Krebsgefahr Aspartam: was wir wiklich wissen!

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Video Krebsgefahr Aspartam: was wir wirklich wissen!

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Mitte Juli veröffentlichte die WHO auf ihrer Website eine Stellungnahme, die den Süßstoff Aspartam, der auch in Diätgetränken wie Cola light und Co enthalten ist, als möglicherweise krebserregend einstuft.

Was bedeutet das für uns?

Aspartam wurde 1965 durch Zufall von einem amerikanischen Chemiker entdeckt. James Schlatter war eigentlich auf der Suche nach einem Medikament gegen Magengeschwüre und experimentierte dazu mit verschiedenen Aminosäuren. Die Kombination aus Phenylalanin und Asparaginsäure weckte das Interesse des Chemikers, da sie auf der Zunge ungewöhnlich süß schmeckte – die Geburtsstunde des Aspartams! Auf den Markt kam der Süßstoff in den USA allerdings erst 16 Jahre später – und zwar unter dem Namen NutraSweet.

In Deutschland wurde das Süßungsmittel erst im Jahr 1990 zugelassen und gehört damit zu den noch recht „jungen“ Süßstoffen. Ihr erkennt an dem Zusatzstoffkürzel E 951, ob Aspartam in einem Produkt enthalten, denn viele Hersteller schreiben nicht den vollen Namen drauf.

Mittlerweile ist Aspartam aus der Lebensmittelindustrie gar nicht mehr wegzudenken, denn zahlreiche Diätprodukte und sogar Medikamente werden damit gesüßt. Aspartam hat aufs Gramm gerechnet etwa gleich viele Kalorien wie Zucker. Der Vorteil liegt darin, dass es etwa 200mal süßer ist und man dadurch viel weniger davon benötigt, letztlich also auch weniger Kalorien zu sich nimmt. Und auch die Kariesgefahr ist viel geringer als bei Zucker. An sich ein super Stoff.

Wenn da nicht die Sache mit dem erhöhten Krebsrisiko wäre.

Warum stuft die Weltgesundheitsorganisation WHO Aspartam erst knapp 60 Jahre nach seiner Entdeckung möglicherweise krebserregend ein?

Und woher wissen die das überhaupt?

Nicht die WHO selbst, sondern die ihr unterstehende Internationale Agentur für Krebsforschung (kurz IARC), untersucht Stoffe regelmäßig auf ihr Krebsrisiko. Welcher Stoff untersucht wird beruht auf Vorschlägen z.B. vom Gesundheitsministerium, aber auch von Forschern oder der Allgemeinheit.

Unabhängige Wissenschaftler analysieren dann alle wissenschaftlichen Studien, die es bislang zu dem Stoff gibt und gehen auch weiteren Hinweisen zu einer möglichen krebserregenden Wirkung nach.

Im Falle von Aspartam gab es schon kurz nach der Entdeckung eine Debatte über ein mögliches Krebsrisiko des Stoffes, deswegen hat es auch ganze 16 Jahre gedauert, bis der Süßstoff in den USA überhaupt zugelassen wurde.

Damals wurden Studien an Ratten durchgeführt, deren Ergebnis nicht ganz eindeutig war, denn einige der Ratten entwickelten nach Verabreichung des Süßstoffs Tumore. Vor allem im Gehirn, aber auch anderen Bereichen wie der Brust oder Lunge.

Letztlich wurde der Süßstoff aber dann doch von der amerikanischen Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde FDA zugelassen, da die wissenschaftliche Qualität der Studien nicht ausreichend war, die Ergebnisse nicht eindeutig genug und die befragten Experten kein sicher erhöhtes Tumorrisiko bestätigen konnten.

Die Debatte um das mögliche Krebsrisiko war damit jedoch nicht beendet. In den folgenden Jahren gab es immer wieder wissenschaftliche Studien, die einen Einfluss untersucht haben.

