Bloggen für die Karriere? Ein Rückblick

BLOG: Der Islam

Geschichte und Gegenwart
Der Islam

Schön, dass es dieses Bloggewitter gibt. Das ist eine gute Gelegenheit für einen kurzen persönlichen Rückblick auf die letzten drei ein halb Jahre. So lange bin ich schon „Blogger”.

Bloggewitter: Bloggen und Karriere

Es begann alles damit, dass mein Freund und Blogkollege Michael Blume mich im Sommer 2008 gefragt hat, ob ich mir denn vorstellen könnte als Blogger bei den SciLogs anzufangen. Ein eigener Blog? Das konnte ich mir zunächst nicht vorstellen. Zusätzlich zur Doktorarbeit und weiteren Projekten und Verpflichtungen auch noch regelmäßig Beiträge schreiben? Wollte ich das eigentlich? Aber ich schaute mir einige Blogs an und nach kurzer Bedenkzeit entschied ich mich, dem Ganzen eine Chance zu geben.

Für mich war von Anfang an klar, dass mein Blog kein wissenschaftliches Tagebuch darstellen soll. Im Durchschnitt alle vier Wochen ein Artikel, das reicht!

Außerdem habe ich für mich zwei eindeutige Ziele festgelegt: zum einen möchte ich zum Dialog einladen und dabei auf seine Bedeutung und Initiativen aufmerksam machen. Zum anderen – und das ist das Hauptanliegen des Blogs – sollen verschiedene Themen des Islam vorgestellt werden. Es geht also hauptsächlich um Darstellung und Informationsvermittlung.

Am 28.11.2008 habe ich dann mit „Die Flucht nach Abessinien. Das erste Aufeinandertreffen von Christen und Muslimen” den ersten Artikel geschrieben.

Als ich meinen zweiten Artikel „Weihnachten im Islam” online gestellt habe, hätte ich niemals gedacht, dass er so viel Anklang finden und der meistgelesene Artikel meines Blogs sein würde. Mittlerweile hat er über 25.000 Leser gefunden. Zu meiner großen Überraschung wurde er zu einem der besten 15 wissenschaftlichen Artikel des Jahres 2008 gewählt.

Es folgten zwei weitere Texte zum Dialog, ehe ich begann, mich mit anderen Themen auseinanderzusetzen und zu versuchen, Vorurteile abzubauen und auf Fragen, die mir im Alltag öfter begegnen, einzugehen. Was bedeutet z.B. der Begriff „Islam, ist Allah die muslimische Gottheit, wie fasten Muslime, warum pilgert man nach Mekka, wie sieht es in einer Moschee aus oder welche Koranübersetzungen könnte man empfehlen?

Mit verschiedenen Beiträgen aus dem Bereich des islamischen Humors, ist ein bis dato noch wenig erforschtes und kaum verbreitetes Thema Gegenstand meiner Blogartikel geworden. So bietet der Blog auch die Möglichkeit andere Arbeiten einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, so beispielsweise meine SWR-Beiträge zum Islamischen Wort/ Islam in Deutschland oder meinem Band „Muslime in Deutschland”, das ich im Rahmen meiner Tätigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zentrum für interkulturelle Kommunikation in Heidelberg verfasst habe.

Bereits zu Beginn meiner „Bloggerkarriere” 2008 war mir bewusst, dass sich mein Bekanntheitsgrad steigern würde, dass der Blog aber in kürzester Zeit zu einem meiner Aushängeschilder werden würde, hatte ich in keinster Weise erwartet. Bei fast jedem öffentlichen Auftritt wird der Blog bei der Vorstellung meiner Person von den Veranstaltern genannt. Ich werde regelmäßig auf den Blog angesprochen und habe vor einigen Wochen ein Interview für eine Studie über muslimische Blogger in Deutschland gegeben.

Mittlerweile sind manche Anfragen für Vorträge und dergleichen eng mit dem Bloggen verbunden. Eine schöne Erfahrung habe ich 2010 gemacht, als mich die Anfrage des Österreichischen jüdischen Museums erreichte, ob ich einen Gastbeitrag zu einer ihrer Veranstaltungsreihen beisteuern könne. Man sei durch den Blog auf mich aufmerksam geworden. So erstellte ich einen kleinen Islam-Knigge.

