experte auf einem Feld ist, soll ebenso ein Video drehen. Multiplikatoren und Lehrpersonal sollen die Videos im Unterricht nutzen, um nicht ausschließlich auf Wikipedia angewiesen zu sein.
Wie ist die Resonanz bisher?
Die Resonanz auf TRIALOG ist sehr gut, sowohl im persönlichen Umfeld von Personen, die mit Religion nicht viel am Hut haben, als auch von erfahrenen Theologen und der Zielgruppe der Jugendlichen selbst. Auffällig oft melden sich Nicht-Muslime, die aufgrund der Medienberichterstattung Angst haben und uns bitten, doch in einem Video das Kopftuch oder Ähnliches zu erklären. Wir sind durch Lokalkoordinationen mittlerweile in acht Städten vertreten, was großes Potential verspricht. Wie zu erwarten, ist die finanzielle Unterstützung unser Problem. Bisher stemmen wir alles aus eigener Tasche, programmieren und schneiden Videos in Ehrenamt, reisen am Wochenende zu Videoterminen. Personelle Partizipation ist nicht das Problem, aber wir haben nicht genügend Kameras und Mikrofone. Zudem sind sich – wenn man ehrlich ist – etablierte Institutionen der Situation der Jugend manchmal nicht bewusst und würden gut daran tun, Projekte wie TRIALOG zu unterstützen. Man sollte sich nicht über Mitgliederschwund beschweren, aber nichts dagegen unternehmen…
Was ist eure Vision für die Zukunft? Wo wollt ihr mit TRIALOG hin?
Zunächst sind Geld und Spenden wichtig, ansonsten sind wir bald handlungsunfähig. Das hängt mit unserem Wunsch nach Nachhaltigkeit zusammen; viele interreligiöse Projekte werden drei Jahre finanziert und verlaufen danach im Sand. Daher haben wir zur Laufzeitsicherung das „interreligiöse Projektmanagement“ für uns entdeckt und bieten multimediale Services für religiöse Institutionen an. Dabei reicht das Angebot vom Erstellen von Webseiten über Workshops bis zur Video-Dokumentation und Betreuung von kompletten Tagungen, bisher beispielsweise von der Robert Bosch Stiftung und der Katholischen Akademie in Stuttgart in Anspruch genommen. In Bezug auf die Videos sollen die partizipativen Strukturen ausgebaut werden. Hartschalenkoffer, gefüllt mit Kamera, Mikrofon und Anleitung, sollen versandt werden und mit Inhalt wieder zu uns kommen. Wir schneiden dann und stellen das Ganze online. Im Grunde genommen würden wir uns wünschen, dass es uns als Team nicht mehr braucht, sondern TRIALOG von den Jugendlichen und Experten selbst lebt.
Lieber Florian, herzlichen Dank für das Interview und die Wünsche für euer Projekt.

Na, hat es euer Interesse geweckt? Dann schaut euch mal folgende Links an:
www.3alog.net
Facebook: https://www.facebook.com/pages/TRIALOG/1412250395654905
YouTube: https://www.youtube.com/channel/UC4Rrj8QqwEHbjDHVbZlNeGw/feed
Twitter: https://twitter.com/3alog

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Hussein Hamdan M.A., geb. 1979 studierte Islam- und Religionswissenschaft sowie Irankunde in Tübingen und schloss sein Studium 2007 mit einem Magister ab. Anschließend folgte, ebenfalls an der Universität Tübingen, die Doktorarbeit über das Wirken der Azhar-Universität im christlichen-islamischen Dialog, die im März 2013 abgeschlossen wurde. Hussein Hamdan war die ersten beiden Jahre seiner Promotion Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung, ehe er 2009 für zwei Jahre Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zentrum für interkulturelle Kommunikation in Heidelberg wurde. Dort verfasste er u.a. den Band „Muslime in Deutschland. Geschichte, Gegenwart und Chancen“. Aktuell ist er an der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart angestellt und für das Projekt „Gesellschaft gemeinsam gestalten – Junge Muslime als Partner“ verantwortlich. Hussein Hamdan ist Autor und Sprecher der Kolumne „Islam in Deutschland“ (SWR) und Referent zu diversen Themen des Islam. Seine Schwerpunkte sind Muslime in Deutschland, Interreligiöser Dialog, Humor im Islam sowie Einführungen in die Grundlagen, Quellen und Geschichte des Islam. Zudem ist er Mitglied des Runden Tischs Islam von Integrationsministerin Bilkay Öney in Baden-Württemberg. Hamdan hat sich in den letzten Jahren in verschiedenen Bereichen des interreligiösen und interkulturellen Dialogs engagiert. Von 2004-2007 moderierte er in Tübingen den Arabisch-Amerikanischen Dialog. Aktuell ist er Vorstandsmitglied des Bendorfer Forums.

7 Kommentare

  1. Wäre es nicht womöglich cooler statt eines Dialogs oder Trialogs (“der drei abrahamitischen Weltreligionen”) einen sozusagen n-fachen Log oder eine sozusagen n-fache Logie anzustreben, die auch offener Diskurs genannt werden könnte?

