Startanlage 39A – Kulturerbe der Raumfahrt

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Am 19. Februar brachte SpaceX mit einer Falcon 9-Trägerrakete ein Versorgungsraumschiff des Typs Dragon für die Internationale Raumstation in den Orbit. Das Besondere an dieser Mission: Die Falcon begann ihren Trip an der historischen Startanlage 39A. Neben diesem Ereignis ging fast ein wenig unter, dass die erste Stufe der Rakete acht Minuten und 20 Sekunden nach dem Liftoff nur drei Kilometer von der Startrampe entfernt eine erfolgreiche Landung in der so genannten “Landing Zone 1” durchführte.

Die Startanlage 39A im Bauzustand des Winters 1964/65. Credit: NASA Apollo Image Gallery

Die Startanlage 39A ist, um es ein wenig emphatisch auszudrücken, ein raumfahrthistorisches Heiligtum. Und eine “National Historic Landmark” der USA. Eigentlich schon fast seltsam, dass sie bei ihrer enormen Bedeutung noch nicht als UNESCO-Kulturerbe geltend gemacht wurde. Aber vielleicht geht das auch bei einem Areal, das in ständiger Veränderung ist, gar nicht.

Die Startanlage 39A im November 1965. Credit: NASA Apollo Image Gallery

Ihr Bau begann im Jahre 1963 als Teil des Startkomplexes 39 für das Apollo-Programm. Der sollte ursprünglich drei Einheiten umfassen, nämlich die Startanlagen 39A, 39B und 39C. Am Ende wurden davon nur die Rampen 39A und 39B gebaut. Die Anlage 39A wurde im Frühjahr 1966 fertiggestellt und getestet. Dafür hatten sich die Apollo-Manager etwas ganz Besonderes ausgedacht, nämlich die SA-500F: Ein originalgroßes Modell einer Saturn V-Rakete. Es war auch genauso schwer, wie eine unbetankte Saturn V, nämlich 200 Tonnen. Am 25. Mai 1966 rollte einer der riesigen Crawler-Transporter mit dieser größten Modellrakete der Welt die 5,2 Kilometer vom Vehicle Assembly-Building zur Startanlage 39A hinaus. Dort stand sie bis zum 8. Juni, während die Techniker damit die Startvorbereitungen einer “richtigen” Saturn V übten. Dann musste sie wegen des Hurricanes Alma wieder in das VAB zurückgebracht werden. Aber nur zwei Tage später war sie wieder an der Rampe, wo sie dann bis Mitte Oktober blieb.

Die größte Modellrakete der Welt, die SA-500F, steht im Juni 1966 an der Startanlage 39A

Es dauerte 10 Monate, bis Ende August 1967 die erste “richtige” und flugfähige Saturn V an der Startanlage 39A eintraf. Die startete dann unbemannt, denn es war der erste Testflug einer Saturn V, als Apollo 4 am 9. November 1967. Die Startrampe 39A kann somit in diesem Jahr auf ihr 50jähriges Dienstjubiläum zurückblicken.

Vehicle Assembly Building (unten), Crawlerlway zu den Anlagen 39A und 39B, Startanlage 39A (rechts oben), Startanlage 39B links oben. Credit: NASA

Nur zwei Apollo-Missionen des US-Mondprogramms nahmen in der Folge nicht von hier aus ihren Anfang, nämlich die Mission von Apollo 7, die – sie verwendete die kleinere Saturn 1B-Rakete – von der Startanlage 37 starten musste, und der Flug von Apollo 10, der Generalprobe für die Mondlandung. Mit der wurde der Nachbarkomplex 39B eingeweiht. Von der Startanlage 39A begann somit auch die historische Mission von Apollo 11 am 16. Juli 1969 zur ersten bemannten Mondlandung. Der letzte Start von Pad 39A im Rahmen des Apollo Application Programs war die Mission einer unbemannten Saturn V am 14. Mai 1973, mit welcher die US-Raumstation Skylab in den Orbit gebracht wurde.

