Tag 8 – Wo bleibt der Regen?

von Anton Räthel

Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Dieses Zitat von Wilhelm Busch passt auf den heutigen Tag, wie das Schwert des Scharfrichtes auf den Hals des Verurteilten.

Rückblick auf den gestrigen Tag: Das ganze Team ist in heller Aufregung, da sämtliche Wetterdienste vor der regnerischen Katastrophe gewarnt hatten. So wurden die Flächen akribisch mit Planen abgedeckt, und viele Ideen wurden zusammengetragen, was wir am nächsten Tag tun sollten, um die kostbare Zeit nicht zu verschwenden.

Am heutigen Tag stand der Plan fest: Zunächst sollte es einen zweistündigen Vortrag über Richtstättenarchäologie geben, gehalten von Marita Genesis. Danach, so der Plan, sollte die Schar der Studierenden in die Künste der digitalen Datenverarbeitung sowie der Erkennung geschlechtsspezifischer Merkmale an den Skeletten der letzten Grabung am Galgenberg geschult werden. Doch wie das eingehende Zitat vermuten lässt, sollte es dazu nicht kommen.

Während also alle ihre Grabungskleidung an den Nagel hingen und sich auf einen Tag in Jogginghose freuten, blickten wir auf die Apps der verschiedenen Wetterdienste und sahen eine gewaltige Regenfront auf uns zukommen. Ein Tag in der Unterkunft, weit entfernt von Dixi-Toiletten und in der Nähe der Küche samt Kaffeemaschine, schien uns sicher. So begann das Programm, und wir genossen den Vortrag und den heißen Tee in unseren Tassen. Doch je länger der Vortrag dauerte, desto misstrauischer wurden wir gegenüber den Wetterdiensten. Während uns sintflutartige Regengüsse angezeigt wurden, tröpfelte es lediglich müde vom Himmel. Zum Ende des Vortrags wurden die Kaffeetassen mit frischem Kaffee gefüllt, und man überlegte sich eine möglicherweise noch gemütlichere Sitzposition. Plötzlich machte die Grabungsleitung die Ansage, dass dieses Wetter doch kein Weltuntergang, sondern Archäologenwetter sei, und wir uns die Grabungskluft überwerfen sollten.

Mit wenig Begeisterung über diese Änderung des Tagesplans begaben wir uns also auf den Galgenberg, um dem üblichen Tagewerk nachzugehen. Die Stimmung war zunächst nicht die beste; freundschaftliche Beleidigungen wurden ausgetauscht, und auch der ein oder andere Ausruf hallte über die Grabungsfläche. Mit der Zeit verbesserte sich die Laune dank Musik und sehr erfreulichen Funden, und die Arbeit wurde mit Enthusiasmus über die reguläre Arbeitszeit hinaus fortgesetzt. Am Ende war es doch ein erfolgreicher und abwechslungsreicher Tag und die Geschichte des Galgenbergs wurde auch heute wieder ein Stück mehr aus dem Erdboden befreit.

Hier wurde der Schwerthieb des Scharfrichters anhand des Autors anschaulich dargestellt
Dem Frust ging es wie dem überschüssigen Profilblock – er wurde abgebaut
Der Schutz war da – der versprochene Regen nicht

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Zu meiner Person: Dr. phil., Historikerin/Archäologin M.A. Schwerpunkt: Rechtsarchäologie, archäologische und historische Richtstättenerfassung

3 Kommentare

  1. Das Wetter wird zunehmend unvorhersehbarer. Das bereitet mir wirklich Sorgen. Wer im letzten Jahr auf Regen gehofft hatte, war gut damit berufen sich einen Regenduschkopf in die Dusche einbauen zulassen. Dieses Jahr fällt dahingegen unser Sommer beinahe komplett ins Wasser und man kann sich nicht mal ordentlich darauf einstellen, weil durch unseren Klimawandel das Wetter schneller umschlägt als ein Rekord-Leser eine Buchseite.

  2. Ich finde es total klasse, wie flexibel und wetterfest ihr seid. Hätte gar nicht gedacht, dass für einen Regentage trotzdem so ein informatives Programm möglich gewesen wäre. Lobenswert, dass trotzdem alle tapfer weiter gebildet und… haben. Wünsche allen weiterhin viel Spaß, Elan und tolle Funde.

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