Das Bloggen hat mir aber auch schnell seine Schattenseiten gezeigt. Gerade wenn es um den Islam geht, wird gerne ausgeteilt und hitzig diskutiert. Leider fehlt oft die konstruktive Kritik, gegen die ich eigentlich nichts einzuwenden hätte. Wenn jemand Kritik am Islam und an Religion im Allgemeinen hat, dann kann er diese auch gerne äußern. Dabei sollte man trotzdem sachlich bleiben und sich nicht im Ton vergreifen. Dann kann auch eine fruchtbare Diskussion entstehen. Immer wieder gibt es allerdings Kommentatoren, die bei jeder Möglichkeit versuchen Ängste zu schüren, aus allem eine Gewaltdebatte machen und mich persönlich attackieren. An Unverschämtheiten und Respektlosigkeit mangelt es hierbei nicht. Dass ich hier wissenschaftlich darstelle und die meisten Informationen, die ich präsentiere auch in wissenschaftlichen Abhandlungen nachzulesen sind, interessiert einige Leser scheinbar überhaupt nicht. Aber damit muss ich und andere Blogkollegen nun mal leben. Mich bekräftigt dies aber darin, dass ich hier gute Arbeit leiste und motiviert mich an meiner Linie festzuhalten.

Wenn ich nun zum Abschluss versuche ein Fazit zu ziehen, dann muss ich als erstes festhalten, dass ich das Bloggen nicht missen möchte. Ich möchte aber auch nicht jeden Tag damit beschäftigt sein. Es ist eine schöne Nebenbeschäftigung, der ich sehr gerne nachgehe, die mich ohne Zweifel etwas vorangebracht hat und mit der ich mich auch identifizieren kann. Ich möchte aber immer versuchen die Dinge realistisch einzuordnen. Der Blog hat in den letzten Jahren zwar meinen Werdegang gefördert, jedoch stellt er nur eine von vielen Qualifikationen dar, die der Karriere förderlich sind.

Im Übrigen ist dies mein fünfzigster Blogartikel, also ein kleines Jubiläum. Und für mich auch eine Gelegenheit mich bei meinen Lesern herzlich zu bedanken. Einen Dank möchte ich auch den Verantwortlichen vom Verlag aussprechen, die uns diese Plattform zur Verfügung stellen.

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Veröffentlicht von

Hussein Hamdan M.A., geb. 1979 studierte Islam- und Religionswissenschaft sowie Irankunde in Tübingen und schloss sein Studium 2007 mit einem Magister ab. Anschließend folgte, ebenfalls an der Universität Tübingen, die Doktorarbeit über das Wirken der Azhar-Universität im christlichen-islamischen Dialog, die im März 2013 abgeschlossen wurde. Hussein Hamdan war die ersten beiden Jahre seiner Promotion Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung, ehe er 2009 für zwei Jahre Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zentrum für interkulturelle Kommunikation in Heidelberg wurde. Dort verfasste er u.a. den Band „Muslime in Deutschland. Geschichte, Gegenwart und Chancen“. Aktuell ist er an der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart angestellt und für das Projekt „Gesellschaft gemeinsam gestalten – Junge Muslime als Partner“ verantwortlich. Hussein Hamdan ist Autor und Sprecher der Kolumne „Islam in Deutschland“ (SWR) und Referent zu diversen Themen des Islam. Seine Schwerpunkte sind Muslime in Deutschland, Interreligiöser Dialog, Humor im Islam sowie Einführungen in die Grundlagen, Quellen und Geschichte des Islam. Zudem ist er Mitglied des Runden Tischs Islam von Integrationsministerin Bilkay Öney in Baden-Württemberg. Hamdan hat sich in den letzten Jahren in verschiedenen Bereichen des interreligiösen und interkulturellen Dialogs engagiert. Von 2004-2007 moderierte er in Tübingen den Arabisch-Amerikanischen Dialog. Aktuell ist er Vorstandsmitglied des Bendorfer Forums.

11 Kommentare

  1. Glückwunsch

    Lieber Hussein,

    Dir von mir einen herzlichen Glückwunsch und vielen Dank für Dein Engagement!

    Ja, die islam- und religionsfeindlichen Bashereien auch auf den Scilogs sind, bei aller Freude, leider auch Realität. Aber ich denke, es lohnt sich, sich nicht mobben zu lassen, Präsenz und Zivilcourage zu zeigen. Das tust Du. Danke dafür!

    Mit herzlichen Grüßen

    Michael

  2. Islam

    Leider fehlt oft die konstruktive Kritik, gegen die ich eigentlich nichts einzuwenden hätte. Wenn jemand Kritik am Islam und an Religion im Allgemeinen hat, dann kann er diese auch gerne äußern.