Die IARC hat für die jetzige Neubewertung vor allem 3 Studientypen herangezogen:

  1. Studien an Versuchstieren wie z.B. Ratten, denen man unter sehr kontrollierten Bedingungen, Aspartam verabreichen und dessen Wirkung auf die Ratten untersuchen kann. Das Problem: Ratten sind halt keine Menschen und die Ergebnisse nur bedingt übertragbar.
  2. Studien an Zellkulturen, bei denen man untersucht hat, ob der Stoff – wenn er denn in eine menschliche Zelle gelangt (!) – das Erbgut schädigen kann. Doch an daran gibt es berechtigte Zweifel. Denn Aspartam wird im Darm in harmlose Spaltprodukte aufgetrennt und gar nicht vollständig intakt von unseren Körper aufgenommen.
  3. Große Beobachtungsstudien am Menschen, die dem Stoff ausgesetzt sind oder waren. In solchen Untersuchungen wird eine Gruppe von Personen über einen bestimmten Zeitraum beobachtet. Am Ende wird zum Beispiel gefragt: Erkranken Menschen, die angeben, viele Lebensmittel zu sich zu nehmen, die mit Aspartam gesüßt sind, öfter an Krebs? Drei Studien zeigen hier laut IARC „begrenzte Hinweise“ auf einen Zusammenhang mit einer bestimmten Form von Leberkrebs. Aber auch diese Studien sind mit Vorsicht zu genießen, denn die Forscher können die Bedingungen von solchen Beobachtungsstudien nicht steuern oder kontrollieren. Also beispielsweise nicht beeinflussen was die Versuchsteilnehmer neben den Süßstoffen noch so alles ungesundes essen oder ob sie anderen Bedingungen ausgesetzt sind, die ebenfalls das Krebsrisiko erhöhten.

Die WHO hat vier verschiedene Kategorien um das Krebsrisiko eines Stoffes einzuteilen:

Kategorie (1) krebserregend

Kategorie (2A) wahrscheinlich krebserregend

Kategorie (2B) möglicherweise krebserregend

Kategorie (3) nicht klassifizierbar

Bei Stoffen der Kategorie 1 ist sicher bewiesen, dass sie krebserregend für Menschen sind (z.B. Rauchen oder Alkohol). Bei Stoffen der Kategorie 2A und 2B – zu denen auch Aspartam gehört – gibt es Hinweise darauf, aber keine Beweise.

In die Gruppe 2B eingeordnet werden übrigens auch Stoffe wie Aloe vera, Kaffee(-säure) oder Essiggurken. Und auch andere Dinge wie z.B. Nachts arbeiten, UV-Licht oder ein Friseurbesuch werden von IARC alle als potenziell krebserregend einstuft.

Die IARC beurteilt nämlich nur, ob ein Stoff bzw. auch eine Tätigkeit theoretisch Krebs auslösen kann. Ob das Risiko dafür stark erhöht ist oder nur sehr schwach spielt dabei keine Rolle. Und auch die Dosis wird nicht berücksichtigt. Selbst wenn das erst bei absurd hohen Konzentrationen passiert, die ein Mensch nie erreicht, kommt es bei der IARC zu dieser Einstufung.

Im Falle von Aspartam gilt:  bis 40 mg/kg Körpergewicht am Tag wird von der WHO als unbedenklich eingestuft. Eine 70kg schwere Person müsste also über 20 Liter (!) zuckerfreie Cola light am Tag trinken, um diesen Grenzwert zu überschreiten.

Wie immer gilt also das Motto: die Dosis macht das Gift. Realistischerweise nehmen wir gar nicht so viel Aspartam auf, dass unser Krebsrisiko – selbst wenn das sicher geben würde – ansteigt.

„Ein Softdrink ab und zu, oder Kaugummi: Da sollte man sich nach jetzigem Stand keine Sorgen machen“, das sagt auch der Direktor der WHO.

Natürlich ist zu viel Süßstoff nicht gesund. Aber genauso ist zu viel Kaffee, zu viel Fleisch oder zu viel Zucker ungesund. Man sollte sich eben ausgewogen ernähren und nicht übertreiben.

Quellen:

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Dr. med. Marlene Heckl arbeitet als approbierte Ärztin und hat an der Technischen Universität München und Ludwig-Maximilians-Universität studiert und promoviert. Seit 2012 schreibt die Preisträgerin des "Georg-von-Holtzbrinck Preis für Wissenschaftsjournalismus" für Ihren Blog "Marlenes Medizinkiste" und veröffentlicht Science-Videos auf Youtube und modernen social-media Plattformen, für die sie bereits mehrfach ausgezeichnet wurde. Für Spektrum der Wissenschaft, Die Zeit, Thieme, Science Notes, DocCheck u.a. befasst sie sich mit aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Themen, die ihr am Herzen liegen. Kontakt: medizinkiste@protonmail.com

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