Was beforschen Intelligenzforscher?

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Intelligenz, Sonntagskinder und Schulversager
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Was Intelligenzforscher beforschen? Ernsthaft? Na, Intelligenz natürlich – das war einfach! Und auch zugleich wieder nicht, denn das Konstrukt ist extrem vielseitig. Das erschließt ein Blick auf das Programm der Konferenz der International Society for Intelligence Research, die morgen in Montréal beginnt …

Was ich bei dieser Tagung ganz schön finde, ist, dass sie nicht so riesig ist. Das reduziert einerseits die Qual der Wahl (und die damit einhergehende FOMO), andererseits lernt man die Kolleg/innen auch leichter kennen, wenn man sie bei jedem Beitrag (oder bei den meisten 😉 – so ein bisschen Stadt angucken muss ja auch sein) wiedersieht. Hier ein Einblick ins Programm, das Plakat der Konferenz habe ich auch mal verlinkt. Auf James Flynn bin ich sehr gespannt; insgesamt verspricht es abwechslungsreich zu werden! Ich selbst werde mich in meinem dem Zusammenhang (oder vielmehr dem Nichtzusammenhang) zwischen Intelligenz und Hochsensibilität widmen. Morgen geht es los (um 8:15 Uhr!! Aber der Jetlag wird hoffentlich helfen).

Was also wird nun beforscht? Ich habe das für Sie mal grob analysiert und mir hierzu die Vortragsthemen angeschaut (die Poster also erst mal außen vor gelassen) und versucht, induktiv sinnvolle Kategorien zu bilden (aufgrund der Kurzzusammenfassung ist das natürlich immer so eine Sache, weil man diese Abstracts ja schon weit im Vorfeld einreichen muss, wenn die Analysen oft noch eher oberflächlich sind). Dann habe ich ausgezählt, wie häufig die Kategorien vertreten sind – Mehrfachnennungen insofern, als ein Beitrag in mehrere Kategorien fallen kann, waren dementsprechend natürlich möglich. Ich führe sie hier in absteigender Häufigkeit an:

  • Entwicklung/Längsschnitt: 13
  • Erfolg: 12
  • Genetik: 8
  • Struktur der Intelligenz: 8
  • Messung: 6
  • Gehirn: 5
  • Nichtkognitive Variablen: 5
  • Evolution: 4
  • Hochbegabung: 3
  • Erfahrungen und Trainings: 3
  • Meta-Fragen und -studien: 2
  • Wissen über Intelligenz: 8

Das reflektiert die Trends doch ganz schön – insbesondere, dass wir uns immer mehr mit der Entwicklung befassen und dazu inzwischen ja auch tolle Längsschnittdaten aus verschiedenen Studien haben, finde ich sehr erfreulich. Längsschnitte sind ja deshalb so wichtig, weil nur sie uns erlauben, etwas über tatsächliche Entwicklung zu sagen – natürlich ist es auch interessant, verschiedene Altersgruppen im Querschnitt zu vergleichen, aber da die Erfahrungen sich zwischen den Generationen doch sehr unterscheiden, kann man nicht einfach annehmen, dass die heute 35-Jährigen im Vergleich zu den Zehnjährigen von heute vergleichbar sind mit den besagten 10-jährigen Personen in 25 Jahren.

P.S.: Und natürlich können Sie auch nach wie vor gerne Themen nennen, die Sie hier gern behandelt sähen! Ich habe schon einen sehr schönen Vorschlag zu Dabrowskis Theorie der Positiven Desintegration bekommen, der wird demnächst Thema sein.

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Dr. rer. nat. Tanja Gabriele Baudson ist Diplom-Psychologin und Literaturwissenschaftlerin. Seit Oktober 2017 vertritt sie die Professur für Entwicklungspsychologie an der Universität Luxemburg und ist als freie Wissenschaftlerin mit dem Institute for Globally Distributed Open Research and Education (IGDORE) assoziiert. Ihre Forschung befasst sich mit der Identifikation von Begabung und der Frage, warum das gar nicht so einfach ist. Vorurteile gegenüber Hochbegabten spielen hierbei eine besondere Rolle - nicht zuletzt deshalb, weil sie sich auf das Selbstbild Hochbegabter auswirken. Zu diesen Themen hat sie eine Reihe von Studien in internationalen Fachzeitschriften publiziert. Sie ist außerdem Entwicklerin zweier Intelligenztests. Als Initiatorin und Koordinatorin der deutschen „Marches for Science“ wurde sie vom Deutschen Hochschulverband als Hochschullehrerin des Jahres ausgezeichnet. Im April 2016 erhielt sie außerdem den SciLogs-Preis "Wissenschaftsblog des Jahres".

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