Neurologische Auswirkungen des Zen

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researchblogging Philipp sagt Philipp sagt:
Bis jetzt hatten wir viel zu wenig besprochene Veröffentlichungen aus der Public Library of Science – das kann ich nicht so lassen.

Was ist anders bei PLoS? („Wissenschaftler“ dürfen den nächsten Absatz getrost überspringen)
Anders als renommierte (und teure) Fachzeitschriften wie z.B. Nature oder Science wird das bei PLoS veröffentlichte Material unter der „Creative Commons“ Lizenz veröffentlicht. Dies bedeutet, dass Autoren das Copyright behalten, die Arbeiten jedoch unbegrenzt kopiert, gedruckt, modifziert, verteilt usw. werden dürfen, solange Autor und Herausgeber zitiert werden. Das größte Problem dieses Konzeptes ist (in meinen Augen) die Konkurrenz zu den renommierten Magazinen – solange Wissenschaftler lieber ihre Veröffentlichungen zu Nature o.ä. tragen und sich somit ein Sternchen im Lebenslauf verdienen als evtl. Abstriche beim „Ruhm“ im Elfenbeinturm zu machen wird das Konzept noch Probleme haben.
Desweiteren kostet eine Veröffentlichung in PLoS: Wer seinen Artikel z.B. in PLoS Biology sehen will muss 2850$ bezahlen – die Herausgeber argumentieren, dass so die Kosten für die Publikation getragen werden. Viele Förderer wie z.B. die Deutsche Forschungsgemeinschaft oder die Max-Planck-Gesellschaft übernehmen die Kosten für die Publizierung.

Jetzt wollen wir aber auch mal zum Artikel kommen!
In dem Artikel „Thinking about Non-Thinking“ geht es um die Gehirnregion, die für den „Idle“-Zustand des Gehirns verantwortlich ist, also für die Regionen, die einen immer diesen Stuss überlegen lassen wenn mal nichts zu tun ist. Untersucht wurden zwei Gruppen von Individuen, eine Kontrollgruppe ohne Meditationserfahrung und eine Gruppe mit mindestens 3 Jahren Meditationserfahrung.
(Hier schon der erste Kritikpunkt: jede Gruppe hatte grade mal 12 Teilnehmer, was für eine wissenschaftliche Studie eigentlich viel zu wenig ist – zufällige Schwankungen können mit 24 Teilnehmern nicht genug berücksichtigt werden)
Allen Teilnehmern wurde mitgeteilt sich auf ihren Atem zu konzentrieren, während eine fMRT (das Ding aus dem Fernsehen mit den schönen bunten Wölkchen auf dem Gehirn, mehr dazu hier) durchgeführt wurde. Desweiteren wurde allen Teilnehmern in unregelmäßigen Abständen ein Wort präsentiert, bei dem sie entscheiden sollten ob es ein Wort oder ein Nicht-Wort (also eine sinnlose Abfolge von Buchstaben, wie bei diesem Blogeintrag) ist.

Aufgrund der Ergebnisse dürfen sich regelmäßige Praktizierer der Zenmeditation freuen, denn es wird die Hypothese unterstützt, dass regelmäßige Meditation die Fähigkeit, spontane mentale Aktivität zu regulieren, aufzubauen hilft.
In Perioden ohne jeglichen Stimulus von außen, in denen also kein Wort angezeigt wurde und die Probanden sich voll und ganz auf ihren Atem konzentrieren konnten hatten beide Gruppen ungefähr gleich viel Gehirnaktivität in der Gehirnregion, die von den Wissenschaftlern als „default mode network“ bezeichnet wird (cooler Name!).
Dies ist die Region, die während Pausen eine wesentlich höhere Aktivität aufzeigt als wenn das Gehirn beschäftigt ist, man geht also davon aus das diese Region für all die „nicht-gewollten“, unfreiwillig herbeigeführten Gedanken verantwortlich ist.
Wurde den Probanden aber ein Wort angezeigt, so war es den erfahrenen Meditatoren (ist das überhaupt ein Wort?) wesentlich schneller möglich zum Ursprungszustand des „default networks“ zurückzukehren, ja für kurze Zeit war die Aktivität sogar unter dem normalen Niveau.
Allerdings half die Meditation nicht, die Einteilung eines Wortes in „Wort“ oder „Nicht-Wort“ zu beschleunigen, wie man ja vermuten könnte. Beide Gruppen brauchten ungefähr gleich lange um das Wort einzustufen. Die Wissenschaftler vermuten in ihrem Artikel, dass sich die Probanden zu sehr auf ihren Atem konzentrierten, wie es ja auch von ihnen verlangt wurde.

Alles in allem ein sehr interessanter Artikel aus dem wachsenden Fokus der Neurologie und anderer Wissenschaften auf Meditation und ihre Auswirkungen, den man sich auch gerne komplett durchlesen kann – kost ja nix.


Giuseppe Pagnoni, Milos Cekic, Ying Guo, Sheng He (2008). “Thinking about Not-Thinking”: Neural Correlates of Conceptual Processing during Zen Meditation PLoS ONE, 3 (9) DOI: 10.1371/journal.pone.0003083

Veröffentlicht von

Philipp hat einen Bachelor in Biologie, ein Graduate Certificate in IT und studiert momentan für seinen Master in IT in einem übertrieben großen Land voller Spinnen und Schafe. Für die Bierologie schreibt er zumeist über Biologie, Evolution und allem was an den Rändern der Gebiete noch so angeschwemmt wird.

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