    Das macht der Schreiber dieser Zeilen doch gerne: Was halten Sie von der Sicht, dass Salafismus, der als Wahhabismus in und um Mekka bestimmt, und die (radikale) Schia, die den Iran beherrscht, Ghom sei genannt, aber auch Nadschaf und Kerbela (jeweils Irak) beeinflusst, keineswegs für den Islam peripher sind und Glauben und Welt der Gläubigen weltweit stark bestimmen?

    Ist der Islam im Kern radikal?

    MFG
    Dr. Webbaer

  3. Ich habe kürzlich unter der Überschrift „Warum dieser Blog“ in Chronologs sehr dezidiert die Meinung vertreten, daß sich „Bloggen und Karriere“ nicht vertragen. Nun schreiben Sie: „Der Blog hat in den letzten Jahren … meinen Werdegang gefördert“. Widerspricht das dem, was ich geschrieben habe?

    Ich glaube nicht, und zwar deshalb, weil es Nischen gibt, in denen es so sein kann, wie Sie meinen. Man kann an Themen arbeiten und in oder zwischen Gemeinden angesiedelt sein, in denen es anders ist als normalerweise. Es müßte sich um Fächer handeln, in denen der Übergang zur außerwissenschaftlichen Welt fließend ist und die auch in ihrem Kern von dieser Welt aus noch einigermaßen einsehbar sind. Toulmin (ich glaube, der war’s) hat dafür den Namen „folk sciences“ erfunden. Er meinte z. B. so etwas wie Geschichte und Geographie.

    Dieser Name klingt abwertend, aber man muß das differenziert sehen. Gewiß fällt darunter auch vieles, was den allgemeinen Standards von Wissenschaft nicht standhält. „Populärwissenschaft“ ist meist keine Wissenschaft. Doch besteht das nähere Umfeld der Wissenschaften nicht nur in so etwas: Es gibt auch den sog. allgemeinen intellektuellen Diskurs.

    Er zeichnet sich dadurch vor den disziplinären Diskursen aus, daß er ihnen in einer wichtigen Hinsicht überlegen ist: Er kennt definitionsgemäß keinen Tellerrand und er kennt auch die Orte, an denen im Hinblick auf bestimmte Fragen jeweils die Musik spielt, was in den disziplinären Diskursen im allgemeinen unbekannt ist (darum gibt es die -ismen: Ökonomismus, Biologismus usw.; da weiß man nicht, daß ganz andere zuständig sind für die Fragen, zu denen man äußern zu können meint).

    Und man sollte den Gedanken, den wohl Ludwik Fleck zuerst geäußert hat, nicht vergessen: In den „esoterischen“ Diskursen der (wie man später sagte) „normal sciences“ sind die Aussagen unscharf, unklar, man grunzt sich etwas zu, das gar keinen rechten Sinn ergibt: Die Eingeweihten werden schon das Richtige assoziieren. Erst in den Verallgemeinerungsversuchen derer, die die Fachgrenzen überschreiten, der verachteten Popularisierer, entsteht etwas, was den Namen „Gedanken“ verdient. – Allerdings, möchte ich hinzufügen, muß sich das Popularisieren auf den allgemeinen intellektuellen Diskurs beziehen, es darf nicht die Qualität und Intention von Fernsehbeiträgen über wissenschaftliche Themen haben.

    Doch ist das alles in den meisten Fächern/Fällen aus systematischen Gründen unbekannt (und auch irrelevant) und Bloggen ist dort hinderlich für die Karriere. Man muß das Glück eines besonderen Plätzchens haben, wenn es möglich sein soll, ohne sich sehr zu schaden auch in der Öffentlichkeit präsent zu sein. Dieses Glück scheinen Sie zu haben. (Mir ging es übrigens ähnlich, auch wenn das Bloggen damals noch nicht erfunden war.) Jedoch sollte man das nicht verallgemeinern und Ratschläge für alle daraus machen. Den allermeisten würde bloggen schaden.

  4. @Ludwig Trepl

    Bloggen ist z.T. auch ein Generationenproblem. Manche ältere Menschen haben mit dem Computer kaum was am Hut, weil sie damit nicht aufgewachsen sind und die Möglichkeiten, die das Internet bietet, kaum abschätzen können, also sind sie erst einmal dagegen. Mir ist das erst erschreckend klargeworden, als ich mich mal mit einem älteren Lehrer meines Sohnes unterhielt, der selbst keinen Computer bedienen kann, aber furchtbar darüber wetterte, was man im Internet für einen Müll finden würde. Auf der anderen Seite erwarten aber viele jüngere Lehrer, dass die Schüler in der Lage sind gute Seiten im Internet zu finden, um Referate usw. zu erstellen. Auch die SciLogs mussten dafür schon herhalten, als Joachim Schulz mal über Schrödingers Katze bloggte, war das sofort ein Gesprächsthema, da die Schrödingergleichung zur selben Zeit im Physikunterricht behandelt wurde.