Danach wurde es für acht Jahr ruhig um Rampe 39A (sieht man einmal von den sicher geräuschvollen Umbauarbeiten für das Shuttle-Programm ab). Der nächste Flug von hier erfolgte erst wieder am 12. April 1981, als die Raumfähre Columbia zum Jungfernflug des Shuttle-Programms aufbrach. Auch die folgenden 23 Shuttle-Missionen nahmen allesamt hier ihren Anfang. Erst für die Mission von STS-51L am 28. Januar 1986 wurde die Startanlage 39B zum ersten Mal auch für den Shuttle eingesetzt. Dieser Flug endete bekanntlich im Desaster. 73 Sekunden, nachdem die Challenger die Anlage verlassen hatte, explodierte sie hoch über Florida.

Alle Missionen zwischen dem 29. September 1988 (das war der Termin an dem der Shuttle nach der Challenger-Katastrophe wieder zum Einsatz zurückkehrte) bis zur Mission STS 33 im November 1989 begannen danach an der Startanlage 39B. Erst die Mission STS 32, die trotz der niedrigeren Nummer erst nach STS 33 flog, nutzte wieder die Anlage 39A. Die Raumfähre Endeavour war es schließlich, die von der Startanlage 39A zum ersten Shuttle-Flug für den Aufbau der Internationalen Raumstation im Dezember 1998 auf die Reise in den Orbit ging.

Startanlage 3A (unten), Startanlage 39B (oben). Credit: NASA

Auch Pad 39A wurde vom Unglück nicht verschont. Im Januar 2003 nahm von hier aus der Unglücksflug der Columbia seinen Anfang. Etwa eine Minute nach dem Abheben löste sich vom zentralen Tank des Shuttle ein Stück Hitzeschutzisolierung, das – unbemerkt von der Crew und der Bodenstation – die Flügelwurzel des Shuttle durchschlug. Bei der Landung, 16 Tage später, führte das zur Katastrophe. Die Reibungshitze konnte in die Raumfähre eindringen und er zerbrach über Texas.

Im Dezember 2006 unternahm die Raumfähre Discovery den letzten Start von der Anlage 39B, die danach (für das 2010 wieder eingestellte) Constellation-Programm umgebaut wurde. Ab dann bis zum Ende des Programms starteten alle Shuttle-Missionen ausschließlich von der Startanlage 39A. Das letzte Mal, dass  von hier ein Shuttle seine Reise in den Orbit begann, war am 8. Juni 2011. Diese Ehre hatte die Raumfähre Atlantis. Es war die insgesamt 94. Mission die von dieser legendären Startrampe aus erfolgte.

Insgesamt unterstützte der Pad 39A bis dahin zwölf Start der Saturn V und 82 Space Shuttle Missionen. 15 der Columbia, neun der Challenger, 22 der Discovery, 20 der Atlantis und 16 der Endeavour.

Im Dezember 2013 verkündete die NASA, dass sie mit SpaceX ein Abkommen über die Vermietung der Startanlage 39A für zunächst 20 Jahre getroffen habe. Dieses Abkommen trat am 14. April 2014 in Kraft. Bis mindestens 2034 kann also SpaceX nun über die Anlage verfügen. 2015 begann das Unternehmen mit umfangreichen Umbauten. Unter anderem entstand eine so genannte “horizontal integration facilitiy”, in der die Raketen und einige der Nutzlasten liegend zusammengebaut werden. Im Gegensatz zur Shuttle-Zeit, wo alle Integrationsarbeiten “vertikal” erfolgten, also am stehenden Raumfahrzeug.

Startanlage 39A mit Saturn V (links), Shuttle (Mitte) und Falcon 9. Credit: SpaceX

Am 19. Februar begann nun mit dem Start der Dragon eine neue Ära für diesen historischen Startplatz. SpaceX hat hier in Zukunft Großes vor: Unbemannte Starts der Falcon 9 und der Falcon 9 “Heavy”, die bemannten Missionen mit der Dragon V2, die Flüge des Nachfolgemodells der Falcon 9, derzeit noch als “Falcon X” bezeichnet, und selbst der zukünftige “Mars Colonial Transporter” für Elon Musks hochfliegende Pläne zur Besiedelung des Planeten Mars sollen von hier aus starten. Bis zum Sommer dieses Jahres wird die Startanlage 39A sogar die einzige verfügbare Rampe für SpaceX in Cape Canaveral sein. Bis dahin soll etwa alle drei Wochen eine Mission auf die Reise gehen. Danach werden die Routine-Starts wieder zu der (nach einem Testunfall im Sommer letzten Jahres) wieder reparierten Startanlage 40 zurückverlegt. Dann wird die Anlage 39A erneut geringfügig modifiziert, um ab dem Spätsommen dieses Jahres die Starts der Falcon 9 “Heavy” und ab 2018 die bemannten Starts mit der Falcon 9/Dragon V2-Kombination abzuwickeln. Es sieht ganz danach aus, als würde für die Startanlage 39A die Zukunft mindestens genauso glorreich aussehen wie ihre Vergangenheit.