    • Das ist unser unbedingtes und angestrebtes Ziel, nur beschränken wir uns momentan aus 3 Gründen auf die trialogische Profilschärfung: 1. Sind wir als Team unseren wissenschaftlichen Kernkompetenzen verhaftet, welche Islam, Christentum, Judentum sind. Sobald sich Experten und Teammitglieder für angrenzende Bereiche finden, werden diese eingebunden und somit unser Themenfeld interdisziplinär erweitert. 2. Haben wir uns zum Ziel gesetzt, die 3 Religionen im Web sichtbarer und attraktiver zu machen, aber auch die etablierten Institutionen auf diese “Neuausrichtung” einzuladen. Um daran zu arbeiten, muss der Bereich und müssen die Institutionen zunächst klar definiert und adressiert werden. Eine generelle n-Plattform wäre dafür zu unscharf. 3. Wollen wir auch partizipative Präventionsarbeit leisten, die nur funktioniert, wenn wir die Zielgruppe (junge Erwachsene) direkt über ihre Religion ansprechen. Allein die Google-SEO braucht konkrete Begriffe, sonst landet man eben doch wieder bei den Altbekannten. Wer als junger Mensch mehr über seine Religion ergoogeln will, wird durch einen offenen Diskurs eher abgeschreckt, oder? Grüße, Florian

      • Mono-, Dia-, Tria- und n-Dialoge generell kanalisieren, bestimmen Parteien, die miteinander verhandeln, dies sollte weiter oben nur kurz herausgestellt werden.
        Ansonsten natürlich viel Erfolg beim Verhandeln!
        MFG
        Dr. W

  2. Das gesamte Projekt und besonders auch der nachhaltige Ansatz gefällt mir ausgezeichnet. Ich wünsche euch dafür viel Erfolg und großen Zulauf.

    “Der interreligiöse Thinktank TRIALOG will das Internet für die Stärkung des Glaubens und religiöser Institutionen nutzen. Genauso wie Religionen selbst Veränderungsprozesse in der Vergangenheit angestossen haben, sollen sie auch gewinnender Teil des medialen Veränderungsprozesses sein.”

    Umgekehrt stellt sich natürlich auch die Frage in wieweit sich Religionen in einer sich rasch ändern den Welt verändern müssen und welche Dogmen nicht hinterfragt werden dürfen. Das sind natürlich heisse Eisen, die aber gerade von jungen Menschen diskutiert werden sollten, wie ich finde.

  3. Passender Beitrag zum Trialog von Journalistenwatch
    @volm
    Nach den Anschlägen wagt sich auch Ayman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime, zutiefst erschüttert aus der Deckung: „Mit diesen drei entsetzlichen Taten an einem Tag wird eingeschüchtert, es werden die Insignien des Islam und der Ramadan diskreditiert, und es wird den Muslimen ein großer Schaden zugefügt.“ Nein, Herr Mazyek, es sind Menschen im Namen des friedlichen Islam massakriert worden. Kein bedauerlicher Einzelfall, sondern bittere Realität.heck
    Vor allem die Medien dürften den Terroristen „nicht auf den Leim gehen“, so Mazyek weiter. Den Begriff des sogenannten Islamischen Staates müsse man stärker hinterfragen als dies bislang in den Berichten der Fall sei. Hinterfragen statt bekämpfen des IS. Da muss man erstmal drauf kommen. „Da kommt man schon auf den Gedanken, dass es eine Absprache der Terroristen gab“. Toll.
    Er braucht sich nicht entschuldigen, er sollte einfach den Mund halten. Mit jedem seiner lächerlichen Aussagen spuckt er auf die Opfer und ermordet sie so nochmal. Er sieht Moslems grundsätzlich als Opfer, niemals als Täter. Ayman Mazyek ist eine Schande, für alle Moslems und für den Islam, der eben nicht zu Europa gehört und schon gar nicht zu Deutschland. Auf der Homepage des Zentralrats der Muslime, tiefes Schweigen und das ist auch gut so. Hätte Mazyek besser auch geschwiegen.

    • Herr Mazyek soll schon verlautbaren, zugestimmt werden muss ihm nicht, Schweigen wäre oft schlechter, seine Position beachtend.

  4. Interessanter Artikel
    Vom französischen Journalisten Frédéric Pons an die Adresse von Herrn Hollande :
    „Eine Karte anschauen… heißt zu verstehen. Welche Gefahr die Hunderttausende von Migranten bedeuten, die vor den Toren Europas warten. An dem Tag, an dem die Islamisten diese Manövermasse dirigieren werden, können sie unsere Verteidigungsmöglichkeiten erschöpfen und unseren Willen ausschalten. Eine tödliche Waffe, wenn sich nichts ändert.“ („Hollande esquive la réalité“ in Valeurs Actuelles, Nr. 4101, Juli 2015)

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