Richtstättenarchäologie in Brandenburg Teil II – kurze Zusammenfassung der Grabungsergebnisse auf dem Galgenberg in Fürstenwalde

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Geköpft und mit Steinen beschwert – archäologische Spuren von Hinrichtungen und Abwehrzauber in Mittelalter und Neuzeit
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Die zweite Ausgrabung einer Richtstätte im Land Brandenburg wurde im Herbst 2015 in Fürstenwalde durchgeführt. Mit diesem Richtplatz gelang es erstmals in Brandenburg einen innerstädtischen, heute noch sichtbaren unbebauten Galgenberg des Mittelalters und der Neuzeit im Zentrum einer Stadt zu dokumentieren.

Nun war dies nicht immer so. Die Karten des 18. Jh. zeigen den Hügel vor der Stadtmauer liegend, an der Frankfurter Straße. Deutlich erkennbar ist der Bautypus: eine dreischläfrige Anlage aus hölzernen Pfosten, die oben durch drei Rähne miteinander verbunden sind. Die Stadt ist im Laufe der Zeit gewachsen, doch hat sie ihren Galgenberg dabei nicht überbaut. Ein Umstand, der uns zu Beginn der Grabung hoffnungsfroh stimmte.

Gemeinsam mit Studenten der Humboldt-Universität zu Berlin und der Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder wurde im Herbst vier Wochen lang auf dem Galgenberg gegraben. Das städtische Museum hatte sich bereits im Vorfeld mit der Rechtsgeschichte der einst gut begüterten Handelsstadt befasst und war dabei auch auf zahlreiche Hinweise auf Hinrichtungen und Skelettfunde gestoßen. Verbrennen, Erhängen, Enthaupten – Strafen, die in der Constitutio Criminalis Carolina, der Strafrechtsordnung von 1532, z.B. für Mord, Raub oder Diebstahl manifestiert waren. Laut Zeitungsberichten wurden 1890 und 1910 am Fuß des Galgenberges auf den dortigen Grundstücken Schädel, Unterkiefer und Skelettteile geborgen. Die Funde sind heute leider verloren gegangen, doch anhand der Beschreibung kann man davon ausgehen, hier Hingerichtete oder auf dem Galgenberg bestattete Selbstmörder gefunden zu haben.

Unsere archäologische Suche gestaltete sich jedoch schwieriger. Im Laufe der ersten angelegten Plana auf der Hügelkuppe ergaben die Profile einen völligen Abtrag der gewachsenen Kulturschicht. Der Berg wurde über Dekaden hinweg zum Sandabbau genutzt und die ehemals vorhandenen archäologischen Hinterlassenschaften sowie das natürliche Gelände dabei vernichtet.

Die angelegte Kreuzsondage wurde daher bis an den Hügelfuß verlängert und zum Teil erweitert, um den Anschluss an das ursprüngliche Bodenprofil zu erhalten. Leider gelang dies nur vereinzelt. Immerhin konnten wir drei neuzeitliche Laufhorizonte feststellen, die mit ihrem Fundmaterial belegen, dass der Berg vom 16. bis zum 19. Jahrhundert häufiger aufgesucht wurde. Möglicherweise, um Hinrichtungen beizuwohnen.

Auf der Hügelkuppe fanden sich zwei Reste von Gruben, die in ihrer Beschaffenheit, ihrer Datierung und ihrem Abstand zueinander als Galgenpfostengruben angesprochen werden könnten.

Der Galgenberg konnte damit belegt, Hinrichtungen jedoch nicht mehr nachgewiesen werden. Dies zeigt, dass diese besonderen Bodendenkmäler so schnell als möglich archäologisch erfasst werden müssen, bevor ihnen die vollständige Zerstörung droht. Und wir für eine Grabung zu spät kommen.

Galgen Füwa 1706

Galgen 1706  Fürstenwalde, Kartenausschnitt Museum Fürstenwalde

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Zu meiner Person: Dr. phil., Historikerin/Archäologin M.A. Schwerpunkt: Rechtsarchäologie, archäologische und historische Richtstättenerfassung

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