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Ich bin Raumfahrt-Fan seit frühester Kindheit. Mein Schlüsselerlebnis ereignete sich 1963. Ich lag mit Masern im Bett. Und im Fernsehen kam eine Sendung über Scott Carpenters Mercury-Raumflug. Dazu der Kommentar von Wolf Mittler, dem Stammvater der TV-Raumfahrt-Berichterstattung. Heute bin ich im "Brotberuf" bei Airbus Safran Launchers in München im Bereich Träger- und Satellitenantriebe an einer Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Technik tätig. Daneben schreibe ich für Print- und Onlinemedien und vor allem für mein eigenes Portal, "Der Orion", das ich zusammen mit meinen Freundinnen Maria Pflug-Hofmayr und Monika Fischer betreibe. Ich trete in Rundfunk und Fernsehen auf, bin Verfasser und Mitherausgeber des seit 2003 erscheinenden Raumfahrt-Jahrbuches des Vereins zur Förderung der Raumfahrt (VFR). Aktuell erschien in diesen Tagen beim Motorbuch-Verlag "Interkontinentalraketen". Bei diesem Verlag sind in der Zwischenzeit insgesamt 16 Bücher von mir erschienen, drei davon werden inzwischen auch in den USA verlegt. Daneben halte ich etwa 15-20 mal im Jahr Vorträge bei den verschiedensten Institutionen im In- und Ausland. Mein Leitmotiv stammt von Antoine de Saint Exupery: Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Menschen zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge zu verteilen und Arbeit zu vergeben, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten unendlichen Meer. In diesem Sinne: Ad Astra

5 Kommentare

  1. Die Flugzeit zum Mond kann jeder selbst berechnen!
    Die Flugzeit zum Mond kann jeder selbst berechnen, der die 10. Klasse absolviert hat und in Physik bei der Vermittlung des 3. Keplerschen Gesetzes aufgepasst hat. Nach dem 3. Keplerschen Gesetz verhalten sich die Quadrate der Umlaufzeiten (T1² bis Tn²) der Umlaufbahnen von Planeten/Satelliten wie die dritten Potenzen der Radien (r1³bis rn³). Es gilt also auf zwei Satelliten/Trabanten zugeschnitten
    r1³:r2³=T1²:T2². (1)
    Da ein Raumschiff/Raumflugkörper/Satellit zum Mond die gleichen Parameter hat, wie der Mond, braucht man gar nicht lange zu überlegen und große Berechnungen anzustellen! Denn: Die Entfernung Erde Mond und Erde Satellit betragen jeweils ca. 400.000 km. Da die Umlaufzeit des Mondes um die Erde sederisch 27, 5 Tage (660 h) beträgt, benötigt ein Raumschiff zum Mond genau die Hälfte der Zeit, also 13,75 Tage (rund 14 Tage). Der synodische Monat ist ein wenig länger und beträgt 29,5 Tage. Der Hin – und Rückflug zum/vom Mond beträgt in diesem Fall dann 14,75 Tage (rund 15 Tage). Dies deckt sich übrigens frappierend mit dem Forschungssatellit Clementine, der Ende Januar 1994 gestartet wurde und ca. 14 Tage zum Mond benötigte. Aufgabe gelöst! So einfach kann Astrophysik sein und so schnell kann man Apollo 11 bis N widerlegen! Bei den anderen reflektierten Berechnungen handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um energiearme Flugbahnen zum Mond!
    Astrophysikalisch exakt lässt sich die Umlaufzeit eines Satelliten um die Erde und den Mond wie folgt berechnen:

    T=k³/²* 5060 s ≈ k³/²*1,41 h (2)
    wobei
    k=r:R =(R+H):R (3)
    (R=Erdradius mit 6370 km und H= Flughöhe mit 377.000 km; nach http://www.1.uni-ak.at/geom/math-page/satelliten).
    Damit kommt man dann, wenn man die Werte einsetzt auf exakt 660 h= 27,5 d!
    Siegfried Marquardt, Königs Wusterhausen

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