    Sebastian Reusch hat einen guten Artikel darüber geschrieben, warum Wissenschaftler mit dem Bloggen beginnen sollten und welche Möglichkeiten es bietet: https://scilogs.spektrum.de/…-bloggen-beginnen-sollten

  5. @Mona: Bloggen, ein Generationsproblem

    Blogger sind überwiegend nicht mehr ganz junge Menschen, wie folgende Blog-Demographics Site anzeigt und immerhin 19.4% sind 36 jährig oder älter.

    Und ich behaupte: Schon in einigen Jahren wird sich die Alterspyramide noch viel stärker zu den älteren Jahrgängen verschieben. Die wirklich Jungen machen andere Dinge im Netz als Bloggen.

  6. @ Martin Holzherr.

    “Blogger sind überwiegend nicht mehr ganz junge Menschen … immerhin 19.4% sind 36 jährig oder älter.”

    Wenn es bei den Wissenschafts-Blogern auch so wäre, dann bedeutete “19.4% sind 36 jährig oder älter”, daß über 70 % ganz, ganz junge Wissenschaftler sind.

  7. Martin Holzherr

    “Blogger sind überwiegend nicht mehr ganz junge Menschen (…)19.4% sind 36 jährig oder älter”.

    Naja, wenn man mit über 36 schon alt ist, dann sieht die Sache natürlich anders aus. 🙂

    “Und ich behaupte: Schon in einigen Jahren wird sich die Alterspyramide noch viel stärker zu den älteren Jahrgängen verschieben. Die wirklich Jungen machen andere Dinge im Netz als Bloggen.”

    Dann kommen die Leute in die Jahre, die mit dem Computer aufgewachsen sind. Vielleicht entschließen sich dann ja doch einige auch zum Bloggen, es soll ja Leute geben die nicht Counter-Strike o.ä. spielen.

  8. Ergänzung

    Keine wirklich wichtige Ergänzung, aber sicherlich dem einen oder anderen Blogger hilfreich: Wer nicht auf Feedback einzugehen gedenkt, sollte nicht bloggen.

    Es gibt andere Möglichkeiten der Publikation – diese Publikationsform muss so aber nicht belastet werden.

    Bloggen heißt im Grundsatz immer IO, Input-Output,
    MFG
    Dr. Webbaer

  9. @ Dr.Webbear

    Antworten, Feedback oder ähnliches können Sie von Herr Hussein (Schwert der Religion) Hamdan vergessen.Er ist nicht in der Lage oder will nicht (vieleicht darf er auch nicht)auf kritische Frage antworten.
    Her Hamdan weiß auch genau warum !!!

  10. Vorgreifen

    … würde der Schreiber dieser Zeilen nicht wollen. Vielleicht kommt ja noch eine Antwort auf die Frage, warum Salafismus und radikale Schia ausgerechnet dort am stärksten sind, wo die heiligen Stätten liegen.

    Und auf die Frage, ob Salafisten und radikale Schiiten, obwohl in D zahlenmäßig unterrepräsentiert, im Gesamtvorhaben Islam eine wichtige Rolle spielen (oder auch nicht)?

    Vertrauen würde so geschaffen werden können,
    MFG
    Dr. Webbaer

  11. Fatwa gegen Musiker Najafi

    Sehr geehrter Herr Hamdan,

    man liest in diesen Tagen überall von der Fatwa gegen den in Köln lebenden Musiker aus Iran Shahin Najafi. Da es in Ihrem Blog ja um die Geschichte UND Gegenwart des Islam geht, ist das m.E. ein spannendes und wichtiges Thema.

    Mich interessiert insbesondere, warum das Todesurteil bei den muslimischen Verbänden auf keinen oder wenig Widerspruch stößt. Glauben Sie, dass dies ein Zeichen dafür ist, dass die Fatwa in weiten Teilen der muslimischen Bevölkerung in Deutschland zumindest stillschweigend akzeptiert, womöglich sogar gutgeheißen wird?

    Herzlichen Dank für Ihre Mühe

    Lambert Weser

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